Amts- und Auzeigeökait für den Bezirk Hakv.
79. Jahrgang
ungltaz-: Dt«irttc>-, Lonn-retaz. Lam»- >ß. Ansertrontprit« IVPfz. pro Z«il« für «ladt außer kezir! 1! tzfjj.
Sonntag, den 5. Juni 1904.
AbonnementSpr. in b. Stadt pr. Bicrtelj. Mk. 1.10 incl. Träger!. Vierteljährl. PostLezugSpreis ohne Bestellg. f. d. Orts- u. Nachdar- ortSverlehr 1 Mi., f. d. sonst. Verkehr Mk.1.10, Bestellgeld 20 Pig.
mtkiche KeLatrvtmachrtngen.
An die Ortsarmenbehörden des Schwarzwaldkreises.
Teilweise Uebernahme der Kosten der Fürsorge für ortsarme Geisteskranke, Geistesschwache oder an Epilepsie oder ähnlichen Krankheiten leidende Personen, Taubstumme und Blinde auf den Landarmenverband vom 1. April 19V3 an betreffend.
Zum Zweck einer rechtzeitigen und zuverlässigen Etalsaufstellung für 1904/05 und im Interesse einer geordneten Verwaltung ist es notwendig, daß die Ortsarmenbehörden etwa noch rückständige Gesuche um Uebernahme von drei Vorteilen des Aufwands auf die oben genannten Hilfsbedürftigen nunmehr unverzüglich einreichen, auch den im Rechnungsjahr 1. April 1903/04 entstandenen Aufwand bei der Landarmenbehörde liquidieren, soweit dies noch nicht geschehen ist.
Unter Bezugnahme auf die Ansschreiben vom 21. April und 1. September 1903 ergeht daher an die Ortsarmenbehörden wiederholt das Ersuchen um Einsendung der diesbezüglichen Gesuche und Aufstellungen.
Formulare hiezu können von der Landarmenpflege unentgeltlich bezogen werden.
Reutlingen, 31. Mai 1904.
Vorsitzender der Laudarmenbehörde für den Schwarzwaldkreis:
Oberregierungsrat Kuhn.
Bekanntmackrutta,
betreffend die Landes-Ausstellung von Lehrlingsarbeite« im Jahre 1904.
Die diesjährige Landesausstellung von Lehr- liugsarbeiten findet in den Vorhallen des LandeS- gewerbe-Mnseums in Stuttgart statt. Die Ausstellung ist von Sonntag, den 12. Juni d. I. ab zu den gewöhnlichen Besuchsstunden des Museums (Werktags von 10 bis 5 Uhr, Sonntags von 11 bis 1 Uhr) jedermann unentgeltlich zugäng
lich. Die Ausstellung wird voraussichtlich bis Sonntag den 3. Juli d. I. einschließli ch dauern.
Die Lehrlinge, welche Arbeiten zu der Ausstellung geliefert haben, deren Lehrmeister sowie die Mitglieder der Gesellenprüfungsausschüsse (Meister und Gesellen) genießen auf den K. Württ. Staatseisenbahnen eine Fahrpreisermäßigung, bezüglich deren folgende nähere Bestimmungen gelten:
1) An die genannten Lehrlinge, Lehrmeister und Mitglieder der Gesellenprüfungsausschüsse werden zum Besuch der Ausstellung im Binnenverkehr der K. Württ. Staatseisenbahnen auf Grund der von der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel ausgestellten Ausweise während der Dauer der Ausstellung einfache Personenzugsfahrkarten III. Klasse nach Stuttgart ausgegeben, welche zur taxfreien Rückfahrt innerhalb 3 Tagen berechtigen, wenn die Fahrkarten (auf der Rückseite) vor dem Antritt der Rückfahrt mit dem Ausstellungsstempel versehen worden sind.
Die Ausweise sind bei der Fahrkartenlösung dem Schalterbeamten behufs der Abstempelung vorzuzetgen.
2) Ausgeschlossen von der genannten Vergünstigung bleiben die Stationen, welche weniger als 20 llm vom Ausstellungsort entfernt sind, sonach olle einfachen Fahrkarten HI. Klasse, deren Preis weniger als 70 A beträgt.
3) Bei Benützung von Schnellzügen stno Schnellzugszuschlagskarten — je für die Hin- und Rückfahrt — zum vollen Preise zu lösen.
4) Der Tag des Besuchs der Ausstellung ist in dem Ausweis von dem Meister, Lehrling oder Mitglied eines Prüfungsausschusses vor Lösung der Fahrkarte einzutragen.
5) Der von der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel ausgestellte Ausweis ist behufs Abstempelung der Fahrkarte in der Ausstellung einem der auffichtführenden Beamten vorzuzeigen.
Meister, Lehrlinge und Mitglieder der Prüfungsausschüsse, welche nach dem Vorstehenden
eine Fahrpreisermäßigung erhalten können, wollen sich wegen der Mitteilung eines Ausweises an unser Sekretariat wenden, und zwar Mitglieder der Prüfungsausschüsse ausschließlich durch Vermittelung des Ausschuß-Vorsitzenden. Dabei machen wir darauf aufmerksam, daß die Ausweise auf den Namen zu lauten haben.
Stuttgart, 31. Mai 1904.
Kgl. Zentralstelle für Gewerbe und Handel.
Mosthaf.
Tagesnemgkeiten.
* Calw. Der Verschönerungsverein hat in diesem Jahr für den Stadtgarten große Kosten aufgewendet und die Anlagen wieder in einen sehr schönen Stand gesetzt. Der treffliche Zustand der Anlagen wird von jedermann rückhaltslos anerkannt und von Einheimischen und Fremden gelobt. Bei den neuhergestellten Wegen können die Anlagen bequem begangen werden und auch ältere Leute, welchen das Bergsteigen schwer fällt, können sich nun in denselben ergehen. Der Besuch des Stadtgartens ist deshalb in diesem Jahr viel zahlreicher als in den früheren Jahren. Daß die Unterhaltung der Anlagen jedes Jahr einen beträchtlichen Aufwand erfordert, liegt auf der Hand. Die Mittel hiezu sind bisher durch freiwillige Beiträge der ganzen Einwohnerschaft aufgebracht worden. Der Verein hofft, daß auch in diesem Jahr die Beiträge reichlich fließen und daß jedermann gerne die Bestrebungen des Vereins unterstützt. In der nächsten Woche soll mit dem Einzug der Beiträge begonnen werden. Da der Stadtgarten von allen Bewohnern benützt wird, so ist wohl die freundliche Bitte gerechtfertigt, eS möchte auch von der ganzen Einwohnerschaft zu den Beiträgen beigesteuert werden. Wir weisen noch darauf hin, daß der Verschöncrungsverein und der Fremdenverkehrsverein zwar im allgemeinen die
Feniüeknn. NvcLdruck verboten.
Die Schwestern.
Roman von Hans Wachenhusen.
(Fortsetzung.)
Rosa war diese Gesellschaft nicht nach ihrem Geschmack; sie roch so nach der »Schmiere," denn es war Spätherbst. Die Aermsten waren ohne Unterkunft geblieben, jetzt, da olle anständigen Engagement schon abgeschloffen und angetreten waren; sie konnten nur als Stellvertreter dienen für diejenigen, die auf Probe engagiert worden, den Provinzial-Direktoren nicht gefallen und nicht die viel geringere Gage angenommen hatte, die ihnen unter diesem Vorwand geboten worden.
Rosa schaute mit Minderachtung auf diese Gesellschaft und würdigte sie kaum eines Blickes. Endlich nach einer halben Stunde schallten schwere Tritte im Bureau drüben, und nach V-rb uf weniger Minuten war die Tür zu diesem geöffnet.
„Fräulein Rosa !" Der Bureauchef Herr Heilig, winkte ihr, und so stand sie denn im Bureau des „Direktor" Röter, wie er sich nennen ließ, einem Mann von starker, breitschultriger Gestalt, mit schon ergrautem Vollbart, einem Lebemann von sehr bewegter, abenteuerlicher Vergangenheit und grundsatzlos. Auch er war in der Teaterwelt durch jede Buße gegangen, führte jetzt ein HauS, in dem er die Größten der Bühnen glänzend bewirtete, um am andern Morgen, wie man erzählte, sich vor dem Execatrr und dem Personalarrest hinter dem Leinen
zug im großen Buffet seines Speisesaale« zu oersteckeu. Er gi.ig mit den weiblichen Angehörigen, die durch seinen Einfluß erst ihre Karriere zu machen hofften, wie mit seinen Leibeigenen um und hatte in dieser Richtung so manches auf dem Gewissen.
Auch Rosa mußte es sich also gefallen lassen, daß er, nachdem der Bureauchef sich diskret zurückgezogen, sie umarmte, küßte und ihr dann den Sessel dem seinigen gegenüber anwieS.
„Mein Kind, Deine Sache steht schlecht," sagte er, der alle seine weiblichen Schützlinge mit Du anredete. „Man scheint in Wien von anderer Seite Erkundigungen über Deine Leistungen eingezogen zu haben, die nicht günstig sind. Man bietet Dir ein Drittel weniger, als eigentlich verabredet. Aber, was kann's Dir darauf ankommen? ES giebt so viele reiche Kavaliere in Wien! Ich gebe Dir Empfehlungen mit; — nimm an, was Dir geboten!"
Rosas Antlitz bedeckte sich mit glühendem Rot.
„Willst Du. so bringe ich Dir heute Nachmittag selbst den Kontrakt in Deine Wohnung."
Rosa blickte in starrer Verlegenheit vor sich hin.
Direktor Röter schob den Kontrakt, nachdem er auf den Arbeitstisch gegriffen, in ein Fach zurück, und schellte seinem Bureauchef.
„Ueberlege Dir'« Bis vier Uhr! Ich komme selbst! Augenblicklich bin ich, wie Du sahst, im Wartezimmer belagert!" Er erhob sich und auch Rosa stand auf.