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Dab-i schüttelte er mir dis Hand mit so starkem Drucke und so fragendem Blicke, daß ich wohl merkte, auch hier müßte die düstere Botschaft schon bekannt geworden sein.
Ueberhanpt war der alte Herr seltsam zerstreut, und alle seine SprüH- wörter hatten einen melancholischen Beigeschmack. Auch wenn er etwa« Heiteres sagen wollte, kam es traurig heraus.
„Mußt meinen Schwiegersohn kennen lernen," sagte er, indem er mich die breiten Treppen in die erleuchteten Gemächer des oberen Stocks hinaufführte, wo bereits viele andere Gäste versammelt waren, „ist ein Prachtkerl, aber fühl' ihm selber auf den Zahn. Mir ist das ABC abhanden gekommen. Zu meiner Zeit war's anders, als wir freiten. Na, wir reden noch davon."
In der nächsten Minute befand ich mich in zahlreicher Gesellschaft, die aus der Nachbarschaft herbeigekommen, um den Vorabend der Hochzeit zu feiern. Alte und junge Herren von den nächsten Gütern, würdige Matronen mit ihren Töchtern, auch Beamte von Rang aus irgend einer Kreisstadt. Mir waren die Leute sämtlich unbekannt, aber dies gab mir die Freiheit um so unbefangener zu beobachten.
Nun ist es bei uns in Rußland ohnehin gewagt, eine gemischte Gesellschaft zusammenzubringen, denn ans Rücksichten und Mißtrauen webt sich dann ein eisernes Netz des Zwanges und der Zurückhaltung. Das war mir bekannt, aber hier war es noch schlimmer und ebenso wie in Smolensk. Man stand und saß in flüsternden Gruppen beisammen; jedes allgemeine Gespräch erstarb in halblauten Worten, und die spähenden Blicke flogen jedem neuen Ankömmling entgegen, als müsse er das erlösende Wort bringen.
Wäre nicht der glückliche Bräutigam und die strahlende Braut wie ihre bevorstehende Reise von Zeit zu Zeit wieder zum Mittelpunkt des Gesprächs, der Fragen und Komplimente geworden, man hätte glauben können, nicht in einem Hochzettshause, sondern in einem Trauerhause zu sein.
Gleich in der ersten Viertelstunde lernte ich Wadkowski kennen, den mir Tatiana selbst zuführte. Sherwood hatte wirklich nicht zu viel gesagt. Das war das Ideal eines jungen, interessgnten Mannes von einnehmendstem Aeußern und weltgewandten Manieren. Das war weder ein Catilina, noch ein Brutus oder Cassius, eher ein Alkibiades, in das moderne Russische übersetzt. Und daß sich dieser extravagante Kopf von Eros hatte zähmen lassen, daß er seiner Braut zuliebe alle finsteren Pläne vertagt oder aufgegeben hatte, um vorläufig nur glücklich zu sein, machte ihn mir doppelt interessant. Was er dabei an Größe und starrem Charakter einbüßte, das gewann er als Mensch.
Daß ich teilweise seine Vergangenheit kannte und wußte, daß er eigentlich auf der Flucht vor der Entdeckung war und sein Glück nur so im Fluge beiläufig mitnahm, erhöhte meine Teilnahme für ihn. Allerdings schien es jetzt fraglich, ob die rasche Abreise noch so unumgänglich und notwendig sei, bevor man wußte, wie die Dinge sich gestalten würden.
Einigemale suchte ich ihn in ein Gespräch zu verwickeln, um zu erforschen, ob er von Sherwood's Identität mit Jamestown wisse, teilte auch mit, daß ich Bulgari, Pestel und Murawieff in Smolensk getroffen, aber er wich allen metneu Fragen geschickt aus und zog sich endlich mit unverhohlenem Mißtrauen zurück.
Die Schwüle der Stimmung lastete auf allen, und meine Hoffnung, den alten Uschakoff beiseite zu nehmen, um die Versöhnung mit seiner Tochter vorzubereiten, schien aussichtslos. Keine Minute konnte ich seiner habhaft werden und verwünschte schon meine Reise, wie diese lästige Gesellschaft.
Die Spannung des Unausgesprochenen wurde zuletzt so unerträglich, daß es wie eine wahre Erlösung wirkte, als es endlich dennoch unverhofft zum offenen Ausdruck kam.
Der letzte Herr, welcher gekommen, war der Jsprawnik selbst, der Chef des Kreises von Tarussa, ein würdiger greiser Mann von ehrfurchtgebietendem Aeußern. Ich habe seine» Namen vergessen, aber die Anwesenheit einer solchen Autorität brachte vom ersten Moment an die unsichere Stimmung in eine gewisse ruhige und vertrauensvolle Erwartung.
Plötzlich, man saß im Nebenzimmer bereits bei Punsch und Tabak und die Gemüter begannen aufzutauen, als der greise Jsprawnik sich erhob und mit Salbung begann:
„Nun, meine Brüder und Herren, wir find unter uns, lauter gute Russen und getreue Untertanen unseres erhabenen Kaiserhauses. Unser teures Vaterland hat schon viel und schweres erlitten, aber cs hat alle Stürme siegreich bestanden und wird die Kraft finden, auch kommende Prüfungen, wenn sie verhängt find, zu bestehen. Drum gestatten Sie nunmehr, des unbegreiflichen, niederschmetternden Ereignisses zu gedenken, das uns olle betroffen. Ich kann versichern, die Gerüchte bestätigen sich im ganzen Umfange. Der Vorsehung hat es gefallen, unfern allgeliebten Herrn und Kaiser aus dieser Zeitlichkeit ebenso rasch als unerwartet abzuberufen. Wir wissen, welch' gütigen Vater, welchen unvergleichlichen großen Mann wir verloren haben, lassen Sie uns dies Glas dem Namen des nunmehr in Gott Ruhenden weihen!"
Man trank schweigend das Glas aus, und das Ausbleiben jedes Zeichens von Ueberraschung bezeugte, daß die Trauerkunde im Geheimen bereits bekannt war. Allmählich erst fielen einige Aeußerungen der Neugier und des Interesses.
„Und kennt man auch die Ursache des Todes?"
„Man kennt sie," erwiderte der Jsprawnik. „Es war ein schleichendes Fieber. Uebrigens hat es an rechtzeitiger Hilfe nicht gefehlt. Ein deutscher und ein russischer Arzt waren anwesend. Ihre Berichte werden seinerzeit ver- öffentlicht werden."(Fortsetzung folgt.)
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