^ 11. Amts- und AnzeigeölaLL für den Aezirk Galw. 80. Jahrgang.
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Trscheimm-rtage: Dienltag, Donnerstag, Samstag, Sonntag. Jnsertionsprei» 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und vezirtsorte; nutzer Bezirk 12 Pfg.
Samstag, den 21. Zanuar 1905.
! Abonncmentspr. ind. Stadt pr.Viertelj. Mk. I.IOincl.Lriigerl.
Vierteljährl. Postbezugspreis ohne Bestellg. f. d.Orts-u.Nachbar- ^ ortsoerkehr 1 Mk., f. d. sonst. Verkehr MI. 1.1V, Bestellgeld 2V Pfg.
Amtliche Aekarmtmachuvge«.
Die Ortsbehörde«
erhalten den Auftrag, bis zum S6 ds. Mts. zu berichten, wie viel Baugesuche in den Jahren 1902, 1903 und 1901 angefallen und wie viel davon von den Ortsbehörden (Bauschau) und wie viel vom Oberamt erledigt worden find.
Calw, 18. Januar 1905.
K. Oberamt. Voelter.
Tagesneuigkeiten.
Calw, 18. Jan. Die vorgestern nachmittag vorgenommenen Wahlen zur hiesigen Handelskammer (Oberämter Calw, Freudenstadt, Herrenberg, Nagold, Neuenbürg) hatten folgendes Ergebnis: Gewählt find: Karl Comme- rell-Höfen mit 156, Gg. Wagner, Fabrikant, Calw mit 160, Otto Wagner, Zigarrenfabrikant, Calw mit 144, Kommerzienrat Zöppritz, Calw mit 138, C. W. Lutz, Kaufmann, Altenstcig mit 132, Eugen Dreiß, Kaufmann, Calw mit 79 Stimmen. Die nächsten in der Stimmenzahl find: Bankdirektor Bätzner, Wildbad 74 St., Karl Reichert, Nagold, 54 St., Fabrikant Schmidt, Neuenbürg 42 Stimmen.
-r. Neubulach, 19. Jan. Heute hielt Hr. De. Hauptfleisch, Privatdozent in Stuttgart, über die Anwendung von Kunstdünger einen von Landwirten der Umgegend gut besuchten Vortrag im Gasthaus zum „Adler" hier. Der vortreffliche Redner und Sachverständige wußte die Anwesenden mit seinem Vorgetragenen, das in erster Linie die Sparsamkeit bei Anwendung von Kunstdünger und in zweiter Linie die genügende Verwendung, wo es das Bedürfnis erfordert, ein
schloß, zu fesseln und durch Beispiele nicht nur aus der Erfahrung, sondern auch der Theorie, anzuregen. Stadtschulth. Müller dankte dem Redner mit dem Wunsche, daß die Anwesenden auch die Nutzanwendung für ihren eigenen Betrieb machen möchten. Gleichzeitig erboten sich Landwirte von hier, Altbulach, Liebelsberg und Oberhaugstett selbst Düngerproben nach Anordnung und Weisung des Hrn. Dr. Hauptfleisch auf ihren Grundstücken zu machen. Sodann wurde noch mitgeteilt, daß auf das Ansuchen der oberen Waldgemetnden die Zentralstelle für die Landwirtschaft die Abhaltung der diesjährigen Viehprämierung in Neubulach genehmigte, was sehr erfreut ausgenommen wurde.
N Ostelsheim, 17. Jan. Nachdem vor einigen Wochen unser früherer Reichstagsabgeordneter Hr. Schrempf aus Stuttgart vor äußerst zahlreicher Versammlung über die wirtschafts-poli- tische Lage unseres Landes unter großem Beifall hier gesprochen hatte, fand am letzten Sonntag, den 15. Januar, abends 7 Uhr, ebenfalls eine gut besuchte Versammlung im Gasthaus z. „Adler" hier statt, in welcher unser Landtagsabgeordneter Hr. Dr. Kraut aus Stuttgart über die Tätigkeit des gegenwärtigen Landtags berichtete. In erster Linie besprach Redner das neue Steuergesetz, das am 1. April d. I. in Kraft trete und eine vollständige Umgestaltung des bisherigen Steuersystems bedeute. Während bisher der Grundbesitz die Grundlage der Steuereinschätzung bildete, müsse der Landwirt jetzt sein Jahreseinkommen berechnen, nach welchem die Steuer (Einkommenssteuer) festgesetzt werde. Dazu sei jedoch um sich vor zu hoher Einschätzung zu sichern, eine Verwögensaufnahme sowie eine genaue Notierung der Einnahmen und Ausgaben das Jahr über unerläßlich. Leider liege aber die Buchführung, mit
welcher in den landwirtschaftlichen Betrieben jetzt schlechterdings begonnen werden müsse, noch sehr im Argen. Ob das neue Steuergesetz den Landwirten eine Erleichterung bringen werde, sei abzuwarten. Redner glaubt, daß die Regierung durch die neue Steuer keine Mindereinnahmen erwarte, sondern das Gegenteil; denn bei den immer mehr sich steigernden Ausgaben im Staatshaushalt habe der Etat seit mehreren Jahren schon ein erhebliches Defizit aufzuweisen. Diesem unerquicklichen Zustand könne aber nur durch eine Eisenb ahngemeinsch aft mit Preußen, wie z. B. in Hessen, abgeholfen werden. Obgleich dadurch die Betriebsselbständigkeit in Württemberg geopfert werden müßte, gewinne dieser Gedanke doch immer mehr Boden. Die neue Gemeindeordnung, welche gegenwärtig im Landtag beraten werde, dürfte außer der Abschaffung der Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher für die Landbevölkerung wenig Neues von Bedeutung bringen. Das Scheitern der Verfassungsrevision, welche im letzten Jahr beschlossen, jedoch von der ersten Kammer abgelehnt wurde, bedauerte der Redner lebhaft, obgleich derselbe das Verhalten der konservativen Partei, sowie des Bundes der Landwirte, welche den dadurch hervorgerufenen Protestrummel nicht mitmachten, durchaus billigte. Der konservativen Partei, sowie dem Bund der Landwirte werde deshalb von deutsch- parteilicher, demokratischer und sozialdemokratischer Seite vielfach ein Zusammengehen mit dem Zentrum vorgeworfcn, indem von einem Münsing er und Mergentheimer Vertrag zwischen Bauernbund und Zentrum gesprochen werde. Redner weist dies als Lüge und Verleumdung zurück indem er betont, daß es solchen Leuten, welche seinerzeit für Zulassung der Jesuiten gestimmt hätten, schlecht anstebe,
SchMMNe. Vachdru-°-rd°tm.
Roman von Helene Lan g-Anton.
(Fortsetzung.)
Schmidt erzählte, daß Sonntag das erste Rennen sei, und Paula beschloß, wenn Frida schon da wäre, es mit ihr zu besuchen. Schmidt fragte, ob er der dritte im Bunde sein dürfte und Maus schaute garnicht betrübt drein. Sie war nicht vergnügungssüchtig; sie blieb gern allein, vielleicht konnte sie ihn sehen, er hatte Sonntag in der Nachmittagsvorstellung nichts zu tun.
ES war, als wenn Paula ihr diesen Hintergedanken vom Gesicht gelesen hätte, denn sie sagte unvermittelt: „Selbstverständlich kommt Maus mit."
„Oh — ich — ich —" stotterte Erna, und kleinlaut setzte sie hinzu: „Danke."
Dieses „Danke" kam so kläglich heraus, daß Paula fast laut aufgelacht hätte, wenn sie nicht gefürchtet hätte, der Kleinen wehe zu tun.
„Hast du gehört, Paula", begann Schmidt, „daß Schmollings sehr glücklich leben sollen, das heißt er, sie vergnügt sich. Unser hohes 6, das viel dort verkehrt, hat seine Beobachtungen gemacht."
„Und noch seiner diskreten Weise für ihre Verbreitung sorgt. Gott, wenn i dem bloß mal meine Meinung sagen könnt' so von der Leber weg; er stenographierte fichS nit. Geht da hin, schlemmt sich den Magen voll, paßt auf jedes Wort auf wie a Haftermacher, schneid' der Frau die Kour und tratscht nachdem darüber, der — der Fra Diavolo."
Wenn Paula den Tenor „Fra Diavolo" nannte, war sie aufs Tiefste empört» und Schmidt schalt sich insgeheim, daß er durch seine Bemerkung sie dazu gebracht.
Nun war nichts mehr zu machen; jetzt darüber zu schweigen, häkle Paula noch immer aufgeregt, er kannte sie genau, er mußte es ihr ausreden, wollte er sie wieder bei guter Laune sehen.
„Gott", begann er, „wer weiß, ob an der Sache was dran ist. Warum sollen diese zwei jungen, schönen Menschen, deren Lebensstellung, Gewohnheiten und Erziehung so übereinstimmen, nicht glücklich sein? Gewiß find sie es, und nur Menschen, die im Trüben fischen wollen, verbreiten absichtlich unwahre Gerüchte. Gelt, Schatz?"
Paula schüttelte den Kopf, sie wußte eS besser; sie kannte Alfred aus Fridas Schilderungen. Was sollte dem eine solche Papp« wie Olga, der jeder Smn für häusliches Glück abging! Und wenn Olga vor den Leuten auch zärtlich zu ihm, er aufmerksam zu ihr war, es bestand doch keine Zusammenhörigkeit.
Aber was war da zu tun? Paula machte sich noch immer Vorwürfe, daß sie diesen unglückseligen Brief nicht an Alfred abgegeben und dadurch vielleicht die ganze Heirat verhindert hätte. Jeder Mensch muß einmal im Leben eine große Dummheit begehen, das war ihre Dummheit. Und wenn sie bedachte, daß sie Frida, die sie aufrichtig liebte, dadurch vor Herzeleid hätte bewahren können, wurde sie ganz rabiat.
So auch jetzt. Schmidt bekam doch noch seine Predigt, und sie gab sich auch nicht eher zufrieden, als bis er hoch und teuer geschworen, daß er nie mehr nach einer anderen sehen werde.
DaS beruhigte sie endlich, so daß sie ganz weich wurde, als der Schelm, seinen Vorteil wahrnehmend von seinen mißlichen Verhältnissen sprach; er hatte tags vorher wieder „meine Tante, deine Tante" bei Helm im kleinen Hinterzimmer gespielt und wie immer verloren.
„Gustav", rief sie, „wirst denn nimmer g'scheidt, no einmal will i dir