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Großseuer in Jlsfeld.
Beilstein, 4. Aug. In dem benachbarten Jlsfeld ist heute nachmittag kurz nach 2 Uhr im Gasthaus zum Hirsch „Feuer" ausgebrochen, das bei der gegenwärtigen Hitze und Trockenheit mit rasender Schnelligkeit sich ausdehnte, so daß bis jetzt (V-6 Uhr nachm.) 28 Häuser und die dazu gehörigen Scheunen rechts und links der Straße ein Raub der Flammen geworden sind. Zur Zeit brennen das Rathaus, die Kirche und das Haus der Kaufmannswitwe Keppler lichterloh. Das Feuer wütet noch immer fort. Die Feuerwehren von hier und mehreren Nachbargemeinden leisten das menschenmöglichste, um dem Feuer Einhalt zu gebieten, bis jetzt ohne nennenswerten Erfolg.
Stuttgart, 4. Aug., abends 8 Uhr. Nach soeben eingetroffener telephonischer Meldung aus Jlsfeld, mit dem der Telephonverkehr wieder notdürftig hergestellt ist, stehen bis jetzt 150 Häuser in Flammen und sind zum Teil schon abgebrannt. Die Häuser auf der linken Seite der alten Hellbrauner Straße sind ein Raub der Flammen. Kirche, Pfarrhaus, Rathaus, die größten Geschäftshäuser, die Gasthäuser zur Krone und zum Hirsch sind verloren. Es verlautet, daß ein Kind verbrannt sei; doch konnte dies noch nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Von Heilbronn rückte um 5 Uhr abends die Feuerwehr nach Jlsfeld ab; auch ist in zwei Transporten Militär von Heilbronn bereits auf dem Brandplatz eingetroffen. Von allen umliegenden Ortschaften sind die Feuerwehren zur Stelle, doch stehen sie dem Riesenfeuer fast machtlos gegenüber. Glücklicherweise herrscht kein Wassermangel.
— 5. Aug., °/»11 Uhr vorm. Von den 560 Häusern sind 310 abgebrannt. Ein Mann ist in den Flammen umgekommen, weil er in sein brennendes Haus nochmals eindrang, um sein Bargeld zu holen. Ein Kind wird vermißt, 18 Unglücksfälle sind zu verzeichnen. Viel Vieh ist mitverbrannt. Dasselbe war zu Beginn des Brandes in andere Scheunen getrieben worden und konnte nun aus diesen nicht mehr herausgebracht werden. Der Urheber des Brandes ist ein 7jähriger Knabe, der in einer Kammer, worin auch Stroh lagerte, auf einem Spirituskocher Aepfel braten wollte. Von Jlsfeld steht nur noch der obere und untere Teil. (Südd. Korr.-Bureau.)
Mannheim, 4. Aug. Die hiesige Polizei verhaftete den Schreiner Johann Rühl, der sich im Laufe der letzten Tage mit 2 weiteren Bekannten, einem Taglöhner und einem Dienstmädchen durch Ausgabe von Coupons verdächtig gemacht hatte. Wie sich ergab, hatte Rühl in der Nacht vom 22. auf 23. v. Mts. einem Samenhändler namens Haeffenstein in Miltenberg eine Kassette mit Coupons, Depotscheinen und Wertpapieren im Gesamtwert von rund einer halben Million gestohlen und trieb sich dann in unserer Gegend umher. Bei ihm wurden nur 2000 ^ gesunden. Die übrigen Wertpapiere behauptet er, in seinem Koffer in Miltenberg verborgen zu haben. Die anderen Beiden wurden unter dem Verdacht der Hehlerei verhaftet.
Freising (Oberbayern), 1. August. Am 28. Juli fuhr die Arbeitersfrau Hufeland aus München, die bei ihren Verwandten in Marktschilling zu Besuch wellte, auf einem Fuhrwerk nach Freising. Ein in rasendem Tempo entgegenkommendes Automobil, in dem zwei Damen und zwei Herren saßen, mochte das Pferd scheu, die Frau wurde in den Straßengraben geworfen, erlitt einen Bruch des Schädeldachs und war sofort tot; auch der Fuhrwerkslenker wurde schwer verletzt. Unbekümmert um dieses Unglück setzten die Automobilisten die Fahrt in ungemindertem Tempo in der Richtung gegen München fort. Ter von der Gendarmerie verständigten Münchener Schutzmannschaft gelang es auf Grund der erhaltenen Beschreibung des Automobils und der beiläufigen Angabe der Nummer den Besitzer des Automobils im Hotel „Vier Jahreszeiten" ausfindig zu machen. Es ist dies der angeblich auf der Hochzeitsreise befindliche Graf La Roche aus Paris, der nun ebenso wie der Chauffeur unter dem Verdacht der fahrlässigen Tötung und der Körperverletzung verhaftet und in die Baaderfronfeste eingeliefert wurde. Von der Erlaubnis der Selbstverköstigung macht er in aus
giebigster und opulentester Weise Gebrauch. Das Automobil soll die 38 km betragende Strecke Freising—München in 21 Minuten durchfahren haben.
Ostrowo, 4. Aug. Eine schwere Grenzverletzung hat sich ein russischer Posten zu schulden kommen lassen. Mehrere russische Deserteure waren, nachdem sie die Prosna durchschritten hatten, über die Grenze entkommen. Der russische Grenzsoldat setzte ihnen nach und schoß auf preußischem Boden, zwischen Senielow und Ostek, auf die Flüchtlinge. Einer wurde getötet, ein anderer schwer verletzt.
Bergen, 4. Aug. Die „Hohenzollern" mit dem Kaiser an Bord ist in Begleitung des Kreuzers „Hamburg" und des Torpedobootes „Sleip- ner" gestern abend 10'/» Uhr hier eingetroffen.
Wien, 4. Aug. Am Freitag vormittag erfolgte auf Station Lend-Gastein die Begegnung Kaiser Franz Josefs mit dem Könige von Sachsen. Beide Monarchen fahren gemeinsam im Hof-Sonderzug bis Salzburg, wo König Georg nach Dresden Wetter reist, während Kaiser Franz Josef nach Ischl zurückkehrt.
London, 4. Aug. Ueber die Lage in Deutsch-Südwestafrika meldet der Kapstädter Korrespondent des „Daily Telegraph" auf Grund authentischer Nachrichten aus dem Damaraland, daß die Deutschen im Kampfe gegen die Herero unerwartete Schwierigkeiten finden werden. Der Bau eines Wellenbrechers in Swakopmund, von dem man Großes erhoffte, habe die Verschlammung des Hafens zur Folge gehabt und vor 14 Tagen hätten infolgedessen 14 Schiffe im Hafen gelegen, die ihre Ladung nicht löschen konnten. Die Zufuhren an Pferden erweisen sich als unzureichend, die Beförderungsmittel als ungenügend. Die ganze Streitmacht der Herero habe sich am 20. Juli beim Waterberge versammelt. Die Herero seien entschlossen, bis aufs äußerste zu kämpfen. Wenn dieselben gezwungen sein sollten, den Water- berg freizugeben, so würden sie sich in ihre natürlichen Festen im Osten zurückziehen.
Nm7 '7 7". Krieg.
Berlin, 4. Aug. Aus Tschifu meldet der Lokalanz.: Der endgültige Angriff auf Port Arthur steht unmittelbar bevor. Man hört heftigen Kanonendonner von Port Arthur herüberdröhnen.
Petersburg, 3. Aug. Wie jetzt bekannt wird, ist der deutsche Dampfer „Thea", der an eine englische Firma verchartert ist, von dem Wladiwostock- Geschwader auf seiner letzten Kreuzfahrt in den Grund gebohrt worden.
Petersburg, 3. Aug. Der Statthalter Alexejew wird sein Hauptlager nach Wladiwostok! verlegen. Augenblicklich befindet er sich in Charbin. Seit 8 Tagen werden die Vorräte an Munition und Lebensmitteln, welche in Liaoyang oufgestapelt waren, nach Norden weggeschafft. Der Rückzug in nördlicher Richtung, welchen Kuropatkin gleich zu Beginn des Krieges befürwortet hatte, wird nunmehr beginnen.
Petersburg, 4. August. Verschiedene Nachrichten bestätigen, daß die Japaner beiden letzten Angriffen auf Port Arthur 18000 Mann eingebüßt haben. Die vorgeschobenen Befestigungswerke, welche bereits von den Japanern eingenommen waren, wurden zurückerobert. Am meisten zeichneten sich die Truppen des Generals Focks aus, welche drei japanische Belagerungsgeschütze eroberten. Bis jetzt ist in Petersburg noch kein amtlicher Bericht Stoffels über die Kämpfe bei Port Arthur eingetroffen.
Paris, 4. August. Der „Matin" erhält folgendes Telegramm aus Petersburg, das die Lage klar zusammenfaßt und dabei annimmt, daß die Ereignisse, die sich seit drei Tagen auf dem Kriegsschauplätze abgespielt haben, nur die Einleitung einer großen Schlacht waren, die wahrscheinlich schon bei Liaoyang begonnen hat. Aus einer Unterredung mit einem Offizier des Generalstabes gehe hervor, daß die Russen ihre letzte Position 20 km von Liaoyang nach dreitägigem Kampfe haben räumen müssen und von der Armee Kurokis verfolgt worden sind. Im Süden, Osten und Norden ziehe sich der von den Japanern gebildete Ring immer mehr zusammen. Der Generalstab glaubt,
daß die Taktik Kuropatkins sich jetzt ändern und daß die Russen Liaoyang nicht ohne weiteres aufgeben werden. In Liaoyang ist Kuropatkin gut verschanzt und er mache die größten Anstrengungen, um vor seinem Rückzuge nach Mukden dem Feinde bedeutende Verluste beizubringen.
London, 3. Aug. Nach Meldungen aus Tokio haben die Russen beim Rückzug auf Haitscheng 1500 Mann, sowie 6 Geschütze verloren. Die Verluste der Japaner beziffern sich auf 400 Mann. Die Gerüchte, daß Haitscheng bereits von den Japanern besetzt sei, bestätigen sich nicht, da das heftige Artilleriefeuer den Vormarsch der Japaner zum Stehen gebracht hat.
London, 4. Aug. Mehrere Kanonenboote, 4 Torpedoboote und 12 Torpedobootszerstörer versuchten Montag abend einen Ausfall aus dem Hafen von Port Arthur, wurden aber zum Rückzug gezwungen.
London, 4. Aug. Die hiesigen Handelskreise erklären eine Katastrophe der russischen Armee nunmehr für unabwendbar, da durch das Erscheinen zweier japanischer Divisionen in Pensthu die Einschließung der Armee Kuropatkins so gut wie vollendet ist.
Rom, 3. Aug. Nach einer Meldung des „Giornale d'Jtalia" aus Tokio ist der in Italien gebaute Kreuzer „Kasuga" gesunken.
Aden, 3. Aug. Die russischen Hilfskreuzer „Petersburg" und „Smolensk" haben nach Hissung der Kriegsflagge vor Perim eine neue Kreuzfahrt unternommen, um Handelsschiffe aufzubringen.
Tokio, 3. Aug. Nach ausführlichen hier eingegangenen Berichten bedrängen die Japaner den Feind jetzt außerordentlich stark. Die Russen leisteten in den letzten Kämpfen verzweifelte Gegenwehr, doch haben sich schon über 1000 gefangen geben müssen.
Tschifu, 4. Aug. Der endgültige Angriff auf Port Arthur steht unmittelbar bevor. Schon sind hier 200 Männer, Weiber und Kinder angekommen, welche am 1. August den Befehl erhalten hatten, Port Arthur sofort zu verlassen. Sie berichten von einer schweren Schlacht am 1. August, bei der die Verluste auf Seiten der Japaner 15 000 Mann, auf Seiten der Russen 5000 Mann betrugen. Die Japaner rückten dann vor und nahmen zwei Forts auf der Landseite ein. Nunmehr werden die Geschütze weggeschlcppt, um die letzte Attacke vorzubereiten. Ein norwegischer Dampfer kam mit tausend Flüchtlingen hier an, welche mit Erlaubnis der russischen und japanischen Kommandos Port Arthur verlassen hatten, damit die Unschuldigen dem Schrecken des Sturmes entzogen werden. Im Augenblick hört man heftigen Kanonendonner von Port Arthur herüberdringen.
Tschifu, 4. Aug. Ein Dampfer, welcher aus Niutschwang hier eingetroffen ist, nahm unweit Tschifu 7 Personen an Bord, welche auf einer Dschunke aus Port Arthur entkommen waren. Sie erzählen, daß 8 Etsenbahnzüge mit russischen Verwundeten nach der Stadt befördert seien. Die russische Marine-Artillerie habe den Japanern große Verluste zugefügt. Die Japaner versuchten, obgleich sie zurückgeschlagen waren, einen neuen Angriff, in dem Augenblick, als die Flüchtlinge die Stadt verließen.
vermischtes.
Eine Nachricht von Andres? Der Kapitän eines in Tromsö beheimateten Schiffes hat, wie dem „Tag" aus Christiania gemeldet wird, eine Flaschenpost von Andrees Polar-Expedition gefunden. Die Flasche, die bei einer kleinen Insel nördlich von Spitzbergen aufgefischt wurde, enthielt einen vom Jahre 1898 datierten Brief. Näheres über dessen Inhalt ist erst nach einem Monat zu erwarten. — Meldungen gleichen oder ähnlichen Inhalts, wie vorstehende, sind aus den nordischen Gewässern schon häufig zu uns gekommen. In den meisten Fällen handelt es sich aber bei den aufgefundenen Flaschenposten, wie sich nachträglich herausstellte, um Sendungen, die eine später ausgelaufene Expedition zur Erforschung der Strömungen in den Palarmeeren den Fluten anvertraut hatte. Die Meldung überden neuesten Fund klingt allerdings so bestimmt, daß man auf weitere Mitteilungen gespannt sein darf.