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Nr. 24 bei der M.A>-Sgarkass« Neuenbürg.

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Neuenbürg.

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so.

Neuenbürg, Donnerstag, den 13. März 1919 > 77. Jahrgang.

DsutlehlanS.

Karlsruhe, 12. März. Der französische AbschnitiS- lomwandeur lordert außer der Einholung der roten Fahne »o« Mannheimer Schloß die Wasfencinziehung von allen Zivilpersonen und die Beseiiigung der Soldatenräte. Falls diese Forderungen nicht restlos erfüllt würden, seien weitere Maßnahmen der französischen Behörden zu erwarten, wobei die Besetzung von Mannheim und Karlsruhe durch schwarze Truppen keineswegs außer dem Bereich der Möglichkeit liegt.

Karlsruhe, 12 März. Das Abfindungsgesetz, das die finanziellen Verpflichtungen des neuen badischen Staates »il der Großherzoglichen Familie regelt, ist sei, er endgül­tigen Abfassung nahe. Außer einer finanziellen Abfindung, di« in dos Staatsschuldbuch eingetragen werden soll, wird de« Großherzog einer der ertragreichsten badischen Forsten, »Smlich der jagdrciche Wald bei Kaltenbronn, zugewiesen, ferner die Schlösser Baden-Baden, Freiburg und Badenweiler.

Weimar, 12. März. Der Nationalversammlung ist ein Gesetzentwurf zugegaugen. der den Zweck hat, der sin- terpützung der bolschewistischen Bewegung in Deutschland durch russische Ttaatsgelder ein Ende zu machen. Der Ent­wurf verbietet den Einfuhr-, Durchfuhr- und den Ausfuhr­handel von Geldsorten, die aut Rubel lauten. Jeder Ver­kehr mit Zahlungsmitteln dieser Art hat durch die Reichsbank zu erfolgen.

Berlin, 12. März. Der demokratische Abg. Heirmann- Württemberg hat wegen der Schuhnot eine Anfrage an das Reichsministerium gerichtet, in welcher er vorschlägt, daß de« Schuhmacherhandwerk Teil- und Abfalleder zu Repara­turzwecken rugesührt werde, da die Ausstellung von Leder- krrten in Berlin häufig mehrere Monaie dauere, ebenso die Zuweisung von Leder durch die Reichslederhandelsgesellschast, wodurch dem Schleichhandel Tür und Tor geöffnet sei.

Berlin, 12. März. Wie amerikanische Blätter melden, werden Deutschland die Friedensbedingungen am 26. März beianntgegeben werden. Man nimmt an, daß Deutschland fich weigern wird, diese anzw ehmen. Dann soll die Blockade « »ollem Umfange ausrechterhalten werden.

Berlin, >2. März. Das Reichsministerium erläßt « Oberschlefien durch Maueranschlag und Fluqblattveneilung eine Kundgebung an die streikenden Arbeiter, welche dieselben «ms daS Unheilvolle ihres soriwährenden Streitens hinweist, das zur Arbeitslosigkeit, zur Verarmung und zum Hunger» tod führe und sie ermahnt, an die Arbeit zu gehen.

Berlin, 12. März. Der in Halle aus so scheußliche Art ermordete Oberstleutnant v. Kübler war während der letzten Jahre vor dem Kriege deutscher Militärattaches in Brüssel, zuletzt als Rach'olger des Generals v. Wimerfeldt w« Paris. Er hat im Kriege als Chef des Generalstabs der militärischen Abteilunq in Lothringen und der Ersten Armee « der Champagne in der Operaiionssühruog an der West­front eine hervorragende Rolle gespielt. Seiner in langen Jahren im Großen Geperalslab geschulten Führerkunst und unermüdlichen Arbeiistrast waren zum großen Teil die ent­scheidenden Erfolge der Kronprinzenarmee in der Abwehr-

Vas Mcksambsnü.

Roman von Renttoh.

7f (Nachdruck verboten.)

Aber es hängt doch sein Mantel draußen im Vorzimmer! Und da ist sein Hut!"

Hubinger hielt der Kleinen das verdrückte Knäuel hin, das kaum mehr einem Hut ähn­lich war.

Ob" sagte Lucie empört,so was, das tragt mein Papa doch nicht! Was glaubst du denn? Ich weiß nicht, wo der Hut her ist! Aber wart'" - sie legte nachdenklich den kleinen Finger an die Nase,gestern abend, wie die Marie und ich schon im Bett waren, da hat's geläutet, ganz fein, weißt du, damit wir nicht munter werden sollten. Ich Hab' aber noch gar nicht geschlafen gehabt; gerade nur so ein bißchen eingenickt war ich. Die Mami ist hinausgelaufen, hat jemanden hereingelassen und sehr leise ge­redet: dann Hab' ich gehört, daß sie etwas aus der Kredenz nahm, und dann hat sie über die Lampe den Säiirm gesteckt, so daß es ganz finster war, und ich Hab' nichts sehen können und hören auch nichts : nur ganz leis geflüstert hat die Mami mit wem."

Das war aber doch sicher der Papa", meinte Hubinger überzeugend.

Die Kleine sah ihn ernsthaft an.

Oh, gar keine Spur! Denn weißt, die Mami ist dann herein'kommen und, wie sie gesehen hat, daß ich munter bin, du da ist sie erschrocken! Und wie ich sie gefragt Hab', wer denn da ist, hat sie gesagt: Ach, nur der Vetter Eduard! Er reist durch Wien und bleibt bloß ein psar Gtunden hier. Schlaf nur weiter!

schlacht an der Aisre und in der Champagne im Früh, fahr IS>7 und der Offensive vom Chemin-des-Dames im April 1SI8 zu veidonten.

Berlin, 12. März. ReichSfinanzwinister Schiffer ist gegenwärtig mit der Vorbereitung und Ausarbeitung der neuen Stenervorlagen^beschästigt, die der Nationalversamm­lung tn Weimar in den nächsten Tagen vorgelegt und von ihr noch vor der Osterpause zumindestens in erster Lesung beraten werden sollen. Das umfangreiche Steuerbündel wird neben einer Vermögenssteuer u. a. eine Tabak- und Zündholzsteuer enthalten.

Berlin, 12 März. Die militärischen Mitglieder der deutschen Kommission in Posen haben, wie verschiedene Morgenbläiler berichten, wegen der ihneck zuteil gewordenen Behandlung und «egen des von den Mitgliedern der En­tente bei der Besprechung angewendeten Tones ihre Tätig­keit abbrechen müssen. Sie sind von Posen abgereist.

Berlin. 12. März. Preußen soll keinen besonderen Staatspräsidenten erhalten, die vollziehende-Gewalt soll in den Händen des Kabinetts liegen. Dem früheren Reichs­kanzler Michaelis, jetzt Obcrpräsident in Stettin, teilte die Regierung mit. daß sie den Posten bis 1. April anders be­setzen wvlle. Michaelis nahm seinen Abschied. General, major von Letiow-Vorbeck, der Kommandeur der Schutz­truppe in Ostafrika, gibt seine Kriegstrauung mit Frau Maria, geb. Wallrath, bekannt. Ebenso verzweifelt wie die Finanzlage Düffeldorfs ist diejenige Hamburgs. Der neu ausgestellte HauSha kplan verzeichnet bei 249,83 Millionen Einnahmen und 498,41 Millionen Ausgaben einen Fehlbe­trag von 248,77 Millionen Mark. - In der Krupp'schen Metallwareniabrik Bernstors bemächtigten sich die Arbeiter der Fabrikleitung und forderten die Beamtenschaft unter Drohung aus, dem sozialistischen Bund der Jndustriebeamten beizulreten. Die Angriffe der Polen dauern trotz des Waffenstillstandes fort. Der Ostbahnverkehr Schneidemuhl Bromberg tst unteikrochen, da die Bahn bei Rakel unter polnischem Feuer liegt. Die Wenden, die einen selbstän­digen Staat erstreben, um sich von der Tragung der Kriegs- lasten zu befreien, fordern die ganze sächsische und preußische Lausitz und noch einige preußische Kreise als Staalsgebiet. Die Wiedereinführung Ser Sommerzeit soll im Lause des Monais Apiil erfolgen.

Köln, 11. Mäiz, In einer Versammlung von Freun­den der Errichtung eines im Rahmen des Deutschen Reiches zu bildenden westdeutschen Freistaates der Länder am Rhein und angrenzenden Gebiete wurde in einer Entschlie­ßung dre sofortige Errichtung einer westdeutschen Republik unter Zulassung einer Volksabstimmung in den beteiligten Gebieten gefordert. DieKölnische Bolkszeiwng" meint, hiermit sei ein wichtiger, vielleicht entkcheidender Schritt in der Frage der Errichtung eines westdemschen Freistaates getan. Das westdeutsche Volk werde sich in seiner über­wiegenden Mehrheit (!) sür die Errich'ung einer westdeut­schen Republik aussprechen. In der Entschließung wird ge­sagt : Wir wehren uns für alle Zeit gegen jede Abtrennung deutscher Gebiete im Westen.

Die Lage in München.

München, II. März. Am Dienstag abend nah«e« 46 mehrheitssozialdemokrotische Versammlungen zur gegen­wärtigen Lage Stellung. Für Donnerstag ist bereits wieder eine kommunistische Ve-sammlung angekündigt. Für Sonn­tag planen dann die Mehrheitssozialisten, Gewerkschaften und Unabhängige ihre schon vor einiger Zeit angekündigte Demonstration für ihr Einigungsprogramm auszuführen. Ein neues Ausflackern der Flammen in München ist vmchans nicht ausgeschlossen.

München, 11. März. Der Kreisverband München der Deuischen demokratischen Partei, in Bayern Deutsche Volksparter genannt, stellte in einer Versammlung folgende Forderungen: Ausreichender Schutz sür den Landtag, volle Presse- und Bersammlungssreiheit, Ablehnung der Räiedik- tatur, jedoch Festlegung der Rechte der Arbeiter-, Angestellte», und Beamtenausschüffe, sowie der Arbeiter- und Bauernrät« als berussständische Vertretungen gegenüber der Regierung und Landtag in gesetzlicher Form, aber auch Ausdehnung der bcruftstäadlschen Berlretung auf alle arbeitenden Slände.

München, 12. März. Die Einigung zwischen den sozioldcmokiatischen und bürgerlichen Parteien zur Wieder­herstellung geordneter Zustände ist zustande gekommen und damit auch die Bildung des neuen Ministeriums, in de« jedoch das Finanzministerium immer noch offen ist, sowie die Frage, ob das von den Bauernbündlern verlangt« Ministerium sür Landwirtschaft und Forsten gebildet wird.

Neu'Ulm, >2. März. DerNeu-Ulnrer Anzeiger" tritt sür die Lostrennung von Bayiisch-Scbwaben und de« Anschluß an Württemberg ein, denn Bayern treibe un­weigerlich dem Staatsbankrott, dem Hungertod und Bnrgev- k ieg zu. Es heißt dann:Eine Tiltaiui die weder die Absicht, noch die Macht hat, die arbeitswillige, fich nach Ordnung und Erholung von den Schrecken der S Kriegsjahr« sehnende Bevölkerung vor dem Terror des arbeitsscheue» Abschaums der Groß'iädte zu schützen, ist zu staatlicher Nen- ordnung unfähig. Schwaben, ihr habt vielleicht heute noch die Wahl, bevor morgen schon die bluiige Sinlflui über euch herernbricht. Schaut hinüber zu cuern Stammesgenoffen, dort ist Ruhe und polnische Reite; Lcr Schwabe hat immer den Grundsatz vonleben und leben lassen" Hochgehalte»; dort werdet ihr mit offenen Armen ausgenommen und könnt mit voller Zuveisicht an den Neuaufbau eines freien Staat-- Wesens aus gesunder Grundlage unter Führung von ehrlichen Vollsmännern, nicht hergelaufenen Revolütiorisgewinnlern» heramreten.

Deutsche Nationalversammlung.

Weimar, 11. März. Präsident Fehrenbach teilt zu Beginn der Sitzung mit, daß die Beerdigung des i» Halle ermordeten Oberstleutnants von Kübler heute nach­mittag um 3 Uhr dort stallfiodet. Die Nationalversamm­lung wird durch eine Abordnung an der Beerdigung ver- trelen sein und einen Kranz an der Bahre des Verstorbene» niederlegen. Die Nationalversammlung hörte die Worte der

Der Vetter Eduard ist aber ein sehr lang­weiliger Mensch, weißt, und die Mami hat nie eine Freud', wenn er kommt. Immer wenn er hier durchfahrt, bleibt er ein paar Stunden hier. Aber mitgebracht hat er mir noch nie was. Na ich Hab' gleich geichlafen, wie ich das hör'. Und in der Früh, wie ich aufwach', da war er schon-fort; noch eh' die Marie aufgestanden ist. Die Mami hat ihm auf der Spiritusmaschine Kaffee gemacht, und um sieben Uhr ist schon sein Zug gegangen.?

Er wohnt in Pohrlitz. Na also von dem muß der Hut sein und der Mantel. Die Mami wird ihm wohl trockene Kleider vom Papa ge­geben haben, oder was weiß ich?"

Die kleine Lucie lachte ihr Helles, frohes Kin­derlachen, sagte so beiläufig, der langweilige Vetter heiße Stephan Kortz und habe eine große Wirtschaft und ein Gasthaus in Pohrlitz, dann tanzte sie ausgelassen mit Buzi durchs Zimmer:

Du Lump! Du kleiner Lump! Gelt, davon- laufen hast wollen? Gelt? War's dir vielleicht fad draußen bei der Großmutter und dem Emil in Hietzing, daß d' auf und davon bist? Oder hast Sehnsucht gehabt nach mir?" Schmeichelnd legte sie die Wange an das struppig? Fell. Der Emil hat den Hund ein bißl draußen ge­habt jetzt" plauderte sie,und da muß er fortgelaufen sein."

Hubinger stand sinnend; es ging ihm allerlei im Kopf herum. Und dies war auch noch der Fall, als er riach herzlichem Abschied von der kleinen Lucie die drei Treppen wieder hinunter­stieg. In dem Brief an Frau Herta Herton hatte er nur geschrieben, daß er den Hund ge­funden, und daß er sie bäte, ihn am folgenden Tage zu erwarten. Nun erst, als er, sehr müde und doch seltsam angeregt, wieder durch die abend­lichen Gassen schritt, suchte er alle die, Eindrücke dieses Tages zu einem festen Bild zu sammeln»

doch war zunächst noch alles dunkel und ver­schwommen. Nur eins hob sich scharf umgrenzt aus all dem Wirrsal:'der feine, geistvolle Kops des Mannes mit dem seltsam irren Blick, und da­neben tauchten das liebe Gesicht Herta Hertons auf und des Malers edle Züge.

Der Vater die Frau kämpften diese beiden Menschen nicht einen stillen, erbitterten Kampf, um dem einen, oer ihnen beiden so viel war, zu helfe», ihm die Wege zu ebnen aus dem Wirrsal der Gegenwart in eine Zukunft? War dieser als verschollen ausgegebene Sohn und Vater nicht vielleicht näher, als man glaubte und glauben machen wollte?

Und sollte nicht von ihm ein Weg führ?» zu der schönen toten Frau, zu Mimi von Salten?

Selten hatte Hubinger seine Pflicht, den Irrwegen menschlicher Leidenschaften nachzuspüre», so schwer empfunden wie diesmal. Immer sah er die Augen Herta Hertons innig flehend auf sich gerichtet, aber daneben sah er auch Hans Norbert, sah ein zerrüttetes Menschen schicksal, ein hartes, unverdientes Los. Und es war sein bester Freund, der dieses Los trug! Und Mimi von Saltens Tod forderte Rache.

Rache? Der einsame Mann schritt weiter, t» tiefe Gedanken versunken. Will man nicht so oft für Geschehenes Rache, Vergeltung und kann dann doch nichts tun, als allmählich begreifen, verstehen, verzeihen lernen? Er war ein alter Praktikus und war trotzdem ein Menschenfreund geblieben, und dies vielleicht nur deshalb, weil er immer aller Schuld folgte bis zu den tiefsten, verborg-nsten Ursachen.

tFortsetzung folgt.)

SA

W