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Neuenbürg, Samstag, de» 14. Oktober 1922.
8V. Jahrgang.
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ben und liegt daselbst seiner Wünsche ange- eine schwere Krankheit . aber schmerzensreichen er Heimat, sein junges, alt, lassen. Ps. 119,9.
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Stuttgart, 13. Ott. (Felderprämiierung.) Auf Grund der lriaebnisie der Besichtigung zur Anerkennung angemeldeter
- wurden von der Württ. Landwirtschaftskammer folgende -Kreise und Anerkennungen zugeteilt: Für Gemeindemarkungen, ' in den Weizens und Dinkelbeständen nur wenig Brand bitweisen: dem Ortsverein -Göttelfingen OÄ. Horb ein 1.
Breis (1000 Mark) nebst Diplom; dem Ortsverein Altheim OA. Kiinaen und der Gemeinde Stetten i. R. je ein- . 3. Preis M Mark) nebst Diplom; dem Ortsverein Grünkraut OA. Ravensburg eine Anerkennung nebst Diplom. Für Gemeinde- «nrkunaen. deren Gerstenanbaufläche mindestens zur Hälfte einer gezüchteten Gerste angebaut wurde: dem OB. Göttel- ünaen OA. Horb ein 1. Preis (1000 Mark) nebst Diplom; dem M Hirschlanden OA. Leonberg ein 3. Preis (500 Mark) nebst Diplom; dem LÄS. Altheim OA. Ehingen eine Anerkennung nebst Diplom. Für Winter- bzw. Sommergetreide, Las auf
zusammenhängender Fläche einheitlich angebaut wurde: dem
W Scharnhausen OA. Stuttgart-Amt ein 1. Preis (600 Mark) nebst Diplom; den OB. Dettingen OA. Ehingen, Die- tettkirch OA- Riedlingen, Eutingen OA. Horb, Goldburgbausen ! OA Neresheim, Holzbausen OA. Sulz, Jrrendorf OA. Tutt- i liM» Ostdorf OA. Balingen, Tübingen OA. Rottweil und i Wollmaringen OA. Horb je ein. 2. Preis (4M Mark) nebst Diplom; den OB. Bermaringen OA. Blaubeuren, Betzgenrwth OA Göppingen, Deißlingen OA. Rottweil, Echterdingen OA. Stuttgart-Amt. Moosbeuren OA. Ehingen, Neuhausen OA. Eklmgen. Talheim OA. Tuttlingen, Justingen OA. Münsingen, > Tieringen OA. Balingen und Weilheim OA. Tübingen ie ein i 3 Preis (200 Mark) nebst Diplom; den Ortsvereinen Ahldorf i OA Horb, Binzwangen OA. Göppingen und Plochingen OA. l Eßlingen je eine Anerkennung nebst Diplom. Der Gemeinde ! Winzeln OA. Oberndorf wird für besondere Leistungen auf ' hm Gebiet des Pflanzenbaus eine Ehrenurkunde (Diplom)
^Muttgart. 13. Ott. (Weinlese.) Der Beginn der Weinlese wird auf 16. bzw. 19 Oktober festgesetzt. -Das Gesamtergebnis wird auf 15 400 Hektoliter geschätzt, d. i. bei einer Gesamtfläche von 560 Hektar 27.6 Hektoliter durchschnittlich pro Hektar. Die Eannstatter Markung soll den Durchschnitt um etwa 3 Hekto-
^Honheim^ OA. Vaihingen (Enz). 13. Ott. (Herbstbericht.) j ^se ist in vollem Gange. Wider Erwarten schlägt das Quan-
- tum wie schon lange nicht mehr vor. Verstellt ist sehr vieles,
- ^ ist aber auch noch vieles zu haben. Gesamterzeugnis etwa 6000 Hektoliter. Nachfrage rege. Käufe sind noch keine feste ab-
' geschlossen. Der Wein wird gut und auch haltbar.
- Freudenstein-Hohenklingen b. Maulbronn, 13. Ott. Die allgemeine Weinlese ist mit dieser Woche beendet. Am Montag, den 16. Oktober, findet die Weinversteigerung bei den
' Weingärtnergenossenschaften iFreudenstein-Hohenklingen statt. « Die Stöcke sind frisch belaubt. Die Trauben haben sich üppig entwickelt und -sind gut gereift. Die hier zufällig trockene
- warme Witterung vom Mai-August, die fast keinen Regen ' brachte, ist den Trauben zugute gekommen, deren Qualität ües-
- halb entsprechend gut ist. ^
Tübingen, 13. Ott. (Bestrafte Rohlrnge.) Zwer zener üblen Gesellen, die man als „Eisenbahnflegel" zu bezeichnen pflegt.
- hatten sich vor der Strafkammer zu verantworten, Es waren 'die 22 und 21 Jahre -alten Brüder Georg und Evwrn Rftrsch ! aus Dettingen. Auf dem Wege zur Eisenbahnhaltestelle NeU-
hausen a. d. Enz fuhr der Schaffner Adolf Kielmann auf dem Rade an ihnen vorbei. Da die Straße sehr schmutzig war, gabs einige Spritzer, was Erwin R. zu Schimpf- und Drohreden veranlaßte. Auf der Haltestelle schlug Georg R. nnt einem abgebrochenen Peitschenstecken an den Packwagen, in welchem sich Kielmann -befand und forderte letzteren auf, heraus- znkommen, dann schlage er ihn tot! Während der Fahrt nach Dettingen machten beide im Wagen einen großen Lärm, so daß die Mitfahrenden sich darüber beschwerten; auch wurden
- SKmhf- unk npn?n KrpsENn nuSnebinM. Ms die
ser dre beiden Brüder in Dettingen zwecks Feststellung ihrer ocamen dem Stationsvorstand vorführen wollte, lief Georg mit dem Peitschenstecken aus K. zu, schimpfte ihn einen Lausbuben, Trreler, Faulenzer, Staatsfresser, ferner gebrauchte er unflätige Abdrucke und bedrohte K. mit Erstechen und Totschlägen. Das Schöffengericht hatte die Brüder zu geringen Geldstrafen ver- urteilt, wogegen sie Berufung einlegten. Das Gleiche tat auch der Amtsanwalt. Um die Reifenden künftig vor solchen Belästigungen und Ausschreitungen zu schützen und Len Bahnbeamten in ihrer ohnehin schwierigen Stellung einen erhöhten Schutz zu gewähren, erkannte die Strafkammer dem Anträge des Staatsanwalts gemäß bei Georg R. auf eine Geldstrafe von 3000 Mark und bei Erwin R. auf eine solche von 2000 Mark. Auch wurde die Veröffentlichung des Urteils angeordnet.
Bildechingen OA. Horb. 12. Okt. (Hohe Pachtsumme.) Gestern wurde die Schafweide verpachtet und ein Preis von 301 000 Mark erzielt. Pächter ist Haas auf Gut Hoheittarpfen bei Spaichingen. Fast ein Dutzend Schafhalter hatten sich am Steigern beteiligt. Und da soll die Wolle nicht teurer werden!
Ulm, 13. Okt. (Wer verteuert die Eier?) Vor dem hiesigen Wuchergericht hatten sich drei Frauen, davon zwei von Stuttgart, wegen Preistreiberei zu verantworten. Im April d. Js., wo in den meisten Oberämtern ein Eierpreis von 2,50 bis 3 Mark festgelegt war, hatten die beiden Stuttgarter Händlerinnen eine Ulmer Eierhändlerin getroffen, die gerade etwa 1300 Eier vom Lande heimbrachte. Sie sprachen sie an mit der Frage, ob sie die Eier nicht bekommen könnten. „Jawohl", sagte die Ulmer Eierhändlerin, „ich bekomme -halt immer 3,50 Mark." Die Stuttgarter Händlerinnen sagten aber: „Wir bezahlen 3,80 Mark" und bekamen die Eier. So wunderten die Mer nach Stuttgart, wo sie zu 4,10 Mark verkauft wurden. Die beiden Stuttgarter Händlerinnen wurden zu empfindlichen Geldstrafen verurteilt.
Ulm, 13. Okt. (Frühzeitige Gemeinderatswahl. — Ertrunken.) Es besteht die Absicht, die hiesige Gemeinderatswahl gleichzeitig mit der Reichspräsidentenwahl abzuhalten. — Am Donnerstag fiel ein 3jähriges Mädchen in die Donau und ist ertrunken. Der untröstliche Vater konnte nur mit Mühe von Rettungsversuchen abgehalten «wdrden, die zwecklos gewesen wären, da das Kind schon längst in den -hochgehenden Wellen verschwunden war, den Vater selbst aber in höchste Gefahr gebracht hatten.
Abtsgmünd, 13. Ott. (Der .Kontrolleur".) In der Mahlmühle Scheufeie bei Abtsgmünd wurde Selbstversorgern, die schwarz mahlen ließen, häufig die «Frucht samt Sack beschlagnahmt; die „Sünder" warteten vergebens auf Strafe; Gerüchte verdächtigten die Kontrollbeamten und Landjäger. Nunmehr wurde der strenge „Kontrolleur" ermittelt und steht seiner Strafe entgegen; es ist der damalige Pächter der Mühle, Josef Freh von Abtsgmünd, der sich durch seine Handlungsweise die Schwarzmahler angeblich vom Halse halten wollte.
Vorbachzimmern OA. Mergentheim, 12. Okt. (Weinpreise.) Bei der Versteigerung des Traubenertrags des Pfarrweinbergs wurden 67 000 Mark erlöst, während der Stiftungsweinberg 61000 Mark erbrachte. Der Ertrag -wird bei dem Pfarrwein- berg auf etwa 5 Eimer geschätzt, beim Stiftungsweinberg dürfte er etwas niedriger anzunehmen fein.
Vermischtes.
Zur Weinzuckerung. Die von der Versuchsanstalt Au- gustenberg vorgenommenen Prüfungen verschiedener Rohrzuckerproben haben ergeben, daß dieser Zucker den gesetzlichen Anforderungen in bezug auf die Weinverbesserung nicht entspricht, da eine Lösung in der Stärke, wie sie zur Weinveribes- serung Verwendung finden kann, stark gefärbt ist. Nach den gesetzlichen Bestimmungen darf aber zur Weinverbesserung nur technisch reiner, nicht färbender Rüben-, Rohr-, Jnvert- oder Stärkezucker verwendet werden. Außerdem wurde Lurch die Versucher festgestellt, daß der Wein durch die dem rohen Rohrzucker anhaftende Melasse einen nachteiligen Geruch und Ge-
-erhält. Vor der Verwendung von rohem Rohrzucker (Kubazncker) zur Weinverbesserung wird nachdrücklichste gewarnt.
Schrttbhefte werden wieder teurer. Der Verein deutscher Schrechhestfabrckanten erhöhte Len Preis für Schreibhefte ab 7. Oktober auf 2300 Mark pro 100 Stück.
^ J«aend von heute. Ueber ein in der jetzigen Zeit typisches Brld lesen wrr rn den Münchener Neuesten Nachrichten: Die Äokalbahn-A.-G. Vlechtach r. Bayer. Wald sieht sich wegen der dreien Vorkommnisse von Verrohung jugendlicher Reisender beiderlei Geschlechts, die an den Sonn- und «Feiertagen bei der Heinnahrt rn stark angetrunkenem Zustand die Reisenden in unerhörter Wei,e belästigen, veranlaßt, bei fernerer Wiederholung solcher Vorfälle die beiden Züge 16 und 17 an Sonn- und Feiertagen aussallen zu lassem
Gegen den Bürokratismus. Eine Verordnung des Reichs- nnanzmiNisters bestimmt,, daß ganz allgemein Beträge unter 50 Mbar! nicht mehr oingesordert werden sollen, well die Schreib- unü Einziehungsgebühren höher wären als dieser Betrag. Andere Behörden sollten sich dem anschließen, damit es nicht wie der vorkommt. Laß eine Rei ° - ^
..-»sbehörde wegen 15 Pfennig Zinsen an eme Großbank eine Mahnung schickt.
°Uefte Mann Deuffchlands. Der Landwirt Valentin Paluschke m Kiella, Kreis Rhb-nik, hat am 1. Oktober die steier i eines 117. Geburtstages begangen. Er ist damit der äl- teste Einwohner Schlesiens, vielleicht auch Deutschlands, flu der Geburtstagsfeier hatte er seine sämtlichen Kinder, Enkel, Urenkel und Ururenkel um sich versammelt, insgesamt 215 Personen.
, Eine Svdköpfige Diebesbande. Eine aus 500 bis 600 Personen bestehende Bande suchte in der Nacht die Felder der l'AuenLorstr Rittergutsflur (Sachsen) auf und entwendete über 100 Zentner Kartoffeln.
Der Berufswechsel im Zoo. In der Berliner Zeitung am Mittag finden wir einen von C. K. Röllinghoff verfaßten ^sherz, der >o nett ist, daß wir ihn mit einigen Kürzungen wiedergeben.
. »Wir sind so gut wie gekündigt!" sagte der Löwe. „Und wir. müssen uns daher bei Zeiten nach anderem Broterwerb umiehem — „Mir ist nicht bange", meinte der Bock. „Jeder zehnte Berliner schießt mich täglich. Ich «werde alle «vier Füße voll zu tun haben!" — „Ich werde mich um Len Posten eines Laternenanzünders bewerben", sagte die Giraffe, während der Papagei als Grammophonersatz gehen wollte. — Das stinkende Puma war äußerst zuversichtlich: „Ich habe die Absicht, mich emer ParfumDabrik zur Verfügung zu stellen. Vielleicht komme ich rn Mode. „Mistiknm", oder so ..." — Hamster und Marder «hatten 1914 ausreichenden Verdienst. — Das Faultier verließ sich auf die Arbeitslosenunterstützung. — „Aus mir werden sie wohl preußische Fahnen machen", seufzte das Zebra. — Der Adler zog sich den -«»Heitel gerade und meinte: „Ich sitze Model für meinen schiefen Reichskollegen." — „Mich kann Herr Raffke an der Bor,e brauchen!" sagte das Schwein. — Das Murmeltier wollte zum Telephonamt gehen. — Die Gemse nahm sich vor. dem Dollar nachzuklettern. — Auch der Hund war ein ausgesprochener Optimist. „Passen Sie auf — sie -werden schon noch auf mich kommen!" — Wolf und Hirsch -beschlossen ein Bankhaus zu gründen. — Der Krebs hatte einen Eilbotenposten bei der Reichspost im Auge und wollte sich auch für me -Schildkröte tunlichst verwenden. — Die Tauben versuchten vergeblich, sich Gehör zu verschaffen ... — Die Kröten äußerten: ,Mon uns möchte ja sowieso jeder gern ein paar haben!' — Der Frosch wollte dem amtlichen Wetterdienst wieder auf die Beine helfen . . . -— Und der Esel? Der seufzte schwer auf: „Die Diplomatie ist unglaublich überlaufen! . . ?
Heiratsinserat-Ersatz. Eine Anzahl junger Pariserinnen hat sich zu einem Verband zusammengeschlossen, um das letzte Mittel zu versuchen, die immer schwieriger werdende Ebefrage zu lösen. Die Anhängerinnen dieser von der Not der Stunde geborenen Vereinigung, die weder Präsidenten noch Satzungen hat. tragen unter dem Umschlag der Blus e ver steckt ein grünes
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Ulligste Preise. !
Gottesdienste
irr Neuenbürg »««tag, den iS. Okt. 1922. (Kirchweihfest).
> Uhr Predigt (I. Kor. I, 4-S>;
Dekan Dr. Megerlin. meindelied: Ach bleib mit dein« Gnade Nr. 34.
sang deS Kirchenchor-: „Herr, ich habe lieb die Stätte deine- Hauses.
Ihr Bibelstunde in Waldrennach« Stadtvikar Geiger, x Uhr Predigt (2. Kor. 9, IS; Lied Nr. 89):
Stadlvikar Geiger. iS Opfer am Vormittag und Abend ist für die Kirchenheizung im Winter bestimmt, u Mittwoch unterbleibt die Bibel stunde wegen Schulferien.
atyotrjch. Hottesdtenß
irr Neuenbürg »««tag, den 15. Okt. 1922 8 Uhr morgens Frühgottesdienst Ihr Predigt und Amt.
Uhr nachm. Andacht.
Lethi Wen-Gemeinde
E. Lang).
»««tag vorm. 10 Uhr: Predigt.
„ „ 0,12 Uhr Son»>
tagschule.
ittwoch abend 8 Uhr Bibelstunde.
Der Schimmelreiter
Novelle von Theodor Storm.
Zm Sommer rauschte die gewaltige Esche nach wie vor am Hause; aber auf der Bank, die jetzt darunter stand, sah man abends meist nur die junge Frau, einsam mit einer häuslichen Arbeit in den Händen; noch immer fehlte ein Kind in dieser Ehe; der Mann aber hatte anderes zu tun, als Feierabend vor der Tür zu halten, denn trotz seiner früheren Mithilfe lagen aus des Alten Amtsführung eine Menge unerledigter Dinge, an die auch er derzeit zu rühren nicht für gut gefunden hatte; jetzt aber mußte allmählich alles aus dem Weg«; er fegte mit einem scharfen Besen. Dazu kam die Bewirtschaftung der durch seinen eigenen Landbesitz vergrößerten Stelle, bei der er gleichwohl den Kleinknecht noch M sparen suchte; so sahen sich die beiden Eheleute, außer am Sonntag, wo Kirchgang gehallen wurde, meist nur bei dem ov» Hauke eilig besorgten Mittagessen und beim Ans- und Niedergang des Tages; es war ein Leben fortgesetzter Arbeit, doch gleichwohl ein zufriedenes.
Dann kam ein störendes Wort in Umlauf. — Als von dm jüngeren Besitzern der Marsch- und Geestgemeinde eines Sonntags nach der Kirche ein etwas unruhiger Trupp im Kruge drohen am Trünke festgeblieben war, redeten sie beim vietten und fünften Glase zwar nicht über König und Re- gienmg — so hoch wurde damals noch nicht gegriffen . wohl aber über Kommunal- und Oberbeamte, vor allein über Gemeindeabgaben und -lasten, und je länger sie redeten, desto weniger farch davon Gnade vor ihren Augen, insonders nicht die neuen Deichlasten; alle Siele und Schleusen, die sonst immer gehalten hätten, seien jetzt reparaturbedürftig; am Deiche fänden sich immer neue Stellen, die Hunderte von Karren Erde nötig hätten; der Teufel möchte die Geschichte holen! .
„Das kommt von eurem klugen Deichgrafen, rief einer von den Geestleuten, „der immer grübeln geht und seine Finger dann in alles steckt!"
„Ja, Matten," sagte Ole Peters, der dem Sprecher gegenübersaß: »recht hast du, er ist hinterspinnig und sucht beim Oberdeichgraf sich 'neu weißen Fuß zu machen; aber wir « haben ihn nun einmal!"
„Warum habt ihr ihn euch aufhucken lassen?" sagte der andere: „nun müßt chr's bar bezahlen."
Ole Peters lachte. „Ja, Marten Fedders, das ist nun so bei uns, und davon ist nichts abzukratzen: der alte wurde Deichgraf von seines Baters, der neue von seines Weibes wegen." Das Gelächter, Las jetzt um den Tisch lief, zeigte, welchen Beifall das geprägte Wort gefunden hatte. ,
Aber es war an öffentlicher Wittstasel gesprochen worden, es blieb nicht da, es lief bald um im Geest- wie unten in dem Marschdorf: so kam es auch an Hauke. Und wieder ging vor seinem inneren Auge die Reihe übelwollender Gesichter vorüber, und noch höhnischer, als es gewesen war, hörte er das Gelächter an dem Wirtshausttsche. „Hunde!" schrie er, und seine Augen sahen grimmig zur Sette, als wolle er sie peitschen lassen.
Da legte Elke ihre Hand aus seinen Arm: „Laß sie; die wären alle gern, was du bist!"
— „Das ist es eben!" entgegnete er grollend.
„Und", fuhr sie sott, „hat denn Ole Peters sich nicht selber eingefreit?"
„Das hat er, Elke; aber was er mit Vollina freite, das reicht nicht zum Deichgrafen!"
— „Sag lieber: er reiche nicht dazu!" und Elke drehte ihren Mann, so daß er sich im Spiegel sehen mußte, denn sie standen zwischen den Fenstern in ihrem Zimmer. „Da steht der Deichgras!" sagte sie; „nun sieh ihn an, nur wer ein Amt regieren kann, der hat es!"
„Du hast nicht unrecht," entgegnete er sinnend; „und doch... Nun, Elks; ich muß zur Ofterschleuse; die Türen schließen wieder nicht!"
Er ging: aber nicht lange war er gegangen, so war die Schleusenreparatur vergessen. Ein anderer Gedanke, den er halb nur ausgedacht und seit Jahren nnt sich umhergetragen hatte, der aber vor den drängenden Amtsgeschäften
ganz zurückgetreten war, bemächtige sich seiner jetzt aufneue und mächtiger als je zuvor, als seien plötzlich die Flüge! ihm gewachsen.
Kaum daß er es selber wußte, befand er sich oben aus dem Hafdeich, schon eine weite Strecke südwärts nach der Stadt zu; das Dorf, das nach dieser Seite hinauslag, war ihm zur Linken längst verschwunden; noch immer schritt er weiter, seine Augen unablässig nach der Seeseite auf das breite Borland gerichtet; wäre jemand neben ihm gegangen, er hätte es sehen müssen, welch eindringliche Geistesarbeit hinter diesen Augen vorging. Endlich blieb er stehen: das Borland schwand hier zu einem schmalen Streifen an dem Deich zusammen. „Es muß gehen!" sprach er bei sich selbst, .sieben Jahr im Amt; sie sollen nich mehr sagen, daß ich nur Deichgraf bin von meines Werkes wegen!"
Noch immer stand er, und seine Bücke schweiften scharf und bedächtig nach allen Seiten über das grüne Borland; dann ging er zurück, dis wo auch hier ein schmaler Streifen grünen Weidelands die vor ihm liegende breite Landfläche ablöste. Hart an dem Deiche aber schoß sin starker Meeresstrom durch diese, der fast Las ganze Vorland von dem Festlands trennte und zu einer Hallig machte; eine rohe Holzbrücke führte nach dort hinüber, damit man mit Vieh und Heu- oder Getreidewagen hinüber und wieder zurück gelangen könne. Jetzt war es Ebbzeit, und die goldene Septembersonne gützette auf dem etwa hundert Schritte breiten Schlickstreifen und auf dem tiefen Priehl in seiner Mitte, durch den auch jetzt das Meer noch seine Wasser trieb. „Das läßt sich dämmen!" sprach Hauke bei sich selber, nachdem er diesem Spiele eine Zeitlang zugesehen: dann blickte er auf, und von dem Deiche, auf dem er stand, über den Priehl hinweg, zog er in Gedanken eine Linie längs dem Rande des abgetrennten Landes, nach Süden herum und ostwärts wiederum zurück über die dottige Fortsetzung des Priehles und an den Deich heran. Die Linie aber, welche er unsichtbar gezogen hatte, war ein neuer Deich, neu auch in der Konstruktion seines Profiles, welches bis jetzt nur noch in seinem Kopf vorhanden war.