Zweites

Blatt.

Der

tälsr.

ZwaltL»

Blatt.

« 29. ^

Neuenbürg, Samstag, dm 4. Februar 1922.

89. Jahrgang.

Nur Mts yllLÜK

Neuenbürz,

Einen ordentlichen

Aus Michelsbronn.

Bon Bruno Schönfelder.

<*Eiidwo am Fuße der Mb liegen die beiden Dörfer 1«^?Unterinichelsbronn. Obwohl sie kamn 20 Minuten Einander entfernt sind und früher einem Grundherrn ge- Lbneln sie sich nur wenig -und Las kleinere Unter- ^lsbronn hat die beste Aussicht, das Schwesterdorf zu Aliiaeln denn im Unterdorf herrscht bei allen wichtigen A-enbeiten Einigkeit, im Oberdorf dagegen Zwietracht, die » «llmden Fortschritt unterbindet.

Koaar während des Weltkriegs war es in Obermichels- nn nickt anders. Als im zweiten Kriegsjahr die Belcuch- .nasnot zu drohen begann und die Elektrizitätswerke ihre U über das Land auszuspannen anfingen, erhielten auch -e beiden Michelsbronner Gemeinden entsprechende Angebote. «mtenmischläae wurden vorgelegt, die Vorteile ausein- >der gesetzt, selbst die Regierung empfahl den Artschluß. Um «bermickelsbronn bemühte sich das Werk ganz besonders, La Dorf den besten Zugang zur Albhochfläche bildet. Der lltbeiß, der von Vornherein dafür war, konnte natürlich

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nimmt in die Lehre ör den Anschluß, ein anderer dagegen, dre meisten aber un- «otlka- mtschieden. und diese wurden nun mächtig bearbeitet. Em ' >Itcr Bauer erklärte, sie brauchten solch neumodisches Zeug Malermeister. E, er sei auch ohne dieses alt geworden, und er fand An- Anger. Ein anderer hatte etwas vom Kurzschluß gehört tnd sah das Dorf schon in Flammen aufgehen. Auch er kmd Anhänger. Ein dritter lobte die Einfachheit, Reinlichkeit »ad Billigkeit der Beleuchtung, er fand ebenfalls Anhänger, äer Krämer, der noch ein paar Fässer Erdöl im Keller hatte, «fürchtete, darauf sitzen zu bleiben, nicht minder der Flasch­ner auf seinen Karbidlampen, sie waren rMtürlich dagegen. Als ^der der Fabrikant, der sich im Dorf niederlassen wollte, selbst- herständlich für den Anschluß eintrat, widersprachen nur seinet­wegen ein paar Großbauern, die im Grunde genommen da- ir waren. Vergebens mahnten Schultheiß, Pfarrer und ehrer zu Einigkeit und sachlichen Behandlung der Angelegen­kit, die nur Nutzen verspreche. Es wurde von Woche zu Loche mit dem Zank und Streit schlimmer, zuletzt handelte es h überhaupt nickst mehr um die Elektrizität, sondern um Pei­nliches und Parteiliches, und so kam es zu keiner Einigung imd zu keinem Abschluß. 'Das Werk, das die. Masten und die

Neuenbürg.

sucht

Fr. Waldbaus

Bügeleisenfabrik.

Neuenbür,

B«i Zahnschmerz

nimm nur

Leitungen schon bis an die Flurgrenze herangefiihrt hatte, . , , veil das Hinterland auf Kraft und Beleuchtung wartete sah

WrillM L kch endlich genötigt, die Leitung um den Ort zu legen. Nun

pst kam Obermichelsbronn langsam zur Ruhe und die paar (20°/« CarvacrolMh ms der Zeit stammenden Verlenmdnngsprozesse gingen zu- ä Fl. ^ 3.50. Allein ckiM auch.zu 'Ende.

Eugen Köhler, Frijq

Mühlstraße.

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irr Weueriöürg j Sonntag» den S. Febrml E' (S. Sonntag nach dem Erschnw^

lO^Uh'r Pretig, (Kol. S,

Lied 250

Dekan Dr. M-M l /,2 Uhr Christenlehre ich'

Dekan Dr. ?"..

Mittwoch abend «Uhr- im Gemeindehaus.

Dekan Dr. M-gM

Katholisch. KoüeM

in Neuenbürg

«amvtag» den 4. Februar!

6-7 Uhr abds. BeichigestM Sonntag, den 5 . Februar kein Früh»ottesbie»»l.

8 Uhr morgens Beich'giVl 8 und -/.S Uhr Austestung ««!

Kommunon. ..

SUtzr Predigt, Lichtcrweihe«»'"

Lichimeßopfer. , r/,2 Uhr nachm. ChnstenlB' dacht und Blastusseie».

An den Werktagelk ist der M dienst um 7 Uhr. __

Mthedistm-KA L-L

Unt. Garteustraße Nr- ^ ^

(Prediger L. L-ngl^ - Sonntag vorm.lo M-^A.

Mittwoch abind » Uhr B'd

Die Bsleuchtüngsnot stieg, das Erdöl beim Krämer war Neige gegangen, das Karbid stank und qualmte, der Kien- dan flackerte, schwarze «Finsternis herrschte. Da ging den «Uten ein Licht über ihre Dummheit aus. Nun begehrten Me mit einem Male die elektrische Beleuchtung, nun waren sie 'inig; aber die Gelegenheit war jetzt verpaßt. Das Werk Hatte Abschlüsse in Menge anliegen, die erst erledigt werden Mißten, ehe an Obermichelsbronn gedacht werden konnte. Spä­ter wurden die Materialien knapp, noch später wurde alles teuer und nach dem Kriege noch teurer, so daß Öbermichels- tronn jetzt noch keinen elektrischen Anschluß hat und sich kümmerlich mit teurem Erdöl usw. behelfen muß. Unange­nehm war es auch für den -Ort, daß der Fabrikant seinen Be­trieb nach Untermichelsbronn verlegte. Dort hatte es zwar «uch ein paar Querköpfe gegeben, sonst aber war die Ein­wohnerschaft frei von allem Persönlichen Zank -geblieben und mld einig geworden. Sie erfreut sich seitdem der elektrischen "mwchtung von Stube. Stall und Scheune.

Wenn am Ende des dunklen Weges, den unser deutsches

Haus Friedberg.

Erzählung von Ewald August König.

26. (Nachdruck- verboten.)

Wenn Sie das glauben, werden Sie gewiß kein Bedenken tragen, sie zu unterschreiben," erwiderte der Wucherer kühl.

Mit Vergnügen, aber wenn Sie dieselben dem Bankhause präsentieren, wird man Sie auslachen." Das ist meine Sache."

Willibald schüttelte, noch immer lachend, den Kopf und ergriff die Feder.

Ich beauftrage durch diese Unterschrift einen Ban­kier, der mir nichts schuldet, meine Schulden zu be­zahlen," sagte er.Es ist in der Tat lächerlich, aber wenn Ihnen diese Sicherheit genügt, so trage ich kein Bedenken, sie Ihnen zu geben."

Der Wucherer lächelte spöttisch; er wußte ja ebenso­gut, daß die Wechsel in dieser Form wertlos waren, aber auf der anderen Seite wußte er auch, wodurch er ihnen, tvenn auch nur scheinbar, Wert verleihen konnte, und der junge Herr würde sie schwerlich unterzeichnet haben, wenn er in den Plan seines Gläubigers eingeweiht ge­wesen wäre.

Zweimal mußte der Graf die Wechsel unterzeich­nen, zuerst auf der Vorderseite, dann auf der Rückseite. Nachdem dies geschehen war, holte der Wucherer ein Paketchen Banknoten aus seinem Portefeuille, die er dem jungen Herrn überreichte.

. -^Wie lange wird es dauern, bis Sie wieder auf dem Trockenen sind?" fragte er ironisch.Hüten Sie sich vor dem Spiel, Sie sind einmal ein Unglücksvogel und man kann an einem einzigen Abend ein großes Vermögen verlieren."

. ,,Kümmern Sie sich nicht um mich," sagte der Gras

-Ich, «ich lasse mir keine Vorschriften machen. Das vmßtm Sie doch längst wissen."

- Doktor Schwabe lachte Hämisch Md ging, hinaus, ex

Bol! setzt geht, ein Helles Licht der Hoffnung strahlen soll, dann müssen wir uns zuerst von den Hemmnissen des Partei­haders und des Bruderhaffes frei machen.

Zur Auswanderung nach Nordamerika.

Ueber die gegenwärtigen Aussichten für Deutsche in den Vereinigten Staaten schreibt ein Vertrauensmann dem Deutschen Ausland-Institut:

,Mne häufig aufgeworfene Frage ist: Wäre es ratsam, nach den Vereinigten Staaten von Amerika auszuwandern? Nach meinen Kenntnissen der Lage muß ich ganz entschieden mitnein" antworten, denn ein mittelloser Einwanderer, ganz gleich welcher Rasse, welcher die englische Sprache nicht beherrscht, hat gar keine Aussicht, hier in den Wettbewerb einzutreten, und ein Deutscher mit einigen tausend Mark ist hier mittellos, da die Mark keinen Wert hat. Wir haben zurzeit hier ungefähr fünf bis sechs Millionen Arbeitslose. Schon in normalen Zeiten ist es schwer für einen Ausländer (besonders einen nicht Eng­lisch sprechenden), eine Stelle zu finden. Infolge ihrer Un­kenntnis der Verhältnisse werden dieselben als Preisdrücker mißbraucht und zu Arbeiten herangezogen, welche die Einhei­mischen nicht verrichten wollen. Ein sprachunkundiger Deut­scher wird hier ungefähr so behandelt, wie vor dem Kriege in Deutschland die Polen, Galizier usw. verwendet wurden, d. h. schwere Arbeit bei schlechter Behandlung und geringem Lohn. In Deutschland kann sich niemand von den hiesigen Verhält­nissen eine richtige Vorstellung machen, weil jeder den deutschen Verhältnissen entsprechend kalkuliert. Wenn die Regierung hier 160,320 oder 640 Acker Land jedem frei als Heimstätte gibt, dann Lenkt ein tüchtiger und fleißiger Mann in Deutschland, er könnte es bald mit so viel Land zu Wohlstand bringen; tat­sächlich jedoch weiß jeder, daß das geschenkte Land nicht wert ist, die geringen Gebühren dafür zu zahlen. Weshalb? Nun, alles Land, das einigen Wert hatte, ist schon längst ausgenom­men, und das Land, welches jetzt noch zu haben ist. ist Stein­wüste und dann noch Hunderte von Mellen von jeglicher Ber­kehrsstraße entfernt. Es sind Millionen von Acres, aber nie­mand will es, denn es fehlen eben die Verkehrswege und Ver­bindungen.

Wenn wir in Deutschland so arbeiten und uns schinden würden, wie wir es hier tun, wir würden dort ein besseres Le­ben führen. Denn Sonn- und Feiertag kennt die Mehrzahl der Arbeiter hier nicht; es ist kein Unterschied, ob es Weih­nachten oder Neujahr ist. Wenn das Wetter günstig ist, laufen die Pflugmaschinen Tag und Nacht, well die Arbeiter froh sind, daß sie den Dagelohn verdienen können und weil sie auch gar nicht wüßten, was sie mit dem Feiertag anfangen sollten; denn amüsieren nach deutschem Sinn gibt es ja gar nicht, kein Tanzlokal, kein Bier, keinen Wein, kein Theater nur Ki- nematographen, und was für welche! Gemütlichkeit kennen die Leute hier nicht, sie sind nicht mal fähig, dieses Wort zu über­setzen, es gibt keinen englischen Ausdruck dafür.

Ich will jedoch nicht sagen, daß es hier kein Ausländer zu etwas bringen kann, er hat hier dieselben Aussichten wie in seinem Heimatlande nachdem er englisch kann. Bei harter Arbeit und genügsamer Lebensweise ist es möglich, nach und nach sich herauszuknausern aus der täglichen Tretmühle, doch solange man für Tagelohn arbeiten muß, ist es unmöglich, empor zu kommen, weil der Tagelohn nicht größer ist als die notwendigen Lebenskosten, es heißt also 8 bis 10 Stunden (stel­lenweise 12 Stunden) für Tagelohn täglich arbeiten und dann noch 4 bis L Stunden extra täglich eigene Arbeit tun, und wenn das jemand in Deutschland tut, dann kann er auch vorwärts kommen, besonders wenn er das erworbene Geld nicht ?ür Ver­gnügungen ausgibt. Ich bin vor 10 Jahren ausgewandert, habe zuerst täglich 10 bis 12 Stunden in der Fabrik gearbeitet, nach Feierabend und des Sonntags Bienenzucht und Gemüse­bau betrieben und jeden Cent, den ich ersparen konnte, zur Vergrößerung der Imkerei verwendet (ich fing mit zwei

Stöcken an), und heut« bin ich so weit, daß ich selbständiU ttn als Imker

Würüem-erg.

Stuttgart, 2. Febr. (Stuttgarts Dank.) In der heutig« öffentlichen Sitzung des Gememderats dankte Oberbürgermei­ster Lautenschlager dem württ. Eisenbahnpersonal für sei« ablehnende Haltung gegenüber dem Berliner Streikaufruf »N folgenden Worten: Es ist vorgestern von Berlin aus an da­gesamte deutsche Eisenbahnpersonal der Ruf ergangen, die Ar­beit niederznlegen und in den Streik einzutreten. Der Pflicht­treue und politischen Einsicht des württ. EisenbahnPersonaW ist es zu danken, daß es sich diesem Ruf nicht angeschlossen und damit schwere Notstände namentlich von der großstädti­schen Einwohnerschaft abgewendet hat. Ich glaube, wir im «Gemeinderat der Stadt Stuttgart haben alle Veran­lassung, im Namen der gesamten Bürgerschaft bis zum letzten Einwohner Lein württ. Eisenbahnpersonal für diese seine vor­bildliche Haltung den aufrichtigsten und herzlichsten Dank auszüsprcchen. (Beifall.)

Stuttgart, 2. Febr. (Baugesuchc in Württemberg für1922ü Von den 730 Baugesuchen, die bis jetzt in Württemberg für da» Jahr 1922 vorliegen, entfallen auf Genossenschaften 173 gleich 24 Proz., aus Arbeiter 72 gleich 10 Proz., aus Nuterb.-amte 24 gleich 3 Proz. auf Architekten 39 gleich 5 Proz. auf Maurer und Zimmcrleute 114 gleich 16 Proz., auf Handwerker Sb gleich 13 Proz., auf Aerzte und Beamte 61 gleich 8 Proz., auf Kaufleute 25 gleich 4 Proz., auf Fabrikanten und Ge­werbetreibende 39 gleich 8 «Proz., auf Landwirte 25 gleich 4 Proz.

Stuttgart, 3. Febr. (Tariferhöhung bei der Straßenbahn^ Der Gemeinderat genehmigte eine Erhöhung der Straßeu- bahntarife. Vier Teilstrecken kosten nunmehr 1,60 M., bis zu acht Teilstrecken 2 M. Die Ausgaben der Straßenbahn be­trugen im Januar 1,44 Millionen Mark, die Einnahmen IM Millionen Mark- Es soll deshalb ein Programm für Betriebs­einschränkungen aufgestellt werden. Den Angestellten der Stra­ßenbahn. denen vom Schlichtungsausschuß eine monatliche Teuerungszulage von 500 M. zugesprochen, bisher aber nur 300 M. ausbezahlt werde, soll entgegengekommen werden.

Stuttgart, 2. Febr. (Landesversammlung der Kriegsblinden^ Der Bezirk Württemberg des Bundes erblindeter Krieger E. B. hielt seine diesjährige Landesversammlnng ab, die sich eine­guten Besuchs erfreute. Nach Begrüßung durch den Bezirks­leiter Ströhlein erstattete der Bezirksvorstand seinen Geschäfts­und Kassenbericht für das vergangene Jahr, der von der viel­seitigen und oft nicht leichten Arbeit zuiü Wohle der Württ. Kriegsblinden Zeugnis ablegte. Mancher schöne Erfolg konnte erreicht werden. Hieraus folgte die einstimmige Wiederwahl der bisherigen Vorstandsmitglieder. Den Hauptteil der Be­ratungen bildete auch diesmal wieder die große Notlage der Kriegsblinden. Von allen Seiten wurde betont, daß es un­erträglich sei, wenn die Kosten der Lebenshaltung täglich stei­gen, die Rentenbezüge aber seit dem 1. Januar 1921 nicht mehr erhöht wurden. Alle Bemühungen in dieser Richtung warm bisher vergeblich.

Stuttgart, 2. Febr. (Immer noch Streiknachklange.) We­gen Landfriedensbruchs hatten sich 15 Arbeiter der Daimler­werke zu verantworten, die im Sommer v. I. kurz vor de» Generalstreik neu hergestellte Kraftwagenuntergestelle für Mo­torgeschütze zerstörten. Die eigentlichen Täter wurden bereit- zu Gefängnisstrafen verurteilt, während die jetzigen Angeklag­ten nur Helserdienste leisteten. Sieben Angeklagte wurden freigesprochen, vier zu je 3 Monaten und zwei zu je 3 >4 Mo­naten Gefängnis verurteilt.

Ludwigsburg, 2. Febr. (Selbstmord eines Beamten.) Auf dem Mort des Äudwigsburger Friedhofs hat sich Obsrwacht- meister Sicker von der Strafanstalt Hohenasperg erschösse». Er war dieser Tage wegen schwerer Vergehen im Amte an­dern Staatsdienst entlassen worden. Bor seinem Weggang

war überzeugt, daß er ein vortreffliches Geschäft ge­macht hatte.

Geübt in der Nachahmung anderer Handschriften, war es für ihn eine Kleinigkeit, die Wechsel mit dem falschen Akzept des Bankhauses zu versehen und wer konnte beweisen, daß Gras Willibald nicht diese Fäl­schung begangen hatte?

Werner Ladenburg, der reiche Schwager des Grasen, zahlte die Summe gewiß, wenn der Wucherer ihm er­klärte, er sei mit diesen falschen Wechseln, die er für echt gehalten, betrogen worden und sehe sich nun gezwungen, einen Prozeß gegen den Grasen anzustrengen, oder die Sache dem Staatsanwalt zu übergeben.

Da Graf Willibald mit seinem Schwager aus ge­spanntem Fuße stand, durste der Wucherer mit einiger Sicherheft erwarten, daß der Elftere nichts von dem schändlichen Handel erfuhr.

5.

Der Sommer war verstrichen, und es vergingen jetzt oft Wochen, ehe ein Fremder Hans Fricdberg besuchte, um die Kunstsammlung zu besichtigen. Der alte Philipp hatte mitunter Stunden, in denen er sehr verstimmt war, er sah dem Winter mit bangen Sorgen entgegen. Und das mit vollem Recht. Graf Leonard wurde mit jedem Tage älter und hinfälliger, kräftige Nahrung und ein Glas Wein tat not, und in Küche und Keller waren alle Schränke leer.

Betteln mochte der alte Mann nicht, sein Stolz und sein Ehrgefühl duldeten das nicht; selbst dem Maler konnte er seine Sorgen nicht - anvertrauen, trotzdem er mit ihm auf sehr freundschaftlichem Fuße stand. Ja, er bereute sogar schon, den jungen Mann so tief in die Geheimnisse des gräflichen Hauses eingeweiht zu baben, und wenn Berthold jetzt wieder die Rede daraus brachte, so ging Philipp rasch darüber hinweg. Die Kopie des ersten Bildes war nun bald vollendet, Berthold wollte nach Vollendung derselben abreisen und erst im folgenden Frühjahr mit der Kpjye des zweiten Gemäldes beginnen.

Dazu nötigten ihn mehrere Gründe. Das Kabinett, in welchem die Original-Gemälde hingen, war nicht beiz- bar, sodann fehlle im W-nter das nötige Li Ist und über­dies sehnte sich Berthold in die Stadt zu,-ick; es war ihm auf die Dauer doch zu einsam ans dem Lande.

Röschen war auch nicht inehr so zutraulich, wie früher, sie wich sogar sehr oft der'Begegnung mir dem jungen Manne ans, und wenn sic dies nicht konnte, so zeigte sie eine Zurückhaltung, die Berthold sich sticht erklären konnte.

Sie war früher stets so freundlich und unbesaugeu gewesen, sie hatte so vertraulich mit ihm gerlaudert. ihm so oft gesagt, er dürfe nicht scheiden, er müsse noch recht lange in der Lindensch-'ike bleiben, und nun schien sie selbst zu wünschen, daß er wieder abreiste. Er begriff das gar nicht, ihm war es ein Rätsel, er wußte nicht, wodurch er sie verletzt oder beleidigt haben sollte. Und daß sie jetzt so zurückhaltend und kalt ihm gegenüber war, schmerzte ihn tief, denn er liebte das schöne, un- schuldvolle Mädchen, er liebte sie nicht ihrer äußeren Reize, sondern mehr ihrer inneren Vorzüge wegen; ihm war nie vorher ein weibliches Wesep begegnet, tuelches ihn so sehr bezaubert und gefesselt hatte.

Wohl sagte er sich, daß es ein gewagter Schritt sei, diesem Mädchen, welches so rasch sein Herz gewonnen hatte, auch seine Hand anzubieten, Röscheil hatte ja keine tie­fere Bildung, und es war sehr fraglich, ob sie sich in den Kreisen heimisch fühlen würde, mit denen der Maler verkehrte. Aber Berthold ging dennoch über diesen Punkt leicht hinweg: Röschen war ja noch jung, und wenn sie unter seiner Leitung sich weiter bilden wollte, so konnte ihr das ja bei redlichem Stäben nicht schwer halten.

waren oas Luftschlösser, so lange er nicht wußte, ob seine Liebe erwidert wurde, und sich darüber Gewißheit zu verschaffen, war sein sehnlichster Wunsch. Aber wie konnte er es gegenüber der kalten Zurück­haltung Röschens?

... KdNjeMNg