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Reuenbürg, Freitag den 15 . August 1919

77 . Jahrgang.

Sin Rundschreiben des Spartakusbundes.

Rundschreiben der Zentrale der K. P. D., (Spartakusbund.)

Wir sind in den Besitz eines außerordentlich interessanten geheimen Rundschreibens der Zen­trale der Kommunistischen Partei Deutschlands (Spartakusbund) an seine Agenten und Bezirks­vorstände gelangt, das wir wörtlich wiedergeben.

i. Ganz allgemein betrachtet, ist von den verschiedenen, in unseren letzten Rundschreiben erwähnten Möglichkeiten die einge­treten, daß der Frieden unterzeichnet und damit die der deutschen Bourgeoisie aus der Nichtunterzeichnung unmittelbar drohende Krise verschleppt ist. Diese Krise kann nunmehr herbeigeführt wer­den durch direkte konterrevolutionäre Aktionen von rechts, zumal aus Offizierskreisen, und die weitere Entwicklung, die ein solcher gegenrevolutionärer Anschlag nach sich ziehen würde. Daß ein solcher Anschlag in weiten Kreisen des Offizierskorps erwogen wird, ist bekannt. Darüber, ob er durchgeführt wird, ein Raten anzu­stellen, ist müßig. Kommt er, so werden die Ereignisse nahezu gesetzmäßig sich abspielen. Ein solcher Anschlag wäre das Dümmste, was die Gegenrevolution machen könnte, und es ist klug, nicht mit der Dummheit, sondern mit der Klugheit des Gegners zu rechnen. Das Klügste, was die Gegenrevolution machen kann, ist, sich init der Militärdiktatur unter dem Firmenschild Ebert-Noske zu be­gnügen.

Die Möglichkeit, daß die Krise durch Ereignisse der Auswärti­gen Politik akut werde, ist noch nicht völlig ausgeschaltet. Nament­lich im Osten kann, durch deutsche Generaloffenstven oder durch pol­nische Uebereiltheiten, eine kriegerische Aktion eintreten, die die deutsche Bourgeoisie unmittelbar ihrem Verhängnis zutreiben würhe. Auch hier empfiehlt es sich, nicht mit Möglichkeiten und Hoffnungen zu rechnen, sondern sie erst dann, wenn sie eintreten, mit in Betracht zu ziehen.

2. Als Gang der Entwicklung müssen wir viel mehr in Rech­nung stellen, daß das deutsche Proletariat aus eigenen Kräften und ohne Begünstigung durch Zufälle seinen Kampf zu Ende rühren muß. Die innerdeutsche Krise mutz weiter zur Entwickelung kommen.

Auf Seiten der Bourgoisie ist noch immer der stärkste, wenn nicht einzigste Faktor die Armee. Nach allen Berichten, die wir er­halten, ist aber die Stimmung der Noskegarde nicht mehr die, die sie Monate lang war. Was in den Noskegarden proletarisch ist, ist schwankend geworden und neigt sich wieder zum Proletariat. Die Vorgänge in Hamburg sind symptomatisch.

k. Wir bitten die Organisationen, der Agitation unter den Soldaten die größte Aufmerksamkeit zu schenken. Wo die Möglich­keit besteht, Flugblätter zu verbreiten, muß das geschehen. Wenn Flugblätter fehlen, müssen sie beschafft werden, wir bitten in diesem Falle um Nachricht über das Notwendige. Auch die mündliche Agitation, wo sie mWich ist, die Anknüpfung von Beziehungen usw. muß im Auge behalten werden. Wir haben bereits früher und vom ersten Tage an den Standpunkt vertreten, daß der Be­schluß des Berliner Arbeiterrats mit der Boykottierung ein un­glücklicher war. Er war zwar beschlossen auf Antrag unserer Fraktion, aber ohne Fühlung mit uns und auf Anregung unbeson­nener Genossen. Dieser Boykott wirkt nur dahin, daß die Frei­willigen sich um so enger an die Regierung schließen, als ihnen durch den Boykott die Rückkehr zu einer anständigen Existenz er­schwert wird und die Regierung, um den Boykott zu parieren, ge­zwungen ist, immer größere Versprechungen zu machen.

Die Aufrüttelung und das Erwachen der proletarischen Massen wacht zweifellos weitere Fortschritte. Die Eisenbahner können heute als sür die Revolution gewonnen angesehen werde«, wenn sie auch Mischen Parolen, zumal einer politischen Partei und gar der mitten, noch nicht zugänglich sind. Die Postbeamten sind in Gä­rung geraten.

Eine besondere Sorge bilden die Landarbeiter. Wir haben nun­wehr das Programm fertiggestellt; es wird den Organisationen in diesen Tagen zugehen. Wegen des Bezugs von Flugblättern, Propagandamaterial usw. sür Landarbeiter und Kleinbauern wird das Generalsekretariat für diese in einem besonderen Rundschreiben an die Organisationen herantreten. Ueber die Bedeutung der Agi­tation brauchen wir kein Wort zu verlieren. Ein Sturmtrupp der Revolution werden die Landarbeiter und Kleinbauern nicht werden, »der ohne ihre Sympathie oder mit ihrer Feindschaft ist das Werk der Revolution ungeheuer erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht.

3 Wann die aus den eigentlichen Triebkräften der Revolution sich ergebende Krise akut werden und demnach der Zeitpunkt sür äne Aktion gekommen sein wird, läßt sich natürlich nicht sagen. Wir können natürlich nur sagen, hat das Proletariat einige Zeit, sich organisatorisch und agitatorisch zu kräftigen, so ist das der Durchführung der Revolution nur von Vorteil. Um so reifer wer­den die Massen dann an ihre Aufgaben herantreten.

Womit natürlich nicht gesagt ist, daß wir warten wollen oder warten können, bis uns, gemessen am Entwickelungsgang der pro­letarischen Massen der geeignetste Zeitpunkt zu sein scheint. Viel­mehr müssen wir jeden Augenblick, jede Sikuakion daraufhin prü­fen, ob die Gesamttage eine Aktion fordert oder nicht.

Die Bewegung der Eisenbahner gibt uns Anlaß zu solcher Prüfung. Die Eisenbahnerbewegung ist die Bewegung, die, wie keine zweite, der Bourgeoisie ans Mark geht. Ein Eisenbahuer- slreik seht auf die Dauer eine starke Regierung malt (siehe Ruß­land 1906), geschweige denn einen solchen halbverwesten Körper, wie die Regierung Eberl-Noske.

Ein Eisenbahnerstreik ist daher im gewissen Sinne stets ein Kamps um die Staatsgewalt, darum tritt auch den Eisenbahnern

die Staatsgewalt noch unverhüllbar und noch brutaler entgegen, als dem übrigen Proletariat. Ob aber der Eisenbahnerbewegung aus diesem Grunde gleich das Ziel einer Beseitigung der bestehen­den und der Errichtung einer neuen Staatsgewalt gegeben werden darf, ist eine andere Frage, und wir haben Hiese Frage verneint aus folgenden Gründen: Die Eisenbahner treten neu und zum ersten Male in eine große revolutionäre Aktion ein. Ihnen liegen nur die wirtschaftlichen Ziele vor Augen, diese freilich im weitesten Umfange, Rätesystem eingeschlossen. Politische Ziele verfolgen sie bewußt nicht. Es würde zwecklos sein, die Streikbewegung nur schwächen und dem Absplitterungsversuch nur Vorschub 'eisten, wenn wir unvermittelt die politischen Parolen hineinwerfen würden.

Dieser Standpunkt gilt nur für jetzt und kann sich täglich än­dern. Würde, was wir heute noch nicht wissen, der Eisenbahner­streik sich lange hinziehen und damit die politische Weiterentwicke­lung der Eisenbahnermassen vor sich gehen, so daß sie der im Hintergrund ihrer Bewegung stehenden politischen Ziele bewußt werden und sie sehen, oder wird die Eisenbahnerbewegung aus­genommen werden von einer gewaltigen Bewegung der Industrie­arbeiter, die bereits ihrer politischen Ziele sich bewußt sind, dann wäre es Zeit mit der Herausgabe der letzten politischen Parolen. Bis dahin müssen die Parolen jeweils den Verhältnissen entspre­chen. Für die Agitation ergeben sich aus dem Ganzen die Auf­gaben dps gegenwärtigen Augenblicks. Ziel der Agitation muß sein, Perspektiven den Eisenbahnern vor Augen zu stellen, ihnen zu zeigen, daß die Zugeständnisse, Lebensmittelpreisherabsetzung u. a. Schwindel sind und daß es für sie kein anderes Ziel gibt als für das das Gesamtproletarial: Räterepublik.

Im Zusammenhang mit einer einschneidenden Bewegung wie die Eisenbahnerbewegung ist aber auch dem Jndustrieproletariat die Bedeutung des Augenblicks und die Notwendigkeit von Ge­samtaktionen vor Augen zu halten, damit sie aktionsfähig sind, wenn die Krise entsprechend sich verschärft.

4. In der Agitation glauben wir, daß mit dem zunehmenden Verfall der Sozialdemokratie sich die Gegensätze zur U. S. P. ganz von selbst in den Vordergrund schieben. Wir glauben namentlich, datz die Haltung der ll. S. P. in der Friedenssrage schwächlich, gedankenlos und unwahrhafiig (indem sie die Wirkungen des Friedens einfach weglog) nicht genug gegeitzelt werden kann. Nach­dem sie jetzt der Bourgeoisie den Ausweg der Unterzeichnung selbst geöffnet haben, hoffen sie auf irgendwelchen Zufall, etwa Schwie­rigkeiten im Osten, der ihnen das geben soll, was sie eben eist wieder weggegeben haben. Nicht weniger gefährlich ist ihre neue Parole: Neuwahl des Reichstags. Statt aus dem moralischen und politischen Bankerott der Nationalversammlung aus den der Bourgeoisie zu schließen, schließen sie nur darauf, daß in der Nationalversammlung nicht gesiug Unabhängige gewesen sind, als ob 5 Dutzend Unabhängige statt 2 ein anderes Bild ergeben hätten. Bei alledem ist es besonders bemerkenswert, daß gerade der soge­nannte linke Flügel der U. S. P. sich vollkommen ins Schlepp'au des rechten hat nehmen lassen. Willenlos macht er alles mit, was die Parteibürokratie unter Führung der Haase und Konsorten diktiert.

Das Zentralsekrelariak der kommunistischen Partei Deutschlands (Spartakusbund).

Deutschland.

Stuttgart, 13. August. Der ehemalige Bundesrat, der in seiner durch die neue Reichsveftchsung veränderten Zusammen­setzung im NamenReichsrat" erhalten hat, zählt als württem- bergische Mitglieder: den Staatspräsidenten Blos, den Finanz­minister Liesching und den Minister des Innern Dr. Lindemann. Zu Stellvertretern sind ernannt: der württembergische Gesandte Karl Hildenbrand in Berlin, die Ministerialdirektoren Schlee- häuf und Schäffer, sowie Generalmajor Rtznner, Militärbevoll­mächtigter in Berlin.

München, 14. August. In Niederbayern und in der Ober­pfalz ist von einigen Führern des Bauernbundes, die zur Räte­regierung Beziehungen hatten, eine Bewegung ins Leben gerufen worden, deren Ziel auf die Revolutionierung der Kleinbauern­schaft gerichtet ist. Unter heftigen Angriffen auf den Wucher und den Betrug der Kriegsgesellschasten und Kommunalverbände wird die Aufhebung der Zwangswirtschaft gefordert, und im Falle einer Nichterfüllung dieser Forderung wird mit einem Lieferstreik ge­droht. Die bayerische Regierung hat in einer Kundgebung gegen diese gefährliche Agitation energisch Stellung genommen, aber gleichzeitig angekündigt, daß nach dem Vorgehen des Reiches auch in Bayern in den nächsten Tagen die Zwangsbewirtschaflung für Hafer, Heu und Stroh aufgehoben und die Läger mit diesen Er­zeugnissen dem Handel freigegeben werden sollen.

Berlin, 14. August. Ein peinlicher Vorfall ähnlich dem Fall Mannheim hat sich gestern abend Unter den Linden abgespielt. Vier italienische Offiziere, von denen drei in Uniform waren, wur­den von einem vorübergehenden Passanten mit dem Namen Maccaroni!" belegt. Durch diesen Zuruf beleidigt, gab einer der Offiziere dem Passanten eine Ohrfeige. Es entstand darauf ein großer Auflauf und die Menschenmenge nahm gegen die italieni­schen Offiziere eine drohende Haltung an. Schließlich gelang es Schutzleuten, die Offiziere in einem Auto nach dem nächsten Po­lizeirevier zu bringen, von wo sie sich zu Fuß nach ihren Woh­nungen begeben konnten.

Berlin, 14. August. Den schleswigschen Behörden ist es ge­lungen, in dem Gebiet Nordschleswigs, das demnächst durch eine Volksabstimmung über einen eventuellen Anschluß an Dänemark zu beschließen hat, binnen wenigen Wochen nahezu 40 Millionen Mark von solchen deutschen Vermögen zu erfassen, die mit der be­vorstehenden Abtretung sich der gerechten Besteuerung zu entziehen

trachteten. Es handelt sich dabei fast ausnahmslos um Kriegs­gewinnler, die sich erst vor kurzem im Schleswigschen niederließ».

Berlin, 13. August. Wie die Politisch-Parlamentariichen Nach­richten erfahren, ist die Heimsendung des Generals Liman mm Sanders nunmehr zugestanden worden. Nähere Regelung erfolA durch die englische Regierung. Marschall von Mackensen geht nach Saloniki. Seine Auslieferung wird im Zusammenhang mit d« allgemeinen Rückkehr der deutschen Kriegsgefangenen im Auge be­halten. General Franchet d'Esperey hat Anweisung erhalten, einen Besuch des Schweizer Generalkonsuls in.Belgrad bei Feldmarsch r> von Mackensen in Futak zu genehmigen.

Berlin. 13. August. Der Wahlprüfungsausschuß des Reich»- tags hat die Wahl im 26. Wahlkreis für ungültig erklärt. Dadurch wird der Unabhängige Simon-Franken durch einen Mehrhecks­sozialisten ersetzt werden. Blättermeldungen zufolge befindet sich Kerenski, der erste Diktator der russischen Republik, in Berlin.

Die Gewaltherrschaft der Franzosen.

Ludwigshafen, 13. August. In verschiedenen rheinischen und pfälzischen Städten haben sich Gruppen junger Männer zusammen­geschlossen. um gegen jene heimischen Mädchen, welche mit Solda­ten der Besatzungsarmee verkehren, tätlich vorzugehen. In Mainz, Worms, Pirmasens, Landau und Dürkheim kam es bereits z» ernstlichen Zwischenfällen, sodaß die Franzosen zur Verhaftung sol­cher Personen schritten, welche die Mädchen belästigten. Bor den Militärgerichten in Landau, Ludwigshafen, Mainz und Wiesbadrn wurden mehr als 40 junge deutsche Männer» die gegen das scham­lose Gebühren deutscher Mädchen ausgetreten waren, zu Gefängnis­strafen von 1 bis 5 Jahren und Geldstrafen bis zu 5000 Frank« verurteilt.

Basel, 14. August. Der Hafen von Kehl wird unter französi­scher Verwaltung mit demjenigen von Straßburg nus die Daue» von 7 Jahren, die um 3 Jahre verlängert werden kann, vereinigt. Der Mannheimer Vertrag von 1886, der sich mit der Kontrolle d« Rheinschiffahrt befaßt, wird an Stelle der internationalen Ueber- wachung jetzt unter französischer Ueberwachung stehen. Frankreich wird eine Anzahl Schiffe halten und das Recht haben, den FluH zur Erzeugung von Motorkräften auszunützen, während auf dem deutschen User in dieser Beziehung nichts geschehen darf. Frankreich erklärt, daß es alle Stützpunkte nehmen werde, die es nötig habe.

.Deutscher Reichslag.

Weimar, 13. August. Die Beratung der Steuergesetze, Reich»- notopfer, Umsatzsteuer usw. werden fortgesetzt. '

Dr. Braun-Franken (S.): Wir bedauern, daß die heutige Tagesordnung auch noch mit der Umsatzsteuer belastet wird, bevor wir die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Volkes durch ein Steuergesetz aufs äußerste anspannen, sollte man vor allem ver­suchen, aus der Erbschaftssteuer mehr herauszuholen. Uebei Haupt müssen erst die direkten Steuern angenommen werden, bevor wi» zur Umsatzsteuer, die wir für eine der unglücklichsten Steuererfin­dungen halten, Stellung nehmen können. Eine Annullierung der Kriegsgewinne lehnen wir ab. An die Stelle der allgemeinen Wehrpflicht im Heere, die wir jetzt nicht mehr haben, muß die all­gemeine Wehrpflicht des Kapitals treten.

Farwick (Z.): Der Not, gehorchend und aus eigenem Triebe treten wir an die Lösung des Finanzprogramms heran. Die Vorlage über das Reichsnotopfer ist gesetztechnisch ausgearbeiret, juristisch klar und übersichtlich. Das ist aber auch das einzige Kompliment, das der Steuerzahler an sie machen kann, denn die tatsächlichen Anforderungen der Vorlage sind sehr sehr schwer. Die Kommissionsberatung wird Anlaß bieten, noch manchen Schön­heitsfehler der Vorlage zu beseitigen. Bei den in 8 221 fcft- gelegten Steuersätzen scheint uns bei den unteren Reihen nicht genügend Rücksicht auf die kinderreichen Familien genommen wor­den zu sein. Deshalb werden wir die Beratungen durch grund­sätzliche AeniMnngen weder im Plenum noch in der Kommission aufholten.

Henrich (D.): Insgesamt werden 24 Milliarden steuern verlangt, während das finanzielle Einkommen vor dem Kriege 14 Milliarden betrug. Die bisher vorgeschlagenen Steuern dürsten aber einen Fehlbetrag von 11 Milliarden erbringen. Diese ans die Einkommensteuer zu legen, halten wir aber für unrichtig. Das Reichsnotopfer ist eine Wiedergutmachung im besten Sirme des Wortes. Wir erkennen das rückhaltlos an, obwohl wir wissen, welche Wunden dem deutschen Wirtschaftsleben damit geschlagen werden können. Die soziale Ausgestaltung des Gesetzes ist zs erstreben. Der Gedanke, eine Reichsfinanzverwaltung zu schassen, scheint dem jetzigen Reichsfinanzminister zu gehören. Die norge- schlagenen Bestimmungen würden die Selbständigkeit der einzelnen Staaten und Gemeinden vernichten. Zentralisierung unter allen Umständen bedeutet aber nicht Einheitlichkeit, sondern gefährdet sie geradezu.

Kraut (D.-N.): Es gilt jetzt ein wirkliches Reichssteuergebilde zu errichten. Immer noch fehlt uns die Gesamtübersicht über den Steuerbedarf, nicht nur des Reichs, sondern auch der Länder und Kommunen. Wir wollen auch unsererseits zur Sanierung der deutschen Finanzen beitragen; aber es fragt sich doch, ob wir unter diesen Umständen eine so starke Blutentziehunq, wie sie das Reichsnotopfer uns zumutet, ertragen können. Es wird hier ein gewaltiger Schritt zur Kommunisierung und Sozialisierung getan. Bedenken haben wir dagegen, daß eine Machtvollkommenheit in die Hände des Reichsfinanzministers gelegt wird, wie sie kaum je ein Diktator gehabt hat, und noch bedenklicher ist uns die Tat­sache, daß damit die Steuerhoheit und Selbständigkeit der Einzel- staaten untätig zu Grabe getragen wird.

Wurm (U.): Unter keinen Umständen werden wir sür die Umsatzsteuer stimmen und es wäre einfach unerklärlich, wenn m» sozialdemokratischer Hilfe die Umsatzsteuer Gesetz werden tollte.