8 43.

Die Vorschriften dieser Verordnung beziehen sich nicht Kuf Gerste, die nach dem 12. März 1915 aus dem Ausland eingeführt ist.

" Als Ausland im Sinne dieser Vorschrift gilt nicht das besetzte Gebiet. Gerste, die aus besetztem Gebiet eingeführt wird, darf nur an die Heeresverwaltungen, die Marine­verwaltung, die Zentralstelle zur Beschaffung der Heeres­verpflegung und die Zentral-Einkaufs-Gesellschaft m. b. H. geliefert werden.

8 44.

Wer der Vorschrift des 8 43 Abs. 2 zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geld­strafe bis zu fünfzehnhundert Mark bestraft.

8 45.

Diese Verordnung tritt mit dem 1. Juli 1915 in Kraft. Der Reichskanzler bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens.

Die Verordnung über die Regelung des Verkehrs mit Gerste vom 9. März 1915 (ReiKs-Gesetzbl. S. 139) sowie die Aenderung dieser Verordnung vom 17. Mai 1915 (Neichs Tesetzbl. S. 282) werden aufgehoben.

Verfügung des Ministeriums des Innern über den Verkehr mit Gerste.

Zu der vorstehend abgedruckten Verordnung des Bundesrats über die Regelung des Verkehrs mit Gerste vom 28. Juni 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 384) werden fol­gende Ausführungsbestimmungen erlassen:

8 1.

1. Kommunalverbände im Sinne der Bundes­ratsverordnung sind die Amtskörperschaften und die Stadt­gemeinde Stuttgart.

2. Zu ständige Behörden sind

») im Sinne von 8 3 Abs. 1, 8 4, 8 40 Ziff. 4, 8 13 die Oberämter und das Stadtschultheißenamt Stuttgart, k) im Sinne des 8 38 Abs. 1

die Ortspolizeibehörden und die Oberämter (vergl. unten 8 13).

Oertlich zuständig ist diejenige Behörde, in deren Be­zirk sich die Vorräte befinden.

3. Höhere Verwaltungsbehörden sind

») im Sinne des 8 22 Abs. 2 die Landesfuttermittelstelle, L) im Sinne des 8 38 Abs. 2 die Oberämter bei Be­schwerden gegen die Verfügungen der Ortspolizei­behörden, die Landesfuttermittelstelle bei Beschwerden gegen die Verfügungen der Oberämter, o) in den Fällen der 88 3,15,16,17 und 34 der Bundes­ratsverordnung hat zunächst das Oberamt oder das Stadtschultheißenamt Stuttgart Verfügung zu treffen. Diese ist endgültig, wenn nicht binnen einer Woche nach der Eröffnung einer der Beteiligten bei der ge­nannten Behörde Einsprache erhebt, lieber die recht­zeitig erhobene Einsprache entscheidet die Landesfutter- mittelstelle.

4. Landeszentralbehörde im Sinne des 8 8 Absatz 2 der Bundesratsverordnung ist die Landesfutter­mittelstelle.

5. Die Landesfuttermittelstelle ist zur Erlassung von Ausführungsbestimmungen im Sinne des 8 89 der Bundes­ratsverordnung befugt, soweit solche nicht vom Ministerium des Innern erlaßen werden.

Zu I. Beschlagnahme.

8 2 .

Zu 8 1- Die Verordnung bezieht sich nur auf Gerste '(Winter- und Sommergerste). Für Mengkorn und Misch­frucht, worin sich außer Gerste auch Hafer befindet, gilt die Lfimdssratsverordnung über den Verkehr mit Hafer vom I8. Juni 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 393). Für Mengkorn, das außer Gerste Brotgetreide enthält, gilt die Verordnung Zber den Verkehr mit Brotgetreide vom 28. Juni 1915 '(Reichs-Gesetzbl. S. 363).

8 3.

Zu §2, 8 3' 8 5 Abs. 2, ß 6, 8 7.

(1) Die Oberämter und die Ortspolizeibehörden Zaben die Einhaltung dieser Vorschriften zu überwachen. Die Besitzer von Vorräten sind verpflichtet, den Beauftrag­en der genannten Behörden den Zutritt zu ihren Vorrats- tznd Betrieksränmcn wie überhaupt zu allen Oertlichkeiten, 8n denen sich Vorräte befinden können, zu gewähren und Hnen die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Handlungen zu ermöglichen, namentlich auf Verlangen die Geschäftsbücher und Geschäftspapicre jederzeit vorzulegen.

Zu § 2 Satz 2.

(2) Die Kommunalverbände werden ihre Zustimmung M rechtsgeschäftlichen Verfügungen, insbesondere zu ^ Kauf- Verträgen über Gerste stets dann erteilen, wenn die Er­füllung ihrer Lieferpflicht nach § 23 Abs. 1 der Verordnung burch die Verfügungen nicht berührt wird und wenn ein dringender Bedarf zur menschlichen Ernährung oder zur Durchhaltung der Geflügelbestände nachgewiesen wird oder hie Landesfuttermittelstelle die Zustimmung verlangt.

(3) Wegen der Zustimmung zur Entfernung von Gerste sus dem Kommunalverband wird auf 8 32 der Bundes- satsverordnung und 8 40 der Ausführungsbestimmungen verwiesen.

8 4.

Zu 88 6,7.

(1) Die Hälfte der geernteten Menge kann von den Landwirten im eigenen Betriebe beliebig verwendet, also auch verfüttert werden. Auch ist der Verkauf als Saat­gerste für Saatzwccke unter der in 8 7 Buchstabe s, der Ver­ordnung bezeichnten Voraussetzung sowie der Verkauf an Betriebe mit Kontingent (Bezugsschein) oder an die Zen- 'tralstelle zur Beschaffung der Heeresverpflegung (unmittel­bar oder durch Vermittlung eines von ihr oder der Landes- suttermittelstelle bevollmächtigten Händlers) oder an den AMUnunalverbarid zulässig. Die andere Hälfte ist« soweit

sie nicht gemäß 8 7 der Verordnung berkaust oder gemäß Z 6 Abs. 2 der Verordnung verarbeitet wird, an den Kom­munalverband abzuliefern (8 41 der Verordnung).

(2) Die Kommunalverbände haben im Hinblick auf die Vorschrift in den 88 23, 24 der Verordnung in ihrem eigenen Interesse darauf zu sehen, daß dieAnzeigepflicht nach 8 7 Abs. 2 strengstens beachtet wird

8 5 .

Zu 8 7 Abs. 1 Buchst, a.

Der Nachweis, daß die Saatgerste aus landwirtschaft­lichen Betrieben stammt, die sich in den letzten 2 Jahren mit dem Verkauf von Saatgerste befaßt haben, ist er­forderlichenfalls durch Vorlage von Frachtbriefen, Rech­nungen, eines Zeugnisses der Saatzuchtanstalt Hohenheim, einer Landwirtschaftskammer oder ähnlicher Beweismittel zu erbringen.

ZuH. Lieferung derGerste.

Zu 8 11 Abs. 3. ^ 0-

(1) Den Kommunalverbänden wird empfohlen, bei Unternehmern kleiner landwirtschaftlicher Betriebe, welche Gerste nur für den eigenen Bedarf angebaut haben, auf deren Gerstenlieferung auf Antrag und soweit möglich in einem solchen Umfang zu verzichten, daß den Unternehmern ein zur Deckung ihres eigenen Bedarfs nötiger Vorrat bis zu 10 Zentnern (5 Doppelzentnern) verbleibt. Derartige Anträge sind binnen einer vom Kommunalverband oder der Landesfuttermittelstelle zu bestimmenden Ausschlußfrist beim Ortsvorsteher einzureichen und von diesem mit einer Aeußerung über den Umfang des Betriebs des Unter- nehmers und die Dringlichkeit des Gesuchs alsbald an den Kommunalverband weiterzuleiten.

(2) Der Kommunalverband hat seiner Lieferpflicht gegenüber der Zentralstelle zur Beschaffung der Heeres­verpflegung (8 20 Abs. 2 Buchst. L, 88 23, 24 der Ver­ordnung) in solchen Fällen (Abs. 1) gleichwohl in vollem Umfang zu genügen. Er hat daher diejenigen Mengen, auf deren Lieferung er verzichtet, anderweitig zu beschaffen, solche also entweder bei anderen Gerstenbesitzern seines Be­zirks freihändig aufzukaufen oder dafür zu sorgen, daß die Menge aus den Bezirken anderer Kommunalverbände für die Zentralstelle zur Beschaffung der Heeresverpflegung zur Verfügung gestellt wird. Die Landesfuttermittelstelle hat ihm hiebei behilflich zu sein, insbesondere Aufkäufe der letzteren Art zu vermitteln.

8 7.

Zu 8 15.

(1) Wegen der Festsetzung des Uebernahmepretses wird auf die entsprechende Anwendung findenden Vorschriften in Ziff. II 2 Abs. 4 der Bekanntmachung des Ministeriums des Innern vom 25. Januar 1915, betreffend Höchstpreise (Kriegsbeilage I zum Amtsblatt des Ministeriums des In­nern S. 152, Staatsanzeiger Nr. 20) verwiesen.

(2) Das Gutachten der Sachverständigen ist schriftlich zu erstatten oder in feinen wesentlichen Teilen in eine amt­liche Niederschrift aufzunehmen. Falls über die Festsetzung infolge der Einsprache eines Beteiligten gemäß § 1 Ziff. 8 Buchst, v der Ausführungsbestimmungen die Landesfutter­mittelstelle zu entscheiden hat, ist die Aeußerung der Sach­verständigen dieser Stelle vorzulegen. Ihr bleibt es über­lassen, nochmals Sachverständige zu hören oder sich mit der Aeußerung der oberamtlichen Sachverständigen zu be­gnügen

8 8 .

Zu 8 16.

(!) 8 3 Abs. 1 der Ausführungsbestimmungen findet 'entsprechende Anwendung.

(2) Alsangemessene Vergütung" wird, wenn nicht ganz besondere Verhältnisse eine Abweichung rechtfertigen, der Betrag von 3 o/i für den Monat und die Tonne gleich­mäßig sestzusetzen sein; für kürzere Zeiträume ergeben sich hiernach 10 für den Tag und die Tonne.

Zu III. Verbrauchsregelung,

8 8 .

Zu 8 20 Abs. 2 Buchst, fl.

Bei der Verteilung der den Kommunalverbänden von drr Reichs- oder Landesfuttermittelstelle überwiesenen oder von den Kommunalverbänden gemäß 8 8 der Verordnung zur freien Verfügung erworbenen Gerste ist auf die Inter­essen der Geflügelhaltung besondere Rücksicht zu nehmen.

8 10.

Zu 8 22 Abs. 2.

Die Vorschrift in § 22 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung hat den Zweck, die Uebcrwachung der aus dem Kommunal­verband ausgeführten Mengen zu erleichtern; auf ihre Einhaltung ist mit Rücksicht auf die Vorschriften der §8 23 und 24 der Verordnung strengstens zu achten. Die Zustim­mung ist auf Verlangen der Landcsfuttermittelstelle stets zu erteilen.

8 11-

Zu 8 23.

(1) Unterzur Verfügung stellen" im Sinne ves 8 23 Abs. 1 Satz 1 ist der kommissionsweise Ankauf auf Rech­nung der Zentralstelle zur Beschaffung der Heeres­verpflegung zu verstehen. Es empfiehlt sich, den Aufkauf von Gerste mit dem von Brotgetreide und Hafer zu ver­binden und von der Bestimmung in 8 23 Abs. 2 möglichst Gebrauch zu machen.

(2) Ueber die Art der Abrechnung mit den Besitzern der Vorräte und der Zentralstelle zur Beschaffung der Hceresverpflcgung wird seitens der Landesfuttermittelstelle nähere Anleitung ergehen.

8 12-

Zu 8 25 und 8 26.

Die Berichte sind in doppelter Fertigung an die Landesfutter mittel st elle zu erstatten.

Zu 8 38.

(1) Die zuständige Behörde wird von dem Recht, einen Betrieb zu schließen, namentlich .Gebrauch machen« wenn es

8 13.

sich um grobe oder wiederholte PfliWerleßttngen bei In» Habers oder Betriebsleiters handelt.

(2) Die Schließung kann je nach der Sachlage auj kürzere oder längere Dauer erfolgen, längstens bis zuN Zeitpunkt des Außerkrafttretens der BundesratsveroÄ« nung.

(3) Die Schließungsverfügung ist in erster Linie Sache der Ortspolizeibehörde. Nötigenfalls kann aber auch das Oberamt ohne weiteres die Verfügung treffen.

8 14.

Zu 8 41.

Sobald die Oberämter und die Ortspolizeibehörden vom Vorhandensein von der Beschlagnahme unterliegenden Gerstenvorräten im Sinne des 8 41 der Bundesratsverord­nung Kenntnis erlangen, ist hievon der Landesfuttermittel­stelle Anzeige zu erstatten.

8 15.

Die Verfügung des Ministeriums des Innern, be­treffend die Regelung des Verkehrs mit Gerste vom 15. März 1915 (Kriegsbeilage I zum Amtsblatt des Mini­steriums des Innern S. 127, Staatsanzeiger Nr. 63) ist außer Wirksamkeit getreten.

Die K. Oberämter und das Stadtschult- heißenamt Stuttgart werden beauftragt, die wichtigsten Vorschriften der Bundesrats­verordnung und der Ausführungsbestim­mungen hiezu alsbald bekannt zu geben und für die Durchführung der in ihnen ge­gebenen Vorschriften Sorge zu tragen.

Sonderabdrücke können bei der Geschäftsstelle de- Staatsanzeigers bezogen werden.

Stuttgart, den 5. August 1915.

F l e i s ch h a ue r.

Bekanntmachung des Stellvertreters des Reichskanzler- über die Regelung des Verkehrs mit Hafer.

Vom 28. Juni 1915. (R.Ges.Bl. S. 393.)

Der Bundesrat hat auf Grund des Z 3 des Gesetzes über die Ermächtigung des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maßnahmen usw. vom 4. August 1914 (Reichs-Gesetzbl. S. 327) folgende Verordnung erlassen:

I. Beschlagnahme.

8 1.

Der im Reich angebaute Hafer wird mit der Trennung vom Boden für den Kommunalverband beschlagnahmt, in dessen Bezirk er gewachsen ist. Als Hafer im Sinne dieser Verordnung gelten auch Mengkorn und Mischfruckt, worin sich Hafer befindet.

Die Beschlagnahme erstreckt sich auch auf den Halm, mit dem Ausdreschen wird das Stroh von der Beschlag­nahme frei.

8 2 .

An den beschlagnahmten Vorräten dürfen Veränderungen nicht vorgenommen werden, soweit nicht in den ZH 3 bis 6 etwas anderes bestimmt ist. Das gleiche gilt von rechts- gefchäftlichen Verfügungen über sie und von Verfügungen, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung erfolgen.

§ 3.

Der Besitzer beschlagnahmter Vorräte ist berechtigt und verpflichtet, die zu ihrer Erhaltung erforderlichen Handlungen vorzunehmen; er ist berechtigt und auf Verlangen der z u- ständigenBehörde verpflichtet, auszudreschcn. Die Landes­zentralbehörden oder die von ihnen bestimmten Behörden können über Zeit und Art des Nusdrefchens Bestimmungen erlassen.

8 4.

Nimmt der Besitzer eine zur Erhaltung der Vorräte er­forderliche Handlung binnen einer ihm von der zuständigen Behörde gesetzten Frist nicht vor. so kann die Behörde die erforderlichen Arbeiten aus feine Kosten durch einen Dritten vornehmen lassen. Der Verpflichtete hat die Vor­nahme auf seinem Grund und Boden sowie in seinen Wirt­schaftsräumen und mit den Mitteln seines Betriebs zu gestatten.

Das gleiche gilt, wenn der Besitzer den Hafer nicht binnen einer ihm von der zuständigenBehörde gesetzten Frist ausdrischt.

8 5.

Erstreckt sich ein landwirtschaftlicher Betrieb über die Grenzen eines Kommunalverbandes hinaus, so darf der be­schlagnahmte Hafer innerhalb dieses Betriebs von einem Kommunalverband in den andern gebracht werden. Mit der Ankunft des Hafers in dem Bezirke des anderen Kommunalverbandes tritt dieser hinsichtlich der Rechte aus der Beschlagnahme an die Stelle des bisherigen Kommunal- verbandes.

Der Besitzer hat die Ortsänderung binnen drei Tagen unter Angabe der Getreidearten und ihrer Mengen beiden Kommunalverbänden anzuzcigen.

8 6 .

Zulässig sind Veräußerungen an die Heeresverwaltungen, die Marineverwaltung, die Zentralstelle zur Beschaffung der Heeresverpflegung und an den Kommunalverband, für den der Hafer beschlagnahmt ist, sowie alle Veränderungen und Verfügungen, die mit Zustimmung der Zentralstelle erfolgen. Trotz der Beschlagnahme dürfen aus ihren Vorräten:

u) Halter von Einhufern Hafer vrrfüttern, und zwar so­wohl an ihre Einhufer als an ihr übriges Vieh, Halter von Zuchtbullen an diese mit Genehmigung der zuständigen Behörde Hafer verfüttern.

Der Bundesrai bestimmt, welche Mengen die Tier­halter durchschnittlich für den Tag verfüttern dürfen. Bis zum Erlasse dieser Bestimmung darf nur nach Maßgabe des 8 4 Abs. 3«. der Verordnung vom

ÄI^Mär^' 1015 (Reichs-Gesetzbl. S. 81 und S. 200)

Hafer verfüttert werden;

d) Unternehmer landwirtschaftlicher Betriebe das zur Frühjahrsbestellung erforderliche Saatgut zur Saat