Extrablatt des Eaztälrrs.

Ausgegeben: Neuenbürg, den 9. März 1915, mittags 12 Uhr.

Der Krieg.

Telegramm des Wölfischen Büros au de»Euztäler".

(WTB.) Den 8. März, 3.30 Uhr nachm.

Großes Hauptquartier, 8. März, vorm. Amtl.

Westlicher Kriegsschauplatz:

Feindliche Flieger bewarfen Ostende mit Bomben, die 3 Belgier löteten.

Die Kämpfe in der Champagne dauern fort. Bei Sonain wurde der Feind gestern abend im Handgemenge zurückgeschlagen. Nachts setzte der Kampf wieder ein.

In Gegend nordöstlich von Le Mesnil mißglückte ein feindlicher Angriff nachmittags gänzlich. Unser nächtlicher Gegenangriff war erfolgreich; 140 Franzosen wurden gefangen genommen.

Im Priesterwald nordwestlich von Pont« L'Mousson wiesen wir feindliche Vorstöße ab.

In den Vogesen find die Kämpfe in Gegend westlich von Münster und nördlich von Sennheim noch nicht abgeschloffen.

Oestlicher Kriegsschauplatz:

Südlich von Augustow scheiterten russische Angriffe unter schweren Verlusten für den Feind.

Bei Lomza find größere Kämpfe im Gange.

Westlich von Prasznysz und östlich von Plozk machten die Russen mehrere vergebliche Angriffe.

Bei Rawa schlugen unsere Truppen zwei russische Nachtangriffe ab.

Russische Vorstöße aus der Gegend Nowo Miasto hatten keinen Erfolg. Die Zahl der gefangenen Russen betrug dort 1500 Mann.

Oberste Heeresleitung.

Zur Kriegslage.

äxk. Berlin, den 6. März 1915.

Von unserem militärischen Mitarbeiter wird uns zu den heutigen Mitteilungen der obersten Heeres­leitung geschrieben:

Vor einigen Tagen haben die Engländer einen Sturmangriff auf unsere Stellungen unternommen. In dem Generaistabebericht vom Freitag wurde be­kannt gegeben, daß wir südlich von Upern den Eng­ländern große Verluste beigebrach» haben; heute ver­nehmen wir. daß die Engländer gleichfalls südlich Ipern im Gegenangriff einen Graben verloren. Also haben sie vorher wieder versucht, unsere Stellungen zu erobern. Hierbei werden sie sich eine Blöße ge­geben haben, die wir dann ausnütztrn. Die fran­zösischen Versuche, uns aus den auf der Loretlohöhe eroberten Stellungen herauszuwerfen, gelangen nicht, trotzdem fie mehrfache Angüsse unternahmen. Immer­hin scheinen die Feinde aber wieder ziemlich nahe an unsere Stellungen herangekommen zu sein, denn wir machten 50 Gefangene, denen der Rückzug im feindlichen Feuer wohl zu gefährlich erschien. Die Angriffe in der Champagne dauern immer noch an; bei Perthes und Le Mesnil waren sie am heftigsten. Aber auch am Freitag wurden sie obg,wirsen. Bei Perthes blieben 5 Offiziere und 140 Franzosen in

unserer Hand, die wahrscheinlich bei den von uns eingeleiteien Gegenangriffen bei einem Wäldchen nördlich Perthes und einem Grabenstück der Fran­zosen bei Le Mesnil gefangen genommen wurden. Daß wir hier einen Teil der französischen Stellung erobern konnten, ist der beste Beweis dafür, daß die französischen Berichte, die ständig von geglückten An­griffen auf unsere Stellungen sprechen, falsch sind. Wenn tatsächlich die Angriffe der Franzosen in den letzten Tagen Eifolg gehabt hätten, so hätten sie schon weiter Vorkommen müssen. Tatsächlich nennen ihre Berichte aber immer dieselben Orte, sodaß schon allein daraus die Unrichtigkeit ihrer Angaben hervorgehl. Es ist eigentlich recht merkwürdig, daß das französische Volk diese Berichte so vertrauensvoll hinnimmt.

Im Osten ist nunmehr die gesamte riesengroße Kriegsbeute aus den Wäldern um Suwalki.Augustowo und nordwestlich Grodno geborgen worden, trotzdem die Russen wiederholt sehr energische Vorstöße machten, um uns zu vertreiben und an der Bergung der Beute­stücke zu hindern. Die gesamte Kriegsbeute ist weg- geschaffl, meistens nach Deutschland; ein geringer Teil hat aber gleich bei der Front, nunmehr allerdings auf deutscher Seite, Verwendung gefunden. Beson­ders die zweirädrigen, hochgebauten russischen Karren, die in Rußland als Munitionswagen dienen, finden in den tiefen Wegen Rußlands eine sehr gute Ver­wendung. Wie groß die Beute gewesen sein muß, geht allein aus der großen Anzahl der Wagen her­vor. Allein 200 Wagen der verschiedensten Art, deren Wert auf mehrere Millionen Mark geschätzt wird, wurden wegtransportiert.

Wien. 8. März. (WTB.) Amtlich wird ver- lautbart vom 8. März 1915: Durch die noch an­dauernden Kämpfe in Russisch-Polen wurden vielfach Erfolge erzielt. Der Gegner wurde aus mehreren vorgeschobenen Stützpunkten und Schützengräben unter starken Verlusten geworfen. Gleichen Erfolg hatte ein Vorstoß unserer Truppen an der Front in Weft- galizien. wo im Raume bei Gorlice Teile der feind­lichen Schützenlinien durchbrochen und eine Ortschaft nach blutigem Kampf erobert wurde. Mehrere Offiziere und über 500 Mann des Gegners sind gefangen. In den Karpathen wird hartnäckig ge­kämpft. Im Raume bei Lupkow setzten die Russen gestern nachmittag einen Angriff mit starken Kräften an. Unter Einsetzen neuer Verstärkungen wurden die gelichteten Reihen des Gegners stets erneuert und mit allen Mitteln vorgetrieben und der Angriff trotz schwerer Verluste dreimal bis nahe an unsere Stellungen vorgetragen. Jedesmal scheiterte der letzte Ansturm der Russen unter vernichtenden Ver­lusten an unsrren Hindernislinien. Hunderte von Toten liegen vor den Stellungen. In einem anderen Abschnitt der Kampffront gingen eigene Truppen nach abgeschlagenen russischen Vorstößen überraschend zum Angriff über, eroberten eine bisher vom Gegner stark besetzte Kuppe und machten neuerdings 10 Offi­ziere und 700 Mann zu Gefangenen. Auch auf einer benachbarten Höhe wurden 1000 Russen ge­fangen. In Südost-Galizien holte sich gestern feind­liche Kavallerie, die gegen einen Flügel unserer Stellungen isoliert vorging, eine empfindliche Schlappe.

Berlin, 8. März. Von bestunterrichteter Seite geht demSchw. Merk " über die Lage bei den Dardanellen die folgende Mitteilung zu: Die Meldungen der englischen Admiralität, die von be­deutenden Erfolgen der Verbündeten bei den An­griffen auf die Dardanellen zu berichten wissen, sind augenscheinlich nur darauf berechnet, einen mora­lischen Eindruck auf die Balkanstaaten auszuüben und bei den Neutralen Stimmung zu machen. Tat­sächlich hat aber noch kein Fahrzeug der Verbündeten das Minenfeld erreicht. Keine einzige Mine ist weg- geräumt. Die Landungsversuche am 5. ds. Mts. bei Kum Kaleh und Sed-ul-Bahr sind völlig ge­scheitert. An beidrn Stellen wurden die Angreifer unter großen Verlusten durch Bajonettangriffe tür­kischer Truppen zmückg-warfen und ins Meer ge­trieben. Die inneren Dardanellenforts haben noch

nicht in den Kampf eingegriffen. Die Stimmung in Konstantinopel ist ruhig und zuversichtlich. DaS politische und wirtschaftliche Leben geht seinen ge­wohnten Gang.

Berlin. (WTB.) DemBerl. Tagbl." wird aus Rom gemeldet: Zur Feier der Grundsteinlegung des Molo fand in Gaeta ein Bankett statt, dem Minister­präsident Salandra beiwohnte. Als der Brigade­kommandeur General Morra einen Trinkspruch aus­brachte und ausrief: »Das Heer ist bereit, zu mar­schieren im Namen des Königs und des Vaterlandes", eilte Salandra auf den General zu, umarmte und küßte ihn. Salandra hielt dann seinerseits eine An­sprache. in der er sagte:Ich sage Euch mit gepreßtem Heizen, wir werden alle unsere Pflicht tun, wie Ge­neral Morra gemeint hat, mit Gottes Hilfe unter dem Befehl des Königs und für den Ruhm des Vater­landes." Bei der Abreise Salandras erscholl an­der Volksmenge ein vereinzelter Ruf:Es lebe die Neutralität!"Nicht doch," erwiderte Salandra, während sich der Zug in Bewegung setzte,rufen Sie vielmehr mit mir: Es lebe Italien!" Begeisterter Beifall der Menge folgte der Aufforderung.

Berlin, 8. März. Aus Mailand meldet der Lokalanzeiger": Nach der MailänderSera" wird die Zusammenkunft von Giolitti und Salandra in den parlamentarischen Kreisen in dem Sinne gedeutet, daß die Haltung der italienischen Regierung entschie­den auf eine aufrichtige Verständigung mit Deutsch­land auch in Bezug auf die Verwirklichung der nationalen Bestrebungen Italiens gegenüber Oester­reich-Ungarn gerichtet sei.

Frankfurt a. M., 8. März. (GKG.) Die Franks. Zeitung" meldet aus Mailand: Die Turiner Stampa" will wissen, daß auf dem Monteeitorio nach Bekanntwerden des Besuchs SalandraS bei Giolitti alle kriegerischen Gerüchte verstummt seien. Die Meinung herrscht vor, die Consulta werde die Verhandlungen mit Oesterreich beginnen. Die Franks. Zeitung" meldet aus Rom: DerMessagers" teilt mit, daß vor der Zusammenkunft GiolittiS mit Salandra eine Unterredung zwischen dem König, Salandra und Sonnino stattgefunden habe.

Berlin, 9. März. (WTB.) Wie demBerl. Tagebl." aus Rom gemeldet wird, führt nach Pa­riser Depeschen die Pariser Presse eine sehr scharfe Sprache gegen Griechenland. DieLiberts" und andere Pariser Blätter erwarten, daß Italien sofort an Griechenlands Stelle tritt und sich an der Orient­aktion beteiligt.

Konstantinopel, 8. März. LautDeutscher Tageszeitung" sind aus Athen Meldungen eingetroffen, aus denen hervorgeht, daß England kategorisch von Griechenland ein politisches Glaubensbekenntnis ver­langt habe. Es soll gedroht haben, Griechenland- Herrschaft im Argyptischen Meere zu unterbinden, falls Griechenland dreibundfreundlich bliebe. Dieser Drohung schloß sich auch Frankreich an. Die bereit- gemeldete Besetzung der Insel Lemnos durch Eng­land soll den Wünschen und Drohungen der Drei­verbandsmächte Nachdruck verleihen. Der griechische Kronrat habe in seiner Mehrheit die gestellten Forde­rungen abgelehnt.

Frankfurt, 8. März. (G.K.G.) DieFranks. Zeitung" meldet aus Mailand: Das Genueser Blatt Cassaro" meldet aus Lyon, daß der französische Kriegsminister den Obersten Pethoy, den Komman­danten des Depots von Avignon, angewiesen habe, die Garibaldilegion aufzulösen. Der Grund der Maßregel sei unbekannt. Patrouillen durchziehen Avignon, um die Ordnung unter den Garibaldinern aufrecht zu erhalten.

Berlin. (WTB.) Aus Kopenhagen wird dem Berl. Tagebl." berichtet: Nach einem Telegramm an diePolitiken" schreibt die englische Finanz-Zeit­schriftEconomist", daß Arquiths angekündigte Gegen­maßnahmen gegen Deutschland eine papierene Blockade seien, die den englischen Außenhandel mit den Neu­tralen schwer schädige. Dir erste Folge sei allerdings ein künstliches Sinken des Diskontsatzes. Englands