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zahl deutscher Firmen von Rußland neue Aufträge zur Lieferung von Kriegsmaterial übernommen. Genannt werden die Firmen Löwe'sche Munitionsund Waffenfabrik, die Krupp'sche Germania-Werft in Kiel, die Schichau-Werft in Elbing und Danzig und die Schwarzkopf'fche Maschinenfabrik. In Hamburg sind 5 große Dampfer gechartert worden, die deutsches Kriegsmaterial im Werte von über 30 Millionen Mark für Rußland an Bord nehmen und demnächst die Reise nach dem Mittelmeer an- treten werden.
Potsdam, 1. Aug. Prinz Friedrich Leopold ist zur Entsendung in das russische, Prinz Karl Anton von Hohenzollern zur Entsendung in das japanische Hauptquartier ausersehen worden.
Rom, 2. Aug. Der Papst wird demnächst ein Weißbuch erscheinen lassen, um auf die Veröffentlichungen der französischen Regierung im „Journal" zu antworten. Der Vatikan wird alle Dokumente veröffentlichen, die sich auf den Bruch mit Frankreich beziehen. Es wird das erste Mal sein, daß der Vatikan eine Veröffentlichung dieses Genres vornehmen wird. Gestern empfing der Papst einen Kardinal und sagte ihm, Frankreich verursacht uns lebhafte Schmerzen, aber zahlreiche andere Länder, wie z. B. Deutschland, sind uns ein Trost.
Paris, 2. Aug. Hier glaubt man, daß der Mörder Plehwes einer revolutionären Vereinigung Charkower Studenten angehört, die nach den Unruhen an der südrussischen Universität ihren Wohnsitz nach Paris verlegten. Da sie hier unter angenommenen Namen lebten, wird es schwer sein, fcstzustellen, ob ein Woronow, wie der Mörder Plehwes heißen soll, unter ihnen gewesen ist.
Petersburg, 2. Aug. Sämtliche Verhöre des Mörders Plehwe blieben bisher erfolglos, ja, es wurde sogar gestern befürchtet, der Attentäter würde seiner Verwundung erliegen. Der Fieberzustand war infolge der starken Eiterung der Wunde sehr hoch. Da die Operation nicht gut gelungen ist, wurde der bekannte Chirurg Professor Pawlow hinzugezogen. Jetzt ist die Gefahr vorüber. Im Gespräch mit Pawlow äußerte der Attentäter, daß er Russe sei, Volksschullehrer wäre und 26 Jahre alt sei. Er bereue wohl sein Verbrechen als solches, doch habe er nicht anders handeln können. Auf den Professor machte der Mörder einen unintelligenten Eindruck. Die äußere Verwundung ist ziemlich harmlos, doch wurden dem Mörder 2 Zehen amputiert. Die Wund» im Becken flößt Besorgnis ein. Eine Anzahl weiterer Verhaftungen wurde vorgenommen. Der in einem Kahn auf der Newa verhafteie Jude soll bereis einige Geständnisse gemacht haben. Dieser Tage hofft die Untersuchung den Namen des Mörders zu erfahren. Das Tagesgespräch bildet immer noch die Frage nach dem Nachfolger Plehwes. Man nennt neuerdings auch den Grafen Jgnatiew den früheren General-Gouverneur
von Kiew. Betreffs Witte spricht man von einem Kanzlerposten.
Petersburg, 2. Aug. Vorgestern Nachmittag begann abermals ein furchtbares Artilleriefeuer auf den Höhen von Kanguanlin und pflanzte sich auf der ganzen Front 20 Werst weit fort. Besonders heiß ging es bei der Abteilung Mischtschanko her, wo die Japaner energisch anzu- grcifcn beabsichtigen. Die Russen behaupten alle Positionen. Die Kriegsaktion ist sehr erschwert durch die fürchterliche Hitze.
Petersburg, 2. Aug. Der Generalstab erhielt die Meldung, daß alle Angriffe der Japaner auf Port Arthur abgeschlagen worden sind. Die Japaner seien 5 Meilen zurückgeworfen worden.
London, 2. Aug. Der Standard meldet: Ein aus Chardin in Tschifu eingetroffener europäischer Kaufmann berichtet, daß dort in den letzten 5 Wochen 110000 Mann russischer Truppen eingetroffen sind. Sie sind mit Vorräten gut versehen und weitere Nachzüge treffen fortwährend ein. In Chardin befinden sich viele Verwundete. Die Eisenbahn arbeitet gut, wenn auch langsam.
London, 2. Aug. Zwischen der ersten japanischen Armee und Liaoyang liegt Telegrammen aus Kurokis Hauptquartier zufolge nach den siegreichen Kämpfen der letzten Tage nur noch eine einzige für die Russen haltbare Position.
Tientsin, 2. Aug. Aus Port Arthur eingetroffene Flüchtlinge berichten, die Japaner seien noch 8 km von Port Arthur entfernt. Die ganze Gegend ist von den Russen unterminiert. Die russischen Geschütze bestreichen das ganze Gelände. Der beabsichtigte Sturm der Japaner sei aufgegeben.
Tokio, 2. Aug. Admiral Togo bestätigt, daß bei dem Angriff vom 24. Juli zwei russische Torpedoboote in den Grund gebohrt worden sind. Beim Angriff am Dienstag wurde ein japanisches Kanonenboot beschädigt. 14 Personen wurden dabei getötet.
Tokio, 2. Aug. (Reutermeldung.) Nach zweitägigem Kampf schlug General Kuroki gestern die Russen in zwei gesonderten Gefechten bei Jnfchulikyu und Jansuling.
Vermischtes.
Wie verlängert man die Blütezeit der Blumen? Das Bestreben eines jeden Blumenfreundes ist, die Blütenpracht so lange wie möglich zu erhalten. Im Sommer, wenn so viele Arten blühen, achtet man zwar nicht so sehr darauf, wenn aber der Flor sich vermindert, ist man um jede Knospe und jede Blüte ängstlich besorgt. Es ist gar nicht so schwer, sich ein langandauerndes Blühen
seiner Blumen zu sichern. Vor allem muß man darauf achten, daß die Pflanzen keine Samen ansetzen. Sobald dies versäumt wird, verbraucht die Pflanze die ganze Kraft zur Bildung der Frucht und die Blüten verkümmern. Schneidet man aber die zur vollen Entfaltung gelangten Blumen ab, so treiben die meisten Pflanzen sofort neue Blüten. Welche Hausfrau wüßte es nicht, schreibt der „Lehrmeister im Garten und Kleintierhof", Leipzig, daß sie namentlich dann den reichsten Ertrag von ihren Bohnenbeeten ernten wird, wenn sie die ersten Schoten nicht zur Reife kommen läßt, sondern durch Abpflücken so lange wie möglich hinausschiebt. Auch wenn sie für oll die jungen Schoten keine rechte Verwendung hat, so läßt sie dieselben nicht zu lange wachsen, da sonst das Treiben von neuen Blüten unterbleiben würde. Ganz unerläßlich ist das Abpflücken der überreifen Blüten bei der Kapuzinerkresse. Dadurch kann man sich die schöne rankende Pflanze wochenlang in prächtigster Blüte erhalten. Auch bei Rosen, Fuchsien und den meisten unserer blühenden Zimmerpflanzen hat man mit dieser einfachen Methode sehr günstige Resultate erzielt.
Gemeimiühiges.
Ein vorzüglicher Kitt für gelockerte Messer- und Gabelsticle, Zapfen der Petroleumlampen, Leuchtertüllen, auch für solche Gegenstände, bei denen es sich um wasserdichten Abschluß, unschädliche Einwirkung von Oelen und Säuren handelt, wird aus Blciglätte und Glycerin hergcstellt. Elftere muß sehr feinpulverig, letzteres sehr konzentriert und wasserhell sein. Beides wird mit einander zu einem weichen, zähflüssigen Brei vermischt, d och ist es ratsam, nur die für den augenblicklichen Gebrauch notwendige Menge herzustellen, da der Kitt in kurzer Zeit erhärtet. Seine Verwendung geschieht so wie bei Gips oder flüssigem Harz; man läßt die Masse in den betreffenden Hohlraum einfließen oder streicht sie mit einem Werkzeug ein und führt den zu befestigenden Teil ein. So lange der Kitt noch weich ist, kann der heraustretende Ueber- schuß leicht entfernt und der Gegenstand gesäubert werden; nach dem Erhärten dürften die Gegenstände leicht durch eine Säuberung leiden. Zum Verkitten der Gläser in Aquarien, von in Blei gefaßten Scheiben ist dieser Kitt besonders geeignet. Auch kann man mit ihm Sprünge und Risse in Eisenöfen, Ofentüren zustreichen, da er höhere Temperaturen verträgt.
KeLlametril.
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1^8 unentdsliiliedsts l'oilettbmittel, verschönert äen leint,
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ein trauriges Panorama erscheint. . . Aber wenn ich die erste Ueberraschung überwunden, es ist ja nichts als ein Glückfall. Alles ist ja dann, wie es war; ich habe jo Euch!" Sie machte sich los und eilte in ihr Zimmer.
„Was war das mit Bernhard?" fragte der Oberst mit in tiefem Ernst gefurchter Stirn, als sie hinaus war. „Sie hat uns verraten, daß er ... . Jobst kehrt demnächst zurück, nicht in besserer Verfassung, als er gegangen, denn dis Einsamkeit bat sein Gemüt nur noch mehr verstimmt. Nur aus Langeweile, sagte er in seinem letzten Briefe, schreibe er uns törichte Phantasiemanieren, aber ich las augenblicklich in dem letzten Briefe zwischen' den Zeilen. Schon ehe Jobst von uns ging, war die bisherige Harmonie der beiden Brüder gestört; ich fürchte eine Torheit begangen zu haben, als ich das Mädchen zu uns nahm. Sie hat sich überraschend entwickelt, verhält, sich zwar gleichgültig, ja ablehnend gegen alle die Huldigungen, die ihrer Schönheit gebracht wurden, aber was haben wir jetzt zu erwarten, wenn diese Nachricht sie der jungen Männerwelt ernstlich begehrenswert macht? Und unter diesen fehlen nicht unsere eigenen beiden Söhne. Ich sehe recht düster in die Zukunft und fast muß ich meiner Schwester Prophezeiung recht geben, daß sie uns Unglück ins Haus bringen werde. Bernhard zeigt mir schon seit einiger Zeit nicht mehr den alten Diensteifer, und Jobst ... Ich fürchte mich fast, ihn wieder zu sehen."
„Du siehst zu schwarz!" Die Oberstin hatte ja nie eine andere Meinung als er; auch sie fühlte sich beunruhigt, meinte aber, Priska sei taktvoll und klug, sie verlasse sich auf sie.
„Ich habe die Verantwortung für das Wohl des Mädchens übernommen und werde dieselbe in die Hände des Vormunds zurückgeben, seit sie hier durch meine eigenen Söhne bedroht wird!" rief der Oberst schwer verdrossen. „Ich traue Dir so viel Klugheit zu» daß Du zu Priska noch nichts gesprochen, was irgendwie Bezug auf Bernhard oder Jobst haben könnte."
Verlegen wandte sie sich ab. Das war ja soeben schon geschehen. Sie hatte auch dem Gatten nicht zu gestehen gewagt, daß Jobst schon vor seiner Abreise, als er sich so unsäglich elend gefühlt, dem Mutterherzen das seinige auS- schüttete. Ihr war es undenkbar, daß sie Priska jemals wieder von sich lassen könnte, und jetzt . . . Der Oberst sah die Tränen in ihren Augen und glaubte, sie suche nur diese zu verbergen.
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In der Tat hatte sich nichts geändert in Priskas Haltung ihren Wohltätern gegenüber. Sie war nach wie vor auf die geringen Zinsen ihres kleinen Kapitals angewiesen; die Ausantwortung der Güter durch die russischen Beamten verlangte Zeit, und der Vormund war ihr als einer Minorennen keine Rechenschaft schuldig; inzwischen aber war ihr von diesem eine sehr achtsame Revenue in Aussicht gestellt, sobald nämlich eine Rechnungsablage erfolgen werde, und da blieb einstweilen wenig für sie übrig.
Priskas Wesen war dasselbe, harmlos, heiter wie immer. Nur, wenn sie für sich allein war, fühlte sie Unruhe. Jobst war so, wie er zurückgekommen, lebte nur auf, wenn er sie sah, und sie behandelte ihn mit Vorsicht, doch mit großer Aufmerksamkeit, obwohl sie ein Frösteln im Herzen empfand, wenn sie in das tiefe, mächtige Auge des jungen Mannes blickte. Annette Birk hatte ihr nochmals am Morgen des Tages, an welchem die Oberstin ihr von ihm gesprochen, ihr auf der Straße begegnend, ihr Erstaunen ausgedrückt, daß sie über Jobst so wenig unterrichtet, und was sie ihr erzählt, flößte ihr Schaudern ein. Sie fürchtete, er selbst könnte eines Tages . . . Bernhardts Benehmen war allerdings ungereimt, namentlich wenn Jobst sich mit ihr unterhielt; er entfernte sich ungestüm und durchschwärmte zu der Eltern Kummer wieder die Nächte, zeigte diesen sogar morgens, wie es schien, mit Absicht, sein bleiches Gesicht und vermied eS, mit dem Bruder in Berührung zu kommen. (Fortsetzung folgt.)