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Rußland von einer Aufruhrgefahr erlöst und der Kaiser in feiner Autokratie und seinem reinen Willen unterstützt. Sein, TrubetzkoiS, Gewissen gegenüber dem Kaiser sei rein und ruhig.
Moskau, 4. Jan. Der Oberpolizetmeister von Moskau, Trepow, hat sich infolge von Drohbriefen, die ihm in den letzten Tagen in großer Anzahl zugtngen und die die Mitteilung enthielten, die revolutionäre Partei Moskaus habe seine gewaltsame Beseitigung verfügt, entschlossen, sein Amt niederzulegen und Moskau zu verlassen.
Venedig, 4. Jan. Hier wütet heftiger Schneesturm. Mehrere Kanäle sind zugcfroren. In Florenz verzeichnet man 6 Grad Kälte. Auch aus den übrigen Provinzen wird Kälte bis zu 13 Grad 6 gemeldet.
New- Jork, 4. Jan. Die östlichen Staaten der Union sind aufs neu« von einem starken Sturm heimgesucht worden, der den Schnee in großen, stellenweißen 5 Fuß hohen Mauern aufführte und allen Verkehr hinderte. Hier find eine Reihe von Straßen tatsächlich unzugänglich. Die Straßenbahnen und Hochbahnen arbeiten unter den größten Schwierigkeiten. Die Eisenbahnzüge haben von allen Richtungen starke Verspätungen. Durch die gleichzeitig etngetretene Kälte entstand viel Ungemach. Eine Reihe von Personen wurde in den New-Iorker Straßen erstarrt aufgefunden, darunter 3 Tote. Verschiedentlich brachten Fahrgäste, die sich nicht der Gewalt des plötzlich ausgebrochenen Sturmes aussctzen wollten, die ganze Nacht in den Straßenbahnwagen zu. Die Türen und Untergeschosse vieler Häuser find durch Schneewehen versperrt. Das Gebiet des Sturms reicht westlich bis nach Missouri, südwärts bis Nord-Carolina. Man rechnet damit, daß die heute fälligen Dampfer Verspätungen erleiden werden.
Kapstadt, 5. Jan. Gegenüber der von deutscher Seite gegen die Kapregierung erhobenen Beschuldigung wegen Verweigerung der Auslieferung der in die Kapkolonie geflüchteten Herero erklärt die Kapregierung, sie beobachte die strengste Neutralität. Alle Kawpfteilnehmer, die über die Grenze kommen, werden entwaffnet und dürften nicht auf den Schauplatz der Feindseligkeiten zurückkehren. Die Stellung der Kapregierung sei sehr schwierig, da die Herero es aufs peinlichste vermieden, englische Untertanen zu belästigen, und da durch irgend welche Begünstigung der Deutschen Unruhen der Eingeborenen im Nordwesten der Kapkolonie hervorgerufen werden könnten, die mit den Herero sympathisieren.
Am j«Misch-niWhtil Kür,.
Petersburg, 4. Jan. Bis gestern Mittag bezweifelte man noch immer vielfach die Richtigkeit der Meldung von der Kapitulation Port Arthurs bis die später eingelaufene Meldung die Nachricht glaub rürdig bestätigten. Im Volk erwartete man das Ende nicht so bald. In ministeriellen Kreisen wird die Verantwortlichkeit für die jetzige schwierige Lage auf Kuropatkin geschoben, welcher durch feine energielose Haltung es nicht verstanden habe, der tapferen Garnison Unterstützung zu bringen, obgleich ihm hierzu mehrfach Gelegenheit geboten war. Die Lage auf dem Kriegsschauplatz wird nunmehr für sehr ernst gehalten. Ein Generalstabs-Offlzier erklärte einem Interviewer, Kuropatkin könne in den nächsten 10 Tagen gezwungen werden, einen schweren Angriff der Japaner abzuwehren.
— Aus der Mandschurei meldet Kuropatkin: Am 31. Dezember griffen Freiwillige eine japanische Feldwache bet dem Dorfe Tschanlinpu an, machten einen Teil der Japaner mit den Bajonetten nieder und nahmen einen gefangen; die übrigen entflohen. Die Russen hatten keine Verluste. In der Nacht zum 3. Januar machten Freiwillige einen Ueberfall auf das von den Japanern besetzte Dorf Linluntun. Ein Teil der Freiwilligen ging an der Front vor, die anderen umgingen das Dorf im Westen. ES gelang den Freiwilligen, ohne einen Schuß abzufeuern, mit Hurra in das Dorf einzudrtngeu. Viele Japaner find gefallen, 12 wurden gefangen genommen. Die russischen Sappeure brannten das Dorf ab. Auf russischer Seite wurde ein Offizier leicht verwundet, 2 Mann find gefallen, 9 verwundet. In derselben Nacht sprengten Freiwillige einen japanischen Be
obachtungsturm in die Luft und legten Flatterminen in ein Dorf südlich von Wuchania, nachdem sie die vom Feind gelegten Flatterminen zerstört hatten.
Aus den Berichten über die Vorbereitungen für die Kapitulation von Port Arthur sind noch folgende Einzelheiten von Interesse: Admiral Wirren erbat in dem unter Vorsitz des Generals Stöffel abgehaltenen Kriegsrat die Erlaubnis, mit den noch seetüchtigen Torpedojägern einen Fluchtversuch zu unternehmen und auch 800 Mann auf einem Transportschiff fortzubringen (was auch geschehen ist). Dann wurden Befehle ausgegeben, denen zufolge eine Reihe von noch brauchbaren Forts mittelst Dynamit zerstört und alle Geschütze demontiert werden sollten. Gleicherweise wurde bestimmt, daß auch die teilweise untergegangenen Kriegsschiffe im Hafen, ferner das am Tiger- schwavz gestrandete Schlachtschiff „Sewastopol- Mittels Sprengstoffladungcn soweit als möglich gesprengt werden müßten, um ihre künftige Benützung seitens der japanischen Flotte zu vereiteln. Nach diesen Vorbereitungen ritten dann schließlich um 5 Uhr nachmittags Parlamentäre kurz vor Anbruch der Dunkelheit unter dem Schutze einer weißen Flagge den japanischen Linien in der Richtung von Schujistng zu. Sobald diese Parlamentäre sichtbar geworden waren, wurde bei Schujising sofort auf japanischer Seite „Feuer einstellen" kommandiert, und der gleiche Befehl wurde telephonisch auch allen Unterabteilungen entlang des gesamten Einschließungsgürtels weitergegeben. Japanische General st absoffiztere ritten den Parlamentären entgegen. Als beide Gruppen auf wenige Schritte sich genähert hatten, salutierten sie. Dann stellten Russen und Japaner sich gegenseitig vor und schüttelten einander dis Hände. Der Brief 'Stöffels an General Nogi wurde mit dem Ersuchen um sofortige Beförderung ins japanische Hauptquartier übergeben. Nach kurzer Zeit kam von dort bereits die einstweilige Antwort Nogis, die sofortige Waffenruhe zugestand. Die Russen kehrten hierauf in die Festung zurück.
Parts, 4. Jan. Echo de Paris meldet aus Petersburg: Im Schloß Zarskoje Selo wird ein wichtiger Ministerrat stattftnden, in dem Beschlüsse über Port Arthur, die allgemeine Kriegsführung, und die Absendung des 3. Geschwaders gefaßt werden sollen. Der Zar wird einen Tagesbefehl veröffentlichen, worin er der Garnison von Port Arthur seinen innigsten Dank für ihr heldenhaftes Verhalten ausspricht und jedem einzelnen der Verteidiger ein außergewöhnliches Geschenk macht. Derselbe Korrespondent erfährt noch, daß Stöffel bereits früher in einem Telegramm dem Zaren erklärt habe, er werde bis zum äußersten aushalten, im letzten Augenblick werde er die Stadt in die Luft sprengen und mit dem Rest der Besatzung über den Feind herfallen. Der Zar habe jedoch geantwortet, er möge, wenn jeder Widerstand unmöglich geworden sei, nicht unnütz Blut vergießen, sondern kapitulieren. In militärischen Kreisen spricht man dem Ereignis zwar nicht jede Bedeutung ab, erklärt aber, daß es auf den übrigen Feldzug keinen Einfluß ausüben werde.
Paris, 4. Jan. Eine französische Deputation wird General Stössel in Petersburg den durch öffentliche Sammlung gestifteten Ehrensäbel überreichen. Mau hofft, Stössel werde Paris eine Dankvifite abstatten.
London, 4. Jan. Aus Port Arthur wird gemeldet: Die Uebergabe kam der japanischen Armee total überraschend. Es herrschte lauter Jubel. Ueberall brannten Freudenfeuer und in den Lagern wurden Freudenfeste abgehalten. Die Lage innerhalb der Festung spottet aller Beschreibung. Nur noch wenige Tage und ihre Besatzung wäre in einen Haufen Leichen verwandelt worden. Die wenigen gebliebenen Verteidiger standen krank, halb verhungert und wie betäubt in ihren Trancheen, während die Offiziere bei der Uebergabe bitterlich schluchzten. Am schlimmsten sah es in den Lazareten aus, die mit zermalmten und zerfetzten Körpern vollgestopft waren. Furchtbares Geschrei der ohne Narkose Operierten erfüllte fortwährend die Räume. Granaten krachten herein und töteten Aerzte und Leidende. Barmherzige Schwestern und freiwillige Pflegerinnen find Tag und Nacht um die Kranken beschäftigt. Die Totenziffer an Offizieren ist sehr groß. Nach den Verlustlisten wurden 65 vom Hundert der Offiziere getötet oder verwundet.
London, 4. Januar. 10000 Mann japanische Truppen werden in Port Arthur als Besatzung und zur Wiederherstellung der Forts Zurückbleiben. Der Rest der Belagerungsarmee wird zu Oyama stoßen.
London, 4. Jan. Der bekannte Militär- Kritiker der „Daily News" bespricht die Uebergabe Port Arthurs und erklärt, die in England beliebte Russen-Kritik sei einfach lächerlich. Selbst die japanischen Blätter hätten niemals ihren mutigen Feind ins Lächerliche gezogen. Die Russen hätten sich auf dem Lande sehr gut betragen. Die Verteidigung Stöffels sei eine brillante, der Rückzug Kuropatkins ein vortefflicher gewesen. Der russische Soldat sei noch derselbe wie derjenige bei Eylau, Borodino und Plewna. Er schließt mit der Erklärung, der Fall Port Arthurs sei nur ein Zwischenfall in der Geschichte Rußlands.
London, 4. Jan. Admiral RoschdjeS- wenSky soll nach Petersburger Meldungen in einem Telegramm au die Admiralität erklärt haben, es sei unmöglich, ihm Befehle zu geben, da er freie Hand in seinen Entschlüssen habe.
London, 4. Jan. Von maßgebender japanischer Seite wird dem „Standard" mitgeteilt, daß Japan entschlossen sei, eine schnelle Entscheidung bezüglich der baltischen Flotte herbeizuführen. Die japanische Flotte wird derselben weit entgegenfahren und durch schnelle Hilfskreuzer die russischen Kohlenschiffs zu vernichten suchen, um so die baltische Flotte an jeder Aktion zu verhindern.
London, 5. Jan. Der Berichterstatter des Reuterschen Bureaus bei der dritten japanischen Armee von Port Arthur meldet vom 3. Januar: Die ganze Garnison und alle Nichtkombattanten werden morgen aus der Stadt nach einem Dorfe nahe bei der Küste an der Taubenbucht ausmarschieren. Von diesem Orte werden die Offiziere nach Dolny gebracht, von wo sie hinbefördert werden, wohin sie wünschen. Die Kriegsgefangenen werden solange in einer russischen Kaserne im Dorfe bleiben, bis sie nach Dalny und von dort nach Japan gebracht werden können. Japan hat bei der Belagerung von Port Arthur mehr als 50000 Mann verloren. Daily Telegraph meldet aus Tschifu: General Stössel liegt krank zu Bett und General Ssmirnoff habe mit Stöffels Genehmigung den Uebergabevorschlag gemacht.
New-Jork, 5. Jan. Nach Meldungen aus Tokio hegt man dort den ernsten Wunsch, in Friedensverhandlungen einzntreten. Man ist der Ansicht, daß Japan nichts mehr von einem weiteren Feldzuge zu erwarten habe und daß noch schwere Opfer nötig sein würden ohne die geringste Aussicht auf Erfolg. Mehrere Blätter geben der Ansicht Ausdruck, daß Rußland sich mit Rücksicht auf die innere Lage zu Friedensverhandlungen veranlaßt sehen könnte.
Vermischtes.
— Eine teure Sylvesterfeier beging der Kaufmann D. aus der Brunnenstraße in Berlin. Mit seinen Familienangehörigen hatte er sich, wir dortige Blätter berichten, in das Restaurant Rosenthaler Hof begeben, um dort das neue Jahr würdig zu begrüßen. Zur größeren Sicherheit hatte er seine Barschaft, bestehend aus 1193 Mark 50 Pfg., in Doppelkronen und Scheidemünze mitgenommen; ein brauner Beutel barg in der Hosentasche des Kaufmanns den kostbaren Schatz. Gegen 2 Uhr nachts begab sich D. auf den Abort; den Beutel mit dem Gelbe hatte er neben sich hingestellt. Beim Verlassen des Raumes vergaß er es und dachte auch die Nacht nicht mehr daran, zumal er in etwas animierter Stimmung war. Erst am nächsten Morgen vermißte er zu seinem Schrecken das Geld — es war aber nicht mehr zu finden. Durch den Verlust ist D. in große Verlegenheiten geraten, da die Summe dazu dienen sollte, Miete und Jahresrechnungen zu decken.
Gottesdienste.
Konnlag «ach ßpiPh., 8. Jan. Vom Turm- 502. Predigtlied: 503. 9>/- Uhr - Vormrtt.-Predlgt, Herr Stadtpfarrer Schmid. 1 Uhr-. Christenlehre mit den Söhnen. 5 Uhr: Bibelstunde im VereinS- hauS, Herr Dekan RooS.
o««ersta,, 12. Jan. 8 Uhr abends: Bibelstunde :m Noi?oi«sViiiirL R ü 0 3-
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