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Der Enztäler.

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8V. Jahrgang.

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Dollar und Markwerl.

Immer wieder erregt es und zwar berechtigterweise - das Kopffchütteln und die verwunderte Mißbilligung in allen Kreisen des deutschen, nicht etwa spekulierenden, sondern nur -je notwendigen, alltäglichen Bedarfsgegenstände kaufenden Publikums, daß die Preise für einheimische, in unserem Vater- Mde ausschließlich selbst erzeugte Waren fast automatisch die Mrtschwankungen des amerikanischen Geldes mitmachen. Steigt der Kurs des Dollars und etwas anderes haben wir durch­schnittlich in den letzten anderthalb Jahren ja gar nicht erlebt ^ so steigen sofort die Preise für unsere einheimischen Erzeug­nisse aus Landwirtschaft, Handwerk und Industrie. Besondere Erbitterung erregt dann allemal die unbegreifliche und an­scheinend doch ganz unbegründete Verteuerung der landwirt- , schaftlichen Erzeugnisse, der Milch und Butter, der Eier, des ' Whles und des Fleisches.

Die Frage ist nun, ob hier überhaupt ein Zusammenhang zwischen deni Wert der Jnlandserzeugnng und dem Wert des amerikanischen Geldes besteht. Wir könnten uns viel Erbitte­rung und üble Laune ersparen, wenn wir uns einmal die Muße nahmen, darüber nachzudenken.

Warum ist in jeder Zeitung tagtäglich der Dollarkurs verzeichnet, und zwar gewöhnlich in fettem Ueberschriftendruck? Wir können uns doch einer solchen Gewohnheit in den Frie- Msjahren vor dem Kriege nicht erinnern. Nur der Geschäfts­mann, der seine Ware vorwiegend im Auslande absetzte, hatte ein Interesse an den geringen Kursschwankungen des ausländi­schen Geldes. Mark, Dollar, Frank, Krone usw. wiesen in ihren Berten eine derartige Festigkeit auf, die uns heute geradezu märchenhaft erscheinen will. Ihre Kursschwankungen kamen für die kleinen Einkäufe alltäglicher Bedarfsgegenstände so wenig in Betracht, daß man sich einfach gar nicht um sie küm­merte. Heute aber ist das ganz anders geworden. Tausend Nnge Und nicht etwa nur Genußmittel und Luxusartikel bedürfen zu ihrer Herstellung ausländischer Erzeugnisse. Ich denke nur etwa an die Heilmittel, auch an die ausländischen, für eine zureichende Ernährung unserer Bevölkerung so wichtigen ausländischen Fette!

Ja, heute kümmert sich jeder, auch der bescheidenste Käufer um den Dollarkurs. Er ist und das ist das Furchtbare der Gradmesser für den Wert unserer Mark, für den Tiefstand unseres Wirtschaftslebens, für die Nähe des Abgrundes ge­worden, an dem wir unser äußeres Leben hinführen! Ein Bück in die Zeitung ist der Dollar gestiegen? Nun so ist die Mark gesunken! War sie gestern noch einen Pfennig wert, so M sie heute nur noch vier Fünftel Pfennig usw. Sie sind alle erstaunlich gute Rechner geworden, bei denen es auf der Schule vielleicht schon mit der Bruchrechnung haperte! Das ist unendlich traurig, aber wir müssen damit als mit einer Tat­sache rechnen. Es nutzt nichts, die Augen davor zu ver­schließen.

Wie aber ist Abhilfe zu schaffen? Abbau der Löhne und Gehälter? Dagegen werden sich Beamte und Arbeiter sträu- »ben. Abbau der Preise? Davon wollen die Erzeuger natürlich 'nichts wissen. Was denn also? Wir sehen nun einen Weg. Wir brauchten alle geschlossen mit Ausnahme der Kranken und Schwachen nur etwa ein Vierteljahr hindurch unsere Le­benshaltung auf den Standpunkt vom Jahre 1917 zurückzu­schrauben und wieviele müssen tatsächlich jetzt noch sehr viel schlechter leben als damals! wir brauchten nur einmal eine Zeit hindurch auf alles lleberflüsstge zu verzichten, mit allem Vorratkaufen einzuhalten und in allen Dingen auf das Aeu- serste zu sparen, und ich bin überzeugt, uns wäre geholfen. Es

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Schnaufer, Bäcker.

wäre nicht nur Ware La, es wäre auch Geld da und der Wert der Mark würde steigen, denn es brauchte nicht mehr so­viel wertloses Papier mit wertbedeutenden Zahlen bedruckt zu werden!

Sparsamkeit ist das einzige Zauberwort unserer wirtschaft­lichen Rettung. Zum Sparen aber gehört Energie. Können wir sie wirklich nicht mehr aufbringen? Nun, dann müssen wir die Schwere des uns drohenden, unabwendbar nahenden Schick­sals auf uns nehmen. Auch von Völkern gilt das Wort: Sehe jeder, wie er's treibe!"

Württemberg-

Stuttgart, 2. Nov. (Gebühren für Viehhandelsscheine.) Die Landesversorgungsstelle, Abt. Viehverkehr, erhebt ab 1. November für die Zulassung zum Handel mit Rindvieh, ein­schließlich Kälbern, Schweinen und Schafen, oder mit einer dieser Tiergattungen für jeden Oberamtsbezirk, in dem der Auf­kauf gestattet wird, 2000, mindestens aber 3000 Mark für einen Handelsschein, für die Zulassung zum Aufkauf von Vieh durch Gewerbetreibende für jeden Oberamtsbezirk, in dem der Auf­kauf gestattet wird, bei Fleischwarensabrikanten 2000 Mark, mindestens aber 3000 Mark für einen Aufkaufschein, bei Metz­gern für die zweite Ausfertigung eines Handels- oder Aufkaitt- scheins 100 Mark.

Stuttgart, 2. Nov. (Richtlinien für die Pachtpreisbemes­sungen.) Am 31. Oktober 1922 trat bei der Württ. Landwirt­schaftskammer die aus Pächtern und Verpächtern zusammen­gesetzte Kommission zusammen, die im Herbst 1921 die Richt­linien zur Anpassung der laufenden und der neu abzuschließen­den Pachtverträge an die veränderten wirtschaftlichen Verhält­nisse aufgestellt hat, um darüber zu beraten, auf welcher Grund­lage für das Jahr 1922 die Pachtpreisbemessung erfolgen soll. Bei dieser Sitzung wurde ein Nachtrag zu den Richtlinien 1921 fertiggestellt, der in Nr. 44 des Württ. Wochenblattes für Land­wirtschaft veröffentlicht werden wird.

Stuttgart, 3. Nov. (Landesversammlung des Württ. Krankenkassenverbands.) Am 30. Oktober fand unter dem Vor­sitz von Kommerzienrat Lauser in Stuttgart eine außerordent­liche Landesversammlung des Württembergischen Krankenkassen­verbands statt, die stark unter dem Eindruck der finanziellen Notlage der Kassen stand. Erster Verhandlungsgegenstand war die Regelung der Arzthonorare, worüber Syndikus Elwert Bericht erstattete. Die Landesversammlung hat ihre Stellung in der Honorarfrage der Aerzte, Zahnärzte und Dentisten in einer einstimmig angenommenen Erklärung zusammengefaßt Im Anschluß hieran wurde beschlossen, an die Reichsregierung die Bitte zu richten, die für die Grundlöhne seither gesetzlich festgelegte Höchstgrenze zu beseitigen und dadurch den Kassen die Ermächtigung zu geben, ihre Grundlöhne den jeweiligen Veri- hältnissen anzupassen. Die gesetzliche Festlegung einer Mindest­grenze soll beibehalten werden. Eine lebhafte Erörterung löste die durch die Versicherungsämter seither in völlig ungenügender Weise vorgenommene Festsetzung des Wertes der Sachbezüge aus. Die weiteren Verhandlungen betrafen die Anpassung des Ortslohnes, der bei den unständig Beschäftigten die Unterlage für die Beitragsberechnung und für die Leistungen bildet, an die derzeitige Verhältnisse, und die Vergütung der Kassen für die Besorgung der Geschäfte für die Invalidenversicherung. Schließlich wurde eine Erhöhung der Erwerbslosenunter­stützung gefordert.

Stuttgart, 3. Nov. (Erhöhung der forstlichen Nutzholz­preise in Süddeutschland.) Die Vertreter der bayerischen, würt­tembergischen, badischen und hessischen Staatsforsten, sowie der

Waldbesitzerverbände einigten sich auf folgende neuen Landes­grundpreise, die am 1. November d. Js. in Kraft treten: Fich­ten- und Tannenlangholz 1. Klasse 23 000 Mark, 2. Klaffe 22 000 Mark, 3. Klasse 20 000 Mark, 4. Klasse 18 000 Mark, 5., Klasse 16 800 Mark, 6. Klasse 14 000 Mark, für Fichten- und^ Tannenabschnittholz 1. Klasse 23 000 Mark, 2. Klasse 20 000 Mark, 3. Klasse 16 000 Mark, 4. Klasse 14 000 Mark, für Kie­fernlangholz 1. Klasse 31 000 Mark, 2. Klasse 26 000 Mark, S. Klasse 21 000 Mark, 4. Klasse 18 000 Mark, 5. Klasse 15 OOO Mark, 6. Klasse 13 000 Mark, für Kiefernabschnittholz 1. Klasse 33 000 Mark, 2. Klasse 26 000 Mark, 3. Klasse 18 000 Mark, 4. Klasse 14 000 Mark, für Buchenstammholz 1. Klasse 24 000 Mk., 2. Klasse 22 000 Mark, 3. Klasse 19 000 Mark, 4. Klasse 15 000 Mark, 5. Klasse 12 000 Mark, 6. Klasse 9000 Mark, für Kiefern­schwellenholz 1. Klasse 16 000 Mark, 2. Klasse 14 000 Mark, für Buchenschwellenholz 1. Klasse 14 000 Mark, 2. Klasse 12 000 Mark, für Eichenschwellenholz 1. Klasse 18 000 Mark, 2. Klasse 16 000 Markise für den Kubikmeter. Für Papierholz, ent­rindet, gelten folgende Presse: 1. Klasse 10 000 Mark, 2. Klasse 8500 Mark, 3. Klasse 6000 Mark, für Rinde 1. Klasse 9000 Mk..

2. Klasse 7500 Mark, 3. Klasse 5500 Mark, je der Raummeter.

Stuttgart, 3. Nov. (Falsche Reichsbanknoten zu 500 Mk.) Wie die Oberpostdirektton als Mahnung zur Vorsicht bei der Annahme von Reichsbanknoten mitteilt, wurden in letzter Zeit bei den Postämtern Sulzbach a. d. Murr und Beilstein wieder­holt falsche Reichsbanknoten zu 500 Mark der Ausgabe vom 7. Juli 1922 angehalten. Das Wasserzeichen ist bei den Falsch-

Linien vorge-

stücken durch aufgedruckte hellere und dunklere täuscht.

Schramberg, 3. Ott. (Gebr. Junghans A.-G.) In der am 31. Oktober stattgefundenen Auffichtsratssitzung der Gebr. Junghans A.-G. wurde die Bilanz sür das Geschäftsjahr 1921 bis 1922 vorgelegt. Der Gewinn beläuft sich einschließlich Vortrag auf 36 963 841 Mark (i. V. 7 142 754 Mark). Der auf den 8. Dezember einzuberufenden Generalversammlung wird vorgeschlagen, nach Dotierung der außerordentlichen Re­serve mit 10 Millionen (i. V. 700 000), der Wohlfahrtsfonds mit 2 Mill. (500 000 Mark) und nach Ausschüttung der festen 6 Prozent Dividende auf die Vorzugsaktton eine Dividende von 30 Prozent (15 Prozent) auf die Stammaktien zu verteilen, woran 10 000 Vorzugsaktien und 20 000 Stammaktien der jüngsten Emission mit der Hälfte teilnehmen.

Geislingen a. St. 3. Nov. (Kapitalserhöhung der Württ. Metallwarenfabrik.) Der Aufsichtsrat der Württ. Metallwaren­fabrik hat in einer Sitzung infolge der fortschreitenden Geld­entwertung beschlossen, zur Stärkung seiner Betriebsmittel einer auf 5. Dezember nach Stuttgart einzuberufenden außer­ordentlichen Hauptversammlung eine Erhöhung des Aktien­kapitals, und zwar der Stammaktien von 13,50 auf 40,50 Will. Mark und die Ausgabe von Vorzugsaktien im Betrage von 2,50 Mill. Mark vorzuschlagen. Die neuen Stammaktien sollen den bisherigen Aktionären 1 : 2 zum Bezüge angeboten werden. Die auszugebenden Vorzugsaktien werden einer Gruppe über­lassen. Seit 21. Mai 1920, wo- das Kapital um 6,75 auf 13,50 Mill. Mark erhöht wurde, ist keine Verstärkung der Betriebs­mittel vorgenommen worden.

Baindt OA. Ravensburg, 3. Okt. (Schwere Marke.) Die­ser Tage erntete die Frau des Schuhmachermeisters Wolf einen Winterrettich im Gewicht von 11X Pfund.

Laupen OA. Balingen, 3. Nov. (Tödlich verunglückt.) Bei der Fahrt mit dem beladenen Wagen vom Ort zum Bahnhof setzten sich die Kinder des Viehhändlers Karl Koch auf den Wa­gen; der 8jährige Karl hielt die Zügel. Diese entfielen chm

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««tag, den S. Nov. 19 LL io Uhr Beichte.

Uhr Predigt (Eph. 6, I0-M Dekan Dr. Megerlm. meindelied: Ein feste Burg, chenchor: So jemand mein Wer! oird halten.

schließend an den Borrn.-Gotick- neust Feier des hl. Abendmahls) Ihr Predigt. ^

Stadtvikar Geiger, s Opfer ist vorm, und abends irr die württ. Bibelanstalt kl­immt.

mds 8 Uhr Gemeinde- und Zolksbundabend im Gemeinde- aus. Thema des Vortrags iin Blick in Luthers Häuslichleit.

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Uhr Einziger Gottesdienst 7- mt und Predigt; vorher Beicht- elegenheit.

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»«tag vorm. 10 Uhr Predigt. r /,12 Uhr Sonn-

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tttvoch abend 8 Uhr Bibelstunde.

Der SchimmelreiLer

Novelle von Theodor Storm. s3-i

Hauke, der nicht mußte, wie uns die Natur mit ihren: Reiz betrügen kann, stand auf der Nordw-'stecke des Deiches und juchte nach dem neuen Bett des Prichles, das ihn gestern so .'rschreckt hatte, aber bei dem vom Zenit herabschießenden Son­nenlichte fand er es anfänglich nicht einmal. Erst da er gegen die blendenden Strahlen seine Augen mit der Hand beschat­tete, konnte er es nicht verkennen; aber dennoch, die Schatten m der gestrigen Dämmerung mußten ihn getäuscht haben: es keimzeichnete sich jetzt nur schwach; die bloßgelegte Mäuse- wirtsch-ast mußte mehr als die Flut den Schaden in dein Deich veranlaßt haben. Freilich, Wandel mußte hier geschafft werden, aber durch sorgfältiges Aufgraben und, wie Ole Peters gesagt hatte, durch frische Soden -und einige Rute« ötrvhbesssckung w-ar der Schaden auszuheilen.

!Es war so schlimm nicht," sprach er erleichtert M sich selber,du bist gestern doch dem eigner Narr gewesen!" Er berief die (Bevollmächtigten, und die Arbeiten wurden ohne Widerspruch beschlossen, was bisher noch ms geschehen war. Der Deichgraf meinte eine stärkende Ruhe in seinem noch geschwächten Körper sich verbreiten zu fühlen, und nach einigen Wochen war alles sauber ausgesührt.

Das Jahr ging weiter, aber je weiter es ging und je un­gestörter die neugelegten Rasen durch die Strohdecke grün­ten, um so unruhiger ging oder ritt Hauke an dieser Stelle vorüber, er wandte die Augen ab, er ritt hart an der Binnen­seite des Deiches; ein paarmal, wo er dort hätte vorüber müssen, ließ er sein schon gesatteltes Pferd wieder in den Stall zurückführen; dann wieder, wo er nichts dort zu tun hotte, wanderte er, um nur rasch und ungesehen von seiner Werste fortzukommen, plötzlich und zu Fuß dahin; manch­mal auch war er umgekehrt, er hatte es sich nicht zumuten können, die unheimliche Stelle aufs neue zu betrachten; und endlich, mit den Händen hätte er alles wieder nufreißen mö­gen, denn wie ein Gewissensbiß, der außer ihm Gestalt ge­

wonnen hatte, lag dies Stück des Deiches ihm vor Augen. Und doch, seine Hand konnte nicht mehr daran rühren; und niemand«», selbst nicht seinem Weibe, durfte er davon reden. So war der September gekommen; nachts hatte ein mäßiger Sturm getobt und war zuletzt nach Nardwest umgesprungen. An trübem Vormittag danach, zur Ebbezeit, ritt Hauke auf den Deich hinaus, und es durchfuhr ihn, als er seine Augen über die Watten schweifen ließ; dort, von Nordwest herauf, sah er plötzlich wieder, und schärfer und tiefer ausgewühlt, das gespenstige neue Bett des Priehles; so sehr er seine Augen anstrengte, es wollte nicht mehr weichen.

Als er nach Haus kam, ergriff Elke seine Hand:Was hast du, Hauke?" sprach sie, als sie in sein düsteres Antlitz sah; es ist doch kein neues Unheil? Wir sind jetzt so glücklich; mir ist, du Haft nun Frieden mit ihnen allen!"

Diesen Worten gegenüber vermochte er seine verworrene Furcht nicht in Worten kundzugeben.

Nein, Elke," sagte er,mich feindet niemand an, es ist nur ein verantwortlich Amt, die Gemeinde vor unseres Herr­gotts Meer zu schützen."

Er machte sich los, um weiteren Fragen des geliebten Weibes auszuweichen. Er ging in Stall und Scheuer, als ob er alles revidieren müsse; aber er sah nichts um sich her; er war nur beflissen, seinen Gewisiensbiß zur Ruhe, ihn sich selber als eine krankhaft übertriebene Angst zur Ueberzeu- gung zu bringen.

Das Jahr, von dem ich Ihnen erzählte," sagte noch einer Weile mein Gastfreund, der Schulmeister,war das Jahr 1756, das in dieser Gegend nie vergessen wird; im Hause Hauke Haiens brachte es eine Tote. Zu Ende des Septembers war in der Kammer, welche ihr in der Scheune eingeräumt war, die fast neunzigjährige Trin Jans am Ster­ben. Man hatte sie nach ihrem Wunsche in den Kissen auf­gerichtet, und ihre Augen gingen durch die kleinen bleige­faßten Scheiben in die Ferne; es mußte dort am Himmel eine dünnere Luftschicht über einer dichteren liegen, denn es war hohe Kimmung, und die Spiegelung hob in diesem

Augenblick das Meer wie einen flimmernden Silberstreisen über den Rand des Deiches, so daß es blendend in die Kam­mer schimmerte; auch die Südspitze von Jeverssmd war sichtbar.

Am Fußende des Bettes kauerte die kleine Wienke und hielt mir der einen Hand sich fest an der ihres Vaters, der daneben stand. In das Antlitz der Sterbenden grub eben der Tod das hippokratische Gesicht, und das Kind starrte atemlos auf die unheimliche, ihr unverständliche Verwand­lung des unschönen, aber ihr vertrauten Angesichts.

Was macht.sie? Was sst das, Bater?" flüsterte sie angstvoll und grub die Fingernägel in ihres Vaters Hand.

Sie stirbt!" sagte der Deichgraf.

Stirbt!" wiederholte das Kind und schien in verworre­nes Sinnen zu verfallen.

Aber die Alte rührte noch einmal ihre Lippen:Jins! Jins!" und kreischend, wie ein Nosschrei, brach es hervor, und ihre knöchernen Arme streckten sich gegen die draußen flimmernde Meeresspiegekung:Hölp mi! Hölp mit Du bist ja bawen Water . . . Gott gnad de annern!"

Ihre Arme sanken, ein leises Krachen der Bettstatt wurde hörbar; sie hatte auf gehört zu leben.

Das Kind tat einen tiefen Seufzer und warf die blassen Augen zu ihrem Vater auf:Stirbt sie noch immer?" frug es.

Sie hat es vollbracht!" sagte der Deichgraf und nahm das Kind aus seinen Arm:Sie ist nun weit von uns, beim lieben Gott."

Beim lieben Gott!" wiederholte das Kind und schwieg eine Weile, als müsse es den Worten nachsinnen.Ist das gut, beim lieben Gott?"

Ja, das ist das Beste." In Haukes Innerem aber klang schwer die letzte Rede der Sterbenden.Gatt gnad de annern!" sprach es leise in ihm.Was wollte die alte Hexe? Sind denn die Sterbenden Propheten-?"

(Fortsetzung folgt.)