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Cecilie anläßlich ihrer bevorstehenden Vermählung mit dem deutschen Kronprinzen befassen wird.
Berlin, 14. Okt. Der Lokal-Anz. meldet aus Dresden: Prof. Curschmann-Leipzig wurde gestern an das Krankenbett des Königs vonSachsen gerufen. Die Leipziger Aerzte halten den Zustand des Königs für ernst, jedoch ist direkte Gefahr nicht vorhanden.
Dresden, 15. Okt. Der König ist heute Nacht S Uhr 25 Mi«, gestorben.
Friedrich August Georg Ludwig Wilhelm Maximilian Karl Maria Nepomuk Baptist Cyriakus Romanus, König von Sachsen, war geboren zu Pillnitz, am 8. August 1832 als Sohn des am 29. Oktober 1873 gestorbenen Königs Johann und seiner Gemahlin Amalie, geborene Prinzessin von Bayern. Er folgte in der Regierung seinem Bruder, dem am 19. Juni 1902 verstorbenen König Albert von Sachsen und war vor seinem Regierungsantritt Generalfeldmarschall und Höchstkommandierender des sächsischen Armeekorps. König Georg hat sich von seiner Jugend an dem Militärdienst gewidmet und sowohl die Feldzüge von 1866 als 1870, letzteren unter dem Oberkommando seines Bruders als kommandierender General des sächsischen Armeekorps mit großer Auszeichnung mitgemacht. Jetzt hat Sachsen 2 Armeekorps. Er hinterläßt aus seiner Ehe mit der schon am 5. Februar 1884 verstorbenen Infantin Maria Anna von Portugal fünf Kinder, nämlich die unvermählt gebliebene Prinzessin Mathilde, ferner den bisherigen Kronprinzen und nunmehrigen König Friedrich August, der am 25. Mai 1865 geboren ist, und selbst aus seiner Ehe mit der jetzt von ihm geschiedenen Erzherzogin Luise, jetzigen Gräfin von Montignoso, drei Söhne und drei Töchter besitzt, wovon der älteste Sohn Georg am 15. Jan. 1893 geboren ist. Dem Hingeschiedenen König war naturgemäß eine kurze Regierungszeit vergönnt und in dieser hat der Verewigte viel Leid erfahren, namentlich durch die Eheirrung seiner Schwiegertochter und durch die letzten Reichstagswahlen im Königreich Sachsen, wobei mit einer einzigen Ausnahme sämtliche Mandate in die Hände der Sozialdemokraten fielen. König Georg stand in engen freundschaftlichen Beziehungen zum deutschen Kaiser und hat bald nach seinem Regierungsantritt auch den übrigen deutschen Bundesfürsten, speziell auch unserem König Wilhelm, einen offiziellen Besuch abgestattet.
Petersburg, 14. Okt. Das Ergebnis der letzten Kämpfe ist ein wenig hoffnungsreiches. Zwar wogt der Kampf noch und die endgiltige Entscheidung ist noch nicht gefallen, doch scheint jede Hoffnung auf eine völlige Niederwerfung der Japaner, die zur Wiederoberung von Liaoyang führen sollte, aufgegeben.
Petersburg, 14. Okt. Kuropatkin meldet unterm gestrigen Tage, daß drei Regimenter des rechten Flügels, nachdem der Brigadekommandeur verwundet und ein Regimentskommandeur getötet
worden sei, unter dem Verlust der gesamten Artillerie von den Japanern zurückgedrängt worden seien. Diese drei Regimenter hatten zwar 16 Kanonen wieder erobert, nachdem aber die Japaner einen nächtlichen Ueberfall ausgeführt hatten, gingen auch diese Geschütze wieder verloren und der gesamte rechte Flügel mußte den Rückzug nach dem Schako- Fluß antreten.
Paris, 14. Okt. Der Petersburger Korrespondent des „Petit Journal" berichtet, daß am Zarenhofe ungünstige Nachrichten eingetroffen seien. An höchster Stelle betrachtet man die von Kuro- patin unternommenen Aktion bereits als ge- s cheitert. Der linke russische Flügel habe stark gelitten. Ueberhaupt seien die Verluste auf beiden Seiten ungeheuer. Es wird von 30000 Kampfunfähigen gesprochen.
London, 14. Okt. Daily Expreß meldet aus Tokio: Es wäre verfrüht, ein Urteil über die letzten Kämpfe, welche seit zwei Tagen wüten, abzugeben, aber Alles deute daraufhin, das Kuro- patkin geschlagen wurde und eineschwere Schlappe erlitten hat. Seitens der Japaner werden große Anstrengungen gemacht, die russische rechte Flanke zu umgehen. Dies würde, wenn es gelingt, für die Russen einen schweren Schlag bedeuten. Die Kämpfe bei Pensthu werden mit dem größten Interesse verfolgt. Die dortigen russischen Streitkräfte betragen 5000 Mann. In hies. militärischen Kreisen erwartet man, daß diese Truppen entweder gefangen oder völlig aufgerieben werdend
Erst nach Entfernung des Karnickels konnte der Signalapparat wieder in Funktion treten.
Herbstnachrichten.
Stuttgart, 14. Okt. Stadtkelter: Zufuhr bis jetzt ca. 200 Hl. Lese in vollem Gang. Lebhafte Nachfrage. Noch kein fester Kauf. — Karlsvorstadt Heslach: Feil ca. 300 Hl., ausschließlich roter Bergwein. Lese im Gang. Viel verstellt. Noch kein fester Kauf. — Vorort Gablenberg: Vorrat ca. 300 Hl. Lese demnächst beendigt. Viele Posten verstellt ohne festen Kauf. — Vorort Gaisburg: Vorrat ca. 300 Hl. Lese nahezu beendigt. Verkauf ruhig bei gleichbleibenden Preisen von 46"/-> bis 48^ per Hektoliter.
Fellbach, 13. Okt. Lese noch im Gange; Verkauf heute lebhaft zu 120, 125, 130, 140 bis 150 per 3 Hl. für Mittelgewächs, Bergwein noch kein fester Kauf. Die Gesellschaft setzte heute zu denselben Preisen wie gestern ab, nämlich von Klasse II weiß zu 150 Klasse II rot zu 150 bis 160 per 3 Hl. Lese der Bergweine heute begonnen.
Vaihingen a. Enz, 12. Okt. Zu 128 bis 135 in bester Lage vom Schloßberg bis zu 171 ^ alles verkauft.
Vaihingen-Enz—Ensin gen, 13. Okt. Verkauf gestern und heute lebhaft. Vorrat noch ca. 75 Hl. vorzüglicher Bergweine; der Ortsvorsteher erteilt jederzeit bereitwilligst Auskunft.
Vermischtes.
— Staatliche Auszeichnung. Auf der im Februar ds. Js. in Berlin stattgehabten „Kochkunst- und fachgewerblichen Ausstellung des Deutschen Gastwirts-Verbandes unter dem Protektorat des Kronprinzen" wurde die Maggi-Gesellschaft vom Preisgericht für die Staats-Medaille vorgeschlagen. Diese Auszeichnung ist jetzt erfolgt: die Maggi-Gesellschaft erhielt die Preuß. silb. „Staats- Medaille" zugestellt.
— Wie ein Karnickel einen Eifen- bahnzug aufhielt, erzählt ein Korrespondent des „Franks. General-Anz." aus Hainstadt bei Seligenstadt. Der Korrespondent berichtet: Der um 8 Uhr 46 Min. hier fällige Morgenzug aus Seligenstadt mußte vor unserer Station liegen bleiben, weil das Einfahrtssignal nicht gegeben werden konnte, da die Mechanik des optischen Telegraphen nicht funktionierte. Da eine Verständigung zwischen dem Stationsbeamten und dem Maschinenführer auf mechanischem Wege ausgeschlossen war, wurde schließlich der Lokomotivführer nach einer Verspätung von 20 Minuten durch einen mit schriftlicher Weisung versehenen Stationsboten zur Einfahrt veranlaßt. Die Nachforschungen über die Ursachen der Versagung des Signalapparates führten zu der Entdeckung, daß sich ein — Kaninchen in den Kanal des Verbindungsdrahtes verkrochen hatte und zwischen der Mechanik stecken geblieben war.
Standesamt Kak«.
'Geborene.
7. Okt. Elsa Berta, Tochter des Daniel Kugele, Kronenwirts hier.
7. „ Wilhelm Friedrich, Sohn des Wilhelm Fried
rich Rometsch, Lokomotivführers hier.
8. „ Friedrich Heinrich, Sohn des Friedrich Steng,
Lokomotivheizers hier.
9. „ Kail Erwin, Sohn des Karl Friedrich Burger
Eisenbahnschaffners hier.
13. „ Wilhelm Walter, Sohn des Jakob Friedrich
Schab, Küfermeisters hier.
Getraute.
10. Okt. Otto Beck, Maschinentechniker in Mailand mit Hedwig Katz, Erzieherin hier.
15. „ Gustav Wilhelm Gwinner, Maschinenarbeiter in Pforzheim mit Friedrike Marie Beißer hier.
Gestorbene.
12. Okt. Gottlob Friedrich, Sohn des Wilhelm Wid- mann, Oberamtsbaumwarts hier, 4 Monate alt.
14. „ Wilhelm Walter, Sohn des Jakob Friedrich
Schad, Küfermeisters hier, 1 Tag alt.
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„Du bist so freundlich, dein Tisch sieht so verlockend aus, warum sollte ich da „nein" sagen?"
Sie plauderte lebhaft und anregend, wie dos so ihre Art war, und ihre Blicke suchten dobei immer wieder die Wasmers; in jedem dieser Blicke log eine stumme Frage, und sie sprach fast nur für ihn. Jbm galt das frohe Lachen, all' die kleinen unbewußten Koketterien einer vornehmen Frau, die darum nur um so sicherer wirken. Er verhielt sich schweigend und fast ablehnend kühl. Die Jahre, die zwischen jenen Tagen und heute logen, hatten ihm doch überwinden helfen, und die letzte Zeit hatte auch das Ihre getan. Er hegte weder Groll noch Zorn, aber auch kerne Lrebe mehr für Sidonie. Daß sie schön, berückend schön war, das sah er, und als sie, sich zu ihm neigend, ihn bat, ihr die Fluchtschale zu reichen, und ihre Finger sich berührten, durchbebte es ihn vom Scheitel bis zur Schle. Ein Gefühl von Bitterkeit und Empörung gährte daneben in ihm auf. Wie hatte er sie geliebt und wie gewissenlos hatte sie ihn um sein Glück betrogen, ,hm seine Jugend, sein ganzes Leben zerstört.
„Wir müssen unL unserer kleinen Dorothee etwas annehmen, Herr Wasmer", sagte Sidonie, „mein guter Bruder könnte zuweilen trotz aller Liebe ein etwas rücksichtsvollerer Ehemann sein. Gelt, Schatz, er läßt dich ein bischen oft allein?"
„Edmund hat viel Dienst und daß er dann seinen Abend gern in einer anregenden Gesellschaft zubringt, daraus mache ich ihm keinen Vorwurf," entgrgnrte Dorothee. „UebrigenS haben wir eben dies Tema gestreift, und Doktor von Wasmer meinte, ich müßte mich allmählich wieder der Gesellschaft .widmen, um Edmunds willen."
SidonieS Lippen zuckten ein klein wenig spöttisch; sie hatte eine sehr
richtige Beurteilung der Ehe ihres Bruders und seiner Neigungen und wußte genau, wie geringen Wert er darauf legte, ob Dorothee ihn begleite oder nicht.
„Er hat recht", sagte sie, „so mache den Anfang und komme in diesen Tagen zu einer Gesellschaft, die wir haben. Herr von Wasmer wollen Sie uns auch die Freude machen?"
„Ach, dann finde ich wenigstens einen guten Freund und Bekannten", rief Dorothee. „Nicht wahr, Sie kommen?" Damit war cs Wasmer unmöglich gemacht, die Einladung abzulehnen, und — er sagte zu.
„Ich kann Ihnen beiden auch eine interessante Bekanntschaft versprechen", fuhr Sidonie fort. „Ein gewisser Herr Bär, Henri Bär, sehr weit gereist, angenehmer Gesellschafter, vornehme Erscheinung, wird bei uns sein. Georg hat ihn im Klub kennen gelernt. Aber nun muß ich weiter. Auf Wiedersehen, bis übermorgen."
Bald empfahl sich auch Wasmer.
„Darf ich Ihnen etwas zu lesen bringen, Frau Dorothee, fragte er beim Abschied.
„Ich bitte, Papa hat mich darin so verwöhnt, daß er mir immer die Bücher selbst aussuchte. Vielleicht lesen wir auch einmal etwas zusammen? Ich will Edmund fragen, ob es ihm Spaß macht."
Stephan dachte: „Schwerlich", sagte aber nichts."
Während er heimging, beschäftigte er sich unausgesetzt mit dem Leben und dem Geschick Dorothees, und dabei regte sich ein Groll in seinem Innern gegen Edmund, und Dorothee jammerte ihn.
(Fortsetzung folgt.)