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Punktwärter seine amtlichen Gelder in seiner Woh­nung verwahrt.

Stuttgart, 28. Jan. Vorgestern abend wurde hier ein gefährlicher Dieb fest genommen, der sich in Pforzheim und Augsburg in Goldwaren- geschäften unter betrügerischen Vorspiegelungen Waren, Brillantringe, Uhlketten und Uhren zur Auswahl vorlegen ließ und dabei sich Gegenstände von erheblichem Wert unbemerkt anzueignen wußte. Der Dieb, der erst im Oktober vorigen Js. nach Verbüßung einer längeren Zuchthausstrafe in Bruch­sal entlassen wurde und sich in letzter Zeit auch in München, Nürnberg und Würzburg aufgehaltcn haben soll, wurde bei der Veräußerung von Bcillant- ringen ergriffen, er war im Besitze von Goldwaren im Werte von über 2000 die er aus einem Geschäft gestohlen hat.

Göllsdorf, 28. Jan. Eine schreckliche Kunde kam gestern lt. Schwarzwälder Volksfreund aus Schaffhausen (Schweiz) in unser Dorf. Ein hiesiger Bürgersohn, Johannes Dreher, arbeitete in einer Ziegelhütte in Schaffhausen. Am Diens­tag mittag stieg er in einen tiefen Schacht zur Ver­richtung einer Arbeit. Plötzlich entstand ein Benzin­brand im Schacht. Dreher verbrannte auf jämmer­liche Weise, che Hilfe kommen konnte; nach einigen Stunden starb er im Kantonsspital in Schaffhausen unter entsetzlichen Schmerzen.

Bochum, 28. Jan. Beim alten Verband der Bergarbeiter sind bis jetzt 350 000 Mark ein­gegangen. Auch der Personenverkehr der Staats­bahnen hat sich infolge des Ausstandes erheblich verringert.

Essen, 28. Jan. D>e Revier-Kommission der Streikenden beschloß zunächst nur den Streiken­den der ZecheBruchstraße" Baar-Unterstützung zu gewähren. Die übrigen notleidenden Streikenden erhalten vorerst Viktualien, nach einer Woche jedoch ebenfalls Baarmittel. Nach der Rheinisch-Westfäli­schen Zeitung fand zwischen dem Reichskanzler Grafen Bülow und den Groß-Industriellen des Ruhrreviers ein Briefwechsel stait, der vielleicht in den nächsten Tagen zur Veröffentlichung kommt.

Breslau, 28. Jan. Die Förderung auf den oberschlestschen Gruben ist nicht mehr im Stande, mit der täglich steigenden Nachfrage Schritt zu halten. Die Verladung erreichte am Donners­tag 8295 Doppelwagen gegen 5539 am entsprechen­den Tage des vorigen Jahres. Damit ist die höchste Ziffer seit 5 Jahren erreicht.

Berlin, 28. Januar. Im Befinden des Prinzen Eitel Friedrich ist eine leichte Besserung eingetreten. Der Verlauf der letzten Nacht sowie des heutigen Vormittags berechtigt zu den besten Hoffnungen. Der Prinz war fast frei von Schmerzen und schlief sehr ruhig. Das Bewußtsein ist vollkommen klar. Die Kaiserin verweilte von 8 Uhr morgens bis 3 Uhr Nachmittags am Kranken­lager.

Paris, 29. Jan. Die öffentliche Sub­skription der sozialistischen Blätter für die Hinter­bliebenen der Opfer der Petersburger Unruhen ergaben bisher 14 000 Frs. Für die Sympathie- Adresse der Pariser Advokaten an ihre Petersburger Kollegen find zahlreiche Unterschriften gesammelt worden.

Petersburg, 28. Jan. Was die Unter­suchung der Katastrophe bei der Wasserweihe be­trifft, so verlautet, daß die vierte Batterie, die den Kanätschenschuß abgab, aufgelöst ist. Die Mann­schaften und Offiziere find nach dem fernen Osten entsandt, die Kaserne ist geschlossen und auf Befehl des Zaren die fernere Untersuchung eingestellt wor­den. Die ganze Affäre wird als ein Unglück dar- gcstellt. Stark verdächtig ist ein Einjähriger, der allerdings leugnet. Der Feuerwerker des verhäng­nisvollen Geschützes gestand einen grenzenlosen Leicht­sinn ein, eine alte Kartätsche in dem Glauben in das Geschütz gesteckt zu haben, damit eine bessere Wirkung zu erzielen. Er sei der Meinung gewesen, ein ernster Unfall sei auf die Entfernung von der Börse bis zum jenseitigen Ufer unmöglich. Damit soll der Fall offiziell beendet sein.

Petersburg, 29. Jan. In Smolensk explodierte eine von unbekannter Hand geworfene Dynamitbombe vor dem Arbeitszimmer des Gouverneurs, welcher aber gerade abwesend war.

Eine Wand stürzte ein und in dem Arbeitszimmer des Gouverneurs wurde großer Schaden angerichtet.

Moskau, 28. Jan. Heute find alle Zeit­ungen erschienen. Nach der Angabe der Fabrik­inspektoren haben 10000 Ausständige die Arbeit wieder ausgenommen. 20000 Mann befinden sich noch im Ausstand.

Lodz, 27. Jan. Die Arbeit ist heute hier eingestellt. Gegen 100 000 Arbeiter find ausständig. Die Zeitungen find nicht erschienen. Der Telephon­verkehr mit Warschau ist heute eingestellt worden.

London, 28. Jan.Daily Expreß" meldet aus Tokio: Kuropatktn konzentriert an der rechten Flanke eine große Kosaken-Abteilung und zwar an d emselben Punkte, wo General Mischtschenko seinen Ritt unternommen hatte. Cirk« 20 000 Kosoken waren an diesem Punkte vereinigt. Es war augen- s cheinlich, daß Kuropatkin dort einen Ritt aussühren wollte. Bald darauf wurde dann auch ein Artillerie- Feuer begonnen, welches von den Japanern prompt beantwortet wurde. Die Offensiv-Bewegung dauert fort. Obwohl Einzelheiten fehlen, verlautet es, daß die Verluste sehr bedeutend seien.

Vermischtes.

Ein Liebesidyll aus dem Kriege wird aus Tokio gemeldet. Die russische Kranken­pflegerin Bogdanow, die in Japan als Kriegs­gefangene in Männerkleidung ankam. erzählt dort über die Motive, die sie zu dieser Verkleidung be­wogen, eine ganz romantische Geschichte. Sie wohnte in Charbin und war mit einem Rechtsanwalt ver­lobt, der nach Port Arthur einberufen wurde. Sie ging dorthin freiwillig als Krankenpflegerin mit und machte die ganze Belagerung durch. Nach der Ucbergabe wollte sie ihren Bräutigam in die Kriegs­gefangenschaft nach Japan begleiten. Zu diesem Zwecke schnitt sie sich die Haare ab, zog eine Sol­datenuniform an und marschierte mit der Kwantung- Artillerie nack Dalny, wo das Regiment auf ein Transportschiff gebracht und nach Japan übergeführt wurde. In der Quarantänestation zu Ujtna wurde ihre Verkleidung erkannt, und da erzählte sie dann diese Geschichte und bat, ihren verwundeten Bräuti­gam auch in Japan pflegen zu dürfen, obwohl dies gegen die dort herrschenden Bestimmungen ist. Das französische Konsulat in Kobe ist mit der Erledigung dieser Angelegenheit beschäftigt.

Sur Schillerfeier.

Allenthalben rüstet man sich zur Begehung der hundertsten Wiederkehr von Schillers Todestag am 9. Mai durch eine würdige Feier. Die Volks­tümlichkeit des Namens Schiller ist einzig in ihrer Art. Es ist daher anzunehmen, daß alle Kreise und Schichten der Bevölkerung sich dabei werden beteiligen wollen. Es wäre zu empfehlen, daß sich ans den Vertretern der in Betracht kom­menden Behörden und den Vorständen der Gesangs­und anderen Vereine ein Festausschuß bildete, und um diesen Gelegenheit zu geben, sich vorher mit ihren Ausschüssen über die Geneigtheit und die Art und Weise ihrer Beteiligung zu verständigen, so er­laube ich mir hier einige Grundgedanken für das Festprogramm auf Grund der von den Vorständen der Schillervereine jüngst in Stuttgart gepflogenen Beratungen und der Besprechung mit hiesigen maß­gebenden Persönlichkeiten vorzutragen.

Da von den Schulbehörden jedenfalls Schul­feiern ungeordnet werden werden, so wird der Vor­mittag des Gedenktags diesen gehören und wird sich bet der Verschiedenheit des Verständnisses der Al'ers- und Bildungsstufen empfehlen, nicht alle Schulgattungen zu einer Feier zusammenzunehmen, sondern in der Knaben- und Mädchenschule die Feiern in den einzelnen Klassen vorzunehmen. Das Realprogym­nasium beabsichtigt einen Festakt mit Gesängen, Schülervorträgen und einer Festrede im Georgenäums- sa ol. An diese Schulfeiern, die von 1011 Uhr stattzufindeu hätten, wird sich um 11 Uhr eine all­gemeine Feier im Freien anreihen können. Es ist nämlich angeregt, allenthalben Schillerlinden zu pflanzen. Im »Georgenämsgarten wäre an dem Querweg hinter dem Springbrunnen ein geeigneter Platz. Bolksschüler und Reallycctsten würden nun von 11 Uhr ab auf den verschiedenen Plätzen und Wegen des Gartens in Ordnung aufgestellt und vom Zwinger her naht sich dann ein Mädchenreigen

mit der Linde, um diese dann unter Begleitung eines geeigneten Gesanges oder Gedichtes an dem schon vorbereiteten Platze zu pflanzen, worauf der Führer des Reigens noch eine kurze Ansprache hält.

Für den Abend des Todestags ist im ganzen Schwabenlande das Aufflammen von Höhenfeuern geplant. Dieser Anregung wird man in Calw gewiß gerne folgen, wo ein Feuer auf dem Hohen Felsen allezeit ein beliebter Ausdruck natio­naler Festesfreude ist. Hiezu würde sich die Jugend mit ihren Fackeln gern einfinden. Für die Erwach­senen legt sich eine Huldigung vor dem Schiller­denkmal nahe. Calw ist ja in der glücklichen Lage ein solches zu besitzen. Gegen Einbruch der Dunkel­heit versammeln sich dw Teilnehmer im Zwinger und auf dem Zugang zum Georgcnnäum. Vor dem Denkmal werden zwei geeignete Lieder gesungen und dazwischen eine Festrede gehalten, ein Lorbeer­kranz niedcrgelegt und das Denkmal bengalisch be­leuchtet gleichzeitig mit dem Aufflammen des Feuers auf dem Felsen gegenüber. Damit würde die Feier am eigentlichen Gedächtnistag ihren wür­digen Abschluß finden.

Soll eine allgemeine Feier der ganzen Bürger­schaft in einem Saale oder nötigenfalls in der Turnhalle gehalten werden, so würde diese nach meinem Empfinden besser am Vorabend, Montag, den 8. Mai, begangen und hätte sich der Festaus­schuß über die Anordnung derselben, Vorträge und etwaige Aufführungen noch besonders zu beraten. Das hier Vorgebrachte soll nur vorläufige Andeut­ungen geben, und cs werden olle Interessenten gebeten, ihre An- und Absichten betreffs der Feier in möglichster Bälde, etwa bis 10. Februar, münd­lich oder schriftlich an Herrn Stadtschultheiß Conz oder an mich gelangen zu lassen, damit dann zur Berufung eines Festausschusses geschritten werden kann.

Der Vorsitzende deS

Calwer Zweigvereins des Schwäb. Schillervereins, Rektor vr. Weizsäcker.

Dienstag, den 31. Januar,

abends 8 Uhr,

öffentlicher Vortrag

im Saale des Georgenäums von Herrn Ttadtschullheitz Co«)

über

das württembergische Eivkommensstcuergesetz in seiner Anwendung auf die hauptsächlichsten Gruppen der Steuerpflichtigen in Calw.

Zu zahlreichem Besuche lädt freundlichst ein

der Keorgerraurusrat.

landwirtschafti. KeMsmem LM.

Am Do««erstag, 2. Februar (Licht- metzfetertag) nachmittags 2 Uhr findet im Gasthaus zum Rötzle in Stammheim ein Vor­trag des Herr» Laudwirtfchaftsiufpektor Dr. Wacker von Leonberg überÜnbsm u«V«g««gs Versuche" statt, wozu Jeder­mann freundlichst eingeladen wird.

Calw, 25. Januar 1905.

Vereinsvorstand Voelter, Reg.-Rat.

Standesamt ßakrv.

Geborene.

16. Jan. Matbilde, Klara, Jda, Tochter des Gottlieb

Ziegler, Drehermeisters hier.

Albeit Eugen, Sohn des Ludwig Baral, Garnmcisters hier.

17.

"

25.

"

Frida, Tochter des Wilhelm Bacher, Schuh­machers hier.

27.

"

Rosa Wilhelmine, Tochter des Daniel Ayasse, Gasheizers hier.

Gestorbene.

21.

Jan.

Wilhelmine Stoll, ledige Fabrikarbeiterin von Hirsau. 69 Jahre alt-

24.

Katharine Schroth geb. Waidmann, Ehefrau des Fabrikarbeiters Michael Schroth, 29 Jahre alt.

Aeklameteil.

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bsräkiitl« Aisetnraxeu, dvrvorruKvnd k«in, nus- KivdiK and dilliS tu» Kvdruuvd.

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