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^h§ 65.
Amts- und Auzeigekkatt für den Bezirk Galw.
80. Jahrgang.
Srf<S«inurrHltag«.' Dienstaz, Donner-tag, Sams- I, Sonntag. Jnsertionlpreil 10 Pfg. pro Zeile für Stadt > SqirUotte; außer »ezirt 1» Psg.
Wonnementßpr. ind. Stadtpr.Biertelj. Ml. 1.10 tncl.Trägerl. Bierteljährl. PostdezugSprciS ohne Bestellg. f. d. Ort«, u. Nachbar» ortSverkehr 1 Ml., f. d. sonst. B-rlehr Ml.1.10, Bestellgeld 20 Pfg.
Amtliche AeLarrntmachrmge«.
Die Ortsbehörden,
welche die auf 1. April d. Js. vorgeschriebene Ergänzung der Feuerwehrmannschaft, sowie der Feuerwehrlisten noch nicht angezeigt haben, werden unter Hinweis auf den Erlaß vom 22. Marz d. Js., Wochenblatt Nr. 47, beauftragt, den Bollzugsbericht spätestens bis SV. d. Mts. zu l/erstatten.
j Calw, 25. April 1905.
K. Oberamt. Voelter.
Die Ortsbehörde»
werden beauftragt, bis 1. Mai d. I. zu berichten, ob die behufs Verminderung der schädlichen Vögel von der AmtSversammlnng festgesetzten Schußgelder zur Hälfte aus der Gemeindetasse bestritten werden (vergl. oberamtl. Erlaß vom 1. Januar 1904). Calw, 25. April 1905.
K. Oberamt. Voelter.
Tagesnemgkeiterr.
X Simmozheim. Das Sängerfest am hiestgen Ort wurde mit Rücksicht auf die Fahnenweihe des Rtlitärvereins Liebenzell vom 4. Juni auf 2. Juli verlegt.
)( Neubulach, 24. April. Der heutige Ostermontagmarkt erfreute sich einer starken Zufuhr; so wurden zugeführt: 82 Stiere, 114KÜH: und 96 St. Jungvieh; an Milchschwetnen und Läufern waren ca. 100 Stück vorhanden. Der Viehhandel ging trotz anwesender Händler flau, dagegen fanden die Schweine zu guten Preisen, Mtlchschweine zu 40—42 pro Paar Absatz.
Neuenbürg, 25. April. Heute früh zwischen 2 und 3 Uhr, als in einer Wirtschaft Hochzeit und in einer 2. Wirtschaft Tanz stattfanv, find die Wohnhäuser und Scheuern des Bauern Weidner, des Polizeidieners Frei und des Karl Glauner niedergebrannt. Der Schaden ist ziemlich hoch, da auch die meiste Fahrnis der 3 Häuser mitverbrannte.
Herrenberg, 25. April. Eine größere Zigeunerbande wurde aus Breitenholz eingebracht. Die Männer wurden in Haft genommen, die Wriber und Kinder aber abgeschoben.
Stuttgart, 25. April. Für das Festspiel, das anläßlich der S chillerfeier am 9. Mai abends auf dem alten Theaterplatz stattfinden soll, find außer den 7000 Zuschauerplätzen etwa 800 Plätze für Abordnungen von Vereinen vorgesehen. Gegenwärtig werden die Zuschauer- trtbünen errichtet. Der ganze Platz wird von Tribünen umsäumt. An dem nördlichen Teil des Platzes kommt die Haupttribüne, deren Mitte eine Kuppel ziert, zu stehen. Das Podium für das Festspiel wird in der Nähe der Haupttribüne errichtet.
Stuttgart, 25. April. In einem Hofe der Urbanstraße wurde am Samstag ein Knecht von einem scheugcwordenen Pferd zu Boden gerissen und geschleift, so daß er außer einem Schädelbruch auch sonstige Verletzungen erlitt und ins Katharinenhospital verbracht werden mußte.
Cannstatt, 25. April. Die Fleischpreis, kommisston der Metzgergenossenschaft hat die Fleischpreise folgendermaßen festgesetzt: Ochsenfleisch 76 A Rindfleisch 72 4, Kalbfleisch 78 A, Schweinefleisch 74 A das Pfd. Auch hier haben die Konsumenten von der Aufhebung der Fleischsteuer nicht den geringsten Nutzen.
Eßlingen, 25. April. Reichsgerichtsrat a. D. Friedrich v. Geß, Landtagsabgeordneter für den Bezirk Eßlingen und Führer der deutschen Partei, ist heute im Alter von 76 Jahren gestorben.
Leutkirch, 25. April. Der 71 jähr. Fabrikaufseher Wolfgang ist in der Schaal'schen Oel- fabrik bei Reparatnren am Kammrad von der Leiter heruntergefallen, wodurch er einen Schädelbruch erlitt, welcher den Tod zur Folge hatte.
Pforzheim, 25. April. Die zuletzt in Stuttgart wohnhafte Poliseusse Jeanette Goldstein aus Golitz in Rumänien kam am Ostersonntag hierher, um ihren Liebhaber zu besuchen. Beide gingen auch nachmittags in eine Wirtschaft. Als sich der Mann für einen Augenblick entfernte, goß das Mädchen aus einem bei sich geführten Fläschchen Scheidewosser in den Rest seines Bieres und trank davon. Gleich darauf wurde das Mädchen bewußtlos. Ein herbeigerufener Arzt ordnete die Verbringung mittels Droschke ins Krankenhaus an, wo das Mädchen gestern früh starb. Verschmähte Liebe bezeichnet« das Mädchen noch vor seinem Tode als den Grund der Tat.
Kaiser Wilhelm II und Pforzheim. Der Pforzh. Gen.-Anz. kann, laut Mitteilung von befreundeter Seite, berichten: Kaiser Wilhelm berührte bei seiner Mittelmeerfahrt auch Neapel. Dort ließ er sich, wie überall, die deutsche Kolonie vorstellen. Unter diesen Herren befand sich auch unser Pforzheimer Landsmann, der hier in allen Kreisen bekannte Herr Hermann Schober. Als die Reihe der Vorstellung an Herrn Schober gekommen war, erkundigte sich der Kaiser zunächst darnach, woher Herr Schober gebürtig wäre, worauf Herr Schober Pforzheim nannte. Hierauf
Der Spion.
Nachdruck «niotl».
Historischer Roman aus der Geschichte des heutigen Rußlands von Julius Grosse.
(Fortsetzung.)
,Seid ein beneidenswerter Mann, General,
meinen herzlichsten Glück
wunsch. Was habt Ihr sonst noch vom Leben zu hoffen, als Eure Kinder glücklich versorgt zu sehen. Aber wie war es denn, General, hattet Ihr nicht noch eine Tochter?"
„Die ist tot!" rief der Alte mit barschem Ton.
„Und wie starb sie?"
„Frage mich nichts mehr!" fuhr er heraus. „Ich sage Dir, sie ist tot und schlimmer als das; was weiß ich. Darum müssen die Alten auf den Knien liegen, weil die Kinder auf den Knieen saßen. Es war mein Lieblings- ktud, das ich für mein Alter auferzog — und nun so!" Er stampfte mit dem Fuße auf und biß in den Bart. „Den Fallenden kannst du halten, den Gefallenen laß liegen. Sprich nicht weiter in dieser Sache. Gut, daß sie mir aus drn Augen ist, ihr Name wird nicht mehr genannt. Ich habe eS verboten Allen, ohne Ausnahme. Wenn der Schmuck gestohlen ist, steht man, daß er entbehrlich war. Keine Schlang« so giftig, man macht Arznei daraus. Da kommt Kuzmin mit der Fackel. Komm' gut nach Hause; auf Wiedersehen morgen!' Damit schüttelte er mir die Hand und schritt zum Schloß zurück.
Ich folgte nun langsam dem Kosaken, der in der Finsternis voranschritt.
Eines schien klar. Vom alten Uschakoff war keine Sinnesänderung mehr zu hoffen.
Was blieb also Frau Nadja übrig? Entweder mit WadkowLki zu reisen
oder mir nach Novomirgorod zu folgen. ES kam auf ihre freie Wahl an, ein Drittes war nicht denkbar.
Noch möchte ich einer kurzen Episode Erwähnung tun, die ein charakteristisches Licht auf die Begriffe und Gesinnungen von Tausenden braver Soldaten, wie auf den endlichen Ausgang der späteren Katastrophe wirft.
Der alte Kosak Kuzmin, ein weißhauptiger Mann von hohem Wüchse, leuchtete mir in der Finsternis auf dem verschneiten Wege voran. Ohne ein Wort zu sagen, schritt er vor mir, und ich war auch nicht in der Stimmung, eia Gespräch mit ihm anzufangen. Plötzlich, als wir schon in der Nähe des Priesterhauses waren, blieb er stehen und begann:
„Herr General haben ein so gutes Gesicht. Ich bin alt, aber man wird dümmer mit den Jahren, statt klüger, nur die jungen Leute werden immer ge- scheidter. Wollen mir Euer Hochwohlgeboren eine Frage erlauben?"
„Redet nur, Alter, redet nur frei.*
„Müssen mich aber nicht verraten, Herr General. Sie sind gewiß weit herumgekommen; wir hören und sehen nichts hier draußen, aber manchmal klingt'» doch in der Luft, als wenn'» die Vögel brächten. ES gehen wunderliche Sagen von neuer Zeit und neuen Gesetzen; Hab' auch den Herrn Lieutenant gefragt, den vornehmen Herrn, d:r uns da» gnädige Fräulein wegholt, oder er fing eigentlich mit mir und den andern an; aber kann das Wahrheit sein, was er wissen will?"
„Was hat er Euch denn gesagt?"
„Mir und den Muschik», Herr, abends beim QuaS. ES kämen neue, große Zeiten, wo wir Armen die Herren würden, wo alles geteilt würde, Felder und Heerden, und alle Leibeigenen freie Männer. Da» hat uns der Lieutenant gesagt, Herr; wenn» so wäre — wenn der Geist Patkul'S ruft und Stenko