genommen zu haben, wurde in St. Louis der Anarchist Saftig sestgenommen. Er rühmte sich, daß er CzolgoSz die Mordwaffe gereicht habe. Saftig war schon gleich nach dem Attentat verhaftet worden, mußte aber aus Mangel an Beweisen wieder freigelassen werden.
Newyork, 30. Dez. Der amerikanische Ausschuß für die Arbeiten des Panama-Kanals hat bereits 17 Spitäler längs der Kanalstrecke errichtet. Zwei weitere Spitäler befinden sich in Panama und Kolon. Diese stammen noch von der französischen Kanalgesellschaft her. In beiden Staaten wird Trirkwosser aus Gebirgswasserläufen hergeleitet.
Washington, 29. Dez. Präsident Roose- veIt empfing heute im Weißen Haus den Kapitän Kämpf, den Führer des Schnelldampfers „Deutschland" der Hawburg-Amerika-Linie, beglückwünschte ihn zur 150. Ozenrcise und schenkte ihm sein Bild.
Petersburg, 30. Dez. Die Nachrichten aus der Mandschurei treffen immer spärlicher ein. Fürst Wassischileff ist zum Chef des russischen Rothen Kreuzes an Stelle Alexandrowskts ernannt worden, welcher seine Demission gegeben hat und zwar angeblich infolge der finanziellen Schwierigkeiten des Rothen Kreuzes. Augenblicklich beginnt sich Mangel an Geldmitteln fühlbar zu machen.
Paris, 30. Dez. „Petit Paristen" wird aus Petersburg berichtet, der Generalstab habe noch keine Nachricht von der Besetzung des Forts „Erlungtschan" durch die Japaner. Man vermutet, daß General Stöffel seine geschützte Stellung hat aufgcben müssen, weil er nicht mehr über genügend Truppen verfügt. Man glaubt indessen, daß die übrigen Forts noch lange Widerstand leisten werden.
London, 29. Dez. Aus Tokio wird unterm gestrigen Tage gemeldet, daß die japanischen Operationen gegen das Forts Erlungtschan unausgesetzt erfolgreich fortschreiten. Vorgestern Nachmittag sprengten angreifende Japaner eine gewaltige Mine unter der Brustwehr des Forts, welche die Befestigung vollständig zerstörte. Der Explosion folgte ein Infanterie-Angriff.
London, 30. Dez. Aus Tokio wird hierher telegraphiert, daß die japanischen Verluste bei der Eroberung des Forts Erlungtschan auf 1000 Mann geschätzt werden. Eine Verlustliste zählt 49 Offiziere vom Oberst abwärts als gefallen und 58 als verwundet auf. 7 Dynamitminen seien vor dem Sturm entzündet worden, die eine breite Bresche in die Brustwehr schlugen, durch welche dann unter dem Schutz eines furchtbaren Geschütz-u. Maschinengewehrfeuers gestürmt wurde. Von der russischen Garnison, die auf 500 Mann berechnet wird, ent- am ein Drittel.
Tokio, 30. Dez. Wie von der Port-
Arthur-Armee gemeldet wird, bereiten die Japaner nunmehr einen entscheidenden Sturmangriff auf das Fort Ost-Kiugang vor.
Tokio, 30. Dez. Die Belagerungsarmee von Port Arthur hat nach heftigem Kampf den Niryo-Hügel erobert. Die Admirale Togo und Kamimura find nebst Stab und anderen Offizieren in Kobe eingetroffen, wo sie mit großen Ovationen empfangen wurden.
Vermischtes.
— Brand in Zürich. Ueber den verhängnisvollen Brand in Zürich berichtet die „Neue Züricher Zeitung": Am 28. ds. abends kurz nach 8 Uhr ertönten die Feuerhörner durch die Straßen der Stadt. Etwa um 8'/- Uhr stand bereits der ganze lange Bau der „Neu mühle" in Hellen Flammen. Es war ein schaurig schöner Anblick. Am meisten wütete das Feuer in der Ecke gegen das Restaurant „zur Schmidstube" hin, in dem Holzbau, in welchem die Berliner Chemikalienfirma Kahlbaum ihre Ablage hatte. In der Ecke, wo nach der Aussage der Polizei und namentlich auch der Wirtsleute in der Schmicdstube der Brand ausgebrochen sein muß, befinden sich die Werkstätten von Züger-Morf, Velofabrik, I. C. Eschmann, Vernicklungsanstalt, und das Möbelvermietungsgeschäft von I. Fischer. Das Feuer muß schon lange vor 8 Uhr ausgebrochen sein, etwa um 7 Uhr 50 Min. sahen die Mietsleute in der Schmiedstube die Hellen Flammen aus dem Dach des langen Gebäudes schlagen. Mit reißender Schnelligkeit verbreitete sich das Feuer über den Dochstuhl und in kaum 10 Minuten stand der ganze gegen 100 m lange Bau, in dem gegen 40 Werkstätten und Geschäftslokalitäten untergcbracht waren, in einem Feuermeer. Es war eine große Zahl von Feuerspritzen- korps aufmarschiert; trotz riesiger Anstrengung vermochten sie des rasenden Elements nicht Herr zu werden. — Im Bau befanden sich u. a. 2 Buch- druckereien, von Albert Newe und von v. Ostheim. Mit fürchterlichem Krach stürzten die Maschinen in die Tiefe, die brennenden Papierfetzen flogen in dichten Mengen in der Luft herum. Ferner war im Bau untergebracht die Möbelfabrik von Georg Müller, die mechanische Drechslerei von Surber und eine solche von I. Jäger, dann eine mechanische Schreinerei und Glaserei von Kunz, die Automobilfabrik „Exzelsior" A.G., das Bureau des Maschineningenieurs Georg Ramel, die Glaserei von G. Rasp, die Schlosserei von A. Kiefer. Im Anbau an der unteren Ecke befanden sich die Bureaus von Jdel, landwirtschaftliche Maschinen und Geräte. Der hölzerne Bau, in dem die Maschinen standen, blieb verschont, ebenso das kleine bewohnte Häuschen nebenan. Eine Untersuchung über die Brandursache wurde sofort eingeleitet; bis jetzt ist aber ein Ergebnis noch nicht festgestellt. Seit langen Jahren hat in Zürich kein so großer Brand mehr gewütet. Tausende von Menschen umstanden am Abend die Brandstätte. Das ganze Areal ist Eigen
tum einer Aktiengesellschaft, die sich Baugenossenschaft des alten Neumühleareals benennt. Es heißt, daß eine Menge der Brandbeschädigten ihre Waren nicht versichert hätten, weil die schweizerischen Versicherungsgesellschaften das Risiko nicht übernehmen wollten. Dagegen sollen einige französische Gesellschaften beteiligt sein; wie weit dies der Fall ist, konnte noch nicht festgestellt werden. — Beim Brand wurden einige Feuerwehrleute leicht verletzt. Der Schaden ist jedenfalls sehr groß und eine Menge Arbeiter find brotlos ge vordem Ob fahrlässige oder absichtliche Brandstiftung vorltegt, wird vielleicht die Untersuchung ergeben; sie dürfte aber sehr schwierig sein. Das Feuer muß wohl im Dachboden ausgebrochen sein, sonst hätte es sich kaum mit solcher Blitzesschnelle verbreiten können. Allerdings trug der Wind das seinige dazu bei.
— Das Pferdeschlachthaus von Paris. Man berichtet aus der Seinestadt: In Paris scheint das tote Pferde in dem Maße an Achtung zu gewinnen, als diese dem lebenden vom Automobil gestohlen wird. Seit langem allerdings ist hier wie in allen anderen großen Städten das Vorurteil gewichen, das dem sorgfältigst gepflegten der Haustiere alle Nützlichkeit im Tode absprach. Der Verbrauch von Pferdefleisch in Paris ist in den letzten Jahrzehnten überraschend gewachsen. Im Jahre 1872 wurden noch nicht einmal 5000 Pferde geschachtet, iw Jahre 1903 dagegen mehr als 36000, das Jahr 1904 wird es auf die Zahl von etwa 45 000 bringen. Trotz dieser ungeheuren Quantitäten, die vertilgt wurden, blieb eine heimliche Abneigung gegen das Pferdefleisch bestehen, der Art, daß selbst das Strafgesetzbuch jeden Schlächter verpflichtete, durch besondere Aufschrift das Pferdefleisch in seiner Auslage von den übrigen Sorten zu unterscheiden. Es gab freilich auch Liebhaber genug, die sich längst emanzipiert hatten. Ein kleiner Restaurateur in einem Arbeiterviertel sah seine Kundschaft an den Tagen sich verdoppeln, an denen er „rosbif" aus Pferdefleisch ankündigte, und er rühmt sich, bei diesen Gelegenheiten Feinschmecker angelockt zu haben, die keine pekuniären Gründe hatten, sich des altbeliebten „boeuf" oder „mouton" zu enthalten. Seit dem 18. Dezember ist die Pferdeschlächterei offiziell und in allen Ehreu legitimiert. In der Rue Brancia im Viertel Vaugi- rard wurde das für 350000 Frunken erbaute Pferdeschlachthaus mit einem großen Bankett eröffnet, und niemand Geringerer als ein Minister, Herr Pelletan, führte dabei den Vorsitz. Das Menu des Banketts wurde leider nicht bekannt ge- gegebeu. Das Schlachthaus ist sehr geräumig und kann auf Jahre hinaus für den steigenden Konsum ausreichen. Am Eingänge sieht man die Büste des Tierarztes Emile Decroix, des eigentlichen Propheten der Pferdtfleischesscr in Frankreich, der ebensosehr aus physiologischen wie ökonomischen Gründen für die Verwendung des Pferdefleisches als Nahrungsmittel eingetreten war.
Bei diesen Worten umfaßte sie die Alte herzlich, drückte ihr einen Kuß auf die Stirn und wirbelte sie an die Tür.
Martha, ganz außer Atem gebracht, betrachtete sie kopfschüttelnd, ging aber doch glücklich ihres Weges. Die Sache ihres Fräuleins war in guten Händen.
* 4 -
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„Alfred, ich habe mit Dir zu sprechen", sagte Herr von Schmolling nach der Mittagstafel zu seinem Sohne, der ihm stillschweigend folgte.
In seinem Arbeitszimmer bot er ihm eine Cigarre, die Alfred dankend annahm. Nachdem sie sich gesetzt hatten, begann Herr v. Schmolling: „Die Sache mit der Komö" — ein finsterer Blick Alfreds streifte ihn, „mit der Schauspielerin ist zu Ende?"
„Ja, Vater!"
„Ich danke dir."
„Keine Ursache; ich habe sie nicht deinetwegen aufgegeben, sondern weil sie mich betrogen."
Kaum vermochte der alte Herr seine Freude zu unterdrücken; das traf sich herrlich; betrogen — da gab es für seinen Sohn kein Zurück; er kannte ihn genau. Er wollte ihm sagen, daß er es nicht anders von einer Komwö- dtantin erwartet, aber ein Blick auf seines Sohnes totenbleiches Gesicht hieß ihn die Worte unterdrücken; er konnte sich ja die Genugtuung ein anderes Mal leisten.
„Wie denkst du über Olga?"
Alfred sah ihn fragend an. Wo wollte sein Vater hinaus?
„Ich habe noch nicht über sie nachgedacht", antwortete er gleichgiltig.
„Gefällt sie dir?"
,O ja, sie ist hübsch und amüsant".
„Nun, das genügt; ein fröhliches Weib ist viel wert, die bringt uns über viele trübe Stunden hinweg, während eine ewig weinende Frau uns jedes Ungemach zum Unglück macht".
Alfred zuckte zusammen bei diesem Ausfall, welcher der geliebten Mutter galt; aber er erwiderte nichts. Mit dem Vater zu streiten, hatte er längst aufgegeben. Der Manu kannte nur seinen Willen, seine Meinung, und ließ sich durch nichts davon abbringen.
Als Alfred schwieg, fuhr der Vater fort: „Olga ist sehr reich, ihr Mann hinterließ ihr eine runde Million. Sie ist noch sehr jung und wird gewiß nicht Witwe bleiben wollen."
Alfred begriff endlich, wo sein Vater hinaus wollte; er konnte ihm nicht unrecht geben. Er würde sich wohl einmal verheiraten, warum sollte er nicht das hübsche, lachende Weib mit der Million nehmen?
Scharf hatte ihn der Vater beobachtet. Daß sein Sohn nicht sofort abwehrte, erschien ihm als gutes Zeichen. Er mußte das Eisen schmieden, so lang es warm war.
„Olga liebt dich; ich habe es oft bemerkt, wenn du wie ein Träumer neben ihr gingst."
Alfred schüttelte den Kopf. Er glaubte nicht an Olgas Liebe; er kannte ihre kalte, egoistische Natur von früher, umso besser, er wollte keine Liebe; konnte er doch keine dafür bieten.
In diesem Sinne sprach er zu seinem Vater, der ihn ruhig aussprechen ließ; eS ging ja alle- vorzüglich, und was Alfred von „nicht lieben" sagte, war einfach lächerlich.
(Fortsetzung folgt.)