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Roue und Gille bis auf den Grund nieder. Die Betroffenen find nur mäßig versichert. Die Ursache deS Brandes ist unbekannt.

Baihingen, 6. Dez. Die Zeitungs­austrägerin Reinhardt von hier ist der Neckar­zeitung zufolge beim Wasserholen in den See ge­stürzt und ertrunken. Die Vermutung, daß sie aus Schwermut den Tod gesucht hat, bestätigt sich nicht, da man noch die Schöpfe bei der Leiche vor­fand.

Tübingen, 6. Dez. Bei der gestern vor­genommenen Bürgerausschußwahl ging der Wahl­zettel der Deutschen Partei vollständig durch. Die Volkpartei fiel durch.

Göppingen, 4. Dez. Die Jagd auf Rehe ist dieses Jahr in den Wäldern Hohenstaufen sehr ergiebig. Es wurden in drei Treibjagden 72 Rehe geschossen.

Künzelsau, 5. Dez. Räuberische Ueber- fälle stehen in unserer Gegend auf der Tagesordnung. Sattlermeister Lindenberger hier wurde gestern abend auf der Straße nach Jngelfingen von einem Burschen angehalten und zu Boden geworfen. Dem hiesigen Stationskommandanten gelang es, den Täter noch am nämlichen Abend in der Person eines Bauernburschen vom BubachShof zu ermitteln und festzunehmen. Nicht alle derartigen Vorkommnisse find also der berüchtigten Räuber- und Diebesbande, die unsere Gegend unsicher macht, zur Last zu legen.

Ulm, 6. Dez. Bei dem Unglück in Ay find nach den zuletzt eingetroffenen Nachrichten 8 Leute verletzt worden, darunter 5 erheblicher und 1 Mann, dem Splitter ins Auge flogen, schwer. Es ist fest­gestellt, daß sich in der verbrannten Bauhütte keine Sprengstoffe befanden, sondern nur 1 Flasche Benzin, von deren Vorhandensein niemand etwas wußte. Die Explosion der Flasche erfolgte erst, als man mit dem Löschen fast fertig war.

A y bei Ulm, 4. Dez. Bei den umfangreichen Arbeiten am hiesigen Fabrik-Kanalbau ereignete sich gestern abend ein Unglück. Auf bis jetzt unaufge­klärte Weise fing das Magazin, in dem das Benzin und die Sprengmaterialieu aufbewahrt waren, Feuer und explodierte. Durch die Explosion wurde das Magazin in die Luft gesprengt, wobei lt. Ulmer Tgbl. 15 Arbeiter verletzt wurden. Für das Leben von 6 schwer verletzten Arbeitern, die sämtlich verheiratet und Familienväter find, besteht keine Gefahr; dotfl-ist zu fürchten, daß bei einzelnen das Augenlicht notleiden wird.

Vom Bodensee, 5. Dez. Der letzte diesjährige Blaufelchenmassenfang gestaltet sich infolge der anhaltend günstigen Witterung zu einem ganz enormen. Tausende dieser Fische werden täglich ans Land gebracht. Einzelne Fischer hatten das Glück, 300600 Stück zu fangen, diese großen Fänge werden, wie die Fischer glauben, noch die ganze Woche anhalten.

Die Voss. Ztg. meldet aus Hamburg: Ein neuer TruppenStransport in Stärke von 48 Offizieren und höheren Militärbeamten, 501 Unteroffieren und Mannschaften und 996 Pferden geht heute (Dienstag) nachmittag mit dem Dampfer Palatia nach Südwestafrika ab. Der letzte dies­jährige Transport erfolgt am 17. Dezember mit dem Lloyddampfer Wtttekind und umfaßt außer Truppen und Pferden auch die 2. Feldtelegraphen- sowte die Funkentelegraphenabteilungen. Schwer verwundet im Gefecht bei Warmbad am 28. Nov.: Unteroffizier Michael Wannenmacher, geb. 11. Sep­tember 1880 zu Schaffhausen, früher Feldartillerie- Regiment Nr. 23.

New-Jork, 1. Dez. Hier ist ein amerika­nischerFall Hu mbert" aufgedeckt worden. Eine Frau Leroi-Chadwik scheint durch falsche Vorspiegelungen Summen, die in die Millionen gehen, erschwindelt zu haben. Das Geheimnis der schönen Frau Chadwik aus Cleveland in Ohio ist jedoch noch keineswegs aufgeklärt. Sie ist die Frau eines Arztes in Cleveland und verkehrt oder verkehrte in den ersten Gesellschaftskreisen. Es ge­lang ihr, auf Sicherheiten, die nicht existieren, von Banken und Privatpersonen Millionen zu borgen. Wie Madame Humbert, erklärte auch sie, daß ihre Gläubiger nicht die geringste Furcht zu haben brauchten, und daß sie zahlen werde. Frau Chad­wik lebte außerordentlich üppig. So kaufte sie an einem Tage acht prachtvolle Klaviere, um ihren

Freunden damit Geschenke zu machen. Ein anderes Mal lud sie zwölf junge Damen zu einer Reise durch Europa ein, die in geradezu fürstlicher Weise vor sich ging. Die glücklichen Damen wurden zum Schluß noch reich mit Juwelen beschenkt. Jetzt, wo der Schwindel bekannt wird, beginnt die vor­nehme Gesellschaft sich mit der Vergangenheit der Dame etwas mehr zu beschäftigen. Man glaubt entdeckt zu haben, daß sie identisch sei mit der be­rüchtigten Schwindlerin Lydia de Ver, die als Hypnotiseurin und Fälscherin viel von sich reden machte. Frau Chadwik droht allerdings jeden, der dies behauptet, wegen Beleidigung verfolgen zu wollen, aber vorläufig wird sie durch die Gerichte anderweitig in Anspruch genommen werden, denn es find bis jetzt gegen sie Forderungen in der Höhe von mehr als vier Millionen Mark eingeklagt worden. Noch weit größere Forderungen werden erwartet. Mrs. Chadwick ist noch nicht verhaftet, verläßt aber ihre von Detektiven umgebene Wohnung in einem Hotel nicht; sie behauptet, krank zu sein.

London, 6. Dez. Der Korrespondent des Rcuterschen Bureaus bei der russischen Ostarmee sendet folgende von Mulden am 3. Dezember tele­graphierte Meldung: Die Japaner haben auf die Beschießung ihrer Stellungen bei Sujatun durch russische Belagerungsgeschütze nicht geantwortet. In der letzten Nacht wurde bemerkt, daß die Japaner anscheinend Minen unter die Eisenbahnbrücke über den Schaho legten, die im Augenblick eines eventuellen russischen Vormarsches angezündet werden sollen. Die Russen bemühten sich, die Durchführung der Minenlegung zu verhindern und es erfolgte ein scharfes Gcwchrfeuer von beiden Seiten. Gleichzeitig wurden die Japaner, die mit der Be­schießung des Putilow-Hügcls beschäftigt waren, von einer Kosackenabteilung überrascht, die indessen, nachdem sie ohne Erfolg versucht hatte, eine japa­nische Batterie zu nehmen, zum Rückzug gezwungen wurde. General von Rennenkamp hat die Japaner, deren Angriff er kürzlich abgeschlagen hat, zwei Tage hindurch verfolgt und jetzt seine Angriffs­operation im Osten eingestellt. Es werden, obgleich der Boden auf eine Tiefe von 18 Zoll gefroren ist, immer noch Erdwerke errichtet.

London, 6. Dez.Daily Mail" erfährt aus Tokio unter dem 5. Dezember, die Einnahme des 203 Meter-Hügels habe die Wirkung der Be­schießung von Port Arthur wesentlich gefördert. Tie Anhöhe beherrscht die östlichen und westlichen Hafenanlagcn. Selbst die Schiffe bei Peijuschan seien sichtbar. Eine furchtbare Beschießung der Kriegsschiffe habe heute nachmittag bald nach 4 Uhr begonnen, drei von ihnen seien in den Grund geschossen. Das Schicksal der Flotte gelte als besiegelt.

Galalith,

ein neues, hornartiges Material aus Kuhmilch.

Von Professor Häußermann.

(Aus dem Württ. Gewerbcblatt.)

Das in der Milch der Säugetiere neben Fett, Milchzucker, Salzen und Wasser in einer Menge von 34 Proz. vom Gewicht der Milch enthaltene Casein besitzt im reinen Zustand eine Reihe von Eigenschaften, die es nicht nur für die Herstellung von Nährmitteln, wie Nutrose, Sanatogen rc., son­dern auch für verschiedene gewerbliche Zwecke ge­eignet erscheinen lassen.

Schon seit einer Reihe von Jahren macht man von Caseinpräparaten als Kleb- und Ver­dickungsmittel einen ziemlich ausgedehnten Gebrauch, und seitdem man gelernt hat, dem für Jllustrations- druck bestimmten Papier durch Ueberziehcn mit einer sehr dünnen Schicht von Casein einen erhöhten Glanz zu erteilen, ist der Verbrauch an diesem Material innerhalb kurzer Zeit so erheblich ge­stiegen, daß die einheimische Produktion nur noch einen kleinen Teil des Bedarfs zu decken vermag und der Rest von auswärts, insbesondere von den Vereinigten Staaten bezogen werden muß.

Neuerdings ist es nun der Vereinigten Gummi­warenfabrik Harburg-Wien in Harburg a. d. Elbe gelungen, das Casein durch Entwässern unter starkem Druck und darauf folgendes Behandeln mit Formaldehyd in eine in der Wärme bildsame, bei

gewöhnlicher Temperatur harte und doch elastische Masse umzuwandeln, welche als Ersatz für Horn, Elfenbein, Schildpatt, Bernstein, Hartgummi rc. dienen kann.

Dieses, Galalith (Mtlchstein) genannte Pro­dukt wird von der genannten Firma sowohl in Form von einfarbigen als auch marmorierten Platten, Stäben und Röhren in den Handel gebracht. Durch mechanische Bearbeitung, wie Sägen, Bohren, Fräsen, Nieten rc., lassen sich hieraus Gebrauchsgegenstände der verschiedensten Art Herstellen, welchen gewünsch­ten Falls schließlich eine prachtvolle, glänzende Politur erteilt werden kann. Bis jetzt hat sich die Galalithmasse insbesondere für die Fabrikation von Schirm- und Stockgriffen, Federhaltern, Bürsten­rücken, Kämmen, Häkelnadeln, Schachfiguren, Wür­feln rc. sehr geeignet erwiesen; auch scheint es wegen seiner großen Isolierfähigkeit für elektrotechnische Zwecke Verwendung finden zu können. Vor dem ihm in mancher Hinsicht ähnlichen Celluloid hat der Galalith den entschiedenen Vorzug, daß er völlig geruchlos und nicht feuergefährlich ist; dabei ist er gegen Wasser und sonstige Lösungsmittel, wie Alkohol, Aether, Benzin rc. sehr widerstandsfähig.

Da das Casein nur aus der zuvor ent­fetteten Milch gewonnen werden und seine Her­stellung auf künstlichem Weg vorläufig nicht in Frage kommen kann, so ist jetzt die Magermilch zu einem auch für die Industrie wichtigen Rohstoff geworden, während sie früher außer zur Erzeugung gewisser Käsesorten nur noch für die Bereitung von Molken und Milchzucker, sowie als Futtermittel Verwen­dung fand.

Schließlich ist noch zu bemerken, daß das Verfahren zur Herstellung von Galalith der ein­gangs erwähnten Firma durch Patent geschützt ist und daß diese Firma sich darauf beschränkt, den Galalith als Rohmaterial in Form von unbearbeite­ten Platten oder Stäben an die betreffenden Ge­werbetreibenden zwecks Weiterverarbeitung zu fertigen Gebrauchsgegenständen zu liefern.

Die Fabrikation des Caseins aus der Mager­milch, sowie der Handel mit diesem Produkt ist da­gegen keinerlei beschränkenden Bestimmungen unter­worfen ; auch werden dem Casein im Lauf der Zeit noch weitere Absatzgebiete erschlossen werden.

Vermischtes.

Gut Deutsch im Heere. Man schreibt der Köln. Ztg. aus Süddeutschland: Uns kommt soeben ein Fragebogen für Offizieraspiranten eines süddeutschen Bezirkskommandos in die Hände, in der folgende Sätze zu lesen find: Für den militä­rischen Schriftverkehr ist eine richtige deutsche Aus­drucksweise zu wählen, die der guten Umgangs­sprache, nicht dem Kanzleistil entstammt. Weit­schweifende Wendungen, die sich durch ein Wort ersetzen lassen, wiein Vorlage dringen" stattvor­legen", sind unmilitärisch. Ein Wiederholen der­selben Wörter ist besser als ein umständliches Hin­weisen auf vorangegangene Wörter durchelfterer", letzterer", oder durch Zusätze wie:der vor­erwähnte",fragliche",bezügliche" u. s. w. Kanzlei­ausdrücke wiebehufs",betreffs",seitens",ge­gebenenfalls",bczw.",derselbe" statter",dies­seits",bezüglich",hinsichtlich",nebig" u. s. w., die die natürliche Redeweise nicht kennt, sind zu vermeiden. Fremdwörter sind nur dann zulässig, wenn es dafür keinen kürzeren, passenden, deutschen Ausdruck giebl. Kurze Meldungen sind auf '/« Bogen, längere auf halbe Bogen zu schreiben.

Freitag, den 9. Dezember, abends 8 Uhr,

öffentlicher Dortrag

im Saale des Georgeuäums

über

Ludwig Uhland

von Hrn. Professor Wetze! in Eßlingen. Zu zahlreichem Besuche ladet ein

der Aufstchtsrat de- Georgenäums.

Litterarisches.

Der Mönch von Kirsa«

von A. Supper.

Durch Uebcrnahme der Restauflage bin ich in der Lage, dieses schöne Buch, hübsch gebunden,

zu dem ermätzigle« Preise von Ml. 2.20

statt bisher ^ 3.50 abzugeben.

Emil Georg«.