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Deutschland.

Stuttgart, 17. Juni. DerSozialdemokrat", das Organ der Unabhängigen, fordert die Arbeiter auf, dem «Muß der Mehrheit der württembergischen Volksvertretung Widerstand entgegenzusetzen. Gegen den Beschluß der Lan­desversammlung, die gesetzlichen Befugnisse der Arbeiter- und Bauernräte mit dem IS. Juli für erloschen zu erklären, schreibt das genannte Organ:

Dieser Beschluß zeigt, daß die herrschende Gesellschaft, stützt auf ihre Macht, die Noskekosaken (I) und dieDe­mokratie" glaubt, mit einer der kärglichen Errungenschaften der Revolution, den Arbeiter- und Bauernräten, aufräumen m können. Die Arbeiterschaft darf sich diesen brutalen Akt der Vergewaltigung nicht gefallen lasten. Es gilt schärfsten Protest einzulegen und die Auflösung der Arbeiter- und Bauernräte zu verhindern.

Wir fordern unsere Genossen auf, an allen Orten und h, allen Betrieben Versammlungen abzuhalten, um zu zeigen, daß die Arbeiterschaft nicht gewillt ist, sich ihre in der Re­volution errungenen Rechte rauben zu lassen."

» Hiezu bemerkt derBeobachter": Unterzeichnet ist dieser Erguß durch den Abg. Engelhardt, der in der Landesver­sammlung mit seinen Gesinnungsgenossen erfahren hat müssen, daß dieherrschende Gesellschaft", die- sich lediglich auf den Willen der Mehrheit des Volkes stützt es endlich satt hat, einer einseitigen Klassenherrschaft sich zu unterwerfen. Um diese aber gegen das demokratische Prinzip der Unterordnung der Minderheit gewaltsam zu erzwingen und weiterzuführen, «erden die Arbeiter aufgefordert, den Beschluß der Mehrheit des Volkes zu verhindern. Diese wird sich hoffentlich nicht irre machen lassen in der Durchführung ihrer als richtig md als längst notwendig erkannten Maßregel. Eine Ver­hinderung dieser Durchführung wird nur die Unbeliebtheit, ha die allgemeine Gegnerschaft gegen die A.- und B.-Räte m der Volksmehrheit steigern und die Kluft zwischen dieser und der gewalttätigen Minderheit derUnabhängigen" mveitern.

Stuttgart, 16. Juni. Das Gesetz über die Beiräte ist im Ministerium des Innern bereits im Ausarbeiten be­griffen und wird demnächst in seinen Grundzügen veröffentlicht «erden.

München, 17. Juni. Aufgrund der Streiks der Hilfs­arbeiter hat eine Reihe großer Firmen im Buchdruckereige- verbe ihrem gesamten Setzer- und Druckerpersonal gekündigt, trotzdem einer solchen Kündigung die deutschen Buchdrucker­tarife und die Verordnung der Regierung entgegenstehen, stach derMünchner Zeitung" kommen 20 große Firmen in Betracht.

München, 16. Juni. Bei den Stadtrats- und Bürger­meisterwahlen hat die N. S. P. einen gewaltigen Stimmen­zuwachs auf Kosten der Mehrheitssozialisten erhalten. Bei m Stadtratswahlen erhielten die U. S. P. 16 Sitze, Baye­rische Volkspartei (Zentrum) 15 Sitze, Mehrheitssozialisten 10 Sitze, Deutsche Demokraten 7 Sitze, Hausbesitzervereinig- m einen Sitz und Liberale Bürgerpartei einen Sitz. Die Mm sozialistischen Parteien haben also im neugewählten Ttadtrat die absolute Mehrheit (26 gegen 24). Die Mehr- Wsozialisten kommen dadurch in eine heikle Situation. Mwtder erscheinen sie im Schlepptau der Unabhängigen «dn sie müssen mit den bürgerlichen Parteien Zusammen­gehen. Die endgültige Bürgermeisterwahl muß durch den Nudtrat voraenommen werden, da keiner der vier Bürger- «eisterskandioaten die absolute Mehrheit erhalten hat.

Berlin, 17. Juni. Wie der Lel.-Union mitgeteilt wird, wurden am Samstag seitens der Geschäftsführer der mischen Buchdruckereien Versuche für eine Einigungsver­handlung unternommen, die gestern Vormittag stattfinden Mm. Es ist jedoch durch das ablehnende Verhalten der Prinzipale zu einer solchen Verhandlung nicht gekommen, lodaß mit einer weiteren Dauer der Streiks zu rechnen ist.

Berlin, 17. Juni. Wie uns zuverlässiger Quelle ge­weidet wird, besteht in kommunistischen Kreisen die Absicht, u> den nächsten Tagen einen Generalstreik zu inszenieren. Der Streik des technischen Personals im Zeitungsgewerbe sollte gewissermafseN den Auftakt zum Generalausstand bil­de«. Dieser M zu erwarten sein, falls Ledebour, deffen Prozeß in diesen Tagen zu Ende geht, verurteilt werden sollte. In diesem Sinne wird in den großen Betrieben durch die revolutionären Obleute bereits Stimmung gemacht und eine umfangreiche Propaganda für eine etwaige Ab­stimmung getrieben. Bemerkenswert ist die Tätigkeit der Kommunistenführer auch im Reich, wo auf einen General­streik. namentlich auch in den Bergwerksbezirken hingearbei- 1«! wird.

Berlin, 17. Juni. Wie dem Pariser Korrespondenten desHandelsblad" mitgeteilt wird, wird die deutsche Re

gierung die Auslieferung des nach Holland geflüchteten Ober­

leutnants Vogel nicht verlangen.

Berlin, 17. Juni. Der Reichs- und Staatskommissar für Oberschlesien und Westposen richtete an den Reichs­ministerpräsidenten ein Telegramm, worin er auf die be­drohliche Lage in den östlichen Grenzgebieten durch die von polnischen und spartakistischen Agenten organisierten Unruhen hinweist und bittet, die Einstellung des Durchtransports der Armee Haller, in der alle jene feindlichen Elemente Rück­halt erblicken, zu veranlassen. Das Generalkommando hat im Einverständnis mit dem Reichs- und Staatskommissar den Grenzverkehr, auch einschließlich des sogenannten kleinen Grenzverkehrs, gegen Polen gesperrt. Für die Maßnahme war auch entscheidend, daß die große Zahl der unerwünschten polnischen Zureisenden die sehr schwierige Lebensmittellage weiterhin verschlechtert.

Die Transporte der Armee Haller sollen, wie man von zuständiger Stelle erfährt, am 22. d. M. ihr Ende erreichen.

Die «tue» Stenern.

Weimar, 15. Juni. Wie wir hören, wird das Reichs­finanzministerium in den allernächsten Tagen der National­versammlung diejenigen Steuervorlagen übermitteln, welche bereits unter dem Reichsfinanzminister Schiffer fertiggestellt worden sind. Sie werden sofort veröffentlicht werden. Sie haben inzwischen den Staatenausschuß beschäftigt. Es sind folgende Steuern:

1. Kriegsabgabe vom Vermögenszuwachs. 2. Kriegs­abgabe für 1919 für Mehreinnahmen. Diese beiden Gesetz­entwürfe sind bereits veröffentlicht worden. 3. Erbschafts­steuer. Sie enthält eine erhebliche Erweiterung des bisherigen Gesetzesund eine Ausdehnung auf Deszendenten und Ehefrauen. Sie stellt eine Verbindung dar zwischen dex Höhe des Ver­mögens des Erben und der Höhe der Erbschaft. Reiche Erben werden höhere Abgaben zu zahlen haben als andere.

4. Die Tabaksteuer in Form der Banderolensteuer. Sie wird als die bei weitem erträglichste Steuerquelle angesehen.

5. Verdoppelung der Zuckersteüer. 6. Eine Reichsver­gnügungssteuer. Bisher hatten die Gemeinden das Recht das Vergnügen zu besteuern, sie sollen von nun ab mit einem Anteil abgefunden werden. 7. Grundwechselabgaben. Diese Abgaben, deren Einziehung bisher den Gemeinden zustand, sollen erheblich erhöht werden. Dafür erhalten die Gemeinden daH Recht, Zuschläge zu erheben. 8. Spielkarten- Stempel-Erhöhung. 9. Zündwarensteuer. 10. Rayonsteuer­gesetz. Für die Aufhebung der bisher bestehenden Rayon­beschränkungen bei Festungen sollen die Grundeigentümer eine Steuer an das Reich zahlen, weil die Grundstücke durch die Aufhebung der Rayonbeschränkungen im Werte erheblich wachsen.

Aufnahme der Antwort in Weimar n«d Mutmaß­ungen über die Entschlüsse der deutsche« Regierung.

Weimar, 17. Juni. Die Nachrichten hier lauten sehr ungünstig. Die Antwort ist schroff und verletzend. Der Frieden kann als gescheitert gelten. Die Stimmung in Weimar ist einheitlich.

München, 17. Juni. Der stets gut unterrichtete Mit­arbeiter derBayerischen Staatszeitung" meldet: Das Reichs­kabinett steht nach wie vor auf dem Standpunkt, daß ein nicht wesentlich abgeänderter Friedensvertrag nicht sunter- zeichnet werden wird. In Weimar nimmt man an, daß ein unter dem Eindruck des Einmarsches der Ententeheere ge­bildetes neues Kabinett für die Unterzeichnung des Friedens­vertrages keine parlamentarische Mehrheit finden wird.

Graf Brockdorff-Rantzüu wird am Dienstag abend in Weimar erwartet. Die Beratungen zwischen der Reichsre­gierung und den Parteiführern dürfte zwei Tage in Anspruch nehmen. Von der in der Antwort gestellten Frist wird es abhängig sein, ob die deutsche Nationalversammlung zu der Antwort Stellung nehmen kann oder nicht. Die Sitzung der Nationalversammlung wird voraussichtlich nicht vor Freitag

stattfinden können. ^

Weimar, 17. Juni. Wie die WeimarerLandesztg." erfährt, wird Mittwoch nachmittag die Entscheidung über Deutschlands Stellungnahme zu den Friedensbedingungen der Entente fallen. Donnerstag abend wird die offizielle Ant­wort der deutschen Regierung an die Entente abgehen. Der Friedensausschuß der Nationalversammlung tritt Mittwoch nachmittag in Weimar zusammen. Auch die führenden Mi­nister der deutschen Freistaaten werden Mittwoch nachmittag in Weimar eintreffen.

Vorbereitungen zum feindlichen Vormarsch.

Mannheim, 17. Juni. In der Pfalz sind alle Vor­bereitungen zum Vormarsch im Fall der Nichtunterzeichnung des Friedensvertrags getroffen. Bis nahe an den Rhein

heran sind die Ortschaften vollgefüllt mit französischen

Truppen. Seit heute morgen befinden sich überall Plakate angeschlagen, wonach sich sämtliche demobilisierten Deutschen nach dem Alphabet eingeteilt schleunigst anmelden sollen.

Wie dieAgence Centrale" meldet, sind von den Gene­rälen Foch und Douglas Haig für den Fall der Nichtunter­zeichnung des Vertrages innerhalb der gestellten Frist folgende Maßnahmen getroffen worden: Strenge Blockade und allgemeiner Vormarsch auf Berlin. Die Belgier würden über Düffeldorff, Essen und Münster marschieren, die Ameri­kaner über Wetzlar und Frankfurt, die Franzosen über Hanau, Würzburg und Ulm. Die britische Armee würde mit den Belgiern vorrücken.

Nach anderen Meldungen würde sich jedoch der Feind kaum zum Einmarsch entschließen, sondern sich auf Ver­schärfung der Blockade beschränken. In Frankreich hat in­zwischen die vom Allgemeinen Arbeiterbund festgesetzte Propa­gandawoche begonnen. In allen Provinzstädten finden ge­waltige Gewerkschaftsversammlungen statt, in denen die Redner zum Generalstreik werben. In den meist ange­nommenen Tagesordnungen werden die Arbeiter aufgefordert, einer Mobilisation auf keinen Fall Folge zu leisten. Die Führer erklären, daß die englischen und italienischen Gewerk­schaften die gleichen Maßregeln ergriffen haben und empfehlen. (Nun muß die Internationale die erste praktische Zweck- mäßigkeitsprobe ablegen. Schrift!.)

Ausland.

Basel, 17. Juni. Die Balkanagentur meldet aus Saloniki: Der Oberbefehlshaber des italienischen Expeditions­korps in Albanien hat über das nördliche Gebiet des Landes den Kriegszustand verhängt. Starke albanische Banden unter Führung albanischer Offiziere und ehemaliger Partei­gänger von Effad Pascha haben die italienischen Streitkräste angegriffen; es finden gegenwärtig heftige Kämpfe statt; die Verluste der Italiener, die m die Flucht geschlagen wurden, find erheblich.

Bern, 17. Juni. DiePolnische Preß-Agentur" in der Schweiz meldet: Der Oberpräsident der Provinz Ost­preußen hat an alle Landräte und Bürgermeister ein Schrei­ben gesandt, die Jahrgänge 1898 und 1899 der Reserve sofort einzuberufen; die gleiche Agentur veröffentlicht auch aus Berlin eingetroffene Befehle, alle Kostbarkeiten und wichtiges Material, namentlich Eisenbahnausrüstungen und die Bestände der Magazine aus dem gefährdeten Osten nach Jnnerdeutschland zu transportieren. Die Deutschen haben die Speicher der Königsberger Mühlen geleert und das Ge­treide und Mehl auf 10 Dampfern nach Emden transportiert.

Basel, 17. Juni. DieNeueste Korresp." ist ermäch­tigt worden, aus authentischer. Quelle mitzuteilen, daß die von verschiedenen Blättern verbreitete Nachricht, wonach der Rücktritt Clemenceaus bevorstehe und Briand alle Vorberei­tungen für die Neubildung des Kabinetts treffe, jeder Be­gründung entbehren.

Amsterdam, 17. Juni. Aus Herwig wird gemel­det: 200 englische Soldaten, die größenteils dem Blak Atch- Regiment angehören, haben sich geweigert, in vergangener Nacht in Dover an Bord zu gehen, um bei der Besatzungs­armee Dienst zn tun. Sie taten dies als Protest gegen die Taffache, daß nach England zurückgekehrte Kriegsgefangene und Männer, die schon lange Zeit an der Front standen, wieder Ueberseedienst tun sollen, während in England eine große Anzahl junger Leute, die noch niemals an der Front gewesen sind, zu Hause gelassen werden. Dieser Protest ist dem Kriegsministerium überwiesen worden.

Rach der Ueberreichuug der Antwortnote.

Paris, 17. Juni.Le Journal" stellt den Ursprünge lichen Vertragsentwurf den deutschen Gegenvorschlägen '^nd dem endgültigen, heute zu überreichenden Vertragsen^^ gegenüber. Aus der Gegenüberstellung ergibt r§ut

Journal", daß in Südschleswig entsprechend d^ Wunsche der Dänen die Volksabstimmung aufgegeben daaeaen

werden die Beschlüsse, für Ostpreußen Verstimmung in

den Bezirken Allenstem vorzunehmen, ^ Wgstpreußen die teilweise Abtretung von Danziy und ^'^1, Schaffung einer

schen Kolonien bleibt unv ändert. Das Projekt der Alli- ^ten, *^and auf alle Rechte und Interessen

außerhalb Deutschland verzichten soll, und wonach aller öffentlicher und Printer Besitz völlig liquidiert werden soll, Deutschland im voraus alle künftigen Maßnahmen der Alli­ierten annehnen, seine Handelsmarine und, Teile seiner Fischereffchche und Flugschiffe ausliefern soll, und demzu­folge Oder nnd Elbe internationalisiert, die telegraphischen