Sonderabdruck aus dem „Staats-Anzeiger für Württemberg" Nr. 188 vom 18. August 1915.
Amtliches.
Bekanntmachung
betreffend Beräicheruug, Verarbeitung und Beschlagnahme von Baumwolle, Baumwollabgängeu und Baumwollgefpinsten.
Nachstehende Bekanntmachung wird hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebracht mit dem Bemerken, daß jede Uebertretung — worunter auch verspätete oder unvollständige Meldung fällt — sowie jedes Anreizen zur Uebcr- tretung der erlassenen Bekanntmachung, soweit nicht nach den allgemeinen Strafgesetzen höhere Strafen verwirkt sind, nach 8 9 Buchstabe b *) des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 oder nach 8 5**) der Bekanntmachung über Vorratserhebungen vom 2. Februar 1915 oder nach 8 6***) der Vundesratsverordnung vom 24. Juni 1915 über die Sicherstellung von Kriegsbedarf bestraft wird. Auch kann der Militärbefehlshaber die Schließung des Betriebes anordnen.
8 1-
Inkrafttreten der Anordnungen.
Die Anordnungen dieser Bekanntmachung treten mit Beginn des 14. August 1915 in Kraft.
8 2 .
Von der Bekanntmachung betroffene Gegenstände.
Von dieser Bekanntmachung betroffen sind Baumwolle, Baumwoll- abgänge und Baumwollgeipinste.
Unter Baumwollabgängen im Sinne dieser Bekanntmachung werden nur die im Spinnverfahren anfallenden sogenannten Spinnwickel, die Abgänge von den Cardenbändern und Vorgarngfäden verstanden,
Kunstbaumwolle, welche im Reißverfahren aus Fäden oder Web- und Wirkstoffen gewonnen wird, fallt nicht unter die Bestimmungen dieser Bekanntmachung.
Unberührt durch die Anordnungen dieser Bekanntmachung bleiben diejenigen Mengen von Baumwolle und Baumwollabgängen, welche nach dem 15. Juni 1915 aus dem Ausland lnicht Zollausland) nach Deutschland eingeführt worden sind und die aus ihnen hergestcllten Baumwollgespinste. Die von der deutschen Heeresmacht besetzten Gebiete gelten nicht als Ausland im Sinne dieser Anordnungen.
8 3-
Veräußerungsverbot.
Die Veräußerung von Baumwolle und Baumwollabgängen, welche sich im Besitz von Nichtverarbeitern (Händlern usw.) befinden, ist nur zulässig:
a) an Baumwollspinnereien,
d) an sonstige Selb st Verarbeiter.
8 4.
Beschlagnahme von Rohstoffen.
Baumwolle und Baumwollabgänge, welche sich im Besitz von Nichtverarbeitern befinden und deren Veräußerung an Selbstverarbeiter nicht bis zum Ablauf des 28. August 1915 ersolgt ist, sind von diesem Zeitpunkt an beschlagnahmt.
8 S.
Verarbeitnngs verbot.
Das Mischen, Bleichen, Färben, Verspinnen und sonstige Vorarbeiten von Baumwolle und Baumwollabgängen für sich, miteinander und mit irgonwelchen Zusatzspinnstoffen, ist (unbeschadet der Vorschriften des Z 6) mit dem Beginn des 14. August 1915 verboten, soweit eS nicht erforderlich ist zur Herstellung von Halb- und Ganzerzeugnissen zwecks Erfüllung von unmittelbaren oder mittelbaren Aufträgen der Heeres- oder Marineverwaltung oder zur Herstellung von Erzeugnissen, deren Anfertigung von der Heeres-Verwaltung durch besondere Anordnung (A 9) genehmigt ist. Gestattet bleibt die Herstellung von Baumwollssilcn und Spindelschnüren für den Bedarf des eigenen Betriebes.
Der Nachweis der Verwendung zur Erfüllung von Aufträgen der Heeres- oder Marine-Verwaltung ist zu führen. Er gilt nur als geführt, wenn der Abnehmer der Halb- oder Ganzerzeugnisse dem Lieferer einen amtlichen Belegschein in doppelter Ausfertigung, ordnungsgemäß ausgefüllt und unterschrieben, übergibt. Die amtlichen Belegscheine sind erhältlich bei dem Webstoffmeldeamt der Kriegs-Roh- stoff-Abteilung des König!. Preuß. Kriegsministeriums, Berlin 81V 48, Verlängerte Hedemannstr. 11. Eine Ausfertigung der erhaltenen Belegscheine hat der Lieferer an das vorbezeichnete Webstoffmeldeamt ein- jusenden, die zweite als Beleg aufzubewahren.
8 6 .
Uebergangsvorschriftcn.
In der Zeit vom 14. August bis 4. September 1915 einschließlich dürfen die Baumwollspinnereien ihre Erzeugung ohne Rücksicht auf die Verwendung des Gespinstes fortsetzen. Ihre Erzeugung darf jedoch in dieser Zeit nicht mehr als ein Drittel der Erzeugung ihres gewöhnlichen Betriebsumfangs betragen. Diese Einschränkung betrifft auch die Erzeugung, die für Aufträge der Heeres- oder Marineverwaltung bestimmt ist, soweit nicht ein Betrieb infolge der Einschränkung außerstande wäre, die übernommenen unmittelbaren oder mittelbaren Aufträge der Heeres- oder Marineverwaltung rechtzeitig fertig zu stellen.
Für die Feststellung des gewöhnlichen Betriebsumfanges ist maßgebend die Zahl der Spinnspindeln des Betriebes multipliziert mit der Zahl der Stunden, welche diese Spindeln im Monat Juni 1914 im Betriebe waren.si)
*) Wer in einem in Belagerungszustand erklärten Orte oder Distrikte ein bei Erklärung des Belagerungszustandes oder während desselben vom Militärbefehlshaber im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenes Verbot Übertritt oder zu solcher Uebertretung auffordert oder anreizt, soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheiheitsstrase bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft werden.
**) Wer vorsätzlich die Auskunft, zu der er auf Grund dieser Verordnung verpflichtet ist, nicht in der gesetzlichen Frist erteilt oder wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht, wird mit Gefängnis bis zusechsMonaten oder mit Geldstrafe bis zu zehntausend Mark bestraft, auch können Vorräte, die verschwiegen sind, im Urteil für dem Staate verfallen erklärt werden. Wer fahrlässig die Auskunft, zu der er auf Grund dieser Verordnung verpflichtet ist, nicht in der gesetzten Frist erteilt oder unrichtige oder unvollständige Angaben macht, wird mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark oder im Unvermögensfalle mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft.
»***) unbefugt einen beschlagnahmten Gegenstand bei Seite schafft, beschädigt oder zerstört, verwendet, verkauft oder kauft oder ein anderes Veräußerungs- oder Erwerbsgeschäft über ihn abschließt; wer der Verpflichtung, die beschlagnahmten Gegenstände zu verwahren und pfleglich zu behandeln, zuwider handelt; wer den erlassenen Ausführungsbestimmungen zuwider handelt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu zehntausend Mark bestraft.
1) Beispiel: Es liefen in einem Betriebe im Juni 1916 5000 Spindeln
an 21 Arbeitstag, je 10 Std. — 21 X10 X 6000 —1060000 Spindelstd.
" 4 „ „ 8 „ 4 X 8 X 6000---- 160000 Spin delstd.
Ms. 26 Arbeitstage mit.zus. 1210000Spindelstd.,
im Durchschnitt also täglich 48400 Spindelstunden; somit
cknschl.Vßlichetr^b ^ Zeit vom 16. August bis 4. September 1915
4 8 400 X 18 (---- Za hl der Arbeitstage vom 16. August bis 4. September)
3
— 290400 Spindelstunden insgesamt.
Die Baumwollspinnereien haben einen Nachweis über ihre« gewöhnlichen Betriebsumfang und die ihnen demnach in der Zeit vom 14. August' bis 4. September 1916 gestattete Erzeugung einzureichen.
Die hierzu erforderlichen Meldescheine sind unverzüglich mit Postkarte (nicht Brief) bei dem oben bezeichnet«» Webstoffmeldeamt (8 5 Absatz 2) zu erfordern. Die Meldescheine sind am 22. August 1916 an das König!. Preuß. Kriegsministerium, Kriegs-Rohstoff-Abteilung, Sektion IV. 11, (Berlin 8VV. 48, Verlängerte Hedemannstraße 10) einzureichen. Nach dem 4. September gelten die Vorschriften des H 5 auch für Baumwollspinnereien.
Baumwolle und Baumwollabgänge, welche bereits vor Bekanntmachung dieser Anordnungen in anderen Betrieben als Spinne- r:isn in Arbeit genommen worden sind, dürfen aufgearbeitet werden.
8 7 -
Beschlagnahme von Gespinste«.
Dis in den Baumwollspinnereien in der Zeit vom 14. August bis 4. Septsmbrr 1915 aus Baumwolle und Baumwollabgängen herge- strlltsn Gc vinste sind^ soweit ihre Herstellung nicht gemäß H 5 dieser Bekanntmachung erlaubt ist, beschlagnahmt.
Die beschlagnahmten Gespinste dürfen weder veräußert noch verarbeitet werden, lieber ihre Menge, Art und Nummer sind besondere Verzeichnisse zu führen. Ihre Packungen (Kisten usw.) sind mit der Aufschrift „Beschlagnahmte Ge-pinste" zu versehen.
Es ist eine Anzeige über die Menge, Art und Nummer der in der Zeit vom 14. August bis 4. September 1915 sertiggestellten Gespinste auf einem beim Webstoffmeldeamt durch Postkarte (nicht Brief) zu erfordernden Meldeschein am 6. September an daS König!. Preuß. Kriegsministerium, Kriegs-Rohstoff-Abteilung, Sektion >V. II. (Berlin 8>V 48, Verlängerte Hedemannstr. 10) zu erstatten.
8 8 .
F-reigegebene Mengen.
Freigegegben u beliebiger Verwendung verbleiben den Baumwolle verarbeitenden Betrieben, welche nicht Baumwollspinnereien sind, 10 Prozent von den bei Beginn deS 14. August 1915 vorhandenen eigenen Beständen an Baumwolle und Baumwollabgängen, jedoch mindestens 1000 lrg und höchücnS 5000 Icg.
8 9.
Ansnahmebewilligung.
Für die Genehmigung von Freigaben von Baumwolle und Baumwollabgängen zu einer anderen als der im A 5 vorgesehenen Verwendung, für die Bewilligung von Ausnahmen von der Erzcugungs- beschränkung deS H 6 aus Gründen eines öffentlichen Interesses, sowie für die Genehmigung der Veräußerung der beschlagnahmten Gespinste (tz 7) ist das König!. Preuß. Kricgsministerium, Krisgs-Nohstosf-Ab- teilung, Sektion VV, II. (Berlin 8IV. 48, Verlängerte Hedemannstr. 10) zuständig.
8 io.
Austausch vo» Baumtvollsorten.
Zur Herbeiführung eines Austausches der verschiedenen Sorten von Baumwolle unter den Selbstvcrarbeitern wird beim Königl. Preuß. Kriegsministerium, Kriegs-Rohstoff-Abteilung, Sektion V. II, eins „Ausgleichstelle für Baumwolle" errichtet.
Der Austausch erfolgt nach besonderen von der Ausgleichsstelle für Baumwolle zu erlassenden Bestimmungen auf der Grundlage, daß gleiche Mengen gegeneinander unter Vergütung des Wertunterfchiedes auf Grund einer von der Ausgleichsstelle aufzustellenden Liste für Klaffen und Stapeluntcrschiede ausgetauscht werden.
Stuttgart, den 13. August 1915.
Das Kgl. Stellv. Generalkommando XIII. (K. W.) Armeekorps:
(gez.) v. Marchtaler.
Bekanntmachung
betreffend Veräußerungs- und Vcrarbeitungsverbot von reiner Schafwolle und reinschafwollenen Spinnstoffen.
Nachstehende Bekanntmachung wird hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebracht, mit dem Bemerken, daß jede Uebertretung sowie jedes Anreizen zur Uebertretung der erlassenen Bekanntmachung, soweit nicht nach den allgemeinen Strafgesetzen höhere Strafen verwirkt sind, nach 8 9 Buchstabe b*) des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 oder nach 8 5**) der Bekanntmachung über Vorratserhebungen vom 2. Februar 1915 bestraft wird. Auch kann der Militärbefehlshaber die Schließung der Betriebe anordnen.
8 1 -
Inkrafttreten.
Die Anordnungen dieser Bekanntmachung treten mit Beginn des 14. August 1915 in Kraft.
. Z2.
Veraußerungsverbot.
Die Veräußerung ungefärbter und gefärbter reiner Schafwolle, d. h. L7nwLE°°"inschNHlich ! ^ nachstehenden kurz
2. gewaschener und karbonisierter l
Wolle I genam-r,
und ungefärbter und gefärbter reinschafwollener Spinnstoffe, d. h.
g. Kammzug, l
4. Kämmlinge, s Im nachstehenden kurz
5. Wollabgänge (Kammgarn- und , „reinschafwollene
Streichgarnfäden, Wickel, Zug- Spinnstoffe" genannt, abriffe) I
zu anderen als zu Heeres- oder Marinezwecken ist von Beginn des 14. August 1915 ab verboten.
Als Veräußerung zu Heeres- oder Marinezwecken gilt nur:
1. Die Veräußerung an Personen, welche diese reine Schafwolle und reinwaschwollenen Spinnstoffe nachweislich zur Herstellung von Halb- und Ganzerzeugniffen zwecks Erfüllung von unmittelbaren oder mittelbaren Aufträgen von Militär- oder Marinebehörden brauchen,
2. die Veräußerung an die Kriegswollbedarfs-Aktiengesellschaft oder die Kammwoll-Aktiengescllschast, Berlin.
Es ist der Nachweis dafür zu erbringen, daß die Veräußerung tatsächlich zu Heeres- oder Marinezwecken erfolgt ist; der Nachweis gilt nur dann als ausgeführt, wenn der Abnehmer dem Lieferer einen amtlichen Belegschein in doppelter Ausfertigung, ordnungsgemäß ausgefüllt und unterschrieben, übergibt, dessen Hauptausfertignng der Lieferer an das Webstoff-Meldeamt der Kriegs-Rohstoff-Abteilung des Königlich Preußischen Kriegsministeriums, Berlin SW. 48, Verlängerte Hedemannstraße 11, einzusenden hat, dessen zweite Ausfertigung der Lieferer als Ausweis aufbewahrt. Die amtlichen Belegscheine sind beim Webstoff- Meldeamt erhältlich.
*) Wer in einem in Belagerungszustand erklärten Orte oder Distrikte ein bei Erklärung des Belagerungszustandes oder während desselben vom Militärbefehlshaber im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenes Verbot Übertritt, oder zu solcher Uebertretung auffordert oder anreizt, soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höheren Freiheitsstrafen bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft werden.
**) Wer vorsätzlich die Auskunft, zu der er auf Grund dieser Verordnung verpflichtet ist, nicht in der gesetzlichen Frist erteilt oder wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit
Geldstrafe bis zu zehntausend Mark bestraft, auch können Vorräte, die verschwiegen stich, im Urteil für dem Staate verfallen erklärt werden. Wer fahrlässig die Auskunft, zu der er auf Grund dieser Verordnung verpflichtet ist, nicht in der gesetzten Frist erteilt oder unrichtige oder unvollständige Angaben macht, wird mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark oder im UnvsrmögenSfalle mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft.
8 3 -
VerweuduugSverbot.
Das Waschen, Kämmen, Mischen, Färben, Verspinnen sowie jegliche andere Art der Verarbeitung und Verwendung von:
1. ungefärbter oder gefärbter reiner Schafwolle aller Feinheitsgrade untereinander,
2. ungefärbten oder gefärbten reinschafwollene» Spinnstoffen aller Feinheitsgrade untereinander,
3. ungefärbter oder gefärbter reiner Schafwolle aller Feinheitsgrade mit ungefärbten oder gefärbten reinschafwollenen Spinnstoffen aller Feinheitsgrade,
4. ungefärbter oder gefärbter reiner Schafwolle aller Feinheitsgrade oder ungefärbter und gefärbter reinschafwollener Spinnstoffe aller Feinheitsgrade mit irgendwelchen reinen oder gemischten Zusatzspinnstoffen, zum Beispiel Baumwolle, Kunstwolle, Seide, Kunstseide, anderen Faserstoffen usw. im nachstehenden „Zusatzspinne stoffe" genannt,
ist nach dem Beginn des 14. August 1916 verboten.
Diejenigen Mengen, welche vor Inkrafttreten der Anordnungen dieser Bekanntmachung gewolft waren, dürfen weiter verarbeitet werden.
Nach dem Beginn des 14. August 1916 ist das Waschen, Kämmen, Mischen, Färben, Verspinnen sowie jegliche andere Art der Verarbeitung und Verwendung (vergl. oben unter 1 bis 4) nur zur Herstellung solcher Halb- und Ganzerzeugnisse gestattet, deren Anfertigung vom Königlich Preußischen Kriegsministerium oder Reichs-Marino-Amt unmittelbar, mittelbar oder durch Vermittlung des Kriegs-Weberverbandes, Kriegs-Tuchverbandes oder des Kriegs-Garn- und Tuchverbandes e. V., Berlin, ausdrücklich genehmigt ist.
Dis Verarbeitung eigener Bestände zu Heeres- oder Marinezwecken muß bis zum 31. Dezember 1915 erfolgt sein. Verlängerung dieser Frist kann auf ausführlich begründeten Antrag, welcher nur im November 1915 gestellt werden kann, durch die Kriegs-Rohstoff-Abteilung des Kriegsministeriums, Berlin, gewährt werden.
8 4.
Ausnahmen vom Veräußerungs- und Verwenduugsverbot.
Ausgenommen von den im 8 2 und 8 3 getroffenen Anordnungen sind die Wollen der deutschen Schafschur 1914/15, auf welche die Anordnungen über die Beschlagnahme der deutschen Schafschur 1914/16 und die in der Verordnung über Bestandserhebung unvsriponnener Schafwollen Nr. °lV. I. 1/6.16. K. R. A. getroffenen Bestimmung:» Anwendung finden. Das Verkämmen der Wollen der deutschen Schafschur 1914/16 ist verboten, soweit nicht durch ausdrückliche Verfügung des Kriegsministeriums hierzu Erlaubnis erteilt worden ist.
Von denjenigen Mengen eigener Bestände ungefärbter und gefärbter reiner Schafwolle und ungefärbter und gefärbter reinschafwollener Spinnstoffe, welche deren Verarbeiter bei Bekanntmachung dieser Verordnung im Besitze haben, dürfen nach Abzug derjenigen Mengen, welche der deutschen Schafschur 1914/16 entstammen, und nach Abzug derjenigen Mengen, welche zu Heeres- oder Marinezwecken gebraucht werden, 20 vom Hundert, in jedem einzelnen Falle aber 1000 leg, jedoch nicht über 7500 lrg verwendet werden.
Die Erlaubnis, 20 vom Hundert der eigenen Bestände, verarbeiten zu dürfen, findet keine Anwendung auf Kammgarnspinner (siehe tz 7).
Diese 20 vom Hundert reiner Schafwolle und reinschafwollener Spinnstoffe dürfen beliebig aus den eigenen Beständen vom Verarbeiter entnommen und beliebig verwendet werden. Die freigegebenen Mengen sollen in erster Linie zur Herstellung solcher Schußgarne verwendet werden, die zum Abweben der auf den Webstühlen befindlichen gebäumten oder geschorenen Ketten gebraucht werden. Sollte die freigegebene Menge für diesen Zweck nicht ausreichen, so kann auf begründeten Antrag dem Selbsthersteller weitere Freigabe durch die KriegS- Rohstoff-Abteilung des Königlich Preußischen Kriegsministeriums, Sektion VV I, bewilligt werden. Alle diejenigen Mengen, die zu den bei Inkrafttreten dieser Anordnungen im Besitz der Verarbeiter befindlichen eigenen Beständen hinzutreten, dürfen nur für Heeres- oder Marinezwecke verwendet werden.
8 6 .
Zusatz vo» Baumwolle und Baumwollabfällen.
Soweit Baumwolle oder Baumwollabfälle als Zusatzspinnstoff verwendet werden, ist bei allen erlaubten Spinnstoffmischungen ein Zusatz von mehr als 20 vom Hundert Baumwolle oder Baumwollabfälle«, auf die Gesamtspinnstoffmenge jeder einzelnen Mischpartie berechnet, verboten.
Diejenigen Mengen, welche vor Inkrafttreten der Anordnungen dieser Bekanntmachung bereits gemischt waren oder sich in Mischung befanden, dürfen weiter verarbeitet werden.
8 6 .
Ausnahme« für Einfuhr.
Die Bestimmungen dieser Bekanntmachung finden keine Anwendung auf diejenigen Mengen reiner Schafwolle und reinschafwollener Spinnstoffe, welche nach Inkrafttreten der Anordnungen dieser Bekanntmachung vom Ausland nach Deutschland eingeführt werden. Die von der deutschen Heeresmacht besetzten Gebiete gelten nicht als Ausland im Sinne dieser Anordnungen. Die eingeführten Mengen muffen bei der monatlichen Bestandsanmeldung ««versponnener Schafwollen auf besonderem Meldeschein mit dem Vermerk „Wolleinfuhr" gemeldet werden.
Die in der Zeit vom 1. Januar bis 16. August 1916 eingeführten Mengen reiner Schafwolle und reinschafwollener Spinnstoffe sind bis zum 20. August 1915 dem Webstoff-Meldeamt der Kriegs-Rohstoff- Abteilung des Königlich Preußischen Kriegsministeriums, Berlin SW 48, Verlängerte Hedemannstraße 11, zu melden.
8 7 -
Besondere Bestimmungen für Kammgaruspinner.
Für Kammgarnfpinner wird des weiteren angeordnct:
L. Die eigenen Bestände der Kamgarnspinner sowohl in Wollen als auch in ungefärbten oder gefärbten Kammzügen in den Feinheitsgraden bis einschließlich v i müssen zu der
vom Königlich Preußischen Kriegsministerium vorgeschriebenen Kriegsmischung mitversponnen und dürfen zu anderen Zwecken nicht verwendet werden. Diese eigenen Bestände der Kammgarnfpinner müssen bis zum 31. Dezember 1915 versponnen und zur Weiterverarbeitung zu Heeres- oder Marinezwecken abgeliefert sein.
Eine Verlängerung dieser Frist kann nur auf ausführlich begründeten Antrag, welcher nur im November 1916 gestellt werden kann, durch die Kriegs-Rohstoff-Abteilung des Kriegsministeriums, Sektion 7V I, Berlin, bewilligt werden.
Die in der vorgefchriebenen Kriegsmischung gesponnenen Webkammgarne für Militärstoffe, sowohl aus eigenen Beständen der Kammgarnspinnereien als aus Zuteilungen der Kammwoll- Aktiengesellschaft, Berlin, hergestellt, dürfen nur durch Vermittlung des Kriegs-Weberverbandes, Kriegs-Tuchverbandes oder Kriegs-Garn- und Tuchverbandes e. B-, Berlin, veräußert werden.
V. Die eigenen Bestände der Kammgarnspinner sowohl in Wollen als auch in ungefärbten und gefärbten Kammzügen in den Feinheitsgraden I> II und geringer dürfen nur zu Strickgarnen versponnen werden.
8 8 .
Frergabeanttage und Anfrage«.
Für die Genehmigung von Freigaben ist das Königlich Preußische Kriegsministerium, Kriegs-Rohstoff-Abteilung, Sektion >V I, ausschließlich zuständig.
Alle auf die vorstehende Bekanntmachung bezüglichen Anfragen und Anträge sind mit der Kopsschrift „Spinnverbot" an die Kriegs-Rohstoff-Abteilung, Sektion I, Berlin SW 48, Verlängerte Hedemannstraße 11, zu richten« Stuttgart, den 13. August 1915.
Das K. stellv. Generalkommando des XIII. (K. W.) Armeekorps:
(gez.) v. Marchtaler.
Herausgeber und Redakteur; Professor Horm««« Haug i« Stuttgart. — Druck der Stuttgarter Buchdruckerei-Gesellschaft (früher Ehr. Fr. Cotta's Erben).