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. t» 69.

Neuenbürg, Freitag den 3V. April 1915.

73. Jahrgang.

Der Krieg.

HM. Berlin, den 28. April 1915.

Fortdauer der Kampfe.

Von unserem militärischen Mitarbeiter wird unS zu den heutigen Mitteilungen der obersten Heeres­leitung geschrieben:

Die verbündeten Feinde fühlen sich je länger unser Angriff dauert, um so bedrohter in ihren Stellungen bei Ipern. Sie wissen auch recht gut, daß die Stadt und ihre im Anschluß mit dieser fest ausgebauten Stellungen nicht mehr allzulange zu halten sein werden, wenn es ihnen nicht gelingt, die gemachten Eroberungen uns Deutschen wieder abzu­nehmen. Deshalb versuchen sie immer aufs Neue, uns die eroberten Stellungen durch Anonffe wieder zu entreißen. Uns können diese Angriffe natürlich nur willkommen sein, da sich der Gegner dadurch erheblich schwächt, besonders da bald ein Mange! an neuen Kräften eintreten wird. Bisher haben die Engländer jedenfalls wieder bedeutende Verluste gehabt. In der Champagne unternahmen die deut­schen Truppen einen sehr erfolgreichen Vorstoß, der überraschend unter dem Schutze der Dunkelheit durch­geführt wurde. Von besonderer Bedeutung ist er deshalb, weil unsere Truppen eine umfangreiche Befestigungsgruppe erobern konnten, die natürlich einen Rückhalt der dort befindlichen Verteidigungs­anlage bildete. Durch diese Eroberung wird selbst­verständlich die anschließende Stellung des Feindes geschwächt und er wird sich auch hier zurückziehe» müssen. Daß ihm aber viel an der Stellung ge­legen war, zeigen die wiederholten erbitterten Angriffe, die wir zurückschlugen. Außerdem aber konnte die Stellung von uns und für uns ausgebaut und be­festigt werden, sodaß wir dadurch in den Besitz eines Stützpunktes gekommen sind, der gute Dienste leisten wird. Zwischen Maas und Mosel, wo die Offensive der Franzosen immer noch anhält, ist es außer heftigen Artilleriekämpfen auf der ganzen Front, die immer neue Infanterie-Aktionen vermuten kaffen, zu einem heftigen nächtlichen Nahkampf im Piiesterwald gekommen, wobei die Franzosen unter blutigen, schweren Verlusten zurückgeschlagen wurden.

Im Osten scheinen sich jetzt die Wegverhältniffe zu bessern, sodaß es zu neuen Bewegungen gekommen ist. Ein deutscher Vorstoß nordöstlich und Mich von Suwalki vertrieb die Russen auf einer Front von etwa 20 Kilometern aus ihren Stellungen. Ob sich hier der Anfang einer größeren Operation im Verein mit den Kämpfen bei Prasznysz, wo zwei Offizier«, 470 Russen gefangen und 3 Maschinen­gewehre erbeutet wurde», wir also offenbar ange­griffen haben rmd vorgegangen sind, läßt sich noch nicht beurteilen, wenn auch mancherlei Avzeichen dafür zu sprechen scheinen.

Frankfurt, 29. April. (GKG.) Von der schweizerischen Grenze erfährt dieFranks. Zeitung": Die Pariser Presse, die in den letzten Tagen wieder einmal ganz bestimmt das Eingreifen Italiens in den Krieg zu Gunsten des Dreiverbandes als ent­schiedene Tatsache und als unmittelbar bevorstehend angekündigt hatte, schlägt seit gestern wieder einen verzagten Ton an und ermahnt ihr Publikum aufs neue zur Geduld. Der römische Korrespondent desEcho de Paris" gibt sogar offen zu, daß in Rom kein Mensch an das in Paris verkündigte Zu­standekommen eines Einverständnisses zwischen Italien und dem Dreiverband glaube.

London, 29. April.Times" vernimmt aus Nordfrankreich, daß infolge der letzten Gefechte die Verwüstung Iperns jetzt vollständig sei. Die Tuchhalle ist zerstört. Kaum ein Haus steht noch. Poperinghe litt ebenfalls schwer. Die Station, auf der die englischen Verwundeten in die Züge gebracht

wurden, liegt in Trümmern, sodaß die Verwundeten in den Kellern der benachbarten Häuser in Sicherheit gebracht werden mußten.

Rotterdam, 29. April. Aus Calais wird der Tyd" berichtet, daß in Dünkirchen, Calais und Boulogne fortgesetzt Züge mit Verwundeten von der Nperrifront eintressen.

Paris, 29. April.Journal de Paris" meldet, daß in der Gegend von Dixmuiden eine aroße Schlacht im Gange sei. Die Deutschen führten beständig neue Verstärkungen an die Front.

Berlin. 29. April. Aus Amsterdam wird der Nationalztg." gemeldet: DerTelegraaf" meldet: Infolge des unerwarteten deutschen Vorstoßes in Flandern ist das belgische Hauptquartier aus Fournes nach Frankreich verlegt worden.

Berlin, 30. April. (WTB.) Nach einer Mel­dung desBerliner Lokalanzeigers" aus Genf er­schienen am Dienstag drei deutsche Flugzeuge über Dünkirchen. Sie sollen mehrere Stunden hindurch Beobachtungen in der Umgebung von Dünkirchen angestellt haben und entkamen unversehrt.

Rotterdam, 29. April. (WTB.)Nieuwe Rott. Cour." meldet: Die Canadian Car andFoundry Company hat von Rußland einen Auftrag auf Granaten und Explosivstoffe für 16 Mill. Pfund Sterling erhalten. Ein Viertel dieser Summe ist bei einer Neuyorker Bank hinterlegt. 30 bis 40 amerikanische Gesellschaften arbeiten an der Be­stellung Die Lieferung wird vermutlich in ein bis vier Wochen mit 90000 Granaten täglich beginnen und soll auf 500000 täglich im Juli gesteigert wer* den. Die französische Regierung hat Pulver bei den Pulverfabriken von Dupont in Chicago für 20 Mill. Pfund Sterling bestellt.

Rom, 28 April. (WTB. Nichtamtlich.) Nach einer Meldung der Agenzia Stefani aus Brindisi kamen beim Untergänge desLeon Gambetta" Ad­miral Senet und sämtliche Offiziere des Panzer­kreuzers um. Es war ein schauerlicher Anblick, sagt die Meldung weiter, für die italienischen Matrosen, die zur Hilfe eilten. Die Trümmer gekenterter Boote und die Leichen treiben im Meere umher.

Rom, 29. April. Die Zahl der Opfer beim Untergang desLeon Gambetta" beträgt 742. Die Explosion war so gewaltig, daß sie an der ganzen Küste gehört wurde. Der Kommandant desGam­betta" war von der Anwesenheit des feindlichen Unterseeboots unterrichtet, hatte aber trotzdem keinerlei Vorsichtsmaßregeln getroffen. Die geretteten Offiziere und Mannschaften wurden nach Syrakus über- gefübrt.

Frankfurt. 26. April. (GKG.) DieFrank­furter Zestung" meldet gus Mailand. 28. April: Der in Mailand tagende Zentralrat der italienischen Ge­werkschaften nahm eine Tagesordnung gegen den Krieg und einen Angriff Italiens an und lud die leitenden Gewerkschaftsorqanisationen ein. mit der so­zialistischen Partei für Erreichung dieses Zieles zu kämpfen.

Köln, 29. April. (GKG.) DieKöln. Ztg." meldet aus Zürich: Gestern wurde der französische Botschafter Barrere in der römischen Konsulta em­pfangen. Barrore überbrachte Sonnino den Dank der französischen Regierung für die Hilfeleistung der i italienischen Marine beim Untergang desLeon Gam­betta". Ebenfalls gestern begab sich der Attache der deutschen Botschaft ins Ministerium des Auswärtigen, und abends sprach dort der österreichische Botschafter ^ vor, der mit Sonnino beinahe eine Stunde konferierte. ; Die sozialdemokratische Parteileitung beschloß trotz ! des Verbots, am 1. Mai Kundgebungen in allen ^ Städten abzuhalten. Die Entscheidung über den! etwaigen Ausfall im Falle einer Mobilmachung ist! so ausgefallen, daß man aus ihr nicht recht klug wird. >

Mailand, 29. April.Corriere della Sera" - meldet lautKriegszeitung" aus Athen: Bei Tenedos

find am Dienstag ein französisches und zwei englische schwer beschädigte Panzerschiffe von den Dardanellen ringeschleppt worden.

Genf, 29. April. (GKG.) Wie dieFranks. Zeitung" meldet, wird nach derInformation" die Jahresklasse 1917 in Frankreich voraussichtlich sofort nach erfolgter Ausmusterung, also im Juli, einbe­rufen werden.

Berlin, 30. April. (WTB ) Wie dasBer­liner Tageblatt" aus Kopenhagen erfährt, hat nach einer Meldung desMatin" die französische Militär­behörde deutsche Kriegsgefangene zu Hafenarbeiten in Marseille abkommandiert. Vorläufig sollen 8000 Deutsche beschäftigt werden.

Berlin. 29. April. Aus Amsterdam wird .der Tägl. Rundschau" gemeldet: Die holländischen Zei­tungen geben für die letzte Woche die neuen, bekannt gewordenen Verluste der englischen Handelsflotte mit 13 Handelsschiffen an.

London. 29. April. (WTB.) Nach Blätter- Meldungen aus Petersburg hat die Regierung für April die Ausfuhr von 60 Millionen Pud Getreide im Werte von 100 Millionen Rubel nach Frankreich gestattet.

Rom, 29. April.Rußky Slowo" gibt die rus­sischen Offiziersverluste bis zum 2. April auf 71608 an. Da die Offiziersverluste etwa 4 Prozent der Mannschaftsverluste betragen, würde die russische Armee ! also 1700000 Mann verloren haben. Dazu kommen ! noch 1234000 Verluste an Gefangenen usw , sodaß der Gesamtverluft der russischen Armee auf 4 Mil­lionen Mann zu veranschlagen ist.

Wien, 30. April. (WTB.) Wie amtlich mit­geteilt wird, ist gegen den General der Infanterie Ritter von Auffenberg zur Klärung einer wider ihn erstatteten, in allerletzter Zeit hervorgekommenen Anschuldigung wegen pflichtwidriger Amtsführung eine Untersuchung eingeleitet worden. Der Gegen­stand der Anschuldigung betrifft durchweg Vorgänge aus dem Jahre 1912 und steht mit dem gegen­wärtigen Krieg in keinem wie immer gearteten Zu­sammenhang.

Kassel, 29. Avril. Von den vor einiger Zeit nachts aus dem Offiziersgefangenenlager in Hanno­verisch-Münden entwichenen Kriegsgefangenen hat nicht einer über die Grenze zu gelangen vermocht. Alle Flüchtlinge wurden inzwischen wieder festgenommen.

Bukarest, 29. April. (WTB.) Der Finanz­minister hat angeordnet, daß künftig keine Ermächti­gung für die Ausfuhr von Ochsen und Schweinen erteilt werden darf. Ferner hat er die Ausfuhr folgender Artikel verboten: Minrrialien. sowie jedes Metall, Baumwolle. Hanf, Wirkwaren, Blech. Wachs, Stearin, Paraffin, Glyzerin, Nutzholz, Eichen- und Eschenholz, Soda. Kupfersulfate, Gerbereiartikel, Faden, Seile, Oel und Papier.

Württemberg.

Stuttgart. Der neue Fahrplan, der am Samstag den 1. Mai in Kraft tritt, scheint trotz seiner bescheidenen Verbesserungen durch die vielen lokalen Aenderungen den Eisenbahnverwaltungen und Fahrplanherstellern diesmal besondere Schwierigkeiten zu bereiten; überaus umfangreiche Nachträge sind erst in den letzten Tagen erschienen, wozu noch der viel­fache Mangel an eingearbeiteien Kräften in den Bureaus und Druckereien tritt. Die badische Ver­waltung hat die Ausgabe eines neuen Fahrplans überhaupt erst für später vorgesehen und es er­scheint fraglich, ob die Kursbücher anderwärts recht­zeitig und vollständig fertiggestellt sein werden. Jedenfalls ist auch der am 1. Mai in Kraft tretende Fahrplan kein endgültiger, vielmehr sind bald wieder Aenderungen und Nachträge zu erwarten, wie sie sich eben als Folgen des Kriegs ergeben.