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Erscheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Samstag, Sonntag. Jnsertionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und Bezirtsorte; außer Bezirk 12 Pfg.
Dienstag, Len 15. November 1904.
Lbonnementspr. in b. Stadt pr. Wertelj. Ml. 1.10 incl. lrSgerl. BterteljLbr!. Bastbeptgsprei» ohne »estellg. f. d. Orts- u. Nachbar orts-erichr 1 Mt., s. d. sonst. Bcrkehr Ml. 1.10. Bestellgeld 20 Pig.
AagrsneckOeiten.
* Calw, 14. Nov. Am Samstag abend fand in der Wirtschaft von Frau Beißer eine schöne Abschiedsfeier zu Ehren des von hier scheidenden Hrn. Postmeisters Seitz statt. Wie sehr der Scheidende sich während seines 9jährigen hiesigen Aufenthalts die Sympathien der Einwohnerschaft erworben hat, zeigte die trefflich verlaufene Feier. In verschiedenen Reden wurde die amtliche und private Tätigkeit des Scheidenden gefeiert und dessen liebenswürdiges Wesen, seine große Sachkenntnis und sein entgegenkommendes Benehmen rühmend hervorgehoben. Hr. Betriebsinspektor Dr. Supper gedachte in markigen Worten der charaktervollen Persönlichkeit des Scheidenden und dessen große Beliebtheit im Freundeskreise, er wünschte der scheidenden Familie das beste Wohlergehen und schloß mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf den Gefeierten. Weitere Ansprachen, die ebenfalls der Wertschätzung der Familie Seitz beredten Ausdruck verliehen, wurden gehalten von den Herren Präzeptor Bäuchle, Medizinalrat Dr. Müller, Amtmann Ripp mann und Fabrikant Georg Wagner. In herzlichen Worten dankte Hr. Postmeister Seitz für alle ihm erwiesene Ehre und Aufmerksamkeit und versprach, auch fernerhin in Fühlung mit den hiesigen Freunden zu bleiben, er scheide nur ungern von hier und unvergeßlich werde ihm der angenehme Aufenthalt in hiesiger Stadt bleiben. Die Feier wurde durch Gesangssoli und allgemeine Gesänge verschönert und verlief in schönster Weise. Möge es der scheidenden Familie auch in ihrem neuen Wohnsitz Herrenberg gut ergehen I
Calw, 13. Nov. (Höfer'sches Prüfungskonzert.) Vor zahlreich erschienenem, dankbarem Publikum hielt gestern abend Hr. Musikdirektor Höferim Dreiß'schen Saale sein diesjähr. Prüfungskonzert ab. Das Programm war durch Vorträge auf Violine, Cello und Klavier, sowie der Orchesterklasse sehr reichhaltig ausgestattet und wickelte sich
Heuer mit lobenswerter Präzision in kürzerer Zeit ab, so daß auch für die nachfolgende übliche zwanglose Vereinigung von Eltern, Lehrer und Schülern noch ein Spielraum übrig blieb. Im Großen und Ganzen können wir von den Leistungen der Schüler Wohl befriedigt sein. Dieselben legten Zeugnis ab von dem eifrigen Bestreben ihres Lehrers, die ihm an- vertrauteu Schüler in kurzer Zeit auf eine hohe Stufe der Ausbildung zu bringen. Unter dem von älteren Schülern Gebotenen sind rühmend hervorzuheben der verständnisvolle Vortrag der Rassischen Kavatine durch Hrn. Oskar Huber und die Opernfantaste aus Zauberflöte und Troubadour, die durch Hrn. Hermann Fuchs und Fanny Gundert mit viel Geschick und technischer Fertigkeit sehr ansprechend zu Gehör gebracht wurden; aber auch von den jüngeren Schülern versprachen einzelne recht wackere Musiker zu werden, so wurden u. a. die Wenzel'sche Romanze und die Barbierfantaste mit Verständnis und anerkennenswerter Gewandtheit wiedergegeben. Daß die Zuhörer für klassische Musik besonders dankbar waren zeigte der reiche Beifall, der dem Vortrag der Larghettos aus der II. Symphonie von Beethoven gezollt wurde; es wurden nicht wie im Programm 1 Satz, sondern 2 Sätze gespielt. Den Schluß des Programms bildeten 2 flott gespielte Sätze aus dem ersten Reisstger-Trio. Mit besonderem Dank sei schließlich noch erwähnt die Mitwirkung des Hrn. Handelslehrers Kauffmann, der sich auch gestern durch Uebernahme verschiedener, nicht leichter, Klavierbegleitungen bereitwilligst in den Dienst der Sache gestellt hat.
Calw, 14 Nov. Gestern fand im „Adler" hier die Generalversammlung der Bezirkskrankenkasse statt, die zahlreich besucht war. Aus dem Referat des Vorsitzenden, Hrn. Fabrikant Bau - mann, giug hervor, daß die Kasse einen befriedigenden Stand aufweist. Der neue Vertrag mit den Aerzten, der am 1. Jan. in Kraft trat, habe zu beiderseitiger Befriedigung abgeschlossen werden kön
nen. Allerdings entständen der Kasse durch diesen Vertrag ca. 1500 Mehrauslagen, die sich durch die Ausdehnung der Krankheitsbehandlung von 13 auf 26 Wochen und den Wegfall der Karenzzeit zusammen auf 4000 erhöhen werden. Der Reservefond habe nun den Stand von 27000 ^ erreicht; eine Erhöhung der Beitragssätze sei vorläufig nicht in Aussicht zu nehmen. Die An- und Abmeldungen zur Kasse erfolgten immer noch nicht pünktlich und die Versehen haben im Betriebsjahr 1903 bei 7 Arbeitgebern zu Strafen geführt, auch sind 89 Versicherte wegen verschiedener Verfehlungen bestraft worden. Nach dem vom Hauptkassier Kober erstatteten Bericht, der die geordnete Verwaltung der Kasse dokumentierte, wurden die Wahlen vorgenommen und in den Vorstand gewählt 1) 3 Arbeitgeber: Fabrikant H. F. Baumann, Schultheiß Scholl in Unterreichenbach und (für den austretenden Hrn. Kaufmann Schlatterer) Schlosser Erhardt. Im Vorstand verbleibt Fabrikant Blank. 2) 5 Arbeitnehmer: die HH. Fr. Roller, Paul Böttinger-Hirsau, Thomas Bastian, Matthäus Rothfuß und Fr. Hoß. Im Vorstand verbleiben Polizeiwachtmeister Biedermann, Carl Störr und W. Entenmann. Es folgte noch die Verlesung des Protokolls, worauf der Vorstand die Versammlung schloß.
Calw, 14. Nov. Gestern Sonntag wurden politische Versammlungen abgehalten inAltheng- stett und in Liebenzell, bei welcher der Geschäftsführer der Deutschen Partei, vr. Fetzer aus Stuttgart, Vorträge hielt über die gegenwärtige politische Lage, das Programm der Deutschen Partei und ihre Stellung zu den andern Parteien. Beide Versammlungen waren sehr gut besucht und führten je zur Gründung einer Ortsgruppe.
Herrenberg, 12. Nov. Der Bauernsohn Eupper von Ehningen wurde ins hiesige Gefängnis eingeliefcrt, weil er in der Nacht zuvor bei einer Hochzeit einem Verwandten auf dem Bahnhof in Bondorf den Arm total durchstochen und die
A^ltUke^Äti!» Nachdruck verbat«».
Nachbarskinder.
Roman von B. v. d. Lancke n.
(Fortsetzung.)
Wasmer hatte den Brief Maxwslls vernichtet, die Schuld gedeckt und der Erlös der Waffensammlung, die ein Liebhaber kaufte und gut bezahlte, bildete den Hauptfond von Dorothees kleinem Vermögen. Außerdem besaß sie noch die Villa in Neustadt.
ES war das natürlichste, daß Dorothee nach Neustadt ging, und als Wasmer nach zwei Tagen abreiste und sie mit dem alten Fräulein allein zurück blieb, hatte sie den besten Willen, sich einzuleben. Zunächst tat die Stille ihren erregten, gequälten Nerven, ihrem wunden, müden Herzen gut; aber daneben regte sich ein unsäglich schmerzliches, beinahe ängstliches Gefühl. Jetzt erst em- pfand sie es, daß sie die bekannten Räume in Wien, in denen sie überall die Erinnerung an Edmund umgab, vermißte. Sie fühlte sich entsetzlich allein und verlassen. Dort hatte sie gemeint, in der Heimat würde es besser sein, hier sehnte sie sich zurück. Sie hatte geglaubt, es liege am Ort, jetzt wußte sie, daß kein Ort der Welt ihr den Frieden geben könnte, den sie verloren, noch die Sehnsucht zu stillen vermöcht, die sie verzehrte. Die geschäftlich en Erledigungen, die Unruhe,
die sie dort umgeben hatten, alles schien ihr besser, als die Stille hier. Nu: nicht denken, und sie mußte hier so viel denken, sie hatte so viel Zeit da zu.
„Beschäftige dich mein Kind/ sagte Tante Lotte; Dorothee versuchte cs, auch, aber das waren lauter Beschäftigungen, die nur einen kleinen Teil des TageS ausfüllten, Beschäftigungen, die sie jeden Augenblick ruhen lassen und unterbrechen konnte, um ihren Gedanke» nachzuhängen.
Sie verglich ihr jetziges und ihr früheres Leben. Sie hatte Schweres durchgemacht, und nur kurze Zeiten und Stunden des Glückes waren ihr gegeben worden. Und dies Glück war auch nur ein Scheinglück gewesen, das seinen Ursprung in ihrer tiefen, großen Liebe zu Edmund hatte; aber diese Liebe war noch nicht gestorben, diese Liebe vermißte ihn, und zuweilen packte die junge Frau ein verzweiflungsvolles Sehnen nach dem Toten. Dazu legte sich die graue Einförmigkeit der kleinen Stadt wie bleierne Schwere auf ihre Seele, die engen, beschränkten Verhältnisse, in denen es sparen, und nochmals sparen hieß.
In den einsamen Wald mit den verschneiten Wegen und den grauen, schweren Wolkenmasssn darüber, die ihr erschienen wie eine Anhäufung von Leid und Trübsal, dahin ging ihre tägliche Wanderung; da stand sie denn in der winterlichen Oede und sah den langsam ziehenden Wolkengebilden mit einer Sehnsucht und einer Wehmut im Herzen nach, die sich oft bis zum physischen Schmerz steigerten. Abends saßen die beiden Frauen zusammen, lesend, plaudernd, arbeitend; hin und wieder kamen ein paar Bekannte von Fräulein Stoltenberg. Aber eS war doch alles so einförmig für ein krankes Gemüt, so recht dazu an-