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angehörige, welche ohne im Deutschen Reiche, oder in einem Deutschen Schutzgebiete einen Wohnsitz zu haben, sich im Auslande aufhalten, sowie Ausländer der Steuer mit den Erträgnissen aus Kapitalien, welche von einer seitens einer württem- bergischen Vormundschafts- oder Rechtsgerichts angeordneten Vormundschaft oder Pflegschaft verwaltet werden. Aus Billigkeitsgründen ist jedoch in Artikel 8 des Gesetzes sämtlichen Steuerpflichtigen das Recht eingeräumt, die von ihnen im Auslände bezahlte, auf ihrem kapitalsteuerpflichtigen Ertrag ruhende Steuer in Abzug zu bringen.
Der Kapitalsteuer sind weiterhin unterworfen: Die juristischen Personen jeder Art, sowie die Personenvereine von nicht geschlossener Mitgliederzahl, sofern sie ihren Sitz in Württemberg haben. — Sämtliche Erträgnisse aus Kapitalien und Renten, mögen sie aus württembergischen oder nichtwürttcmbergischen Bezugsquellen herrühren, sind steuerpflichtig in der Hand desjenigen, dem das Recht zum Bezüge des steuerpflichtigen Ertrags zusteht. Hiebei ist bestimmt, daß Erträgnisse der nicht dauernd getrennt lebenden Ehefrauen der Ehemann; Erträgnisse der unter elterlicher Gewalt stehenden Kinder derjenige Elternreil, dem das Recht der Nutznießung zusteht, zu versteuern hat. Die Ehefrau, deren Kopitalerträgnisse vom Ehemann zu versteuern find, haftet, wenn sie in Gütertrennung lebt, oder selbständig ein Gewerbe betreibt, als Gesamtschuldner für die Steuer bis zu dem Betrag, welchen sie bei selbständiger Veran- legung zu entrichten hätte. Der aus dem Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft fließende Kapitalertrag ist von dem überlebenden Ehegatten zu versteuern. Eine namentlich von den beteiligten Gewerbetreibenden schon längst gewünschte Befreiungsbestimmung, wornach Zinsen und sonstige Erträgnisse aus den zum land- oder forstwirtschaftlichen oder gewerblichen Betriebskapital gehörigen Forderungen und Wertpapieren, nicht, wie bisher der Kapitalsteuer unterworfen sind, sondern als Erträgnisse des Grundeigentums und deS Gewerbebetriebs gelten, enthält der Art. 5 Abs. 2 des Kapitalsteuergesetzes. ES ist dies eine sehr wichtige Bestimmung; denn noch dem seitherigen Recht war die Grenze zwischen der Kapital- und der Gewerbesteuer in der Weise gezogen, daß das Zinsen-Einkommen, das ein Gewerbetreibender aus seinem Besitz an Wertpapieren und verzinslichen Forderungen bezog, kapitalsteuerpflichtig, wogegen das anderweitige Einkommen das er aus diesen Wertpapieren durch Nutzung dieser Kapitalien bezog, als Gewerbeertrag zur Gewerbesteuer herangezogen worden ist. Nach dem neuen Recht werden nun bei allen Gewerbetreibenden die zum Betriebskapital gehörigen verzinslichen Kapitalforderungen und sonstige einen Ertrag gewährenden Wertpapiere lediglich der Gewerbesteuer unterstellt. Die Steuerbefreiungen lehnen sich tm wesentlichen an das seitherige Recht an, insbesondere sind Witwen und Waisen dann Kapital- steuerfrei, wenn sie nach Artikels des Einkommensteuergesetzes von der Einkommensteuer befreit sind, das heißt, wenn ihr jährliches Gesammtein- kommen das sog. Extstenzminimum von 500 Mark nicht übersteigt. Hiebet kommt nur dos reine Einkommen — also abzüglich der Schuldztnsen u. s. w. in Betracht — und steuerfreies Einkommen wird nicht in Rechnung genommen. Durch diese Bestimmung wird für viele Steuerpflichtige die Steuer f r e i h e i t s grenze wesentlich hinaufgerückt. Neu ist ferner die Steuerfreiheit der allgemeinen kirchlichen Fonds, sowie der Dotationen der örtlichen Kirchenstellen der evangelischen und katholischen Landeskirche; der unter öffentlicher Verwaltung stehenden Stiftungen für gottesdienstliche Zwecke; ferner der auf Privatwohltätigkeit beruhenden Stiftungen, Anstalten und Vereine für milde Zwecke, sofern die betreffenden Zinsen und Renten zu den bezeichnet«» Zwecken wirklich verwendet werden. Stiftungen, Anstalten und Vereine, welche ausschließlich oder vorzugsweise zum Vorteil von Angehörigen bestimmter Familien dienen, sind jedoch von der Steuerbefreiung ausgeschlossen. Wichtig ist, doß die seither ganz steuerfreien Einlagen in die Württembergische und die Oberamts- sparkassen nur steuerfrei sind, soweit sie den Betrag von im ganzen 1000 nicht übersteigen. Diese Kassen selbst sind aber nur insoweit steuerfrei, als sie den Ertrag ihrer Kapitalien an die Einleger ausbezahlen; so daß die etwa zur Bildung von Reservefonds, oder zur Ansammlung von sonstigem Vermögensbesitz verwendeten Zinsen der Kapitalsteuer unterliegen. Der Betrag der Einlagen darf von dem Einleger nach dem letzten Rechnungsabschluß bemessen werden. In das Ermessen des K. Steuerkollegiums wird die Steuerfreiheit der auf Gegenseitigkeit beruhenden Witwen- und Waisenkassen, Ersparntsgescllschaften, Rentenanstalten, soweit sie den Zinsenertrag an die Einleger
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auszahlen, gestellt; ferner der Vorschuß- und Kreditvereine für den Zinsenertrag aus den an ihre Mitglieder abgegebenen Darlehen. — Während das Gesetz von 1852 den Grundsatz, daß der Jahresertrag am 1. April des betreffenden Jahres für die Steue,bemeffung und Steuerentrichtung auf das ganze Jahr entscheidend ist, auch ganz streng durchgeführt hat, durchbricht das neue Kopitalsteuergcsetz in den Bestimmungen über die Steueraufnahme und über die Festsetzung des steuerbaren Jahresertrags diesen auch in ihm aufgestellten Hauptgrundsatz. Zwecks Beiziehung zur Kapitalstcuer hat der Steuerpflichtige binnen drei Wochen vom Tage der Erlassung der vom Bezirkssteueramt flKameralamt) ergehenden öffentlichen Aufforderung, welche je am Anfänge des Steuerjahrs erfolgt, schriftlich oder zu Protokoll eine mit der Versicherung der wahrheitsgetreuen Angabe zu versehenden Steuererklärung abzugeben. Zu diesem Zwecke erhalten die Steuerpflichtigen rechtzeitig Formulare zugesandt, welche von den erstmals Steuerpflichtigen bei der Steuerbehörde kostenfrei bezogen werden können.
Diese Steuererklärungen haben den Jahres - ertrag an Kapttalzinsen und Renten nach dem Stande am maßgebenden Tage, wobei feststehende Erträgnisse mit ihren im Laufe des Jahres zu erhoffenden Beträgen, schwankende und unbestimmte Erträge nach dem Ergebnisse des vorhergehenden Steuerjahrs; bezw. bei kürzerer Dauer des Anspruchs nach dem mutmaßlichen Jahresertrage zu berechnen sind. Für den Fall der Voraussicht von Veränderungen tm Bestände der feststehenden Einnahmen aus Kapitalien und Renten ist deren Berechnung unter näherer Darlegung der Ursachen und erforderlichen Falls unter Vorlage der verlangten Nachweise nach dem mutmaßlichen Jahresertrage gestattet. In der Steuererklärung sind, selbst wenn der Steuerpflichtige von dem ihm zustehenden Rechte der Angabe des Gesamtjahres- ertrags in einer Summe, Gebrauch macht, stets gesondert aufzuführen: Die Leibrenten, Leibgedinge und sonstige bis zum Tode des Berechtigten oder eines Andern, fortdauernden Renten; da diese mit Rücksicht auf die gegenüber dem Zinseneinkommen verminderte Steuerkraft, nur zur Hälfte in Berechnung zu nehmen sind. Weiterhin ist gesondert aufzuführen der Geldwert der Naturalien, welche an die Stelle der Geldbezüge treten, oder die Beifügung der die Schätzung des Wertes ermöglichenden tatsächlichen Unterlagen. Für den Fall der gesetzlichen Stellvertretung sind die Steuererklärungen, wie seither von den gesetzlichen Stell- Vertretern (Pflegern, Bevollmächtigten) abzugeben, denen selbstredend sämtlich die Verantwortung für die Richtigkeit der Steuererklärungen und für die Steuerentrichtung auferlegt ist. Die Aufnahme der Kapitalsteuer erfolgt wie bisher je für ein Etatsjahr. Neu ist hiebei jedoch, daß eine Aenderung in der Steueraufnahme innerhalb des Steuerjahrs eintritt, wenn Personen durch Zuzug aus anderen Bundesstaaten oder aus dem Auslande steuerpflichtig werden; sowie, wenn infolge eines Erbanfalls Kapital- oder Remenerträge ererbt werden, und die Erben sich nicht zur Fortcntrichtung der Steuer des Erblassers, bis zum Schluffe des Steuerjahrs erbieten; oder wenn Steuerpflichtige aus Württemberg wcgziehen und endlich wenn Steuerpflichtige mit Tod abgehen, sofern die Erben nicht die Steuer bis zum Schluß des Jahres sortbezahlen. Die Aenderung erfolgt mit Beginn des auf den Eintritt bezw. das Erlöschen der Steucrpflicht folgenden Monats. Für die Auskunftserteilung der Steuerpflichtigen, der Staats- und Gemeindebehörden, sowie der Behörden der übrigen öffentlichen Korporationen ist in Artikel 16 des Gesetzes genügend Vorsorge getroffen. Beachtenswert ist, daß wenn der Steuerpflichtige die verlangte Aeußerung verweigert, die Steuerbehörde die als angemessen erscheinende Berichtigung der Steuererklärung von AmtSwegen vornehmen kann. Auch möge hier bemerkt werden, daß die Steueraktcn von unberufenen Personen nicht eingesehen werden dürfen und den Beamten strenge Geheimhaltung der anläßlich ihrer amtlichen Tätigkeit zu ihrer Kenntnis gelangenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Steuerpflichtigen auferlegt ist. Der Steuer- onsatz erfolgt durch das Bezirkssteueramt und es ist der festgestellte Steuerbetrag dem Pflichtigen in einer verschlossenen Zuschrift bekannt zu geben. Das dem Steuerpflichtigen zustehende Beschwerderecht ist vor Ablauf des betreffenden Steuerjahrs bei dem Bczirksstcueramt geltend zu machen. Der Einzug der Kopitolsteuer erfolgt durch die Staatssteuerbehörden in gleichen Teilen je auf den 1. August, 1. November und 1. Februar. Ein im Interesse der Geschäftsvereinfachung wichtige Bestimmung, enthält der Artikel 22 des Gesetzes, wornach die Kapitalsteuer in einzelnen Fällen niedergeschlagen werden kann, wenn ihre ZwangS- beitreibuug den Steuerpflichtigen in seinem wirt
schaftlichen Fortkommen gefährden würde, wenn das Beitreibungsverfahren voraussichtlich erfolglos ist, oder wenn die Kosten dieses Verfahrens außer Verhältnis zu dem beizutrcibenden Steuerbetrag stehen würden. Die in Artikel 23—28 enthaltenen Strafbestimmungen lehnen sich in ihren Grundzügen an die seitherigen an; die Defraudationsstrafe ist auf das sechs- bis zehnfache des hinter- zogencn Steuerbetrags festgesetzt. Die sogenannte Legalstrafe tritt aber nur dann ein, wenn die Hinterziehung wissentlich und in der A bsicht der Steuerverkürzung erfolgt ist. Von Jahr zu Jahr wiederkehrende Unrichtigkeiten oder Unterlassungen der Steuererklärung einer Person bilden eine fortgesetzte Steuergefährdung. Das Strafverfahren darf sich jedoch nicht über 10 Jahre rückwärts, vom Zeitpunkt der Vollendung der letzten Defraudation an gerechnet erstrecken. An die Stelle der Legalstrafe tritt zutreffendenfalls, d. h. wenn die Unrichtigkeiten nicht in der Absicht der Steuer- Verkürzung erfolgt sind, die Ordnungsstrafe von 1 bis 300 Mark. Diese Strafbestimmungen weichen von dem seitherigen Recht in einem überaus wichtigen Punkt grundsätzlich ab, nämlich in der Behandlung der Schuld frage. Bekanntlich genügte seither der objektive Tatbestand der Steuergefährdung zur Bestrafung. Nach dem neuen Recht ist aber die Verhängung der Strafe davon abbängig, daß dem Beschuldigten die Absicht der Steuer- Verkürzung nach gewiesen wird. Ganz neu eingeführt ist in Art. 28 des Gesetzes, eine den Steuerbehörden eingcräumte (d. h. wenn Steuerpflichtige, trotz wiederholter Mahnung eine Steuererklärung oder Fehlanzeige nicht rechtzeitig abgeben) auf die dort genannten Fälle beschränkte Befugnis zur Verhängung von polizeilichen Ordnungsstrafen. Neben der Strafe ist selbstredend die hinterzogene Steuer nachzuentrichten. Die Straffreiheit tritt in denselben Fällen wie seither — also bei freiwilliger Nachfasston — ein. Den Erben ist in Art. 27 des Gesetzes die Verpflichtung auferlegt, binnen 6 Monaten die vom Erblasser nicht oder zu gering angegebenen steuerpflichtigen Erträge des Steuerjahrs, in welchem der Erblasser verstorben ist, und der 4 vorhergehenden Steuerjahre anzumelden und den doppelten Betrag der vom Erblasser nicht bezahlten Steuerbeträge nachzuentrichten. Wenn die Erben wissentlich die Anmeldung unterlassen, oder unrichtig angeben, so verfallen sie in die Strafe des sechsfachen Betrags der hiedurch verkürzten Steuerbeträge. Gesetzliche Vertreter der Erben, welche an der Erbschaft vermögensrechtlich nicht beteiligt sind, verfallen in eine Geldstrafe von 1 bis 300 Mark, welche über die Erben an Stelle der Legalstrafe dann verhängt wird, wenn die Absicht der Steuerhinterziehung nicht »achgewiesen werden kann, oder Fahrlässigkeit fest- gestellt wurde. Straffrei bleiben die Erben unter denselben Voraussetzungen, wie in den früheren Bestimmungen (freiwillige Nachfassion bevor eine Anzeige der Verfehlung bei der Steuerbehörde gemacht ist). Die Nachforderungen an htnter- zogcnen Steuern verjähren in 5 Jahren (seither in 3 Jahren). Das Recht zur Nachforderung sonstiger zurückgebliebener Steuern und zur Zurückforderung zuviel bezahlter Steuern, verjährt in 3 Jahren, ebenso der den Erben eventuell bis zur Höhe ihres Erbanteils obliegende Steuernachtrag. Nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes zu rügende Verfehlungen, welche noch unter der Herrschaft des alten Rechts verübt wurden, sollen nach dem neuen Gesetz, soweit es mildere Bestimmungen enthält, bestraft werden.
Obwohl das in Vorstehendem dargelegte neue Kopitolsteuergesctz in seinen Grundzügen mit dem seil 1852 geltenden Rechte zum größten Teile übereinstimmend ist, so bedeute: dasselbe doch, infolge der Anpassung an das Einkommensteuergesetz, einen Fortschritt in der Entwickelung unseres Ertragssteuersystems, der geeignet ist, die diesem System anhaftenden Mängel und Härten anszugleichen und die allgemeine Einkommensteuer zunächst auch ohne die, vou verschiedenen politischen Parteien gewünschte Vermögenssteuer, bei vorläufiger Beibehaltung der Erliagsstcuern, ohne weittragendere Bedenken mit dem 1. April k. I. zur Einführung bringen zu können.
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