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Uttd Auzeigeökati für den Bezirk Hakv. 7S. Jahrgang

Erscheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Sams­tag, Sonntag. Jnsertionspreis 10 Psg. pro Zeile für Stadt und Bezirksorte: außer Bezirk 12 Pfg.

Sonntag, Len 9. Oktober 1904.

ilbonnementspr. in d. Stadt pr. Viertels. Mk. 1.10 tncl. Träger I. VierteljLhrl, Postbezugspreis ohne Bestellg. f. d. Orts- u. Nachbar- ortsoerkehr I Mk., f. d. sonst. Verkehr Wk.1.10, Bestellgeld 20 B'P.

Sagesnenigkeiten.

Calw, 8. Okt.

Zwei Sommer sind verflossen, seitdem sich unsere Stadt zum Luftkurort aufgetan hat. Mit großem Interesse und teils auch mit hohen Erwartungen haben sich viele Einwohner dem neu gegründeten Verein für Hebung des Fremden­verkehrs angeschlossen und unter der umsichtigen und tatkräftigen Leitung von Hrn. Stadtschultheiß Co uz hat sich der Verein rasch entwickelt und seine Tätigkeit nach verschiedenen Richtungen hin ent­faltet. Sowohl die Stadtverwaltung als auch die Bürgerschaft hat erhebliche Opfer gebracht, um das vorgesteckte Ziel in Bälde zu erreichen. Daß ein sofortiger größerer Erfolg nicht eintreten werde, darüber war sich wohl jedermann klar, der ohne Vorurteil die Sachlage sich ansah und keine über­schwengliche Hoffnungen hegte. Bei der überaus mächtigen Konkurrenz von alten und neuen ein­heimischen und auswärtigen Kurorten war es bei­nahe ein Wagnis, unsere Stadt zum Kurort zu machen und zu diesem Zweck größere Summen zu opfern. Wollte die Stadt aber nicht Zurückbleiben und zusehen, wie andere Städte ihre landschaftliche Lage ausnützen und Fremde herbeiztehen, so mußte ein entscheidender Schritt geschehen. Die Vor­bedingungen waren schon vorhanden, denn während andere Kurorte mit großem Aufwand sich Kuran­lagen und sonstige Einrichtungen erst schaffen mußten, war unsere Stadt in der glücklichen Lage, solche schon zu besitzen. Die Anlagen des Verschönerungs- Vereins der aufs eifrigste bestrebt ist, das Alte zu erhalten und Neues herzustellen, gehören mit ihren prachtvollen Koniferenarten, ihren selber gehaltenen und bequemen Wegen und den zahlreich aufgestellten Ruhebänken zu den schönsten Schöpfungen der Ver­schönerungsvereine in Württemberg. Außer dem Stadtgarten bot auch das Georgenäum mit seiner reichhaltigen Bibliothek, dem schönen Lesesaal und dem parkartigen Garten den Fremden einen an­genehmen Aufenthalt. Diese Schöpfungen wurden in den letzten Jahren durch die Tätigkeit des Fremdenverkehrs- und Schwarzwaldvercins noch erweitert und vermehrt. Es sei nur an die Er­schließung des Rötelvachtales, an die Erstellung von 2 Schutzhütten und an die vollständige Durch - führung der Wegbezeichnung erinnert.

Nachdem nun die 2. Kursaison zu Ende ist, wird man sich fragen müssen, ob die gebrachten Opfer auch Früchte getragen haben. Nach unfern Beobachtungen und nach den Veröffentlichungen in der Kurliste ist der Fremdenverkehr noch in keinem Jahr so stark gewesen wie Heuer. Besonders war der Georgenäums- und Stadtgarten zahlreich frequen­tiert und man konnte stets eine größere Zahl von Fremden in den Anlagen sich ergehen sehen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Bemühungen, unsere Stadt zum Kurort zu machen, von Erfolg gekrönt worden find. Nicht nur sehr viele Touristen haben unsere Gegend durchstreift, auch ständige Kurgäste hatten in diesem Sommer ihren Aufenthalt hier genommeu. Die Einreihung der Stadt unter die Kurorte des Landes ist gelungen und ein viel­versprechender Anfang ist jetzt gemacht.

Außer der herrlichen Lage der Stadt im schönen Nagoldtal und Schwarzwald, außer der tatkräftigen Förderung der oben genannten 3 Ver­eine haben aber auch noch andere Faktoren mit­gewirkt, um ein greifbares Resuliat zu erreichen.

In erster Linie hat die Erstellung eines Waldcafös Einheimischen wie Fremden die Gewiß­heit gebracht, daß unsere Stadt mit andern Kur­orten sich messen und mit der Neuzeit fortschreiten will. Es war ein glücklicher Gedanke, die Erbau­ung eines solchen Cafös anzuregen. Das von Hrn. Konditor Schnauffer erbaute hübsche Gebäude ge­staltete sich zu einem Ziel- und Sammelpunkt der Kurgäste wie auch hiesiger Bewohner und kleinerer Gesellschaften. Das Unternehmen, das seine Ent­stehung dem Aufschwung Calws als Luftkurort verdankt, hat überall Anklang gefunden und zur Förderung des Fremdenverkehrs wesentlich bei­getragen.

Eines recht zahlreichen Besuches hatten sich die an den Sonntagen veranstalteten Kurkonzerte zu erfreuen. Eine große Zuhörerschaft lauschte den Klängen der Stadtkapelle und benützte zugleich die Gelegenheit zu einem Morgenspaziergang in den Anlagen.

Die Erstellung des städtischen Flußbades in der Nagold gehört ebenfalls zu den Einrichtungen, die zur Empfehlung eines Luftkurorts dienen.

Daß den Kurgästen auch sonstige Annehmlich­keiten und Unterhaltungen geboten werden, ist eigentlich' selbstverständlich und es wurde hier ein schöner An­fang mit der Beleuchtung der Nikolauskapelle gemacht; auch hatten die Kurgäste zu den Veranstaltungen der hiesigen Vereine überall freien Zutritt.

Es wäre nun aber verkehrt, wenn die Stadt mit dem heurigen Erfolge sich zufrieden geben würde, im Gegenteil! Stillstand wäre Rückschritt! Der schöne Erfolg muß zu noch größerer Tätigkeit an­spornen und auch in den nächsten Jahren müssen noch große Ausgaben gemacht werden, wenn nicht wieder alles verloren gehen soll.

ES darf aber nicht alles Heil von der Stadt­verwaltung erwartet werden, die Privattätigkeit muß mit ihr Hand in Hand gehen, damit ein stäter Er­folg gesichert ist. Die Gefahr liegt nahe, daß die Privattätigkeit aufhört und damit wäre auch der Keim zum Niedergang gelegt.

Zur Privattätigkcit ist besonders die Erstellung von passenden Wohnungen und die Reklame in den Zeitungen zu rechnen. Die Reklame soll nicht bloß von dem Fremdenveretn sondern namentlich auch von den Wirten ausgehen. In dieser Beziehung geschieht hier enschieden zu wenig. Werfen wir einen Blick auf Freudenstadt, so ist dies daselbst ganz anders. Dort wird für alles Mögliche, für das erste Erscheinen der Pflanzen, für den schön gefärbten Wald, für Jagd und für Schlittenfahrten eifrig Propaganda gemacht und zwar mit großem Erfolg. Was dort möglich ist, sollte auch hier ge­schehen können.

Eine weitere Notwendigkeit ist die Erbauung eines Kurhauses oder wenigstens von geeigneten Logierhäusern, namentlich in der Nähe des Waldes. Auch im letzten Sommer waren derartige Wohn­zimmer am Schießberg und im Teuchelweg stets

gesucht. In der Schweiz und in Tirol, wo der Fremdenverkehr ja sehr stark entwickelt ist, trifft man leichter gebaute Häuser, die nur zur Bewohnung im Sommer eingerichtet sind. Aehnliche kleine Logier­häuser würden sich hier an der neuen Altburger Straße, im Schießberg, im Teuchelweg oder auf dem Calwer Hof leicht und mit geringen Kosten er­bauen lassen; an letzteren Plätzen am leichtesten, weil genügend Wasser vorhanden ist. Bei dem immer größer werdenden Bedürfnis der Großstadtbewohner, Sommerfrischen aufzusuchen, dürfte ein Risiko aus­geschlossen sein. Am einfachsten wäre der Betrieb eines Kurhauses mit einer schon bestehenden Wirt­schaft auszuführen. Das heurige Jahr hat uns ein Waldcafö gebracht, vielleicht beschert uns das nächste Jahr ein Kurhotel.

Die Erweiterung der Kurkonzerte wird sich ebenfalls als notwendig erweisen. Wenn auch nicht jeden Tag, so sollte doch in der Woche 23mal konzertiert werden.

Wird den Kurgästen ein angenehmer und guter Aufenthalt geboten, so ist dies die beste Re­klame für die Stadt. Nur vereinte Kräfte führen aber zum Ziel, deshalb ist es notwendig, daß Stadt­verwaltung und Bürgerschaft Hand in Hand gehen; auf diese Weise wird Calw seinen Platz behaupten und sich noch weiter ausdehnen zum Wohl der Stüdt und ihrex Bewohner. ^ ^

^ Zavelstein, 6. Okt. Im hohen Alter von 83 Jahren verschied dahier am 19. September Hr. Stadtschultheiß Wiedenmayer, nach­dem er fast 40 Jahre hindurch die hies. Ortsvorsteher­stelle und über 50 Jahre lang die eines Acctsers bekleidet hatte. Welch großer Beliebtheit der für das Wohl seiner Gemeinde und deren Einwohner so unermüdlich tätige Ortsvorsteher nicht nur hier bei den Gemeindeangehörigen selbst, sondern auch in der ganzen Nachbarschaft und bei seinen Vor­gesetzten und Amtsgenossen sich erfreute, davon gab beredtes Zeugnis die ungewöhnlich große Zahl Leidtragender, die sein Grab umstanden. In der trefflichen Grabrede des Geistlichen, wie auch in herzlichen Nachrufen des Herrn Verwaltungsaktuars Staudenmeyer in Calw namens der hiesigen Ge- meindekollegten, und Schultheißen Scholl in Unter­reichenbach, namens der Ortsvorsteher des Bezirks, wurden die hervorragenden Eigenschaften des Ver­storbenen und seine Verdienste um die Stadtgemeinde Zavelstein rühmend hervorgehoben und in weiten Kreisen wird sein Andenken noch lange in Ehren fortbestehen. Zum Nachfolger des Verstorbenen wurde heute mit 32 von 51 abgegebenen Stimmen Michael Nonnenmann jc., Bauer hier, Sohn des Stadtpflegers Nonnenmann, der selbst 8 Stimmen erhielt, gewählt, während die übrigen Stimmen sich zersplitterten. In ruhiger, leidenschaftsloser Weise verlief die Wahl, von der wir mit Zuversicht hoffen, daß sie der hies. kleinen Stadtgemeinde zum Segen gereichen möge.

Stuttgart, 7. Okt. (Schöffengericht.) Im Juli und August d. IS. wurden auf dem hies. Wochenmarkt fortgesetzt Körbe mit Obst entwendet. Diese Diebstähle begangen zu haben war heute die Spezereihändlerin Sofie Deeg angeklagt. Nach einer umfangreichen Beweisaufnahme (geladen waren