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Colwer hatten an der Floßfahrt teilgenommen, die für sie ein großer Vorfchmack war für die in etwa 14 Tagen von hier nach Liebenzell erfolgende Fahrt. Glücklicherweise verlief die gestrige Fahrt gut, wozu jeder Teilnehmer durch entsprechendesAufpassen" selbst beitragen mußte. ' ^

Alten st eig, 11. Juni. Die Buchdruckerei und der Verlag des BlattesAus den Tannen" von Wilhelm Rieker hier ging durch Kauf um die Summe von 85 000 an Ludwig Lank in Karlsruhe über. Die Uebernohme des Geschäfts erfolgt am 1. Oktober d. I. Der Käufer deS Geschäfts ist von Brackenheim gebürtig.

Stuttgart, 12. Juni. Gestern nach­mittag 2 Uhr stürzte der Flaschnergehilfe Eugen Blikle von Winterlingen im Hause Lerchenstraße 71 (Neubau) durch eine AbortöffNung aus dem 3. Stock zur Erde und blieb bewußtlos liegen. Er erlitt schwere innere Verletzungen und wurde ins Katharinenhospital verbracht.

Wie man demSchwäb. Merk." aus Jerusalem schreibt, hat die Beerdigung des Stadtdekans Oberkonsistorialrats Dr. v. Braun daselbst am 31. Mai stattgefunden. In der Er­löser kirche, wo die Leiche aufgebahrt war, hielt Probst Baßmann die Trauerrede; Pfarrer a. D. Römer aus Stuttgart schilderte den äußeren Lebens­gang. Die beiden Hilfsprcdiger von Jerusalem, der scheidende Pastor Stahl und sein neueinge- tretener Nachfolger Pastor Buck, sprachen das Ein­gangs- und Schlußgebet. Dann bewegte sich der Trauerzug, dem sich die ganze deutsche Kolonie von Jerusalem und ein großer Teil der Kolonie Jaffa anschloß, zum Jaffator hinaus. Zwölf deutsch­evangelische Pfarrer im Ornat geleiteten den Sarg. Der alten Stadtmauer entlang ging der Zug zu dem der deutschen und englischen Gemeinde gemein­samen evangelischen Friedhof bei der Gobatschule auf Zion. Am Grabe sprachen drei Württemberger: Direktor Schneller vom syrischen Waisenhaus, Pfarrer Schlaich von Jaffa und Dr. Benzinger von Jerusalem, ehem. Vikar an der Schloßkirche in Stuttgart.

Stuttgart, 12. Juni. (Wochenmarkt.) Starke Zufuhr und rege Kauflust war das Zeichen des heutigen Engrosmarktes. Zugeführt waren 111200 Körbe Kirschen. Der Preis betrug 1016 A das Pfund; Prestlinge kosteten im großen 2535 das Pfund, Walderdbeeren 5060

das Pfund. Auf dem Gemüsemarkt herrschte reiche Fülle. Gurken kosteten 1535 A Kohlrabi 35 A das Stück, hiesige Stangenbohnen 90 A Tomaten 50 Brockelerbsen 1618 A das Pfund, Unter- türkheimer Spargel» 5070 der Bund, rote Rüben 35 A das Stück. Auf dem Wildpret- und Geflügelmarkt kostete Rehschlegel 1 20 A

das Pfund, Rehziemer 1 ^ 30 A. das Pfund. Auf dem Viktualienmarkt kostete 1 Et 6 A (2 Stück 11 A), 1 Pfund saure Butter 9095 A 1 Pfund süße Butter 1 ^ 12 A bis 1 20 A, 1 Pfund Kar­

toffeln 56 A 1 Pfund Zwiebeln 1012 A.

Eßlingen, 11. Juni. Heute wurde der Schlosser Christian Beutel unter dem Verdacht, seine Ehefrau erwürgt zu haben, verhaftet. So­weit bis sitzt ermittelt ist, lebte der Mann seit Jahren mit seiner Frau in Unfrieden. Gestern Abend begab er sich zu Hauseinwohnern und sagte diesen, daß seine Frau einen Anfall bekommen habe. Man fand dann die Frau bereits tot vor. Ob sich der schwere Verdacht des Mordes oder

Totschlags bestätigt, wird die Sektion der Leiche ergeben.

Aalen, 11. Juni. Heute nacht V'12 Uhr verunglückte derJpf- und Jagstztg." zufolge auf dem hiesigen Bahnhof während des Rangierens der ledige Ankuppler Kaspar Bai er dadurch, daß er zwischen die Puffer geriet, wodurch er so schwere innere Verletzungen erlitt, daß er heute nacht noch in das Krankenhaus verbracht werden mußte, wo er hoffnungslos darniederliegt.

Ulm, 11. Juni. Ein Schwindler treibt sich gegenwärtig in der bayerischen Nachbarschaft herum und stellt sich bet den Leuten als Abgesandter des amerikanischen Konsuls vor. Dabei bringt er meistens vor, daß er verschiedene auswärtige Erb­schaftsangelegenheiten zu ordnen habe. Am Schluffe versucht der Hochstapler, der etwa 3035 Jahre alt und gut gekleidet ist und sehr sicher auftritt, von den Leuten unter verschiedenen falschen Vorspiegel­ungen Geld herauszuschwindeln.

Ravensburg, 12. Juni. Aus dem K. Kabinett traf lt.Oberschw. Anzeiger" die hoch­erfreuliche Nachricht ein, daß Se. Majestät der König das Schwäbische SängerbundcSfest besuchen und einer der Gesangsaufführungen beiwohnen werde.

Metz, 10. Juni. In den Gruben der Saar- und Moselbergwerkgesellschaft zu Karlingen bei Spittel an der lothringischen Grenze erfolgte heute nach Abgabe eines Sprengschusses eine Ex­plosion schlagender Wetter. Ein Steiger war so­fort tot, 3 Mann find tötlich verletzt. Außerdem find 2 Mann leicht verletzt. Die Arbeit in den Gruben ist nicht gestört.

Berlin, 11. Juni. Aus dem Spree-Kanal gegenüber dem Reichstags-Gebäude wurde heute morgen gegen 8 Uhr eine weibliche Leiche ge- ländet, welcher Kopf, Arme und Beine fehlten. Bekleidet war dieselbe mit einem Hemd und zwei Unterröcken. Man nimmt an, daß es sich um die Leiche eines etwa 12jährigen Mädchens handelt. Seitens der Polizei sind umfassende Ermittelungen eingeleitet worden. Die Angelegenheit ruft hier große Erregung hervor.

B e r l i n, 11. Juni. Zu der Auffindung der Leiche im Spree-Kanal wird gemeldet, daß cs sich um die 9jährige Tochter des Zigarrenmachers Berlin in der Ackerstraße 130 handelt. Vom Gerichtsarzt wurde festgestellt, daß an dem Mädchen auch ein Sittlichkeits-Verbrechen verübt worden ist. Der Rumpf wurde nach Besichtigung an Ort und Stelle nach dem Schauhause gebracht, um dort genauer untersucht zu werden. Nach dem Gutachten des Gerichtsarztes sind die einzelnen Gliedmaßen ebenso wie im Charlottenburger Falle ziemlich kunst­gerecht mit einem scharfen Werkzeug abgetrennt worden.

Chemnitz, 11. Juni. DerChemnitzer Allgemeinen Zeitung" wird aus Dresden gemeldet: Auch heute gibt das Befinden des Königs Georg zu ernsten Besorgnissen Anlaß. Das Hof­marschallamt meldet heute Vormittag: Am gestrigen Tage war das Befinden des Königs befriedigend. In der vergangenen Nacht jedoch traten abermals lang andauernde Anfälle von .Atemnot und Be­klemmung ein. Der Monarch fühlte sich heute sehr angegriffen. In Hofkreisen ist man um das Leben des Königs mit großer Besorgnis erfüllt.

Dresden, 12. Juni. Der König ver­

allein, denn Lorenzo, als er ihr bei Ullmann begegnet und ihr seine Glückwünsche gesagt, hatte ihr versprochen, ihr eine hochachtbare ältere Dame, die erst seit einigen Tagen hier sei, als Begleiterin und Gesellschafterin zu senden, eine Lands­männin, deren bisherige Herrin eine Sängerin, sich verheiratet und mit der sie sich vortrefflich verständigen werde. Ullmann, so versicherte er, habe den Vor­mittag schon mit Ungeduld gewartet, sie sich verpflichten zu können; alles lasse das Beste erhoffen.

Sie sprang auf, um den VUer zu suchen, der wieder in seiner dunklen Stube saß, und teilte ihm mit, was geschehen sei. Der Alte hörte alles schwei­gend an.

Armer Papa! So werde ich Dich denn verlassen müssen!" rief sie vor ihm niederkniend und seine Hände erfassend. Aber bleibt mir denn anderes? Dir darf ich nicht länger zur Last fallen, denn Du bist müde! Was Du für mich tatest, war ja stets darauf berechnet, daß ich hinaus müßte in die Welt, in die Du mir jetzt nicht folgen kannst. Die Unruhe der Reise darf ich Dir nicht zu­muten; aber diese ist ja nur auf ein Jahr festgesetzt, dann sehe ich Dich wieder!"

Sie drückte seine Hand an ihre Lippen, er aber nahm den Schirm vor seinen Augen und blickte sie so glücklich an, indem er ihr die Hand auf den Scheitel legte.

Meinen Segen, Du liebes gutes Kind! Möge es Dir glücken auf Deinen Wegen! . . . Aber nicht hier werden wir uns Wiedersehen; ich darf meine kleine Pension auch in der Heimat verzehren und dort, wo man meine Kunst bester

brachte die vergangene Nacht etwas besser. Wenn auch die Atmungsbeschwerden wieder auftraten, so hat doch der König nach deren Milderung mehrere Stunden im Lehnstuhl schlafend zugebracht. Die reichliche Nahrungsaufnahme hat zur Kräftigung herbetgeführt. Der König wird sich heute zum ersten Mal ins Freie begeben und dies bei fortdauernder Bessemng wiederholen.

Braunschweig, 8. Juni. (Sechs Wochen unter Hereros.) Die Frau des am 14. Januar ds. Js. auf seinem Besitztum in Waterberg ermor­deten Kaufmanns Sonnenberg, die ihre Rettung nur ihrer schwarzen Dienerin, dann aber auch dem Missionar Eich verdankt, ist dieser Tage bei ihren Eltern im benachbarten Wendeburg eingetroffen. Die Frau, die mit eigenen Augen anschauen mußte, wie die Hereros ihren Mann, der gerade seinen Mittagsschlaf hielt, erschlugen, ist von der Bande des Hauptmanns David vom 24. Februar bis 7. April mit herumgeschleppt worden, bis sie endlich bei Oviumbo die Freiheit erhielt, wo Samuel Maharero seine gesamten Streitkräfte konzentriert hatte. Alle diese Irrfahrten mußte das damals 3 Jahre alte Kind der Frau Sonnenberg mitmachen, das trotzdem prächtig gedieh und mit der Milch er­nährt wurde, die die mitgeführte Kuh gab. Die Hereros, die schon Blut gesehen hatten, waren, wie die schwergeprüfte Frau einem Mitarbeiter der hie­sigenNeuesten Nachr." erzählt, die fanatischsten. Ihre Bestialität war so groß, daß sie zuweilen deS Abends, wenn die Ochsen ins Lager geführt wur­den, zwischen die Herde stürzten und den Tieren in die Kehle stachen. (?) Sehr groß war des Missionärs Einfluß, der seit 31 Jahren bei Waterberg lebt. Eine unheimliche Bekanntschaft machte Frau Sonnen­berg bei Oviumbo in dem Lager, als alle Häupt­linge mit ihren Leuten vereinigt waren. Sie sah wiederholt dort die Brüder des von dem Prinzen Prosper Arenberg ermordeten Willy Cain, die von fast weißer Gesichtsfarbe waren und die sie mit finsteren, haßerfüllten Blicken musterten, was bei den einzigen Weißen, die sie unter den Hereros trafen, seltsam, aber auch wieder erklärlich anmutet, wenn man die Umstände kennt, unter denen Catn sein Leben lassen mußte. Auch Bastards traf Frau Sonnenberg im Lager Samuels. Sie erklärten, sie seien zur Heeresfolge von den Hereros gezwungen worden. Sie wurden mit dem Anfertigen von Waffen und Munition beschäftigt.

Kiel, 11. Juni. Die finnische BriggAnna" kollidierte auf Stollergrund mit dem dort ankernden KreuzerAmazone". DieAmazone" verlor ein Maschinengeschütz und das Steuerbord-Fallreep. Eine Schnellfeuer-Kanone wurde beschädigt. Die Brigg erlitt schwere Havarie.

Paris, 12. Juni. Die Nachricht von der Entsendung des amerikanischen Unterseebootes Protector" nach Japan hat in der hies. russischen Presse einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen.

Petersburg, 11. Juni. Nach heute auS Mulden eingetroffenen Depeschen wütet seit vier Tagen ein erbitterter Kampf um Port Arthur. Bis jetzt ist es dort den Japanern trotz großer Ver­luste noch nicht gelungen, Vorteile zu erlangen. Auch mehrere javanische Schiffe sollen von den Strandbatterien in den Grund gebohrt worden sein.

Petersburg, 11. Juni. Die Frage nach dem Schicksal Port Arthurs nimmt hier das ganze Interesse in Anspruch. An eine Uneinnehmbarkeit der Festung wird nicht mehr geglaubt. Kuropatkin

schätzt als hier, werde ich mein Augenlicht ganz wieder gewinnen in der schönen Sonne der Heimat und auch wieder tätig sein können. Ich reise mit Jppolita, denn was soll ich hier allein unter fremden Menschen, mit denen ich mich ja nie ganz verständigen lernte. Das Schicksal führt uns jetzt alle drei weit, weit von» einander, aber ich habe die tröstende Ahnung, es wird uns wieder vereinen in unserer schönen Heimat, die ich einst verlosten mußte!"

Damit schloß er lächelnd. Er küßte sie auf die Stirn und Allegrina er­hob sich mit wunderbar beruhigtem Gemüt. Sie suchte Jppolita und fand sie in der Küche. Auch sie schien seit langem wieder in besserer Stimmung zu sein. Sie hörte ihr mit Teilnahme zu, dann faltete sie die runzeligen Hände und rief: Es ist Gottes Wille, daß wir alle aus diesem undankbaren Lande erlöst werden, das uns darben läßt; er sei gelobt!"

Am Nachmittag am Fenster stehend und über die Nachbarschaft hinblickcnd, an die sie seit ihrer Kindheit gewöhnt, jetzt mit dem Gefühl, daß sie dieselbe für immer verlosten solle, sah sie erschreckend die offene Equipage des Fürsten vor das Haus fahren, ihn derselben entsteigen und auf das Haus zutreten.

Er, der so regelmäßig alle fünf, sechs Tage kam, um sich nach dem Be­finden seinesalten Freundes" zu erkundigen. Sie sah ihn stets gern, mit seinem zarten, ritterlichen Benehmen; heute fuhr sie zusammen, als sei sie sich etwas Böses bewußt. Aber sich ins Zimmer kehrend, die Hand auf die Brust legend, um sich zu seinem Empfang zu sammeln, lächelte sie über sich . . .

(Fortsetzung folgt.)