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Bezugspreis:
ierteljöhrlich in Neuen. dM 12.75. Durch d.° im Oris-und Ober- „,s.K-rk-hr sowie -m Listigen inländ. Verlehr
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Neuenbürg, Montag de» 2t. Juni 1920
78. Jahrgang.
Deutschland.
Stuttgart, 19. Juni. Der Führer der U.S.P., Crispien- Serlin der sowohl in Württemberg wie in der ReichShaupt- adt in den Reichstag gewählt ist, hat sich für die Annahme eines Berliner Mandats entschieden. Dadurch rückt von der >jste der U.k.P. die an 3. Stelle stehende Anna Ziegler- jeilbronn in den Reichstag ein. Die U.S.P. Württembergs ntsendet also Parteisekretär Remmele-Stuttgart und Anna iiegler in den Reichstag. .
Mannheim, 18. Jrknr. Der Ingenieur Hans Imhoff on der Badischen Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen, en die Franzosen vor einiger Zeit unter der Beschuldigung Meppten, daß er als Hauptmann im Kriege sich Dieb- We habe zu Schulden kommen lassen, wurde in Amiens ns freien Fuß gesetzt und befindet sich auf unbesetztem Ge- iet. Er wurde von einem Militärgefängnis zum anderen eschleppt und ist übel behandelt worden. Die Haussuchung, ie bei ihm in Ludwigshafen vorgenommen worden war, atte nicht das geringste belastende Moment ergeben.
Berlin, 19. Juni. Nach den bei der Reichskartoffelstelle erliegenden Nachrichten sind die Bedarfsstellen fast aus- ahmslos mit Kartoffeln der letzten Ernte bis zum Eintritt n deutschen Frühkartoffelernte versorgt. Das Reichsminimum für Ernährung und Landwirtschaft hat sich daher entflossen, von einem zentralisierten Einkauf der Frühkartoffeln
> Holland abzusehen und die Einfuhr der Frühkartoffeln eizugeben. Da voraussichtlich von Mitte Juli ab deutsche rühkartoffeln in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen,
> jedoch zunächst die Einfuhr bis zum 20. Juli befristet, leichzeitig wird die Frist für die Einfuhr italienischer und amscher Kartoffeln ebenfalls bis zum 20. Juli verlängert.
Berlin, 19. Juni. Die Gütertarife bei der Eisenbahn llen um weitere 30—50 Prozent erhöht werden. Von einer lhijhung der Personentarise will man absehen. — Das fichsverkehrsministerium macht bekannt, daß die Verkehrs- jmerigkeiten nach nicht überwunden sind und daß im Herbst -it einer beträchtlichen Lerkehrseinschränrung in der Per- «mbeförderung gerechnet werden müsse. — Nach einer Ait- slung des ReichsernährungSministers ist an eine Aufhebung >r Zwangswirtschaft für Getreide, Milch und Fleisch »or- iiffg nicht zu denken. — Im Prozeß ge< en Marburger Studien, die bei.Niederschlagung kommunistischer Unruhen in st Gegend von Eisenach angeblich friedliche Einwohner erhoffen haben sollten, wurden alle Angeklagten freigesprochen, l In der Pariser Kammer teilte der Kammerpräsident mit, hß für den Ankauf eines Konsulatgebäudes in Mainz dem Wer des Aeußern ein Kredit voo 510000 Franken er- jnrt werden soll. — Von 8000 Kindern der Herner katho- hen Volksschule befinden sich seit dem 1. Juni 7500 im lreik. Der Herner Zentral-Elternausschuß verlangt die derweitige Verwendung »on 4 Lehrern, die nicht mehr auf in Boden der katholischen Weltanschauung stehen. — Die Äsche Minensuchersiottille im Kattegatt hat jetzt ihre Ar- iien beendigt und ist nach Kiel zurückgekehrt.
Bürgerpartei, Bauernbund und Zentrum zur politischen Lage.
Stuttgart, 19. Juni. Die Fraktion der Bürgerpartei w deS Bauernbundes wählte die Abgg. Bazille, Strobel, Wt, Baumgärtner und Körner in den Vorstand der Mtion. Fraktionsvorsitzender ist der Abg. Bazille. Zur poli- Mn Lage wurde eine Entschließung angenommen, die u. a. W: Die Fraktion erklärt sich von neuem bereit, auf der Mdlage der Reichs- und Landesverfassung an der Billig emer Regierung auch mit der Sozialdemokratie mitzu- men sofern die hierüber einzuleitenden Besprechungen die ^"chkeit einer fruchtbaren Arbeit für das Volk eröffnen. Me die Sozialdemokratie die Mitwirkung in der Regie- A.EHnen, so hält die Fraktion die Bildung einer bür- mchen Regierung für das Gebot der Stunde und die Ver- »iig der Mitwirkung in einer solchen Regierung für eine Schädigung des Volksrsohls, weshalb die Fraktion ^ zur Mitwirkung in einer rein bürgerlichen Regierung
> / Da die alte Koalition in Württemberg noch eine .Mit erhalten hat, so ist es zunächst die Pflicht der in ^ttmigten Parteien, sich zu erklären, ob sie an de, bis-
W Koalition festhalten will oder ob sie geneigt sind, in WMVIungen über die Bildung einer alle erhaltenden und uenden Kräfte umschließenden Regierung einzutreten, iosti MEag versammelten sich Landesvorstand und litiil" » württ. Zentrumspartei zur Beratung über die >»ii k rp 8k- Die neue Partei und der Parteivorstand ln- m ^ählig erschienen. Landgerichtsdirektor Walter ^i ^M^handlungen. Er führte aus, daß die Zentrums- f "er in den neuen Landtag einziehe «ls erwartet ^ounte. In schwerer Zeit werde die Fraktion gemäß 1 MEi.n das Wohl des Volkes und Vaterlandes es stellen. Justizminister Bolz besprach sodann die
politische Lage, wie sie sich durch die Wahlen im Reich und
Lande entwickelt habe. Die schwebenden Fragen wurden eingehend besprochen. Bezüglich der Bildung einer neuen Regierung in Württemberg vertraten Landesvorstand und Fraktion einmütig die Auffassung, daß in 'Württemberg, unabhängig von den Berliner Vorgängen, an der Koalitionspolitik der bisherigen Regierungsparteien festgchalten werden solle. Im ganzen Reich erkenn« man erst jetzt immer mehr und mehr, daß die Koalition, wie sie bestand, die einzig mögliche und auch einzig vernünftige Regierungsform war. Das Zentrum fei auch heute wieder bereit, positive Mitarbeit zu leisten. Es erwarte von den anderen Koalitionsparteien das Verständnis für die schwierige Lage und besonders die Hintansetzung rein parteipolitischer Erwägungen. Die Minister Bolz und Graf wurden beauftragt, unter diesen Gesichtspunkten in Verhandlungen über eine neue Regierungsbildung einzutreten. Im Anschluß daran fanden Beratungen über das zukünftige Arbeitsprogramm der Fraktion statt. Die Verhandlungen waren getragen von dem Ernst der gegenwärtigen Lage und verliefen in voller Einmütigkeit.
Die Ernahrrmg-ichwierigkeite«.
Neber die in den letzten Wochen erneut eingetretene Verteuerung in der Lebenshaltung durch Erhöhung der Preise für Fleisch und Milch herrscht in der Bevölkerung eine wohlverständliche Erregung. Auch die Mehl- und Brotversorgung ließ in manchen Bezirken des Landes, besonders aber in den Städten viel zu wünschen übrig. Am nächsten Dienstag sollen daher auch im ganzen Land, von den Gewerkschaften, und Angestellten-Verbänden einberufen, große Kundgebungen gegen die Teuerung statt finden. Bemerkt darf vielleicht noch werden, daß an diesem Lage auch der neue Landtag Zusammentritt. Im Staatsanzeiger" finden sich nun gleich zwei entschuldigende Erklärungen zu unserer gegenwärtigen Ernährungslage. Es wird dort anerkannt, daß das Brot tatsächlich nicht einmal mehr den bescheidenen Anforderungen, an die wir uns im Laufe der Notjahre allmählich gewöhnt haben, entspricht. Ts wird auch zugegeben, daß in einzelnen Kommunalverbänden und Gemeinden in den letzten Tagen sogar Stockungen in der Brotversorgung eingetreten sind. Es wird betont, daß man sich um tue Abstellung der mißlichen Verhältnisse unablässig bemühte. Die Ursache der gegenwärtigen Not sei, daß unsere inländischen Getreidevorräte eben einfach nicht ausreichen und die Sendungen aus dem Auslande nur langsam und mit Verspätung eintreffen. Die amtliche Auslassung hebt hervor, daß die württ. Kommunalverbände mit wenigen Ausnahmen ihrer Lieferpflicht recht gut nachgekommen seien. Die mißlichen Zustände in Württemberg seien auf einen Streik in den Seehäfen zurückzuführen, wodurch die Zufuhr stockte. Glücklicherweise sei nun in den letzten Tagen ein Transport von 50 000 Doppelzentner Getreide für Württemberg in Mannheim angekommen. Außerdem seien 10 000 Doppelzentner Roggenmehl aus Norddeutschland in zwei besonderen Güterzügen nach Württemberg unterwegs. Ferner sind durch die Landesgetreidestelle die selbst- bewirtschaftenden württembergischen Kommunalverbände, die Getreide zu ihrer eigenen Versorgung noch über den 1. August hinaus aus Lager haben (?), aufgefordert worden, dieses für die allgemeine Versorgung abzugeben. Die württ. Regierung hofft, daß dadurch in nächster Zeit eine Erleichterung in der Brotversorgung eintreten wird. Württemberg braucht von der Reichsgetreidestelle monatlich etwa 80000 Doppelzentner Mehl als Zuschuß. Von den vom 16. Mai bis 15. Juni angeforderten 88 056 Doppelzentner Mehl wurden bloß 25437 Doppelzentner angewiesen. Tatsächlich geliefert aber hievon waren erst 10756 Doppelzentner. Das Ernäh- ruvgsministerium hat der Reichsgetreidestelle fast täglich die Notlage Württembergs geschildert. Man sieht auch hier, wenn man diese Zahlen betrachtet, wie wenig wieder Württemberg gerade von Berlin aus entgegengekommen wird. Wenn man uns jetzt glauben machen will — die Auslassung der württ. Regierung weist darauf hin — daß auch in Norddeutschland die gleiche Notlage bestehe, so müssen wir doch andrerseits darauf Hinweisen, daß tatsächlich unverbürgte Nachrichten vorhanden sind, die versichern, daß die Brotversorgung in den norddeutschen Bezirken solche schlimme Zustände nicht aufweist.
Nachdem aus dem ganzen Lande sich zahlreiche Proteste gegen die neue Erhöhung der Milchpreise erhoben, sieht sich die Regierung veranlaßt, auch hierzu Stellung zu nehmen. Sie versichert, daß der Ernährungsminister nur mit schwerem Herzen an diese Preiserhöhung herangegangen sei, er aber diese Preiserhöhung nicht ablehnen konnte, weil er sonst nicht in der Lage gewesen wäre, die Verantwortung für eine geordnete Milchversorgung zu tragen. Aus der tiefen Erregung, die die Erhöhung der Milchpreise aus 1.60 Mk. pro Liter in den Kreisen der Verbraucher ausgelost hat, zieht die württ. Regierung den Schluß, daß damit der Bevölkerung
in der jetzigen Zeit sinkender Konjunktur und damit verbundener Arbeitseinschränkung das äußerste zugemutet sei, was von ihr ertragen werden könne.
Der Generalstreik 1» der Pfalz.
Mannheim, 19. Juni. Der Generalstreik in der Pfalz ist bisher ohne Zwischenfälle verlaufen. Die Franzosen habe« die Arbeiter des Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerkes in Ludwigshafen zwangsweise requiriert, sodaß diese Betriebe im Gange sind. Ebenso wird infolge Requirierung von Eisenbahnern der Betrieb der Eisenbahnen, wenn auch nur lückenhaft, aufrechterhalten. Die städtischen Beamten und die Eisenbahnbeamten arbeiten unter dem Druck der Franzosen. Die Straßenbahn verkehrt dagegen nicht. Die Franzosen ziehen in theatralischem Aufzug mit Panzerautor, Maschinengewehren, Tanks usw. in den Straßen Hern». Ein Erlaß des Marschalls Foch in französischer, englischer und deutscher Sprache stellt die Eisenbahner unter Kriegsrecht. Trotzdem üben die Eisenbahner im allgemeinen passive Resistenz.
Das rmgeuießbare Brot.
Essen a. R., 19. Juni. Der Betriebsausschuß der Zeche Saelzer Neueck übermittelt der Oeffentlichkeit eine Entschließung, in der es u. a. heißt: Die Klagen über ungenießbares Brot und über das vollständige Stocke» der Lieferung backfähigen Mehles nehmen in den Bergarbeiterkreisen einen bedrohlichen Charakter an. Die Tatsache, daß hier in Essen an die schwerarbeitende Bevölkerung ei» undefinierbares gesundheitsschädliches „Etwas" als Brot ausgegeben wird, erregt die Gemüter außerordentlich. Die Bergarbeiter haben in den letzten Monaten gezeigt, daß sie durch Befahren von Ueberschichten und demgemäße Steigerung der Förderung gewillt sind, der Allgemeinheit Opfer zu bringen, von morgens 5 Uhr bis abends 5 Uhr, als» volle 12 Stunden, müssen sie bei ihrer schweren Arbeit während der Ueberschichten von dem Mischmasch, in Essen Brot genannt, leben. Die Folgen davon sind, daß die Arbeiter bis zu 90 Prozent an Magenbeschwerden leiden, arbeitsunfähig werden und die Förderung von Tag zu Tag abnimmt. Die Bergleute erklären, die 1*/r Schichten nicht mehr »erfahren zu können, wenn das Brot nicht besser wird.
Z«H» Kabinettskrise.
Berlin, 19. Juni. Die demokratische Reichstngrfraktio» hat auf Grund neuer Verhandlungen zwischen dem als Reichskanzler in Aussicht genommenen Präsidenten Fehre»- bach und dem Fraktionsführer Dr. Petersen ihre Beratungen am Samstag fortgesetzt. Ebenso wie in den vorhergezan- genen Sitzungen wurde auch in dieser als erste Voraussetzung für den Eintritt in die neue Regierung gefordert, daß ihre Tätigkeit sich weiter auf dem Boden der verfassungsmäßigen republikanischen Staatsform aufbaue. Die «eitere Aussprache war vertraulich.
A«S de» Sozialdemokratie. >
Berli«, 19. Juni. Die sozialdemokratische ReichstagS- fraktion tritt am Dienstag. 22. Juni, zusammen. Man rechnet damit, daß bis dahin die neue Regierung gebildet und ihr Programm bekannt sein wird, so daß es möglich ist, dazu Stellung zu nehmen. Hermann Müller und Löbe, die in der ersten Fraktionssitzung als bevollmächtigte Vertreter ernannt wurden, werden über ihre Verhandlungen Bericht erstatten.
Berlin, 19. Juni. Der sozialdemokratische Parteivo»- stand, hat beschlossen, den ordentlichen Parteitag in der ersten Hälfte des Oktobers nach Kassel einzuberufen.
Ausland.
Wie«, 19. Juni. Der anscheinend unabwendbare Boykott gegen Ungarn ruft in der Bevölkerung Wiens wegen der drohenden Rückwirkung auf Oesterreich große Erregung hervor, die sich in den Aeußerungen der Presse widerspiegelt. Besonders die christlich-sozialen Blätter geben ihren Befürchtungen in den schärfsten Formen Ausdruck. Sie melden, daß der Gewerkschaftsbund der nichtsozialdemokratischen Post-, Telegraphen- und Fernsprechangestellten beschlossen habe, den vom" Internationalen sozialistischen Gewerkschaftsbund beschlossenen Boykott gegen Ungarn nicht anzuerkennen.
Paris, 19. Juni. Auf der Tagesordnung der interalliierten Konferenz, von Boulogne steht neben der Frage der Wiedergutmachungssumme auch die Frage der deutschen Abrüstung. Es scheint, daß zwischen den Alliierten eine Einigung Zustandekommen wird.
London, 19. Juni. Einem Bericht der „Daily Erpreß" zufolge haben italienische Bolschewisten zwei englische Dampfer in Genua und einen in Triest mit Beschlag belegt und zur größeren Sicherheit die Maschinen herausgenommen. All dies soll auf direkten Befehl der russischen Sowjets geschehe» sein.