Wunderstalke Sache um die christliche Ewigkeits- Hoffnung. Auf den Kriegergräbern ragt manch schlichtes Kreuz. Man hatte keine Zeit zu langen Beerdigungsfeiern, aber ein kurzes Gebet hielt man doch. Christus, der Mann der Schmerzen und des Trostes, steigt vor der trauernden Seele auf, und er spendet gütig seinen Himmelsfrieden. Ein tapferes Dennoch geht durchs Herz. Ja, es gibt einen letzten, tiefsten Trost, und wer einen zweifelnden, verzweifelnden Menschen mild und klar darauf hinleitet, der tut ihm einen guten Dienst.
Aus der Liller Kriegszeitung: Ein Arzt schreibt aus dem Felde: Viel Kriegsgrruel beruhen nur auf Einbildung. Ein kleines, selbsterlebtes Beispiel. In einem Hausflur ein Mordsgekreisch und Geschrei. Ich sehe nach. Ein weibliches Wesen, dem gefährlichen Alter nahe, und ein bayrischer Trainsoldat. „Was gibts?" „II vout un bai8er!" (Er will einen Kuß, sagt sie.) „IIu Besen rvui (will) i!" sagt er. Ich kläre das Mißverständnis auf. worauf sie lacht. Er aber sagt, man hätte ihm noch etwas dazuschenken müssen, wenn er dem Weibsbild ein Busserl hätte geben sollen.
Italiens Verrat.
Weshalb Italien nicht mitging Mit uns in heil'gen Krieg Kommt jetzt zu Tage, we,l es nicht Uns gönnen will den Sieg.
Es trieb Verrat ja lange schon An unserem heil'gen Bund,
Die Maske läßt es fallen jetzt.
Der Welt wird es nun kund:
„Ueb' immer Treu' und Redlichkeit Auf diesem Erdenrund,
Mach's nie, wie es Jtalia tat Als Mitglied vom Dreibund."
Erpresserin Jtalia
Mit schwarzem Augenpaar,
Um Lohn verschacherst du die Treu' Ohn' Rücksicht wie es war.
Verlierst die Ehr', setz'ft dein' Bestand Auf ganz verwerflich's Spiel,
Glaub' sicher, auch die jetzigen Freund' Halten von dir nicht viel.
Mit gut Gewissen kämpfen wir,
Dir aber bleibt besteh'«:
An deiner Stirne wird man stets Das Kainzeichen seh'n.
K. W. F. M...
Die Zeitung im Krieg.
Es ist kein Zweifel, daß wir uns selbst nicht so viel Sanftmut zugetraut hätten, wie wir jetzt auf- bringen. Im Frieden hätte man geschworen, daß die Entfernung des gefüllten Brotkorbes von den Tischen der Gasthäuser oder die 10 Uhr- oder 11 Uhr- polizeistunde zu Massenversammlungen führen werde. Aber es ist ganz erstaunlich, wie wenig Stammtisch- grspräche mit diesem verschwundenen Brotkorb bestritten worden sind. Und welche Katastrophe der Gemüter hätte vor zwölf Monaten eine Beschränkung, Verringerung und Verlangsamung des Verkehrs her» vorgerufen. Wir zahlen überall „Kriegspreise", ohne mit der Wimper zu zucken; wir tragen mit Würde, daß Auswahl und Aufmachung in den Läden nicht mehr ganz so reichhaltig sind wie im Frieden, daß Einzelnes, was wir gewohnt waren zu kaufen, zu brauchen, zu verschenken, gänzlich fehlt.
Wie wenige aber wissen, daß es noch einen öffentlichen Faktor gab, der nicht weniger als andere unter den Veränderungen und Beschränkungen dieser großen und harten Zeit leidet, und das ist die Presse. Es ist ein Ehrenzeichen für sie, daß sich das Publikum im Laufe der Friedensjahre daran gewöhnt hatte, von der Zeitung alles, auch das fast unmöglich Scheinende zu verlangen. Wenn aber das keineswegs unnützliche und für den Fortschritt unentbehrliche Geschlecht der Nörgler den Ueberschuß an nicht verbrauchter Kritik nun an die unvermeidlichen kleinen Mängel glaubt verschwenden zu müssen, um die in dieser Zeit auch die Presse — rein technisch genommen — nicht herumkommt, so mögen sie bedenken, daß die Zeitungsbetriebe Aufgaben zu lösen haben, die jetzt ungleich schwieriger sind als in Friedenszeiten. Die Zeitung arbeitet mit Menschen, Maschinen, Schriften, Farbe (was der Leser „Druckerschwärze" nennt), Metallen und einer Menge von Nebenstoffen. Einen Teil der Menschen ruft das Vaterland; das Papier, das keineswegs nur aus Holz gemacht wird, ist von der Kriegsbeschränkung der Fabriken abhängig, die „Farbe" braucht Oele und andere Stoffe, deren
Menge und Beschaffenheit nicht mit der gleichen Zu- verlä'sigkeit, selbst bei bedeutend höheren Preisen, zu haben sind wie im Frieden. Aehnlich steht es mit den Metallen, aus denen Schrift und Platten ge- ! gossen werden. Die Auslieferung der Zeitung kämpft mit der militärischen Inanspruchnahme der Verkehrsmittel. mit dem Automangel und anderem. Die Zeitungen haben täglich nach vielen Tausenden zählende Emzelfeldpostsendungen auf den Weg zu bringen. Den Lesern aber in ihrer Allgemeinheit ist es kaum gegenwärtig, welche Schwierigkeiten überwunden werden müssen, bevor die tägliche Nummer auf dem Tisch liegt. Millionen erfahren lediglich durch die Zeitung, daß die Welt vom Lärm des Krieges widerhallt, aber an der Zeitung merken sie sie nichts von Beschränkungen und Verminderungen, die sonst fast überall die öffentlichen Einrichtungen kriegsmäßig umgrftalten. Aber ich wollte es ihnen doch einmal verraten. („Voss. Ztg.")
Tklegrammk des MalMen Mros an den „EnMer".
(WTB ) Den 27. Mai, 4 20 Uhr nachm.
Großes Hauptquartier, 27. Mai, vorm. Amtl. Westlicher Kriegsschauplatz:
Ungeachtet ihres gänzlichen Mißerfolges vom 25. Mai erneuerten die Franzosen ihre Durchbruchsversuche zwischen Fermelles und der Lorettohöhe. Sehr starke Kräfte wurden auf dem schmalen Raum von 10 Kilometern zum Sturme angesetzt, die Angreifenden aber überall zurückgeworfen. Wir sind in vollem Besitz unserer Stellungen. Eine ungemein große Zahl französischer Gefallener liegt vor den deutschen Gräben.
Ein weiterer französischer Angriff richtete sich am späten Abend gegen die Linie Souchez— Neuville; hier ist dicht südlich Souchez der Kampf noch nicht völlig abgeschlossen.
Beim Friedhof von Neuville schanzten Franzosen aufrecht stehend, indem sie zur Deckung in vorhergegangenen Kämpfen gefangene Deutsche verwendeten.
Bei einer Erkundung nördlich Dixmuiden nahmen wir einen Offizier und 25 Belgier gefangen.
Kleinere feindliche Vorstöße bei Soissons und im Priesterwalde wurden abgewiesen.
Ein Luftangriff wurde mit Erfolg auf die Befestigungen von Southend an der unteren Themse gemacht.
Oestlicher Kriegsschauplatz:
Die Lage ist unverändert.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Sowohl nordöstlich Przemysl als auch in der Gegend von Stryj schritt der Angriff unserer Truppen kräftig vorwärts. Die Beute und seine sonstigen Ergebnisse sind noch nicht zu übersehen.
Oberste Heeresleitung.
(WTB.) Den 27. Mai 1915, 6'/- Uhr abends.
Wien. Nach dem österreichischen Heeresbericht stürmten die Truppen des 6. Korps östlich Radimno den von den Russen hartnäckig verteidigten Ort Nienowice und die Höhe Horcdysko. Ue-er 2000 Gefangene und 6 Geschütze wurden erbeutet.
Südöstlich Przemysl drangen deutsche Truppen chei Husakow in die feindliche Hauptverteidigungsstellung ein. 2800 Mann wurden gefangen, 11 Maschinengewehre erobert. Gleichzeitig durchbrachen österreichische Hund deutsche Truppen der Armee Linsin gen südöstlich Drohobycz und bei Stry die feindliche Frontlinie.
Bei Caprill im Corderoll-Tale wurden 2 italienische Kompagnien durch Maschinen- gewehrfeuer der Oesterreicher vernichtet.
Letzte Nachrichten u- CeleAramML
London, 28. Mai. (WTB.) Lloyds melden aus Browheaa: Der amerikanische Dampfer „Nebraska". von Liverpool nach Delaware-Breakwater unterwegs, wurde 40 Meilen von Faftnet torpediert. Die Besatzung ging in die Boote und blieb in der Nähe des Schiffes.
Konstantinopel, 28. Mai. (WTB.) Das Hauptquartier teilt unter dem 27. Mai mit: Heute morgen um 6*/r Uhr wurde an der Dardanellenfront vor Seddul-Bahr ein englisches Kriegsschiff vom Typ des „Majeftic" durch einen Torpedo vernichtet, welcher mit vollem Erfolg von einem der verbündeten deutschen Flotte angehörigen Unterseeboot lanziert wurde. Der Torpedo traf das Schiff am Hinterteil, so daß es sich auf die Seile legte, um alsbald zu sinken. Bei Ari-Burnu und Seddul- Bahr dauerte gestern schwaches Infanterie- und Geschützfeuer von beiden Seiten an. An der Küste bei Kabatepe würden feindliche Schleppdampfer, die 4 gepanzerte Schleppkähne schleppen wollten, durch uns an der Annäherung verhindert. Unsere Soldaten wateten ins Meer und nahmen unter dem Feuer des Feindes 36 Wagen, die Ladung der erwähnten Schleppkähne, weg. Der feindliche Kreuzer, der gestern einen vergeblichen Versuch einer Truppenlandung bei Badrum gemacht hatte, schoß heute 1600 Granaten in die Stadt.
Den 28. Mai 1915, mittags.
London. (WTB.) Das Reutersche Bureau meldet amtlich: Der Hilfskreuzer „Prinzeß Irene" ist infolge eines unglücklichen Zufalls bei Sheerneß in die Luft geflogen. Nur ein Manu der Besatzung ist gerettet worden. — Die „Prinzeß Irene" war ein großer kanadischer Dampfer von 6000 Tonnen.
Konstantinopel. (Priv.-Tel.) Die Angriffe ans die feindliche Flotte vor den Dardanellen dauern fort. Von dem zum Sinken gebrachten Linienschiff „Majestic" wurden von der etwa 1000 Mann betragenden Besatzung nur-wenige gerettet.
Köln. (Privat Tel.) Eine anscheinend vom Presstbureau der französischen Regierung stammende Mitteilung besagt: Man glaube zu wissen, daß der italienische Botschafter in Berlin vom dortigen Auswärtigen Amt vor seiner Abreise die schriftlich« Mitteilung zugestellt erhielt, daß Deutschland sich als im Kriegszustand mit Italien befindlich betrachtet. Der Kaiser habe dem Botschafter kurz vorher ein langes Abschiedstelegramm gesandt, mit dem Ersuchen, sogleich dem König Viktor Emanuel die Entrüstung auszudrücken, die in Deutschland über die Haltung Italiens herrsche.
Berlin. (Priv.-Tel ) Die italiensche Regierung hat beschlossen, die Truppen aus dem Innern Tripolitaniens nach der Küste zurückzuziehen.
Von der italienischen Grenze. (Priv.-Tel.) Die italienische Regierung steht es gern, daß sich der Kriegszustand mit der Türkei noch um einige Tage verzögert, damit die an abgelegenen Orten des Os- manenreiches residierenden italienischen Konsuln vorher Heimreisen können.
Budapest. (Priv.-Tel.) Zum Oberkommandanten der gegen Italien vorgehenden Streitkräfte wurde der zum Generaloberst ernannte Erzherzog Eugen bestimmt.
St. Gallen. (Priv.-Tel.) Eine Versammlung der zahlreichen italienischen Kolonisten des Thurgauer Industrie-Zentrums Arbon beschloß der Einberufungsordre keine Folge zu leisten.
Bestellungen
auf den
„Gnztäler"
für den Monat Juni
werden von allen Postanstalten und Postbote» von der Expedition und von unseren Austrägerinnen entgegengenommen.