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bringen und holen, nicht herankowmen können. In Swinemünde liegen gegenwärtig 38 englische Kohlenschiffe, die zum Teil schon seit Wochen auf Entladung harren. In Schifferkreisen wird die Zahl der Personen, die durch das Festliegen der Fracht- dawpfer und Zillen gegenwärtig erwerbslos sind, auf etwa 14 000 geschätzt. Die Berliner Krangesellschaft hat zur Zeit nur zwei Frachtdawpfer flott, die den Verkehr auf Dahme, Spree und dem schiffbaren Teil der Havel bewirken. Die übrigen Dampfer liegen sämtlich mit Ladung auf Havel, Elbe und Oder fest.
Berlin, 28. Juli. In Tempelhof erkrankte eine Familie nach dem Genuß einer Mehlspeise an Vergiftungs-Erscheinungen. Ein 15jähriger Knabe ist bereits gestorben, während die Mutter desselben und drei weitere Kinder sowie eine ebenfalls dort wohnende Frau Rechnungsrat Rhode und ihr Dienstmädchen schwer krank darniederliegen.
Berlin, 28. Juli. Das Wolff'sche Bureau meldet: Der neue deutsch-russische Handelsvertrag wurde heute hier durch den Reichskanzler Graf v. Bülow und den Präsidenten des russischen Ministerkomitees, v. Witte, unterzeichnet.
— Die Operationen in Südwestafrika scheinen abermals zum Stillstand gekommen zu sein. Die Einkreisung der Hereros ist nicht vollständig gelungen, weil dazu im Norden nicht genügende Streitkräfte zur Verfügung standen. Man nimmt an, daß bereits ein Teil der Hereros mit Vieh nach dem Kunene zu aus dem Waterberggebiet abgezogen ist.
Salzburg, 27. Juli. Zwei Bedienstete der Aluminiumfabrik Lend, Josef Schiklgruber und Franz Schiller sind beim Edelweißpflücken vom Bernkogl abgestürzt. Die Leichen wurden nach Rauris gebracht.
Lemberg, 28. Juli. Ein hiesiges Blatt meldet aus angeblich best informierter Quelle, daß während der Zusammenkunft in Noderney Graf Bülow den Minister Witte auf die im Osten Preußens, Kongreß-Polen und Galizien bestehende all-polnische, nach Ansicht Bülows gefährliche, die Wiederherstellung Polens bezweckende Agitation aufmerksam machte. Witte habe diesbezüglich an Lambs- dorf berichtet, der sofort den Lcmberger russischen Konsul nach Petersburg zur Berichterstattung hierüber berief.
Petersburg, 28. Juli. Die Moskauer Polizei nahm den österreichischen Untertan Felix Reisinger fest, der vor 12 Jahren in Prag als Kassierer der dortigen landwirtschaftlichen Bank fast eine Million Mark gestohlen hatte. Reisinger lebte seitdem mit falschem Paß in Rußland und besaß in Moskau ein Kontor.
Petersburg, 28. Juli. Der Minister des Innern, Plewe, ist auf der Fahrt zum Warschauer Bahnhof durch eine Sprengbombe getötet worden.
Warschau, 28. Juli. Zu dem Attentat auf den Minister Plehwe wird gemeldet: Indem Augenblick, wo Minister Plehwe seinen Wagen besteigen wollte, um nach dem Bahnhofe zu fahren, drang ein Unbekannter durch den Polizeikordon und warf, ohne daß es jemand verhindern konnte, eine Bombe gegen den Wagen. Die Bombe platzte unter dem Wagen und der Minister wurde in gräßlicher Weise verstümmelt, während der Wagen in Trümmer ging. Der Kutscher wurde vom Sitz geschleudert und erlitt schwere Verletzungen. Die Pferde, durch die Explosion scheu geworden, bäumten sich auf und fielen rück
lings auf die zerstückelte Leiche des Ministers. Mehrere Personen wurden verletzt, darunter mehrere sehr schwer. Eine unbeschreibliche Panik bemächtigte sich der Umstehenden. Nach dem ersten Schrecken wurden die notwendigen Polizeimaßregeln getroffen. Sämtliche Truppen wurden mobilisiert und eine Reihe von Haussuchungen vorgenommen. Viele Personen wurden verhaftet. Man glaubt, daß der Täter und seine Komplizen sich unter den Verhafteten befinden. Es wurde sofort nach Pcterhof telegraphiert und die Nachricht nur in amtlichen Kleisen bekannt gegeben; jedoch sickerte sie durch und der Bevölkerung bemächtigte sich eine große Panik. Die Haussuchungen dauern fort.
Vermischtes.
— Der Saatenstand im Deutschen Reiche war nach Mitteilungen des Kaiserlichen Statist. Amts um Mitte Juli: Winterweizen 2,5, Sommerweizen 2,8, Winterspelz 2,0, Winterroggen 2,5, Sommerroggen 2,6, Sommergerste 2,6, Haber 3,0, Kartoffeln 2,7, Klee 3,3, Luzerne 3,0, Wiesen
3.1. Die entsprechenden Zahlen vorigen Monats waren: 2,4, 2,6, 2.0, 2,5, 2,5, 2,6, 2,7, 2,6, 2,7,
2.2, 2,4. — Kennzeichnend für den abgelaufenen Berichtswonat ist die große Dürre, die in allen Teilen Deuischlands auf die Saaten, vor allem auf das Wachstum der Futterpflanzen einen ungünstigen Einfluß ausübte. Winterweizen verblühte meist gut, wird aber, da er vielfach frühreif ist, an manchen Orten ziemlich stark von Rost befallen. Auch Roggen reifte sehr schnell. Die Sommersaaten reifen fast durchweg zu schnell und bleiben infolgedessen kurz im Stroh und leicht im Korn; auch über dürren Bestand, Verunkrautung und Windbruch wird geklagt. Der Stand der Kartoffeln läßt meist zu wünschen übrig; sie stehen vielfach lückenhaft, ungleich, sterben vorzeitig ab, zeigen mangelhaften Ansatz, die Knollen blieben im Wachstum zurück. Die Futterpflanzen litten unter der großen Dürre am meisten. Grünfutter wird knapp; eine Futternot ist zu befürchten, wenn nicht bald ausgiebiger Regen eintritt. Die Heuernte kam meist gut unter Dach läßt aber an Menge in Nord- und Mitteldeutschland vielfach zu wünschen übrig, während sie in ganz Süddeutschland reichlich ausfiel.
— Schülerfahrt nach Hamburg—Kiel. Zur zweiten Fahrt, die am 1. August von Stuttgart aus angetreten wird, haben sich aus Württemberg 21 Lehrer und 199 Schüler gemeldet. In Mannheim werden sich weitere 76 Teilnehmer aus der Rheinpfalz anschlteßen. Die Abfahrt in Stuttgart erfolgt Montag früh 6 Uhr, die Ankunft in Hamburg abends 107- Uhr. In Frankfurt wird im Börsen-Restaurant Schillerstraße ein Mittagessen verabreicht. Der Zug nimmt den Weg über Bruchsal, Heidelberg, Frankfurt, Cassel, Hannover. Ab Mannheim erfolgt die Fahrt in einem Sonderzug. Ein Arzt wird die Teilnehmer ab Mannheim begleiten.
— Ueber den Verlaufeines Stierkampfs in San Sebastian wird der „Voss. Ztg." berichtet: Der Zirkus war mit Menschen vollgepfropft. Ueber 2000 Personen, die noch weiter Einlaß suchten, mußten draußen bleiben. Es wurden fabelhafte Preise bezahlt. Für die schlechtesten Sitze gab man bis 25 Pesetas (20 Aus Frankreich hatte ein ungeheurer Zulauf von Neugierigen stattgefunden. Zur Abwechslung sollte diesmal ein Tiger mit dem Stier kämpfen. Der Tiger „Cäsar" wurde gleich zu Beginn des Kampfes von dem Stier „Huron" zu Boden geworfen. Als er sich in den Beuch des Stieres verbiß, schüttelte ihn dieser ab
und spielte Fangball mit ihm. Auf einmal brach infolge eines gewaltigen Hornstoßes des Stiers die Gitterstange durch und die Tiere drangen unter die Menge der Zuschauer hinaus. Eine ungeheure Panik entstand. Alles wollte ins Freie. In dem furchtbaren Gedränge trugen viele Personen Quetschungen und Rippenbrüche davon. Die baskischen Schutzleute verloren den Kopf und schossen mit Mausergewehrcn Hunderte von Kugeln auf den Tiger ab. Der Tiger wurde zwar getötet, aber auch etwa zwei Dutzend Zuschauer durch Kugeln verwundet. Unter den Verwundeten befinden sich der Marquis San Nicolas, der Marquis Pidal und der Abgeordnete Urquijo.
Um 7 7". Kries.
London, 28. Juli. Das Reutersche Bureau meldet aus Tokio vom 27. Juni zu den Kämpfen bei Taschilschiao, daß General Oku am Samstag den Vormarsch auf Taschilschiao antrat. Die Russen hatten befestigte Stellungen auf den Höhen südlich von Taschilschiao inne, die sich von dort östlich und westlich der Bahnlinie erstrecken. Am Sonntag morgen entwickelten die Russen allmählich ihre volle Stärke, die General Oku auf 5 Divisionen und 100 Geschütze berechnet. Das russische Artilleriefeuer verhinderte den japanischen Vormarsch. General Oku entschloß sich daher, die Dunkelheit abzuwarteu und einen Nachtangriff zu unternehmen. Zwei russische Divisionen standen am Wege nach Saisching. Um 10 Uhr wurde plötzlich der ganze rechte Flügel der Japaner auf die Russen geworfen. Die erste russische Stellung östlich und westlich von Taching- ling wurde mit Leichtigkeit genommen und um Mitternacht die zweite russische Stellung angegriffen. Gegen Tagesanbruch hatten die Japaner die Höhen östlich von Schenschinschitung genommen und verfolgten die Russen auf ihrem Rückzug nach Taschit- schiao.
Tokio, 28, Juli. In der Schlacht bei Taschilschiao soll, nach einer Meldung des japanischen Blattes „Jiji" aus Tiemsin, General Kuropatkin schwer verwundet und ein anderer russischer General gelötet worden sein. Die Verluste der Russen werden auf über 10000 Mann (?) angegeben. Die japanische Takuschan-Armee drängt, nach hierher gelangten Meldungen stark gegen Haitscheng vor und zwingt dadurch die Russen, die Stadt zu räumen und sich in nordwestlicher Richtung zurückzuziehen.
Gottesdienste.
9. Sonntag «ach Hrinit., 31. Juli. Vom Turm: 22.
Predigtlied: 378, Lasset uns mit Jesu ziehen rc.
9 Uhr: Vormitt.-Piedigt, Herr Dekan Wurm.
1 Uhr: Christenlehre mit den Töchtern. 2 Uhr:
Missionsstunde in der Kirche, Herr Stadtpfarrer
S chmid.
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der Ausschuß.
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manns-Ware samt Ladeneinrichtung.
Zusammenkunft beim Rathaus. Neuweiler, 26. Juli 1904.
Schaible, Gerichtsvollzieher.
Forstamt Hirsau.
Die im Oktober v. I. bekannt gegebene Wegsperre bezüglich der Ausfahrten aus dem Staatswald und Gemeindewald Altburgerberg in das Schweinbachtal kann nunmehr nach Beendigung der Wegkorrektion an der Kuhstelle aufgehoben werden.
Hirsau, 27. Juli 1904.
«. Forstamt und Schultheitzenamt.
Calmbach,
Oberamts Neuenbürg.
Straßensperre.
Die Ortsstraßenstrecke Wildbad-Höfen und zurück beim hiesigen Rathaus ist vom nächsten Montag, den 1. bis Samstag, den 6. August, je einschließlich, wegen Grabarbeiten für den Langholz-Fuhrverkehr vollständig gesperrt. Klotzholz- und sonstige kürzere Fuhrwerke sind dieser Sperre nicht unterworfen.
Am 27. Juli 1904.
Stadls chultheißenamt.
Häberlen.