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Amts- rmd Anzeigeölatt für den Aezirk Hakw.
80. Jahrgang.
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tag, Bonn tag. IäsertionSpr.ir 10 Psg. pro Zeile für Stadt ml» vqkiüort«; e«ß«r «ezirt!L Vfg.
Donnerstag, Se» 1. Juni 1905.
Wonnementrpr. in d. Stadt pr.Mertelj. Mk. 1.10 tncl.Triig-rl. MerteNährl.P-stdezugrpr-t» ohne »rst-llg. f. d. Ort«- u. Nachbar- ortSverlehr 1 Mi., f. b. sonst. Beriehr Ml.1.10, Bestellgeld 20 Pfg.
Amtliche WekamtLmachmrgnr.
Bekanntmachung.
Die Maul- und Klauenseuche ist in Hemminge« Oberamts Leonberg erloschen. Calw, 29. Mai 1905.
K. Oberamt.
Amtm. Rippmann.
Die SchrrttheitzenSmter
werden hiemtt beauftragt, die Stammrolle« pro 1903, 1904 und 1905, soweit dies nicht bereits geschehen ist, zur Ergänzung vorzulegen.
Calw, 29. Mai 1905.
K. Oberamt. Voelter.
Fagesnenitzkeite».
(Amtliches aus dem Staatsanzeigsr.^ Infolge der vom 8. März bis 10. April vorgenöm- menen Bauwerkmeisterprüfnug wurde für befähigt erklärt und hat die Bezeichnung „Bauwerkmeistsr" erlangt: Rud. Köhler von Calw.
Calmbach, 30. Mat. Gestern früh wurde beim Langholzabladen im Wald der Fuhrmann Georg Sieb bei Fritz Keller hier, von einem herabrollenden Stamm so schwer verletzt, daß ihm beide Oberarme eingerichtet werden mußten. Kaum war das geschehen und der Verunglückte nach Hause gebracht, als er verschied, wahrscheinlich durch einen Nervenschlag, den die großen Schmerzen verursachten.
Neuenbürg, 30. Mai. In dem zur Gemeinde Gräfenhausen gehörigen Ort Oberhausen ist am Montag Nacht das Doppelwohnhaus des Goldarbeiters Lecht und der Witwe Schuhmacher nieder- gebrannt. Gerettet wurde so gut wie nichts, der Schaden dürfte jedenfalls 10000 Mark betragen. Der Brand ist wohl auf einen Kamindefekt zurückzuführen.
Wildberg, 29. Mai. Der Stuttgarter Liederkranz wird am Himmelfahrtsfest unserem Städtchen einen Besuch machen. Er hat ein eingehendes, gedrucktes Programm ausgegebeu, welchem zu entnehmen ist, daß der Verein von Station Teinach aus eine Wanderung über die Ruine Waldcck, Neubulach, Trölleshof beabsichtigt; das Mittagessen wird um 1 Uhr im Schwaczwaldbräu- haus eingenommen. Nachher ist eine Besichtigung der Altertümer unserer Stadt geplant, auch der Kirche ist ein Besuch zugedacht, wo einige Lieder vorgetragen werden; nachmittags 5'/- Uhr gesellige Vereinigung im obengenannten Gasthof. (Ges.)
Altensteig, 29. Mai. Heute nachmittag wurde der Lohnkutschereibefitzer Adam Hehr hier von einem schweren Unglück betroffen. Er schickte einen Knecht in den Stsinbruch im hiesigen Stadtwald Brehmen, um einen Wagen Steine zu holen. Auf der sehr steilen Steige daselbst brach die Sperrkette des schwer beladenen Wagens, und die Pferde stürzten samt dem Wagen die steile Böschung hinab, wobei beide Tiere tot auf dem Platz blieben. Dem Knecht glückte es, durch einen gewagten Sprung sein Leben zn retten.
Stuttgart. Se. Maj. der König hat dem „Schwimmerbund Schwaben" zu seinem aus Anlaß seines 10jährigen Bestehens am Sonntag, den 25. Juni, nachmittags 3 Uhr, im Stuttgarter Schwimmbad stattfindenven Jubiläums- Wettschwimmen einen prachtvollen Ehrenpreis gestiftet.
Stuttgart, 29. Mai. Ein Doppelfest der Inneren Mission wird vom 18. bis 20. Juni in Stuttgart stattfinden. Die Evangelische Gesellschaft feiert ihr 75jähriges Jubiläum und die Südwestdeutsche Konferenz für Innere Mission hält ihre 41. Jahresversammlung ab. Dis Evangelische Gesellschaft, einst ein kleiner Traktatveretu, von einem jungen Vikar, dem späteren Pfarrer Dr. Hahn, ins Leben gerufen, hat sich zu einem großen Verein für Innere Mission entwickelt (ErbauuagSschrifteu und Jugendliteratur; Stadt
mission in Stuttgart und den meisten größeren Städten des Landes; Fürsorge für die weibliche Jugend durch die Jungfrauenvereine und das „Char- lottenhetm"). Die Jubelfeier der Evangelischen Gesellschaft wird am 18. Juni, nachmittags 2'/» Uhr, in der Stiftskirche gehalten; eine Nachfeier im Vereinshaus an der Furtbachstraße dient zugleich zur Begrüßung der Südwsstdeutschen Konferenz, deren Verhandlungen am Montag 19. und Dienstag 20. Juni im Saalbau der Evang. Gesellschaft statt- staden. Die Konferenz, die sich in sechs Landes- ausschüffe (Baden, Elsaß-Lothringen, Frankfurt- Wiesbaden, Hessen, Pfalz, Württemberg) gliedert, ist eine freie Vereinigung der auf diesem Gebiet arbeitenden Persönlichkeiten und Vereine. Auf der Tagesordnung stehen „Das Zusammenwirken der Pfarrer und Gemeindeglieder in Vereins- und Ge- meindearbeit", Referent Prof. Dr. Wurster in Frted- berg, früher Stadtpfarrer in Heilbronn, und „Der Ausbau des Verpflegungs- und Herbergswesens", Referent Pastor Märchen-Bielefeld, Vorsitzender des deutschen Herbergsverbandes und Mitarbeiter Bodel- schwtngs.
Stuttgart, 30. Mai. Den „Blättern für Genossenschaftswesen" Nr. 21 vom 27. Mai zufolge wurde bei der Generalversammlung der Getreideverwertungsgenossenschaft in Straßburg ein Defizit von 594431 fest- gestellt. Hieran übernehmen die Zentralkasse in Neuwied 300000 (zahlbar in Raten von 20000 Mark), weil ihr wegen mangelhafter Revision eine Regreßklage drohe. Ist das nicht eine ernste Mahnung zur Vorsicht bei Gründung von Getreidelagerhäusern ?
Stuttgart, 30. Mat. (Strafkammer.) Einem gefährlichen Mansardendieb, dem ledigen, 21 Jahre alten Hausknecht August Briemle von Beizkoftn, wurde sein sauberes Handwerk von der 1. Strafkammer auf längere Zeit gelegt. Briemle, der schon wiederholt wegen Diebstahls vorbestraft ist, verübte anfangs April hier in verschiedenen Stadtteilen eine Reihe von Einbruchsdiebstähle« in
Der Spion.
Nachdruck verboten.
Historischer Roman ans der Geschichte des heutigen Rußlands von Julius Grosse.
(Fortsetzung.)
Diesen kordialen Ton behielt er auch im Laufe d«S ganzen TageS bei, und ich müßte heute entschieden die Vermutung zurückweisen, daß er etwa aus loyaler Unterwürfigkeit Verstellung übe. Erwähnen will ich gleich, daß der alte Herr auch diesmal den Getränken so eifrig zusprach, daß er bald alle Herrschaft über sich verlor.
Zur Festtafel trafen noch andere Gäste aus der Umgegend ei», den» all« wollten den berühmten Sherwood, den fie früher als bescheidenen Lehrer über di« Achsel angesehen, jetzt in seinem Glanze als Kapitän und Edelmann gleichsam von Neuem kennen lernen.
Im Laufe des Nachmittags erschienen plötzlich sämtliche MuschikS von Tarussa in feierlichem Zug« unter Anführung des alten Kuzmin und deS Wolfs- jägerS Iwan, um dem präsumtiven Nachfolger und Erben des alten Uschakoff Salz und Brot als Zeichen ihrer Huldigung darzubringen.
Später, als nach Nadjas Anordnung das Erntefest im vollen Gange war, sangen und tanztm die Gutsleute nach dem Klange der Balalaika. Sherwood ließ sich herab, mit den Schönen de« Dorfes zu tanzen, die sich seiner al» de« armen Lehrer« noch recht wohl erinnerten und sich seine Metamorphose zum Gardeoffizier nur aus irgend einer kriegerischen Heldentat erklärten, in demselben Sinne, wir viele der feine» Grsellschaft, welche vermuteten, daß Sherwood bei
der Bewältigung deS Aufstandes im Dezember die Rolle eines tapferen Solsaten gespielt habe und deshalb vom Kaiser ausgezeichnet worden sei.
Die Stunden vergingen wie im Fluge. Es war ein buntes Leben und Treiben auf den weiten Höfen des Gutes, wie in de« Räumen de» Schlöffe«, dazu Ströme von Wein, Punsch, Qua» und Branntwein; Jubel, Liedesklang und Musik ringsum, so daß Stanitza Tarussa an diesem Tage vielleicht der einzige Ort war im weiten, von Schrecken gelähmten Rußland, wo Freude, Friede und Fröhlichkeit herrschte.
Merkwürdig war das Benehmen Frau NadjeschdaS, und ich hatte mehr wie einmal Gelegenheit, mit ihr zu reden. Sie saß meist still und in sich gekehrt, manchmal wie geistesabwesend. Wenn man sie dann anredete, schreckte fie empor, lächelte, antwortete und gab sich Mühe, den Pflichten der Gesellschaft zu genügen.
Auch mehrmals kam sie auf ihr gestriges Bedenken zurück. Man sprach im bunten Zirkel unter anderem auch von Moskau und der bevorstehenden Kaiser» krönung. E« war mancher unter den Anwesenden, dem Vermögen und Rang gestattete, an diesen großartigen Festtagen Rußlands teilzunehmen. Man wußte auch, daß Sherwood und seine Gemahlin Hinreisen würden auf kaiserliche Ladung und zwar noch heute, und man beneidete die Glücklichen.
Während dieses Gesprächs wandte sich Frau Nadjeschda, die neben mir saß, plötzlich zu mir und flüsterte:
„Herr Oberst, geben Sie mir einen Rat. Muß ich wirklich nach Moskau? Der Gedanke an die Reise ist mir wie der Tod. Was soll ich dort, kann ich nicht ablehnen?"