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77. Jahrgang.

Generalstreik und Bürgerstreik in Stuttgart.

Dos neugeschaffene Amt eines Unterstaatssekretärs im Mit. Ministerium wird zur Zeit von Gotthilf Hitzler, ehe­dem Schriftleiter am sozialdemokratischenNeckar-Echo" jn Heilbronn, bekleidet. Die Mitglieder des Vereins Würlt. Zeitungsverleger halten auf ihrer letzten Tagung am 23. Uärz in Stuttgart Gelegenheit, den neuen Staatssekretär -er als Vertreter der Regierung an den inhaltsschweren Be­ratungen teilnahm, kennen zu lernen. Sein Austreten, seine Ausführungen machten allgemein den besten Eindruck. Ge- Niß er ist Sozialdemokrat was tuts zur Sache? aber er ist ein Mann, der das Herz, wie man sagt, auf dem rechten Fleck hat, der die Forderungen und die Zeit erkennt.

Unterstaaissekretär Hitzler hat, wie wir noch in der gestrigen Nummer berichten konnten, im Amtsblatt der Württ. Verkehrsanstalten eine eindringliche Warnung an die Beamten und Arbeiter der Verkehrsanstalten gerichtet, in der er den Generalstreik verurteilt, weil er nicht eine Verbesserung der Arbeits- und Lohnbedingungen für die Ar­beiterschaft, vielmehr den Sturz der Staatsordnung zum Ziele hat. Die Warnung blieb ohne Erfolg. Die Hoffnung, daß sich die besonnenen Elemente uwer der Arbeiterschaft nicht Hinreißen lassen, war eine trügerische: Wie gestern nach mittag noch bekannt wurde, ist der Generalstreik in Groß Etuttgart ausgebrochen; nähere Einzelheiten fehlen, da die Landeshauptstadt durch Einstellung des gesamten Bahn-, Post-, Telephon- und Telegraphen-Verkehrs vom Lande, dieses von der Hauptstadt abgeschlossen ist. Wie wir hören, soll der gesamte Verkehr, auch die Lebensmiitelzufuhr, in einem Umkreis von SO Kilometer von Stuttgart, vollständig gesperrt sein. Was das für eins Sl-rdt von der Größe Stuttgarts bedeutet, läßt sich auch nicht annähernd in seiner ganzen Tragweite ausdenken; es gibt zu den schlimmsten Befürchtungen Anlaß,'ganz abgesehen davon, daß auch das Land,schwer durch die Einstellung des gesamten Verkehrs in Mitleidenschaft gezogen ist. Hunger ist ein schlimmer Gast; jeder Einzelne hats in den schweren Kriegsjahren, mehr noch in der letzten Zeit am eigenen Leib empfunden. Werden sich die Streikenden von Gewalttätigkeiten abhalten lassen? Wir bezweifeln es nach den Erfahrungen der Revolutionszeit. Wird die Regierung stark genug sein, der Bewegung die Stirne zu bieten? Ist auf die Truppen unbedingter Verlnß? Las sind inhaltsschwere Fragen.

Nach den letzten Nachrichten zu schließen, ist als Gegen­stück der Bürgerstreik anzunehmen, der die Schließung aller, auch der Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, die Einstellung der Tätigkeit der Aerzte u. a. mehr bezweckt. So bedauer­lich diese Tatsache ist, wir begrüßen sie; auch das freie Bürgertum, das sich seit dem 9. November v. Js. in alles fügte, muß endlich zeigen, daß es sich nicht alles bieten lassen kann und will von den verhetzten Massen. Denn auf maß lose Verhetzung ist all das zurückzuführen, was sich in den letzten Monaten in deutschen Landen, in unserer engen Hei­mat ereignete. Lange kann dieser Zustand nicht währen; der gesperrte Verkehr in einer Großstadt in Verbindung mit der Knappheit der Lebensmittel drängen zu einer raschen Entscheidung. Die Folgen fallen auf diejenigen, welche seit Monaten die Verhetzung der durch Hunger erregten Massen planmäßig betrieben.

Ist ein Generalstreik berechtigt? Darüber läßt sich streiten, eines aber ist sicher: im gegenwärtigen Augenblick bedeutet er ein Verbrechen an Volk und Vaterland.Wir 'sind von allen guten Geistern verlassen!" muß man unwill­kürlich ausrufen. Tag für Tag tönt die dringende Mahnung an unser Ohr: Arbeiten und arbeiten und wieder arbeiten. Jeder Einzelne, ob er nun im Bergwerk Kohlen fördert, ob er an der Este steht oder am Putt geistige Arbeit leistet, weiß, daß nur angestrengte Arbeit uns Besserung unserer »mschafilichen Lage bringt, das Gespenst des Hungers, »elckes immer drohender erscheint, bannt; wir müssen Wert, schaffen, um die teuren, von unseren Feinden und dem neu Kalen Ausland zu liefernden Lebensmittel bezahlen zu können, denn unser Papiergeld ist kein Zahlungsmittel. Und tr,tz dieser Erkenntnis sind die Streiks eine tägliche Erscheinung!

Darf es uns wundern, wenn man im Ausland über «ns Deutsche, die man ehedem ob unserer Energie und Tatkraft und Arbeitsfreudigkeit, ob unseres unvergleichlichen Heldenmutes achtete und schätzte, heute anders denkt? Wa­ren wir auch nicht überall im Ausland beliebt das ist nicht die Schuld des Volkes nicht wenige Völker haben mit einem gewissen Staunen und Bewundern und dem offenen und geheimen Wunsche, ähnliche Werte und soziale Einrichtungen zu besitzen, deutsche Verhältnisse, ausländische Arbeiter deutsche Wohlfahrtseinrichtungen ersehnt? Heute ist das anders. Der deutsche Name ist in den Staub gezerrt; Ae. Achtung ist dahin.

viel mehr wie bei uns selbst, daß es mit dem deutschen Volke so weit kommen konnte.

Fern liegt gewiß jedem Deutschen, der sein Vaterland liebt, sich gegen die Macht der Tatsachen aufzulehnen, sich nicht mit den politischen Veränderungen abzusinden. Schwere Fehler wurden von leitenden Persönlichkeiten begangen, der frühere Kaiser Wilhelm ist ebensowenig davon frei zu sprechen, wie die Regierung, aber wurde seit dem 9. November v. I. etwa weniger gefehlt? Menschenwerk ist und bleibt Stück werk. Käme es heute nach fünf Monaten Revolution zu einer Volksabstimmung, ob monarchische oder republikanische Staatsform, man könnte was erleben. Wir sind der Mei­nung, daß es nach fünf Monaten Umwälzung endlich an der Zeit wäre, daß geordnete Zustände einkehrten. Ruhe und Ordnung ist die erste Bürgerpflicht; dieser Erkenntnis ver­schließen sich leider Tausende in unbegreiflicher Kurzsichtig keit. Das führt zu unser aller Verderben, zur Knechtschaft unter fremdem Joch, die wir heute schon drückend genug zu fühlen bekommen.

Leicht ist es, Kritik zu üben, schwer, begangene Fehler gut zu machen. Der S. November hat in Tauenden deutscher Herzen Hoffnungen, aber auch düstere Ahnungen erweckt. Die gehegten Hoffnungen haben sich nur zum Teil erfüllt, die düsteren Ahnungen umsomehr. Tie Sozialdemokratie, seit dem 9. November v. Js. an verantwortlicher Stelle, hat erfahren, was das Wort Verantwortung alles in sich schlicßt. Von den radikalen Elementen, den Unabhängigen, verlassen und bekämpft, mehr noch von den Gut und Menschen leben zerstörenden, die Massen verhetzenden Spartakisten, ist sie in keiner beneidenswerten Lage.Die Geister, die ich rief, die werde ich nicht mehr los", kann sie mit Recht sagen. Sie muß sich endlich einmal entscheiden, mit den um- stürzlerischen Elementen reinen Tisch zu machen und im Verein mit den bürgerlichen Parteien den verfahrenen Staatskarren ins richtige Geleise zu bringen. Wir zweifeln nicht an dem guten Willen, und die leitenden Männer geben Gewähr, daß dieses Ziel erreicht werden kann, wenn sie es nicht an der nötigen Festigkeit und Energie fehlen lassen. Nach allem was Himer uns liegt, rufen wir der Regierung zu: Regierung werde endlich hart!

Es darf nicht verkannt werden, daß die Regierung ein Uebermoß von Arbeit zu erledigen hat angesichts der ver­worrenen Zustände, aber sie darf jetzt nicht schwach werden in unverzeihlicher Rücksichtnahme. Geht es nach all den vielen wohlgemeinten Ermahnungen nicht in Gutem, dann muß rücksichtslos »erfahren und der brutalen Gewalt eben­falls Gewalt entgegengesetzt werden. Alle Verantwortung auf das Haupt der Hetzer und Jener, die sich blind und taub gegen alle Ermahnungen zeigten. ,

Auch in unserm Schwabenlande, von dem einst der Dichter sang,ich mein Haupt kann kühnlich legen, jedem Untertan in Schoß", sind die Folgen der Revolution nicht weniger denn anderwärts zu spüren. Eine kleine Minder­heit arbeitet auf den Sturz der Regierung hin, in maßloser Form und Verhetzung wurde Unerdenkliches geleistet und nun herrscht in der Landeshauptstadt der allen Verkehr störende General- und Bürgerstreik. Schon einmal hat die Regierung gezeigt, daß sie es versteht, umstürzlerischen Elementen ein Halt zuzurufen; wir wollen hoffen, daß sie auch diesmal die nötigen Vorbereitungen getroffen hat, allen lediglich auf den Umsturz hinzielenden Bestrebungen die Spitze zu bieten und es ihr gelingt, Ruhe und Ordnung, sich selbst aber Autorität zu verschaffen.

Deutschland.

Karlsruhe, 29. März. Die sozdem. Fraktion der bad. Nationalversammlung hat beschlossen, einen Antrag ein­zubringen, nach welchem der 1. Mai auch in Baden zun> Feiertag erhoben werden soll. Die bad Sozialdemokratie ,m>d den 1. M-ai >919, möge die Entscheidung der bürger­lichen Parteien der Nationalversammlung auch anders lauten, zu einem Demonstraiionstag für die Mai-Idee gestalten.

Berlin, 31. März. Die parlamentarische, politische und persönliche Niederlage, die Herr Scheidemann sowohl als Ministerpräsident wie als Parteiminister in Weimar er leiden mußte,in Verbindung mit der starken Bewegung nach links, vo» der die großen Arbeiterzentren Deutschlands be­troffen sind, haben nach Auffassung desLok.-Anzg." die Stellung des Kabinetts erheblich geschwächt. Man werde daher gut tun, quf einen Kabinettswechsel gefaßt zu sein, mit dessen Eintritt die Unabhängigen aus Staatsruder kämen.

Berlin, 31 März. Durch ein Telegramm des Mar schalls Foch an den General Nudant in Spaa wurden die schwarzen Listen für den Handel in den Grenzen des Brüs Man wundert sich im Ausland noch j seler Abkommens auHer Kraft gesetzt. Dadurch ist uns der

Einkauf von Lebensmitteln und ihre Zahlung durch Waren­austausch auch mit neutralen Ländern ermöglicht.

B erlin, 31. März. Der zweite Vorsitzende des große» Berliner Vollzugsrats, Däumig, ist Sonntag morgey.. in seiner Wohnung verhaftet und in das> Zellengefängnis M Moabit übergeführt worden. Die Verhaftung erfolgte äuff Veranlassung der Staatsanwaltschaft, da Däumig im Ver­dacht steht, zusammen mit Ledebour bei den Unruhen im Januar als Führer beteiligt gewesen zu sein. Däumig.'-der auf dem linken Flügel der U.-S. P. steht, ist vor einigen Tagen als Delegierter zum Ratskongreß gewählt mordet,.

Berlin, 31. März. Trotz der Drohungen, mit denen die Entente den Befehl, . die Polen in Danzig landen zn lassen, begleitet, scheint sie zu Verhandlungen bereit. Auf, der anderen Seite hat sie ihr Ansehen sehr stark eingesetzt, wohl auch Versprechungen abgegeben. Ein Ausweg findet sich vielleicht, indem der Verband zwar auf der Landung in Danzig besieht, durch Beigabe eigener Truppen aber dieser Landung den ausschließlich polnischen Charakter nimmt unß dafür sorgt, daß diese Aktion tatsächlich nur einen Durchzug einleiiet. Natürlich ändert die Möglichkeit eines solche« Ausweges nichts daran, daß es in dem Wesentlichen der verbürgten Freiheit Danzigs, für Deutschland keine Sinnes­änderung gibt.

Die Nationalversammlung in Weimar

Weimar, 29. März. Es e,folgte die zweite tung des Nachtragsetats und des Notetats. Der Ausschuß nahm den Regierungsvorschlag, der die Bezüge des Reichs« Präsidenten auf 100000 Mark monatlich vorsieht, nicht an. Er trennte persönliche und sachliche Bezüge und schlägt Löbe (Soz.) berichtet, vor, dem Reichspräsidenten jög.L.ch lOOOOO Mark zu gewähren und für die mit seinem - verbundenen sachlichen Ausgaben eine halbe Million anzu­setzen. Der Nachtragsetat wird gegen die Stimmen " er Unabhängigen angenommen.

Bei dem Haushalt des Reichsministers des Innen- wurde für Unterhalt des Reichsluftamtes 50000 Mark ge­fordert. Berichterstatter Becker (D. V.) verweist darauf, baß auf den Flugplätzen Adlershof und.Döberitz noch viele Soldaten unproduktiv beschäftigt sind und nicht demobilisiert wurden. Ersing(Ztr.) erklärt sich für rücksichtslose Durch­führung der Demobilmachung. Auf den beiden Flugplätzen werden für Offiziere und Mannschaften jährlich 50 Millionen Mark ausgegeben. Diese Offiziere und Mannschaften sträub­ten sich mit aller Macht gegen ihre Demobilmachung.

Reichswehrminister Noske weist darauf hin, daß nach einer Beifügung aus der Zeit des Prinzen Max jeder Heeres- angehörige berechtigt ist, nach Erklärung der Demobilisierung bei ihrem Truppenteil noch vier Monate in der Kaserne zu blei.ben. Diese Erklärung war aus der Erwartung hervor­gegangen, daß die Demobilmachung sich auf eine längere Zeit erstrecken würde, einer Erwartung, die durch den Zu­sammenbruch unseres Heeres vollständig über den Haufen geworfen wurde. Jn den Staatswerkstätten haben sich in einzelnen Betrieben unhaltbare Zustände herausgebildet, die zu einer geradezu unverantwortlichen- Verschleuderung von Reichsgeldern führten. Auf den beiden Reichswerften hat sich die Lage beträchtlich verbessert. Jn Kiel und in Wil­helmshaven wächst die Zahl der Autträge und auch die Arbeitsleistung. Auf der Torpedowerkstätte FriedrichsM bei Kiel haben am 1. Revolutionstag die Arbeiter sich geweigert, für die Folge an der Herstellung von Kriegsmaterial zu arbeiten. Nach oberflächlicher Berechnung wurde der hohe Betrag von 100000 Mark an Löhnen dort täglich bezahlt ohne irgendwelche gewinnbringende Tätigkeit in diesen Werk­stätten. Die provisorische Leitung hat sich jetzt mit Eifer der Umgestaltung des Betriebs auf Friedensarbeit gewidmet. Trotzdem ein kaufmännischer Direktor wieder an der Spitze st. hl, wird der Betrieb auch nach seiner Umgestaltung auf Filedensarbeit für geraume Zeit beträchtliche Zuschüsse er­st rdenr. Auch in verschiedenen Militärbekleidungsämtern sind die Zustände unerträglich. Einzelne haben den zwanzig, fachen Umfang während des Krieges .angenommen und trotz- dem verlangen die Arbeiterwortführer, 'von Entlastungen in diesen Betrieben Abstand zu nehmen. Auch wurde, gefordert, daß sämtliche Aufträge an Uniformen für Post und, Eisen­bahn diesen Bekleidungsämtern zugewiesen würden. Dabei ist die Arbeitsleistung in einer Anzahl dieser Betriebe teil­weise so zu'mckgegangen, daß der Bedarf an Uniformen und Stiefeln für die Freiwilligenverbände bei der Privatindustrie gedeckt werden mußte. Der Redner gab dann noch ein« Schilderung über die Zustände in den Spandauer Werk­stätten, in Venen im Jahr an Lohn 43 Millionen Mark be­zahlt wurden, bei einer absoluten minimalen Tätigkeit der Arbeiter. Die voraussichtliche Umgestaltung der betriebe erfordert natürlich «ine gewisse Zeit. - Dazu muh aber auch