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Amts- und AnzeigeßlaLL für den Bezirk Galw.

80. Jahrgang.

ErfchetnungStage: Dienstag, Donnerstag, Sams­tag, Sonntag. JnsertionSpreiS 10 Pfg. pro Zeile ftir Stadt und Bezirt-orte; außer Bezirk 12 Pfg.

Samstag, den 7. Januar 1905.

Abonnementspr.ind. Stadtpr.Viertelj. Mk. 1.10mcl.Trägerl. Dierteljährl. Postbezugspreis ohne Bestellg. f. d. Orts- u. Nachbar­ortsverkehr 1 Mk., f. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg.

Amtliche Aekarmtmachttngen.

Je« Kerren Aeru>attangsakt«are« öezw. dev Hrtsbehörde« für die Arbeiterverstcherrmg

gehen mit der heutigen Post die Lifte« über die fingierten Steuerkapitaie mit dem Aufträge zu, die Ergebnisse der Einschätzungen den Betriebs­unternehmern gemäß § 8 der Min.-Verf. vom 7. Dezbr. 1903 Reg.-Bl. S. 531 zu eröffnen.

Zugleich werden Formulare zu Katasternach- wetsnngen mit der Aufforderung übersandt die Katasternachweisunge» für das abgelaufene Jahr gemäß 818 ff. genannter Verfügung alSbald aufzustellen und dieselben bis spätestens SO. ds. Mts. mit sämtlichen Anlagen hieher vorzulegen. Calw, 7. Januar 1905.

K. Oberamt. Voelter.

Lagesnenitzkeiitn.

Alteuftetg, 5 Jan. Kommerzienrat Ad. Bronzier in München, ein geborener Altenstetger, hat auch Heuer wieder eine namhafte Summe unter die hiesigen Armen verteilen lassen und denselben hiemit eine große Weihnachtsfreude bereitet. Für diese edle Schenkung wurde Hrn. Brougter von der Gemeinde herzlicher Dank ausgesprochen.

Stuttgart, 4. Jan. Heute früh wurde hier ein 18 Jahre altes Mädchen aus Aulendorf festgenommen, die in den letzten Tagen Betrügereien dadurch verübte, daß sie in Läden im angeblichen Auftrag einer Tante Waren entnahm, sie auch in bestimmte Häuser bringen ließ, sie dort den Beauf­tragten abnahm und dann verschwand. Auch nach auswärts hat diese Person sich Waren in erheb­lichem Werte zusenden lassen.

Stuttgart, 5. Jan. In einem Geschäfts­raum in der Gartenstraße stellte sich gestern vor­mittag eine Arbeiterin so lange und so nahe vor den Ofen, bis ihre Kleider in Brand gerieten. Sie sprang dann brennend in den Hof und wälzte sich dort im Schnee, wodurch das Feuer gelöscht wurde. Die Verunglückte hat aber trotzdem so erhebliche Brandwunden davongetragen, daß sie ins Marien- hospital ausgenommen werden mußte.

Pleidelsheim, 4. Jan. Eine freudige Ueberraschung wurde dieser Tage dem früheren Gemeinderat B. Weller hier anläßlich seines 90. Geburtstages zu teil. Das Infanterieregiment Alt-Württemberg, in dem er seinerzeit gedient hatte, ließ ihm durch seine Abordnung von zwei Feldwebeln und acht Musikern, die geeignete Stücke spielten, die Glückwünsche des Regiments aussprechen und ferner dem wackeren Veteranen ein Ehren- dtplom mit den Bildern des Königspaares und ein Exemplar der Regtmentsgeschichte aushändtgen. Der hochbeglückte Greis, an dessen Ehrentage die ganze Gemeinde herzlichen Anteil nahm, wurde außerdem noch durch ein Glückwunschtelegramm des Königs ausgezeichnet, dessen Bild ihm in Aussicht gestellt wurde. (N. Tagbl.)

Göppingen, 4. Jan. Das 3jährtge Kind des Fabrikarbeiters Rudolf Hörmann entnahm in einem unbewachten Augenblicke eine Äugentinktur

aus dem Nachttische seiner Eltern und trank von derselben so viel, daß es gestern nachmittag unter qualvollen Schmerzen an Vergiftung starb.

Pfullingen, 5. Jan. Die Bahnhofstraße ist heute nacht großenteils niedergebrannt. Die einseitige Häuserreihe der oberen Bahnhof­straße, deren ländliches Aussehen dem vom Bahn­hof zur Stadt Kommenden seither sofort an dir Vergangenheit Pfullingens erinnerte, während der Schulpalast gegenüber die neuzeitliche Entwicklung zur Anschauung bringt, ist um die Mitternachts­stunde fast ganz ein Raub der Flammen geworden. Vier Häuser mit ihren Scheunen gegenüber dem alten Friedhof liegen so ziemlich in Asche. In der Mitte war der aus unbekannter Ursache entzündete Herd des Feuers, eine Scheuer. Mit rasender Schnelle verbreitete sich der Brand auf die eng angebauten Nachbarhäuser .rechts und links. Die Feuerwehr löste ihre Aufgabe mit Glück, die wei­teren Nachbarhäuser hereinwärts zu retten; viel mehr konnte sie nicht tun. Günstig war hiefür die Wind­richtung von Südwest und das Nachlassen der Kälte. Hätte noch der scharfe Ost vom vorigen Tag geweht, dann wäre wohl das vordere Eck der Bahnhofstraße nicht verschont geblieben.

Aalen, 4. Jan. Gestern Abend 5'/- Uhr wollte ein Mann zwischen hier und Unterkochen die Bahn überschreiten, während der Schnellzug von Ulm daherbrauste. Er wurde überfahren und war auf der Stelle tot.

Ulm, 5. Jan. (Strafkammer.) Der aus Mähren stammende Metzger und Webergeselle Hubert Peschl kam im September v. Js. nach Ulm und führte hier wie in der Umgegend verschiedene Dieb­stähle aus. Am 27. September morgens brach er bei dem Bauern Kiesling in Pfuhl ein, wobei ihm Gold- und Silberwaren sowie einiges Geld in die Hände fielen. Am Abend desselben Tages traf Peschl den Taglöhner Mich. Käfferlcin aus München, mit welchem er einen Diebstahl im Schaufenster des Uhrmachers Kölle in Neu-Ulm verabredete und ausfühlte. Die bei dem Verbrechen angefallene Beute hatte einen Wert von etwa 400 sie wurde zwischen Beiden geteilt. Einige Stücke verkauften sie alsbald gegen eine Anzahlung von 3 an den Maurergesellen Karl Schiebt von Ulm. Aut 29. September unternahm Peschl einen Einbruch bet dem Bauern Greis in Erstellen OA. Blaubeuren, wo er aber wenig Beute machte. Außerdem soll Peschl noch eine Anzahl anderer Diebstähle verübt haben, doch läßt sich dies nicht Nachweisen. Er wurde zu 3 Jahren Zuchthaus, Käfferlein zu 2'/» Jahren Zuchthaus und Schiebt zu 5 Monaten Ge­fängnis verurteilt.

Ravensburg, 4. Jan. In der Maschinen­fabrik Escher-Wiß u. Cie. ist heute Vormittag ein junger Arbeiter, der die Oberlichtfenster von Schnee reinigen sollte, auf dem Dach ausgeglitten. Er stürzte zwei Stock hoch in den zugefrorenen Fabrikkanal und erlitt einen komplizierten Bruch des rechten Fußes. Da eine ärztliche Hilfe nicht gleich zu bekommen war, wurde eine Abteilung der freiwilligen Sanitätskolonne zur Hilfe herbeigerufen. Dieselbe legte einen Notoerband an und überführte den Verletzten in das Elisabethenkrankenhaus.

Jsny, 5. Jan. Vorgestern Abend, etwa um 8 Uhr, sah man gegen Nordwesten am Horizont eine Röte, die auf Feuer schließen ließ. Es brannten die Stadel samt dem Nebengebäude des Joseph Schupp zur Tobelmühle Gemeinde Chriftazhofen vollständig nieder. Der Feuerwehr gelang es nach mehrstündiger Tätigkeit, die Mühle samt Wohnhaus noch zu retten. Schupp, sowie seine Mutter, welch letztere im Nebengebäude wohnte, sind sehr zu be­dauern, umsomehr, da beide zur Zeit krank sind. Pferde und Vieh konnten gerettet werden, die Schweine dagegen find in den Flammen umgekommen. Brandstiftung wird vermutet.

Osterburken, 5. Jan. Am 29. Dezember wurde lt. Tauberzeitung im hies. Gelände eine Treibjagd abgehalten, bet der außer 140 Hasen auch zwei Jäger zur Strecke gebracht wurden. Der eine, ein Brenneretdirektor, erhielt einen schweren Schuß ins Schienbein, sodaß er vom Platze ge­tragen werden mußte. Von einem andern der Nimrode hörte man Wehklagen, denn auch er wurde mit einigen Schrotkörnern bedacht.

Waldshut, 4. Jan. In der benachbarten schweizerischen Gemeinde Wihl wurden im Walde einige Holzmacher, als sie beim Mittagessen saßen, von einer angesägten Tanne, die vom Sturme um- gerifsen wurde, erschlagen. Zwei waren sofort tot, drei wurden tätlich verletzt. ^

Berlin, 4. Jan. Die jüngste Nummer desStmplizissimus" ist konfisziert worden. Der Grund zu dieser polizeilichen Maßnahme dürfte in der Zeichnung und dem Text von Salm-Moltke zu suchen sein, was auf den obersten Kriegsherrn abzielt.

London, 5. Jan. Morning Leader meldet aus Kopenhagen: Dort anwesende russische Flüchtlinge seien überzeugt, daß in Rußland binnen wenigen Monaten eine Revolution ausbrechen werde. Die Kopenhagener Zeitungen veröffentlichen Mit­teilungen offiziösen Ursprungs, worin erklärt wird, daß die russischen Grenzbehörden von einer befreun­deten Macht benachrichtigt worden seien, daß ein sehr bedeutender Waffen- und Munitionsschmuggel über die Grenze betrieben werde.

London, 5. Jan. Hierher wird aus Peking gemeldet, daß die Kaiserin-Mutter von China zum Christentum übergetreten ist. Es ist unbekannt, wer und was die Kaiserin- Mutter zum Christentum bekehrt haben kann.

Petersburg, 5. Jan. Der Präsident des Moskauer Sewstwos, Fürst Trubctzkoi, sandte einen Brief an den Minister des Innern, der besagt, er übernehme die Verantwortung für die Adresse des Semstwos an den Kaiser. Ihn habe die Auffassung bewogen, Rußland lebe jetzt in einer Epoche von Anarchie und Revolution; die scheinbaren Jugend­unruhen seien der Reflex der Gesamtlage der Ge­sellschaft, die gefahrvoll sei, namentlich auch für den Kaiser. Er, Trubctzkoi, habe dieser Tage dem Kaiser gesagt, die jetzigen Vorgänge seien eine Re­volution, in die das Volk widerwillig gedrängt sei; der einzige Ausweg sei das Vertrauen des Kaisers zur Nation und zu den ständischen Kräften. Lasse der Kaiser diese Kräfte an sich herantreten, so werde