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und die Gewerkschaften. Unter Leitung des Musik­direktors Brenner sangen die ChöreO Schutzgeist alles Schönen", worauf Redakteur Hoymann eine Rede hielt. Mit dem LiedStumm schläft der Sänger" schloß die Huldtgungsfeier.

Kestzug.

Ein schöner Ausdruck der Begeisterung und des opferwilligen Wetteifers der Bevölkerung für den großen in der Volksseele wetterlebenden Dichter war die Huldigung, die heute Nachmittag das Bürgertum und die freien Vereinigungen von Land­wirtschaft, Gewerbe und Handel Schiller durch einen Festzug darbrachten, der an Mannigfaltigkeit und malerischer Wirkung alles übertraf, was jemals in dieser Hinsicht geleistet worden ist. Schon um die Mittagszeit bewegte sich in der Nähe des Feuersee­platzes und in den anliegenden Straßen, wo der Zug sich oufstellte, eine nach Tausenden zählende Menge und unschätzbar war die Zahl der Schau­lustigen, die den Zug an sich vorüberziehen ließen. Die allgemeine Festesfreude wurde noch dadurch erhöht, daß der Himmel sich im Lauf des Tages aufgeheitert hatte und prächtiger Sonnenschein das ganze Bild belebte. Nach drei Uhr erfolgte der Abmarsch des Zugs vom Feuerseeplatz zum Schiller­denkmal. Die Reihenfolge der Huldigungsgruppen begann mit dem Gartenbau, dem Winzergewerbe und der Landwirtschaft. An erster Stelle ritt die Stadtgarde zu Pferd, der das Musikkorps des Dragonerregiments König in Kostümen aus dem 14. Jahrhundert und drei Herolde folgten; dann kamen Gärtner mit Blumcnreigen und der eine bunte Fülle duftender Blumen tragende Frstwagen der Gartenbaugtskllschaft Flora, weiterhin der Fest­wagen des Güterbesitzervereins mit einem Winzer­paar auf einem Weinberg stehend und der Land- wirtschaftsveretn Stuttgarts mit einem Mähderpaar, Garben und Heuwagen, zahlreiche Landwirte in Echterdinger Bauerntracht sowie einige Hohenheimer Schüler. Es folgte das Konsumgewerbe, das Bau­gewerbe und die zu diesem in Beziehung stehenden gewerblichen und handwerklichen Verbände, die ihren höchsten Ausdruck im Kunstgewerbe fanden.

Zunächst das Bäckergewerbe mit einer großen Brezel als Wappen an der Spitze und auf dem Festwagen einen Engel mit der Friedenspalme auf einem Globus stehend; die Stuttgarter Fleischer­innung auf 2 Wagen, das frühere und das heutige Metzgergewerbe darstellend; dann wiederum das berittene Trompeterkorps des Feldart.-Reg. 65 in Kostümen des 16. Jahrhunderts; die Brauereien von Stuttgart mit einem prächtigen Sechsspänner, auf dem Gambrinus thronte; ein zweiter Wagen stellte den Gasthof zum Ochsen dar, in dem Schiller in trefflicher Maske am Wirtslisch fröhlich zechte; die Küferiunung mit einem Festwagen, auf dem ein ovales Faß von 5000 Liter und eine Werkstatt sich befand, der Stuttgarter Gastwirtsverein, ebenfalls mit einem Gambrinuswagen, das Trompeterkorps des Feldart.-Reg. 29 in Kostümen des 15. Jahr­hunderts, das Baugewerbe mit einem Festwagen, der Verband der Elektrotechniker und Jnstallations- geschäfte mit einem durch elektrische Glühlawpen gezierten Wagen, die Flaschner- und Jnstallateur- innung mit gepanzerten Rittern zu Pferd und einigen Meisterstücken des Handwerks, desgleichen die freie Glaserinnung mit einem Glaswagen, der Verein der Gipsermeister und Stukkateure mir einemPe­gasus im Joch" darstellenden Wagen, der Verein der Hafaermeister mit einem einen schönen amerikanischen Ofen tragenden Wagen, die Schlosserinnung mit einem Wagen, auf dem Schlosser fleißig am Ambos arbeiteten, die Schmiedeinrmng mit einem Wagen, auf dem die kräftigen Gestalten der Schmiede ihre schweren Hämmer schwangen, das Mustkkorps des Infanterie-Regiments Nc. 180 in Reraissarice- kostümen, die Erz- und Glockengießer mit einem Festwagen, der eine prächtige Schillerglocke mit der Aufschrift:vivoe voeo, wortnos xlanxo, kulAars. tranxo", die Gold- und Silberschmtede Württem­bergs mit einem Festwagen und gediegenen Schmuck­waren, der Uhrmacherverein mit einem Festwagen, desgleichen die Malergenossenschaft, die Schreiner- genosienschaft und der Tapeziermeistervercin mit Meisterstücken der Dekoration. Es reihten sich an die Friseurinnung, der Hutmacheiverein, die Schuh­macherinnung, der württ. Schutzverein für Gewerbe und Handel mit einem Festwagen, auf dem ein Ritter mit gezücktem Schwert stand, das berittene Trompeterkorps des Feldartillerie-Regiments Nr. 13 mit Kostümen des 16. Jahrhunderts, mehrere Fan­farenbläser, der Stuttgarter Gewerbeverein mtt einem imposanten Huldigungswagen, der Stuttgarter Buch­handel mit einem Wagen, das Buchdruckercigewerbe ebenso das Buchbindergewerbe.

An diese Vertretungen der Bekleidungsgewerbe und die gewerblichen Vereinigungen, die dem Schutz und der Förderung des Gewerbes dienen, sowie die speziell im Dienste der geistigen Arbeit stehenden Gewerbe schlossen jich die bürgerlichen Vereinigungen

zur Pflege der Liebe zum Vaterlande und des Sinnes für Natur- und Heimatskunde: in erster Linie die Stuttgarter Schützengilde mit einem Schützenzug, der ein lustiges Treiben entfaltete. Die erste Abteilung dieses Zuges zeigte Spielleute, Herolde, Zeiger, Edelknaben mit dem Stlberschatz der Gilde und Schützen mit Ausrüstungen und Kostümen zur Zeit der Gründung der Schützengilde ums Jahr 1500; die zweite Abteilung brachte eine Darstellung des Tell zur Zeit des 13. Jahrhunderts: Landsknechte, einen Jagdzng des Geßlcr, Bürger, Jungfrauen und schließlich auf einem Wagen Tell mit Walter auf schwindlichter Felsenhöhe stehend. Dann folgten einige Hornbläser und eine von der Stuttgarter Jagdgesellschaft unter Mitwirkung des Reitklubs Stuttgart veranstaltete Jagdgruppe, die einen Jagdzug Herzog Karl Eugens mit Franziska von Hohenheim und einem glänzenden Jagdgefolge von berittenen Damen und Herren in trefflicher Ausführung darstellte. Hierauf folgte der württ. Bergbau, die Musik der Bergknappen, ein Festwagen darstellend den Eisenerzbergbau von Wasseralfingen (Stollenmundloch mit Förderwagen und den Stein­salzbergbau von Fricdrichsholl, Kristalljalzpyramtde). Auch der Schwarzwaldverein Stuttgart war mit einem geschmückten Leiterwagen vertreten, desgleichen der Schwäb. Albverein mit einem Festwagen, der den großen Wtclandstein bei Oberlenningen dar- stellte. Vier Postillone ritten dem Fuhrgewerbe voraus, das durch einen alten, große Heiterkeit hervorrufenden Postwagen mtt Kondukteur und Stafettenreiter, durch reisende Handwerksburschen und Künstler, Kausleute und Handelsherren zu Pferde mit Dienern und einem Frachtwagen Handel und Gewerbe auf der Landstraße vor 100 Jahren versinnbildlichte. Den Schluß des Zuges bildete das Trowpeterkoips des Dragonerregimenls Königin Olga mit Kostümen aus dem 18. Jahrhundert und der Ortsverband der Gewerkvereine Cannstatt.

Das Passieren des sehr langen Zuges dauerte infolge zahlreicher Stockungen mehr als eine Stunde. Der König und die Königin besahen sich den Zug vom Balkon des Wilhelmspalais aus. Es wurden ihnen stürmische Ovationen bereitet. Nach dem Huldigungsakt am Schillerdenkmal nahm der Zug weiter seinen Weg durch die Kirchstraße, Markt­straße, Hauptstätterstroße, Eßltngerstroße, Ncckar- strvße bis zum Rondell, von da zurück zur Plante, durch die Königstraße, Schlohstraße, Friedrichs-, Kriegsberg-, See-, Schloß- und Johannesstraße zurück zum Feuersee, wo sich der Zug auflöste. Kutdignng auf dem alte« KyeaterplaH.

Das Ende krönt das Werk. Diese Worte gelten von der glänzenden Feier, die heute abend als der Höhepunkt aller Veranstaltungen zu Ehren Schillers auf dem alten Theatcrplatz begangen wurde. Tausende von Menschen drängten sich auf dem Platz zusammen, schon lange, ehe die Veranstaltung ihren Anfang nahm. Die Zuschauertribüncn, rechts und links von der nach dem alten Schloß hinschanenden in einfacher Form und klassicistischrm Charakter gehaltenen Bühne errichtet, waren bis auf den letzten Platz besetzt. Auf dem freien Raum zwischen den Tribünen und der Bühne stand Kopf an Kopf. All die Tausenden blickten erwartungsvoll auf die Bühne, über deren Mitte ein Tempel emporragte, in dem die Büste des Dichters sich befand.

Inmitten des freien Platzes war unmittelbar vor der Bühne eine Estrade für den K. Hof erstellt. Wir bemerkten dorr das Königspaar, alle Mitglieder des K. Hauses, säuerliche Minister und die Spitzen der Civil- und Militärbehörden.

Die Feier begann kurz nach 8 Uhr damit, daß zunächst Abordnungen der Vereine durch kostümierte Fahnenträger und Fackelträger in den Festraum geführt wurden. Eine Gruppe, bestehend aus Ab­ordnungen des Schwäb. Sängerbundes und der Bürger vereine, legte unter den Klängen des Ein­zugsmarsches auf der Wartburg, gespielt von der verdeckten Prem'schen Kapelle unter Leitung von Hofkapellmeister Pohlig, am Fuße des Tempels zahllose Kränze nieder. Dann zogen die Fackel­träger an der Büste des Dichters vorüber, worauf die der Veranstaltung von Professor Theodor Bischer im Verein mit dem Künstler bund zu Grunde gelegte Idee, der wehmütigen Trauer um den großen Toten, zugleich aber auch der alle Wehmut sieghaft über­windenden Freude darüber, daß unser Volk einen Schiller sein eigen nennen darf, Ausdruck zu geben, verwirklicht wurde. Zunächst sah man in einer diesen Gedanken verkörpernd/!« Darstellung die Schatten des Todes, die Manen, langsam der Büste sich nähernd, die sie mit einem schwarzen Flor behängten unter Auslöschen der Lebensfackkln. Doch kaum war dies geschehen, da nahten sich auch schon von der anderen Seite 9 luftige Gestalten, die mit Blumen geschmückieo Musen als Sinnbild der Freude, vor denen die Manen langsam zurückwichen. Den ernsten Klängen der Musik waren heitere gefolgt. Die Musen entfernten den Trauerflor von der Büste

und setzten an seine Stelle einen Lorbeerkranz. Dan« führten.sie in anmutigen Bewegungen einen Reigen um die Büste auf. Mit jubelnden Geberden traten Scharen von Jungfrauen und Jünglingen auf, die dem Dichter huldigten und ihm Blumen zuwarfen. Die Freude erhöhte sich von Minute zu Minute und unter prächtiger Lichtentfaltung trug der verdeckte ChorEhret eure deutschen Meister" aus den Meister­singern vor. Plötzlich steigt zischend eine Rakete auf; die Bühne verdunkelt sich mtt einem Schlag und während die Augen sich unwillkürlich rückwärts wen­den, schauen sie das neue Schloß in Tausenden von Lichtern erstrahlen und das alte Schloß rot be­leuchtet. Von den Kirchen erschallt der feierliche Klang von Glocken. Fürwahr ein prächtiger Ab­schluß aller Feiern, der die volle Bewunderung der Tausenden hier Versammelten fand und verdiente.

Iss«mi«atio«.

Einen würdigen Abschluß fand die Feier durch eine prächtige Illumination der Stadt. Nach Be­endigung des Festspiels auf dem alten Theater platz wurden Raketen ausgelassen. Alsbald läuteten die Glocken sämtlicher Kirchen zusammen, die Höhen- fener loderten auf und die Illumination begann. Die Stadt erstrahlte in einem Flammenmeer. Einen prächtigen Anblick bot das Schillerdenkmal. Die Kandelaber vor dem Denkmal und die Feuer­scholen auf den Postamenten bildeten mit benga­lischen Lichtern eine reiche Beleuchtung, gegenüber erstrahlte derKönig von England" in einem Flammenmeer. Der Schloßplatz bot gleichfalls einen unvergleichlichen Anblick durch die prächtige Beleuchtung des neuen Schlosses und die springenden Fontänen. Vor dem Rathaus, das in einem feen­haften Lichtermeer erstrahlte, spielte eine Militär­kapelle. Prächtig beleuchtet war das Hotel Mar­quardt, der Königin-Olga-Bau, sowie die Häuser in den Hauptstraßen der Stadt. Eine ungeheure Menschenmenge wogte in den Straßen auf und ab, um sich die Illumination anzuschen. So endigten ohne alle Unfälle und Störungen die Feierlichkeiten, mit welchen das Schwabenland seinen großen Sohn auf die würdigste Weise geehrt hat und welche noch lange fortleben werden im Andenken derer, denen cs beschieden war, daran teil zu nehmen.

-erwischtes.

In Heilbronn ist kürzlich unter Führung von Eisenbahn- und Postbeamten ein Eonsumverein gegründet worden. Wie uns in den letzten Tagen mitgeteilt wurde, ließ Herr Oberbürgermeister Dr. Göbel aus diesem Anlaß den städtischen Beamten eröffnen, daß er selbstverständlich ihnen nicht verbieten könne, dem neugegründeten Konsumverein beizutreten, daß er sie aber bitte, demselben mit Rücksicht auf die Heilbronner Kausleute und Handwerksmeister fern zu bleiben. ES soll auch tatsächlich kein städtischer Beamter dem Konsumverein beigetreten sein.

Der Kranke als Athlet. Aus Fürth wird der AugSb. Abendztg. geschrieben: Daß ein kranker Mann als Athlet auflritt, klingt zwar paradox, kommt aber doch vor. Ein Tischler, der bei der Ortskrankenkaffe als krank angemeldet war und in­folgedessen alskranker Mann" seinem Beruf nicht nachgehen konnte, hat, um sich die Langweile zu ver­treiben, seine Tätigkeit auf ein anderes Gebiet ver­legt. Durch eine ZeitungSmitteilunz erhielt die Ver­waltung der ^ Oitkkrankenkaffe Kenntnis, daß ihr Schutzbefohlener H. bei dem Athletenklub in Nürnberg im PreiLringen sich einen Preis holte. Gewiß ein kräftiger Kranker! Die Verwaltung der Ortskranken- kaffe hat dieserholb auch nicht versäumt, dem kranken Tischler und gesunden Athleten ihre ganz besondere Anerkennung auszudrücken.

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