Calmer Mockmbkrü.
Donnerstag
Mlsge ;« Mr. 26.
16. Jebruar 1905.
Privot-Anjeigen.
Der Spion.
Nachdruck verboten.
SWttfeitt. — SlhillermsgOe.
Aus Anlaß der hundertsten Wiederkehr von Schiller's Tod stag bereitet der „Schwäbische EchMervereirr" eine Ausgabe von Schiller s Gedichte«
und Dramen i« einem Band vor. Diese Ausgabe, die Ende April d. I. erscheinen soll, wird Schiller's Dichtungen in größerem Druck enthalten; beigegeben wird ein kurzgefaßtes Leben des Dichters und eine Nachbildung der Dannecker'schen Schillerbüste. Der Schwab. Schillerversin ist in der Lage, das gutgebundene Buch zumWreis von nur t Mk„ also weit unter den Herstellungskosten abzugeben; es wird nicht in den Buchhandel kommen.
Dieses ganz außergewöhnliche Anerbieten, das wohl nicht wiederkehren wird, dürfte Manchen veranlassen, sich dies« Ausgabe avzuschaffen und wir sind gerne bereit, Bestellungen hierauf entgegenzunehmen.
A. Oelschliiger'sche Buchdruckerei.
1905
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Schneekönig!
Wer dieses vorzügliche Waschpulver noch nicht kennt, mache damit eine Probe!
Schneekönig!
Gelbe Packele mit Schutzmarke Kaminfeger L 15 H sind in den meisten Geschäften zu haben.
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Historischer Roman aus der Geschichte des heutigen Rußlands von Julius Grosse.
(Fortsetzung.)
„Ich habe einmal einen Wolfshund erschossen, meinen Liebling," fuhr der alte Uschakoff fort, „weil er mit Anderen lief. Seitdem weiß ich's, man soll keine Kreatur lieben, sie lohnen all« mit Undank. Manchmal wollt' ich, der Kartätschsnsplitter auf dem Montmartre hätte mich besser getroffen. Das Leben ist Lumperei, auch werrnS leidlich war, der Bodensatz ist bitter. Wenn das Schicksal nach der Scheibe schießt, trifft eS immer ins Schwarze; darin liegt auch eine Ausgleichung gegen die Anderen. Man muß es eben tragen, und die Zähne aufeinander beißen!" tz
Ich war von diesem Ausbruch betroffen. Der alte Herr sah so drohend
aus, daß ich das Gespräch abbrach. Erst bei der letzten Flasche wagte ich eine
Aeußcrung über feine glückliche Situation als Großgrundbesitzer und zugleich eine Frage nach seinen Töchtern.
„An der Telaga des Glücks traben die Rosse der Sorge," rief der Alte, „und was gehen dich meine Töchter an? Wie heißt es von den Kindern? — Wenn sie klein sind, treten sie der Mutter auf den Rock, und wenn sie groß geworden, auf das Herz, Nitschewo! Trink, Bruder, und zum Teufel alles Hauskreuz !" Und er hob das Glas und hatte Tränen in den Augen.
Beim Abschied sagte er: „Ich mag dir nichts erzählen. Wenn man einen
Berg abträgt, wird wieder ein Berg daraus. Vielleicht schreib' ich dir einmal,
vielleicht erfährst du's auch von Anderen, Menschenzungen sind wie Sturmglocken, und was du heut« der Wolga sagst, sagt die Wolga morgen dem Kaspischen Meer. Nitschewo!" Und daun von diesem Thema abspringend, fuhr er fort : „Ich bitte dich, Feodorowiisch, was find wir Bojaren heut? — vor hundert Jahren noch die Herren im Lande und jetzt Lakaien fremder Ideen, Nachäffer, Hanswürste, die ihren Pelz mit bunten Lappen 'flicken — angefreffen bis ins Mark von der fremden Pest, das nennen sie dann dis neuen Freiheitsideen. Man möchte sich die Ohren abbeißsn, wenn man'S hört, und wir haben noch leicht daran zu tragen. Aber der Kaiser. — Auch ihm machen diese Windmühlen- stürmer da« Herz schwer. W<rst wohl davon wissen. Mache die Augen auf. Hier im Süden in Charkow und Tultschin, ist's noch schlimmer als im Norden. Verschwörung überall und am meisten in der Armee. Auch das Volk ist wie besiffen — natürlich, wenn dem Zaren das Herz pocht, hat Rußland das Fieber. Da reden sie von Käferfraß, von Ueberschwemmung, bah — wir leiden an geistiger Ueberschwemmuug, das ist's. Dieser heillose, französische Krieg. Dort find sie all« toll geworden, und die besten Köpfe am meisten. Ja, wenn die Hechte nur fliegen könnten, würden die Geier schwimmen. Heilige Mutter von Kasan, was haben wir erlebt seit zwölf Jahren! Drei Dutzend Siege und den Sturz des Korsen, aber seine Ideen leben unbesiegbar fort nud haben uns zer- malmt und aufs Haupt geschlagen. Gieb nur acht, wir gehen bösen Zeiten entgegen, da muß Jeder sein HauL bestellen. Leb' jetzt wohl, Morgen treffen wir uns wieder!"
Und mit eiligen Schritten ging er davon und sprang in seinen Wagen. Dann wandte er sich noch einmal um und rief mir zu:
„Apropos, Oberst. Die guten Gedanken und die hinkenden Schafe kommen immer hintendrein. Du kannst in meinem Hause wohnen auf der Miasnitzkaja, so lang« du willst. — DaS Palais steht leer. Lebe wohl!"
Das war nun recht gut gemeint, aber auch meine Abreise stand bevor. Am anderen Tage übrigens ließ sich der alt« Herr nicht mehr sehen, und auch meine Nachfrage in seinem Palais war umsonst. Es war kein Zweifel mehr, dem trefflichen Uschakoff war Schweres wiedsrfahren. Seine Deklamationen gegen die Neuzeit waren mir längst bekannt, denn der alte Herr zählt« von jeher zu den Altruffen. Aber seine Ausfälle schienen eine ganz besondere persönlich: Spitze zu haben.
Einige vorsichtige F.ag-n bei gemeinschaftlichen Bekanntm wurden ausweichend beantwortet. Von einem sogenannten Familienskandal ocrlautete nichts. Man sprach von Uschakoff und den Seinen überall mit der größten Hochachtung. Nur Einer, ein Handelsmann, mit dem ich verschieden« Geschäfte hatte, wollte w'ffen, daß die Verlobung der ältesten Tochter Uschakoff's zurückgegangen und daß die jüngere plötzlich verschwunden sei. Ob ein Verbrechen oder eins Entführung vorliege, wisse Niemand zu sagen.
Tief bewegt von dem Wiedersehen des alten Chefs und Freundes reiste ich bald darauf über Charkow nach Nooomirgorod und ich fand es in meiner neuen Stellung beim Bug'schm Ulanenregiment behaglicher, als ich gefürchtet hatte. Trotzdem aber der Verkehr mit meinen neuen Kameraden wie die Eindrücke der anmutigen, kleinen Stadt mit ihren Rebenhügeln mich zerstreuten, immer kehrt« die Frage wieder: „Wer konnte eS sein, der den Frieden jener