Gegenstände willkürlich ausnehnien, halten und los­lassen. Damit hat Dr. Walcher den Grund gelegt für die Schaffung neuer Gelenke dort, wo bisher kein Gelenk war.

Stuttgart, 3. Nov. Der 36 Jahre alte Kaufmann Theodor Mayer, Marktplatz hier, stand heute wegen Verweigerung von Warenabgabe vor dem Schöffengericht. Er verweigerte ohne recht­mäßigen Grund einer Käuferin die Abgabe von Teigwaren, weil sie nicht in der Kundenliste ein­getragen war und auch sonst nichts bei ihm kaufte. Die Verhandlung wurde einstweilen ansgesetzt, bis eine weitere Anklagesache gegen obige Firma er­ledigt ist.

Ulm, 3. Nov. Das haben sich die Hasen, die zu Hunderten im Donauried und in den Wäldern der Umgebung herumspringen, nicht träumen lassen, daß ihretwegen die städtischen Kollegien der guten Stadt Ulm zusammenkommen und sie aus ihren Wert tarieren würden. Das hat mit ihrem Werben die Stadt Stuttgart angerichtet. Dort stehen zur Zeit die Hasen höher im Preis, und das war Ver­anlassung, daß Freund Lampe, sowie ihm durch das Feuerrohr der Herren Jäger das Leben aus­gepustet war, samt und sonders auf der Bahn nach der Residenz fuhr. Darob bei den hiesigen Wild- prethändlern großes Wehegeschrei. Diesen Jammer konnten die Stadtväter nicht mit ansehen, und so gingen sie schleunigst hin und werteten Balg samt Inhalt derer vom Geschlecht der Hasen in gleicher Höhe wie in Stuttgart. Es ist nun zu hoffen, daß den Hasen die Auswanderuugsgelüste vergehen und das Wehgeschrei der Wildprethündler und ihrer Kunden zum Verstummen kommt.

Gammertingen i. H., 4. Nov. Eine Zigeunerin setzte ihre fünf Kinder im Alter von 26 Jahren in Reih und Glied vor das Rathaus, ermahnte sie, recht brav zu sein und verduftete. Bisher konnte die Rabenmutter noch nicht dingfest gemacht wer­den. Auch im benachbarten Hettingen haben fünf Zigeunerkinder das gleiche Schicksal erlitten. Die Stadt hat die mutterlosen Kinder nach Sigma­ringen ins Haus Nazareth gesandt.

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Aus der amtl. württ. Verlustliste Nr. 492:

Maschinengewehr-Scharfschützen-Trupp "Nr. 142. Gottfried Möhrmann, Loffenau, l. verw.

Armierungs-Bataillon dir. 59.

Albert Bertsch, Loffenau, l. verw.

Karl Treiber, Calmbach, l. verw.

Zu Verlustliste Nr. 479:

Ernst Bischer, Conweiler, bisher, verw. gestorben.

Neuenbürg, 4. Nov. Immer mehr schwindet die Zahl derer, die 1870/71 Deutschlands Einigkeit aus den französischen Schlachtfeldern erkämpfen halfen. Nachdem erst vor kaum 3 Monaten der Vorstand des

Der Spion

Illes fürs Vsrerlsnck.

Erzählung von Hanns Kurd,

B (Nachdruck verboten.)

Aus Wort, gnädige Frau, in Kanonen. Ich bin Vertreter für Baumgart, Krakau."

In Krakau ?"

Eine schöne Stadt, meine Gnädige. Ihr Herr Gemahl lebt in . . ."

Czenstochau," vollendete sie als Antwort.

Ach ja, ich kenne das Regiment. Ich selbst war auch Artillerist, aber in Kronstadt. Man verdient zu wenig, und wenn man kein Ver­mögen hat, dann . . ."

Ich verstehe, Herr Danielowitsch. Kommen Sie auch manchmal nach Czenstochau?"

Ich bin vielleicht schon nächste Woche dort."

Schon Sonntag?" Ein schneller Blick traf ihn, aufleuchtend, kurz.

Sonntag? Gut, ich bin auch schon Sonntag da. Sie bewohnen eine Villa?"

Ja, die dritte hinter der Kommandantur. Nicht zu verfehlen."

Sie sind allein? Keine Familie?"

Natascha lachte hell auf.

Aber . . ." sagte sie und brach ab.

Dimitri brachte das Gespräch auf die ge­hörte Unterhaltung.

Es wird wohl drüben sehr viel spioniert?"

Nun ja, ich hörte so etwas. Mein Mann ist oft in dieser Angelegenheit in Petersburg. Es soll besonders ein ehemaliger Offizier sein, der durch seine Beziehungen sich schon viel Material angeeignet haben soll. Ich kümmere mich wenig darum. Es interessiert mich auch nicht."

Wie heißt doch gleich der General in Czenstochau, gnädige Frau?"

Pawel Munkazew."

hiesigen Krisgervereins, Joh. Seeger, aus der kleinen Zahl der hiesigen Veteranen geschieden ist, wurde heute der im Alter von 69 Jahren verstorbene Kriegs- veterane Amtsgerichtsdiener a. D. Kunzi unter großer Anteilnahme der Einwohnerschaft zu Grabe getragen. Dem Leichenwagen folgten mit umflorten Fahnen der Kriegerverein, der Militärverein und eine stattliche Zahl der z. Zt. im hiesigen Vereinslazarett befindlichen Kriegsverwnndete». Der Geistliche, Stadt­vikar Frank, hielt die Trauerrede über den Text Sei getreu bis an den Tod". Nach der Einsegnung gab eine Abteilung Soldaten über das Grab hinweg drei Gewehrsalven ab. Im Namen des Kriegervereins widmete Kamerad Ratsdiener Schönthal er dem treuen Kameraden einen schönen Lorbeerkranz. Des­gleichen legte im besonderen Auftrag des Krieger­vereins Schwüb. Hall, dem der entschlafene Kriegs­kamerad in den Jahren 1894/97 angehörte, der vor­malige Zustellungsbeamte beim K. Amtsgericht All­mendinger unter ehrenden Worten einen Kranz am Grabeshügel nieder, worauf sich die Fahnen des Krieger- und Militürvereins zum letzten Gruß über dem Grab des braven Kameraden senkten. Bei den Bewohnern von Stadt und Land wird der Verstor­bene in gutem Andenken bleiben.

Rabatt auf S ch u h w are n. "Nach einer Ent­scheidung des Reichsamts des Innern ist es durch­aus zulässig, daß beim Verkauf von Schuhwaren im Kleinhandel auch bei Höchst- und Richtpreisen Rabatt gegeben werde, denn die Höchstpreise be­zeichnen nur eine Grenze nach oben, während es jedem Verkäufer unbenommen ist, unter diesen Preis herunterzugehen. Daher ist auch die Verabreichung von Rabattmarken beim Schuhverkaus nicht zu be­anstanden.

Kapfenhardt, 2. "Nov. Der seit Kriegsbe­ginn im Felde stehende Gefreite Jakob Burk­hardt vom Staffelstab 128 der 8. Ersatzdivision, wohnhaft in Dennjächt, Sohn des hiesigen Land­wirts Christian Burkhardt, erhielt die silberne Verdienstmedaille für Tapferkeit und Treue. Der Ausgezeichnete hat vorher der Württ. Jnfanterie- Munitions-Kolonne 102 und danach dem Stab der Munitionskolonnen und Trains der 8. Ersatz-Division angehört.

Pforzheim, 5. "Nov. Ein Kassengehilse im Gaswerk, der schon seit längerer Zeit daselbst mit der Aufstellung der Lohnliste und der Auszahlung der Löhne beschäftigt war, hat sich der Unterschla­gung schuldig gemacht, indem er auch vorübergehend nicht beschäftigte Leute in die Lohnliste aufnahm und das ihm dafür übergebene Zahltagsgeld für sich verwendete. Die Unterschleife übersteigen 2200 Mark und sind von dem Schuldigen, der sich in Untersuchungshaft befindet, zum Teil zugegeben. Der Mann ist fast 40 Jahre alt, bezog aber nur 5 Mk. Tagegeld arbeitstäglich.

Pforzheim, 5. Nov. Gegenwärtig sollen sich

Ach ja, stimmt. Ich erinnere mich. Ist der alte Mazurek immer noch bei ihm?"

Gewiß doch. Aber schneeweiß ist er ge­worden."

Gott ja, die Jahre I An siebzig ist er wohl schon? Ich kannte ihn, als ich noch ein junger Bursche war. Eine biedere Haut, ehrlich und treu."

Ein guter Mensch, der Alte," nickte Natascha.

Und er wohnt immer bei dem General?"

Ja. Aber Sie wissen ja so genau Be­scheid ?"

Ich bitte Sie, Gnädigste, man erinnert sich doch gerne an alle Bekannte, wenn man in einem fremden Lande sein Brot verdienen muß."

Ist Krakau groß? Ich möchte es gerne kennen lernen."

Es ist schön dort. Kommen Sie doch einmal hin l Die Reise ist nicht so weit. Am bequemsten ist's über Kattowitz. Wenn Sie um sechs von Czenstochau fortfahren, sind Sie schon um zehn in Krakau. Ich stehe Ihnen zur Verfügung."

Sie sind nicht verheiratet?"

Ich? Nein. Bisher hatte ich keine Zeit, an diese Dinge zu denken."

Langsam gingen sie die Friedrichstraße ent­lang.

Dieser Kontrast", meinte Natascha.Die Helle Grundmannstraße, der Ring und hier dieses Dunkel!"

Sie fürchten sich?"

Nein," lachte sie.

Das CafeOtto" war hell erleuchtet.

Wollen wir einen Augenblick hier eintreten?" bat er.

Sie zögerte.

Ich möchte mich nicht gern ertappen lasse», Herr Danielowitsch."

Sind Sie so bekannt hier?"

Nein, das nicht. Ich könnte aber einen

wieder Industrie-Spione aufhalten, die Arbeiter und Unternehmer für dasneutrale" Ausland an­werben wollen. Auf diese Weise würden dann unsere Feinde Konkurrenzfabriken gründen und vom Bezug deutscher Waren auch im Frieden loskonunen Bekanntlich ist jetzt die Ausfuhr von Hilfsmaschinen und Werkzeugen und Verleitung von Arbeitern zum Auswandern verboten. Wer den Lockungen ins Ausland folgt, wird später, wenn man ihn nicht mehr braucht, dort fortgeschafft und sitzt dann zwischen zwei Stühlen. Deshalb Vorsicht! Das gilt besonders auch für Schw. Gmünd.

DsrmjsehtLZ.

Der letzte Brief. DemStuttg. N. Tagbl." entnehmen wir den Abschiedsbrief eines gefallenen schwäbischen Theologen, Karl Lang, Pfarrerssohn von Sulzgries, aus derChristlichen Freiheit" von Gottfr. Traub:Unsere Artillerie trommelt toll auf die feindlichen Gräben der Doppelhöhe uns gegen­über. Um 3.07 Uhr nachmittags stürmen wir. Vor­bereitet, eingeteilt ist alles so genau, als es unsere Kraft vermag. Ich weiß,.daß die Kompagnie, die in Rußland und überhaupt auf allen Kriegsschau­plätzen so Glänzendes geleistet hat, ihre Schuldigkeit tun wird. Mit einemDein Wille geschehe!", im Gedanken an Euch und das teure Vaterland werde ich aus dem Graben springen, 's war mir dabei immer eigenartig feierlich zumute. Alles Schöne, was ich gehabt, zieht an mir vorüber, und das Leben erscheint einem als etwas Herrliches. Und doch hat der Gedanke an den Tod nichts Schreckhaftes. Eben, daß man dieses schöne Leben wegzugeben jeden Augenblick bereit ist, das ist's, was einem Menschen seinen inneren Wert gibt. Stolz, aber kein Hoch­mut !, mit dem sich dasHerr, in Deine Hände be­fehle ich mich" wohl vereinigen läßt. Für eine große Sache fallen, ist ein schöner Tod, und Gott wird mich, wenn ich so falle bitte ich ihn in Gnaden annehmen. Ich weiß wohl, daß ich kein Heiliger, daß ich oft ein trotziger Mensch war, aber ich bitte ihn um Verzeihung uin seines Sohnes willen. Und ich bitte ihn, daß er mir heute Kraft schenkt, daß ich nicht versage und das Vertrauen meiner Leute nicht täusche. Ums Leben bitteich nicht, nur einen mensch­lichen Wunsch habe ich: den Kelch des zum Krüppel Geschossenwerdens laß an mir vorübergehen! Doch, nicht wie ich will, sondern wie Du willst.... Ich habe ein schönes Leben gehabt, sorgenlos und Nt viel Sonne darin. Noch unenttäuscht und noch wemz angekränkelt von dem Dasein gehe ich aus meinem schönen Leben von seiner Höhe herab.Wen die Götter lieben, lassen sie in der Jugend sterben," sagte Achill. Belohnt meinen treuen Burschen: er war mir viel. Gebt meinem Feldwebel etwas zum An­denken : er war ein braver, tüchtiger Mann. Grüßt alle meine Freunde und Verwandten! Und dann auf Wiedersehen in einem anderen Leben! Gott schütze

Bekannten treffen. Aber, mir ist's ja gleich," meinte sie, und ihren Mund verschloß ein trotziger Zug.

Dimitri verstand sie: Sie war unglücklich, und er kam ihr gelegen für ein kleines galantes Abenteuer.

Sie könnten mir einen großen Gefallen tun, Natascha."

Nun?"

Wenn ich Sonntag nach Czenstochau komme, möchte ich gerne den alten Mazurek sprechen. Geht das?"

Ich werde ihm schreiben."

Aber ohne meinen Namen zu nennen. Ich möchte ihn überraschen."

Gut, ich werde es tun. Wann kommen Sie?"

Ich bin um elf da."

Und bei mir?"

Wenn Sie befehlen."

Sie sah ihn an, überlegte und sagte leises Um zwei Uhr. Nennen Sie sich Slawntol, bitte.

Er nickte und präsentierte ihr die goldene Zigarettendose.

Nach einer halben Stunde verließen ste das Lokal.

Ich gehe jetzt allein. Also bestimmt am Sonntag um zwei Uhr auf Wiedersehen!"

Auf Wiedersehen!"

Er zog ihre Hand an die Lippen und lüftete seine Pelzkappe.

Rasch schritt das Weib davon.

Dimitri rieb sich die Hände und leise lachte er vor sich hin. - -

Wieder mal eine interessantere Sache!

Fliegen mit einem Schlage! Ja, Täubchen, Sonntag komme ich!

Der Schnee knirschte nicht mehr, mu> leichter Tauwind ftchr in die Ecken.

(Fortsetzung folgte