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Christian Friedrich alt Eheleute hier. In voller geistiger und leiblicher Rüstigkeit sieht das alte Paar auf einen glücklichen 60jährigen Ehestand zurück, aus dem 2 Söhne und 3 Töchter, 19 Enkel und 1 Urenkel hervorgingen. In Gegenwart dieser sämtlichen Nachkommen wollen die glücklichen Eheleute diesen Ehrentag festlich verleben. Der alte Greis, der noch tüchtig auf dem Felde mitarbeitet, ist 85 Jahre alt und ist von Beruf ein Schäfer. Seine Frau, eine geborene Arny, zählt 80 Jahre.
Freiburg, 28. Dez. Der in Freiburg verstorbene Privatier Krügel hat der hies. Stadt 100 000 testamentarisch vermacht und zwar zum Zweck der Unterstützung des städtischen Orchesters hier.
Furtwangen, 28. Dez. Der frühere Bank-Vorstand des Schwarzwälder Bank-Vereins, Grüsser, welcher an der Filiale in Lörrach angestellt war und die Kleinigkeit von einer halben Million Mark unterschlagen hatte, weshalb er zu 6 Jahren Gefängnis verurteilt worden war, ist lt. „Volksfrennd" am 1. Dez. ds. IS. auf freien Fuß gesetzt worden und soll mit seiner Familie nach England abgereist fein. Grüsser hat kaum die Hälfte seiner Strafe verbüßt, die andere Hälfte wurde ihm nachgelassen.
Speicher bei Trier, 27. Dez. Gestern gingen etwa 15 Knaben aus Beiltngen auf die Eisbahnen zu den Tongruben bei Speicher, die zum Teil sehr tief find. Sieben Knaben brachen ein und verschwanden unter den Eismassen. Nach langem Suchen barg man die Leichen. Drei Knaben im Alter von 15, 13 und 11 Jahren hat eine Witwe verloren. Dem Förster find zwei Söhne ertrunken. Die verunglückten Kinder waren zwischen 6 und 15 Jahre alt.
Berlin, 29. Dez. Ein neuer militärischer Erlaß als Vorbeugemittel gegen Soldatenmißhandlungen ist dieser Tage den Truppenteilen zugegangen. Darnach soll fortan mit keinem Soldaten mehr kapituliert werden, welcher im Zivilverhältnis wegen Mißhandlung oder eines anderen Rohheitsvergehens vorbestraft ist. Ebenso soll mit Soldaten, welche während ihrer Dienstzeit wegen Mißhandlung bestraft wurden, nicht weiter kapituliert werden.
Berlin, 20. Dez. In einer Menagerie welche zur Zeit auf dem Gesundbrunnen Vorstellungen gibt, spielte sich gestern ein aufregender Vorfall ab. Der Besitzer der Menagerie war dabei, zwei noch wenig dressierte Bären vorznführen. Als er mit einer Hyäne den Zwinger betrat, stürzten sich die Bären sofort auf den Dresseur. Es entspann sich ein heftiger Kampf, bei dem der Dresseur erhebliche Verletzungen an Armen und Beinen erlitt. Herbeteilende Wärter befreiten den Dresseur endlich von den Bestien, wobei ein Bär getötet wurde.
Zürich, 28. Dez. Das ganze alte „Neu- mühlen-Areal", die ehemaligen Gebäude der Maschinenfabrik Escher, Wyß und Comp, umfassend, steht in Hellen Flammen. Davon sind betroffen über 40 Werkstätten, eine chemische Produkten- anstalt, eine Fahrradfabrik, zwei Buchdruckereien, eine Guttaperchafabrik und mehrere mechanische Tischlereien und Drechslereien.
Paris, 28. Dez. Die Professoren Magnau und Garnier haben gestern mit ihren Beobachtungen zum Zwecke der Untersuchung des Geisteszustandes der Prinzessin Luise von Koburg begonnen. Sie haben die Prinzessin im Hotel Westmtnister aufgesucht und mehrere Stunden im Gespräch mit ihr zugebracht. Wie eS heißt, soll die Untersuchung einige Monate dauern.
Lemberg, 28. Dez. Wie polnische Blätter aus Lodz berichten, ist behufs Verhinderung von Militärtransporten die Eisenbahnbrücke bei Pobianice unterminiert worden. Eine dieser Minen explodierte, ohne jedoch Schaden anzurichten. Die eiserne Brücken-Konstruktion blieb unversehrt. Eine zweite Mine wurde von einem Bahnwärter rechtzeitig entdeckt und unschädlich gemacht. Die ganze Eisenbahnstrecke wird nunmehr von Militär besetzt. — In der Nähe der Heiligkreuzkirche in Lodz explodierte eine Bombe und eine weitere wurde gefunden. — Nach Meldungen aus Czenstochau wurde dort auf das Denkmal des Zaren eine Bombe geschleudert, welche den Sockel zertrümmerte.
Moskau, 28. Dez. Wie aus Jekatertnos- law gemeldet wird, wurden dort in den letzten Tagen massenhaft Proklamationen verbreitet, worin
die Christen aufgefordert werden, die Juden zu vernichten, denn sie seien schuld an dem Krieg und hätten den Minister des Innern Fürst Swiatopolk MirLki bestochen, damit er sich für sie einsetze. Die Stimmung ist sehr gedrückt, denn man erwartet jeden Augenblick den Ausbruch von Exzessen.
— Die englische Bonne der Großfürstin Olga, der ältesten Tochter des Z a r e n wurde wegen Spionageverdachts über die russische Grenze gebracht. Ueber diesen Vorfall wird gemeldet: Ein überaus peinlicher Vorfall hat sich am Zarenhof ereignet. Die englische Erzieherin der ältesten Tochter des Zarenpaarcs, die lange das Vertrauen besonders der Kaiserin genoß, wurde bei einem Verrat ertappt. Die junge Zarin schätzte die Engländerin sehr, trotzdem die russische Umgebung nie so recht traute. Dieser Tage bemerkte ein Diener, wie die Engländerin in das Arbeitskabinett des Zaren schlich und im Schreibtisch verschiedene Papiere durchstöberte. Der Diener verschloß sofort das Kabinett und stattete Meldung ab. Tatsächlich wurde die Engländerin im Kabinett gefunden; sie hatte verschiedene wichtige Schriftstücke kopiert. Vorgestern wurde sie unter Eskorte über die Grenze geschafft. Die Verwirrung am Hofe ist groß. Es wird angenommen, daß die Erzieherin im Solde interessierter Persönlichkeiten gestanden hat.
Odessa, 28. Dez. In zahlreichen Städten des Gouvernements Kischinew herrscht Hungersnot. Die allgemeine Lage ist trostlos. Fast alle Fabriken haben den Betrieb eingestellt. Tausende von Arbeitern sind brotlos. Die Situation ist bedrohlich, denn falls die Arbeiter von der Regierung nicht bald materielle Unterstützung erhalten, sind Exceffe zu befürchten.
Odessa, 29. Dez. Der Polizeimeister v. Berdjaresk und sein Gehilfe wurden verhaftet und sollen vor ein Kriegsgericht gestellt werden. Der Gehilfe hatte ein junges Mädchen unter dem Vorwände, daß sie sich mit politischen Angelegenheiten befaßt habe, verhaften und ins Gefängnis werfen lassen, wo er sie vergewaltigte.
London, 29. Dez. Daily Expreß meldet aus Madrid: Die Bei lobung des Königs Alfons mit einer Tochter des Herzogs von Connaught wird im März erfolgen. Die Prinzessin werde zum katholischen Glauben übertreten.
London, 29. Dez. Die Morning Post meldet aus Shanghai: Die chinesische Regierung entläßt die deutschen Militärinstruktoren in allen Teilen des Jangtse-Gebiets und ersetzt sie durch Japaner.
Petersburg, 28. Dez. Im Norden und Nordosten von Port Arthur sind nach einer Depesche aus Tschifu die Forts 3 und 12 gänzlich zerstört. Eie wurden während des Kampfes wiederholt von den Japanern erobert und von den Russen zurückgewonnen, bis sie schließlich von keiner Partei mehr besetzt wurden. Der Kommandant der Festung sowie Admiral Wiren find stets in der Front um persönlich zur Förderung der Verteidigungsarbeiten beizustcuern. Das Feuer auf der Südwestfront verhindert die Japaner andauernd, auf den früher genommenen Höhen großkalibrige Geschütze aufzupflanzen. Augenblicklich ist Stille eingetreten, die dem Mangel an Munition und dem großen Menschenverlust auf japanischer Seite zuzuschreiben ist. Täglich sollen bis zu 60 Wagen mit Verwundeten nach Dalny befördert werden. Die moralische Haltung der Japaner ist sehr gesunken. Viele Fälle von Auflehnung find vorgekommen. Einige Dutzend japanische Soldaten wurden deswegen erschossen, 3 Obersten wurden vom Dienst entfernt.
Paris, 29. Dez. Aus Petersburg wird berichtet: Die transsibirische Bahn hat hat seit Beginn des Krieges 537000 Mann, 10800 Offiziere und 118 000 Pferde, sowie 15 Millionen Pud Waren aller Art transportiert.
London, 28. Dez. Schwere Kämpfe haben neuerdings in der Nähe von Mulden stattgefunden. Hier vorliegende Meldungen wollen wissen, daß die Russen aus ihrer geschützten Position zwischen Saiwatst und Koaliying am linken Ufer des Taitse-Flusses Hinausgetrieben worden find. Die Zahl der Toten und Verwundeten auf beiden Seiten ist noch nicht festgestellt.
London, 29. Dez. Aus Tokio wird telegraphiert: Beide Kammern des Parlaments beauftragten ihre Präsidenten, sich morgen nach dem Bahnhofe zu begeben, um die Admirale Togo und Kamimura zu empfangen. Das Unterhaus nahm unter großem Beifall eine Adresse an, worin Togos Strategie warm gepriesen und dem Admiral zu seiner siegreichen Rückkehr der Willkommen des Hauses ausgedrückt wird.
Ts chifu, 29. Dez. Aus Port Arthur wird berichtet: Die Japaner füllen die Gräben der russischen Festungswerke mit Wasser, welches infolge der Kälte rasch friert, wodurch ein Ueberschreiten der Gräben erleichtert wird.
Vermischtes.
— Stuttgarter Lebensversicherungsbank A.G. (Alte Stuttgarter.) Durch Beschluß des Aufstchtsrats vom 13. Dezember d. I. wurden die an die Versicherten im Jahre 1905 zur Austeilung gelangenden Dividenden in folgender Höhe festgesetzt: Plan ^ I: 36 °/» der ordentlichen Jahresprämie und 18 "/» der alternativen Zusatzprämie, Plan ^ II: 40 "/« der ordentlichen Jahres- prämie und 20 "/« der alternativen Zusatzprämie. Plan L (steigende Dividende): 2,6 "/» der cinge- zahlten Gesamtprämiensumme, beginnend mit 13 °/o einer Jahresprämte. Auf die ältesten, nach diesem Plan versicherten Mitglieder entfällt für daS Jahr 1905 eine Dividende von 72,8 "/<> der Jahresprämie. Den nach Plan ^ III (Dividcndenerbschafts- plan) Versicherten werden dieselben Sätze wie bei Plan II gutgeschrieben. Vertreter für Calw: Oberlehrer A. Müller; Kaufmann A. Vogel.
— Unter den Farmern, die sich bei dem Ausbruch des Hottentottenaufstandes noch in Sicherheit bringen konnten, befanden sich der Bur Andries de Wet und seine Frau, die Tochter eines deutschen Offiziers. Im letzten Augenblick konnten sie sich von ihrer Farm Bergmann nach der Feste Gibeon retten. Frau de Wet hat nun Verwandten in Stade in einem in der „Tägl. Rundschau" abgcdruckten Briefe eine Schilderung gegeben. Es heißt darin: Die Witbois haben derartig gehaust, wie es ihnen niemand nach ihrer früheren Kriegführung zugetraut hätte. Unser schönes, massives Haus ist vollständig ausgebrannt. Die Mauern, die noch standen, sind gerissen und nicht wieder zu benutzen. Sogar die Pumpe und sämtliche Gerätschaften find kurz und klein geschlagen. Meine Aussteuerkisten, die noch uner- öffnet standen, haben die Witbois durchwühlt und davon mitgenommen, was ihnen gefiel. Auf Farm Dasstefontein wurde ein Witboi erschossen, der meine neue Wäsche trug. Andries und ich wollen uns noch nicht die ganze Schwere des Verlustes eingestehcn, aber ich fühle nur zu gut, was für < schwere Sorgen sich mein guter Mann macht. Für^ ihn ist cs ja auch am schwersten, wieder eine Hei« mot, die er gefunden zu haben hoffte, zu verliere» und zu sehen, wie seine viele Arbeit und sein rast« loses Streben vergebens waren. Es war wirklic l eine Freude, zu sehen, was er in der kurzen ZeW auf Bergmann erreicht hatte. Ich kann mir nitW denken, daß es ein glücklicheres Heim, als da» unselige, hier im Lande geben könnte. Andries! hat nur seinen Reitrock, den er anhatte, gerette » für mich hat er in Eile ein Kleid und etwa» Wäsche zusammengerafft; alles andere ist veM brannt. Im letzten Monat hatten wir noch aM große Frachten bekommen, für die Andries alle» an Fracht und Zoll bar 24,000 bezahlte. D > Waren sind noch nicht bezahlt und jetzt ist keiL> Spur mehr davon vorhanden. — Wir sind jeM beinahe 4 Wochen hier in Gibeon und warte» vergeblich auf militärische Hilfe, die sobald al» möglich kommen soll. Fast 300 Menschen sind hi.'I in der kleinen Feste, 100 Männer und fast 26» Frauen und Kinder. Bis jetzt find wir Gott sW Dank von Krankheiten bewahrt geblieben und dM Haltung aller ist ruhig. Das Kommando führ? Feldwebel Beck, über dessen besonnenes, liebenswürdiges Wesen nur Lob ertönt.
Gottesdterme.
Neujahrsfest, 1. Jan. Vom Turm: 414. Kirchenchor Wer unter dem Schirm rc. Predigtlied: 53 Jesus soll die Losung sein re. 9'6 Uhr: Bei in der Sakristei. 9'/, Uhr: Vormitt.-Predigt, He Dekan Roos. Abendmahlsfeier. 5 Uhr: Abendpredigt, Herr Stadtpfarrer Schmid Krfchetnnngsfest, 6. Jan. 9'/- Uhr: Vormitt.-Predigt, Herr Dekan Roos. 5 Uhr: Missionsstunde im Vereinshaus, Herr Missionar Gutekunst. DaS Opfer ist vor- und nachmittags für die Basl Mission in Kamerun bestimmt.