Beilage

SsnderabdruÄ aus demStaats-Anzeiger für Württemberg- Nr. 50 vom 1. März 1915.

Amtliches.

BersßWW da BchSrdeu.

Verfügung der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel, betr. die Regelung des Verbrauchs von Mehl und Brot.

Auf Grund des § 37 der Verordnung des Bundes- »tS über die Regelung des Verkehrs mit Brotgetreide und Mehl vom 25. Januar 1915 (Neichs-Gesetzbl. S. 35) und des Z 23 der Verfügung des K. Ministeriums des Innern zum Vollzug dieser Verordnung vom 30. Januar 1915 wird unter Aufhebung der Verfügung betreffend die Rege­lung des Verkehrs mit Backwaren vom 4. Februar 1915 mit Zustimmung des K. Ministeriums des Innern verfügt:

Die Kommunalverbände sowie die Gemeinden, denen die Regelung des Verbrauchs für den Gemeindebezirk über­tragen ist, haben alsbald Anordnungen gemäß 88 34 und 36 der Bundesratsverordnung zu erlassen, und dabei die folgenden Vorschriften zu beachten.

L. Allgemeines.

1. Gemeinden im Sinne der nachstehenden Vor­schriften sind diejenigen Gemeinden, denen gemäß 8 35 -er Bundesratsverordnung vom 25. Januar 1915 die Regelung des Verbrauchs übertragen ist.

2. Weizenauszugsmehl im Sinne dieser Vor­schriften ist das gemäß 8 1 Abs. 2 der Verordnung des Bundcsrats über das Auswahlen von Brotgetreide vom 5. Januar 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 3) zugelassene Aus­zugsmehl.

Weizenmehl im Sinne dieser Vorschriften ist Weizenmehl in einer Mischung, die 30 oder, solange dies zugelossen ist, weniger Gewichtsteile Roggenmehl unter 100 Teilen des Gesamtgewichts ohne sonstigen Zusatz enthält (8 5 Abs. 1 u. 4 der Bundesratsverordnung über das Aus­wahlen von Brotgetreide vom 5. Januar 1915-18. Februar 1915, Reichs-Gesetzbl. S. 3 u. 100).

Dem Roggenmehl im Sinne dieser Vorschriften ist jede andere zugelassene Mehlart. auf welche die Bundes­ratsverordnung vom 25. Januar 1915 Anwendung findet, gleichgestellt.

3. Hausbrot im Sinne dieser Vorschriften ist Weizenhausbrot (Ziff. 4 Abs. 2) und Roggenbrot (Ziff. 5).

4. Weizenbrot im Sinne des 8 1 Abs. 2 der Bundesratsverordnung über die Bereitung von Backware vom 5. Januar 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 8) darf nur ohne Zusatz von Zucker. Butter und Eiern bereitet werden. Tie Brote dürfen nur in länglichen oder runden Stücken im Gewicht von 100 Gramm, bei der Abgabe gewogen, her­gestellt und abgegeben werden (Weizeneinheits­brot). Alle andere Formen und Arten von Weizenbrot, insbesondere sonstiges unter Verwendung von Hefe her- gestelltes Gebäck, Wecken. Milchbrote, Hörnchen. Bretzeln u. dergl. sind hiernach nicht zugelassen (vergl. jedoch Abs. 2).

Wenn und solange an Stelle des Noggenmehlzusatzes Gerstenmehl. Kartoffeln oder andere mehlartige Stoffe ver­wendet werden dürfen (8 3 Abs. 2 der Bundesratsverord­nung über die Bereitung von Backware vom 5. Jan. 1915-

18. Febr. 1915) darf Weizenbrot auch in länglichen oder runden Stücken im Gewicht von 1280 Gramm, bei der Abgabe gewogen, hergestellt und abgegeben werden (W eizenhausbrot). Bei der Bereitung dieses Brots muß Weitenmehl in einer Mischung verwendet werden, die auf 90 Gewichtsteile reines Weizenmehl mindestens 10 Gewichtsteile andere Mehle oder mehlartige Stoffe enthält. Werden geauetschte oder geriebene Kartoffeln ver­wendet. so muß der Kartoffelgehalt mindestens 30 Ge- wtchtsteile auf 90 Gewichtsteile reines Weizenmehl be­tragen.

5. Roggenbrot im Sinne des 8 1 Absatz 1 der Bundcsratsve,ordnung über die Bereitung von Backware

. Januar 1915-18. Februar 1915 darf nur in Stücken im Gewicht von 1280 Gramm, bei der Abgabe gewogen, her- gestellt und abgegeben werden.

6. Weizenbrot im Sinne der Ziffer 4 Absatz 1 darf am Herstellungstage nicht abgegeben werden.

7. Weizenhausbrot (Ziffer 4 Absatz 2) darf wie Nog- genörot erst 24 Stunden nach Beendigung des Backens aus den Backereien und Konditoreien, auch wenn diese nur einen Rebenbetrieb darstellen, abgegeben werden.

Jedes Stück ist mit einer Ziffer zu bezeichnen, die l «Me seiner Herstellung entspricht. Die Ziffer ist auf Oberfläche des gebackenen Brots selbst anzubringen, sie l also nicht nur aufgeklebt werden.

8-Hausbrot (Ziffer 3) darf an dem Tage, der auf den

Herltellungstag folgt, erst von nachmittags 2 Uhr an ab­gegeben werden. Sonntags darf Hausbrot, das am Sams­tag gebacken wurde, während der «gelassenen Verkaufs­zeit auch vormittags abgegeben werden. Die Vorschrift des 8 10 der Bundcsratsverordnung vom 5. Jan. 1915-18. ,vebr. 1915 und der Ziffer 7. wonach das Hausbrot erst 7/ ?t""den nach Beendigung des Backens abgegeben werden darf, wird hierdurch nicht berührt.

0. In Bäckereien und Konditoreien dürfen Backwaren Mit Unsumme nicht werden

wenn der Teig ei^m anderen als dem Bäcker oder Konditor bereitet ist. Gemeindebackhäuser gelten auch da. wo ihr Betrieb verpachtet ist, nicht als Bäckereien im Sinne dieser Vorschrift.

10. Kuchen aller Art im Sinne des 8 1 Absatz 3 der Bundesratsverordnung vom 5. Januar 1S15-18. Februar 1915 dürfen nicht hergestellt werden.

Ausnahme».

Zugelassen find:

») Zwieback, der jedoch nur geröstet und nach Gewicht in Mindestmengen von 250 Gramm abgegeben werde» darf;

d) diejenigen Kuchen im Sinn der genannten Bestim­mung. insbes. Konditoreiwaren, die ohne Weizen- und Roggenmehl mit anderen Meblen und mehlarti­gen Stoffen, z. B. Kartoffelmehl, Kartofselpuder. Maispuder hergestellt werden;

e) sonstige, vom Oberamt, in Stuttgart vom Stadt­schultheißenamt. in besonderen Fällen mit Genehmi­gung oder auf Anordnung der Zentralstelle für Ge­werbe und Handel zugelassene Gebäcke.

11. Backwaren, dieaußerhalbWürttembergS hergestellt worden sind, dürfen nur mit ausdrücklicher Ge­nehmigung des Oberamts, in Stuttgart des Stadtschult­heißenamts, im Bezirke abgegeben werden, wenn sie den vorstehenden Bestimmungen nicht entsprechen. Diese Ge­nehmigung wird regelmäißg nur dann erteilt werden, wenn ein besonderes Bedürfnis der Bevölkerung vorliegt, ins­besondere wenn die Zulassung besonderer Brotarten aus dringenden, ärztlich nachgewiesenen gesundheitlichen Rück­sichten auf Teile der Bevölkerung geboten erscheint und nur in dem Umfange, in dem solche Backwaren bisher schon im Bezirke verkauft worden sind.

12. Die vorstehenden Bestimmungen Ziffer 4--11 gelten für Bäckereien und Konditoreien, auch wenn diese nur einen Nebenbetrieb bilden, sowie entsprechend für sonstigen Verkehr von Backwaren, für Konsumenten- Vereinigungen und für Haushaltungen.

13. In Wirtschaften darf Brot nicht frei auf­gestellt, sondern nur auf Verlangen und in der bestellten Menge an die Gäste abgegeben werden.

II. Regelung der Abgabe von Mehl und Brot an die unmittelbaren Verbraucher.

14. Händler, Bäcker, Verbraucherverein i- gungenu. dergl. dürfen Mehl und Brot nur gegen solche Mehl- und Brotmarken abgeben, die von dem Kommunal­verband oder der Gemeinde ausgegeben und mit dem Siegel der Gemeinde versehen worden sind, in deren Bezirk die Mehl- oder Brotabgabe stattfindet. Dies gilt auch für alle sonstigen Personen, die Mehl oder Brot gegen Entgelt ab- gcben (s. übrig. Z. 27).

15. Die Verbraucher haben beim Kauf von Mehl und Brot dem Verkäufer eine Mehl- und Brotmarke abzu­geben. die der gekauften Menge entspricht.

16. Die Kommunalverbände oder die Gemeinden haben jedem Haushaltungsvorstand für jedes Mitglied seiner Haushaltung auf Antrag eine Mehl- und Brotkarte auszufolgen. Als Mitglieder der Haushaltung sind "amilienangehörige. Dienstboten, Angestellte u. dergl. zu betrachten, die mit dem Haushaltungsvorstand zusammen­wohnen und von ibm vollständig verpflegt werden.

Den Haushaltungsvorständen stehen gleich die Vor­stände von Anstalten. Kosthäusern u. dergl., die die voll­ständige Verpflegung ihrer Insassen, Kostgänger usw. übernommen haben.

Den Haushaltungsvorständen stehen weiter gleich die­jenigen Personen ohne eigene Haushaltung, die weder Mit­glieder einer Haushaltung im Sinne des Absatzes 1 sind noch in einer der in Abs. 2 genannten Anstalten, Kost­häuser usw. vollständig verpflegt werden.

Als vollständige Verpflegung gilt die Gewährung des ersten Frühstücks. Mittag- und Abendessens.

17. Eine Mehl- und Brotkarte enthält 6 abtrennbare Marken, und zwar eine Marke, die zum Bezug von 75 Gramm Weizenauszugsmehl (Ziffer 2 Abs. 1) oder 100 Gramm Wcizenbrot (Ziff. 4 Abs. 1) berechtigt. 3 Marken zum Bezug von je 75 Gramm Weizenmehl oder 100 Gramm Weizenbrot und 2 Marken zum Bezug von je 850 Gramm Noggenmehl oder 1280 Gramm Hausbrot (Ziff. 3).

Die Marke, die zum Bezug von Weizenauszugsmehl berechtigt, kann ohne weiteres auch zum Bezug von Weizen­oder Noggenmehl benutzt werden, jede Weizenmehlmark-, zum Bezug von Noggenmehl.

Dreiundzwanzig Marken, die zum Bezug von Weizen­auszugs- oder Weizenmehl berechtigen, können auch statt zwei Noggenmehl- oder Hausbrotmarken zum Bezug von Hausbrot verwendet werden.

Auf Grund eines ärztlichen Zeugnisses werden für einzelne Personen auch Karten mit 26 Marken ausgegeben. die zum Bezug von je 75 Gramm Weizenmehl oder 100 Gramm Weizenbrot berechtigen.

Die Marken gewähren dem Inhaber, vorbehaltlich jederzeitiger Aenderung der Bezugsmenge. unter der Vor­aussetzung von Barzahlung Anspruch darauf, daß ihm in dem Kommunal- oder Gemeindebezirk, in dem die Karte ausgestellt worden ist. in jeder gewerblichen Verkaufsstelle für Mebk oder Brot eine entsprechende Menge Mehl oder Brot «('gegeben wird, soweit der Vorrat reicht. Nur die auf Weizenauszugsmehl lautenden Marken gewähren bloß Anspruch auf Abgabe von Weizenmehl oder Weizenbrot.

18. Den zum Bezug von Mehl- und Brotkarten Be- rechtigten wird frühestens am 10. Tage, den in Ziffer 16 Abs. 3 bezeichneten Berechtiaten frühestens am 20. Tage nach dem Tage des Empfangs der vorangegangenen Karte eine neue Karte ausgefolgt.

19. Mehl- und Brotkarten oder einzelne Marken, sowie Mehl und Brot dürfen nicht gegen Entgelt an Dritte abgegeben werden.

AushilsS- und tauschweise Abgabe von Mehl- und Brot-Marke». sowie von Mehl und Brot an Dritte gegen Wiedererstattung der gleichen Menge durch den Empfänger, sowie geschenkweise Abgabe ist zulässig.

20. Die Karte verliert ihre Gültigkeit zehn Tage nach Ablauf des Monats, in dem die Ausgabe erfolgt ist.

Die Karten erhalten für jeden Ausgabemonat ein« andere Farbe, und zwar für März blau, April rot, Mai weiß, Juni violett, Juli gelb. August grün.

21. Zu den Mehl- und Brotkarten sind Vordrucke zn benützen. Muster hierzu gehen den Kommunalverbänden von der Zentralstelle für Gewerbe und Handel zu und können in weiteren Stücken von den Kommunalverbänden und den Gemeinden beim Sekretariat der Zentralstelle be­zogen werden.

Alle Marken der einzelnen Karten sind mit dem Stempel derj-'nigen Gemeinde zu versehen, in der sie ab­gegeben werden.

22. In jeder Gemeinde wird die erforderliche Zahl von Kartenabgabestellen errichtet. Die Aufgaben dieser Stellen werden e'nem Ausschuß oder Unterausschuß» der gemäß 83^ >)*r Bundesratsverordnung vom 25. Januar 1915 gebildet worden ist, oder unter Leitung eines solchen einer sonst von dem Kommunalverband oder der Gemeind« zu bestimmenden Stelle übertragen.

23. Die Kartenabgabestellen haben für jeden HauL- haltungsvorstand und jede der ihm gleichgestellten Per­sonen und Anstalten eine Abgabekarte zu führen, für die Unternehm-r landwirtschaftlicher Betriebe im Sinne des 8 4 Abs. 4 » der Bundesratsverordnung vom 25. Januar 1915 jedoch, denen Vorräte nach 88 4 Abs. 4 » und Abs. 3 der Bundesratsverordnung verbleiben, zunächst nicht.

In der Abgabekarle sind der Name des Haushaltungs­vorstandes usw.. die Zahl der Mitglieder der Haushaltung oder der zu verpflegenden Personen, etwaige Aenderungen hierin, die Menge der in jeder Haushaltung am 10. März 1915 oder dem etwaiaen früheren Erhebungstage (Ziff. 49 Buchstabe s u. k) vorhandenen Mchlvorräte, soweit sie 5 Kilo­gramm übersteigen, der Tag. bis zu dem diese Vorräte reichen müssen (vergl. Ziff. 26). die dem Haushaltungs­vorstand usw. bei jeder Abgabe zustehende Zahl von Mehl- und Brotmarken der verschiedenen Art, sowie der Tag der jeweiligen Abgabe der Mehl- und Brotkarten zu ver­merken.

Zu den Abgabekarten sind Vordrucke zu benützen. Muster hierzu gehen den Kommunalverbänden von der Zentralstelle für Gewerbe und Handel zu und können in weiteren Stücken von den Kommunalverbänden und den Gemeinden beim Sekretariat der Zentralstelle bezogen werden.

Die Abgabekarten für die Haushaltungs-, AnstaltS- usw. Vorstände tragen weiße, diejenigen für die in Ziff. IS Abs. 3 genannten Personen grüne Farbe.

24. Alle Haushaltungsvorständc und ihnen gleich­gestellte Personen usw. haben bei der ersten Abgabe von Mehl- und Brotkarten den Meldestellen, die in sämtlichen Gemeinden zu errichten sind, die Zahl derPersonen an- zuzeigen, für die sie Mehl- und Brotkarten beanspruchen. Etwaige Aenderungen sind bei der nächsten Karlenabgabe anzuzeigen.

Gleichzeitig mit der Anzeige des Absatzes 1 sind die sämtlichenMehlvorrätein jeder Haushaltung nach dem Stande vom 10. März anzuzeigen.

Zu den Anzeigen können schriftliche oder mündliche Form und ersterensalls Vordrucke vorgeschrieben werden, wozu den Oberämtern von der Zentralstelle für Gelverb« und Handel Muster zugehen. Weitere Muster können von den Oberämtern und Gemeinden beim Sekretariat der Zentralstelle bezogen werden.

25. Die Haushaltungsvorstände usw.. die einen Mchl- vorrat von mehr als 5 Kilogramm besitzen, und die da­für die Haushaltung erforderliche Brot selbst backen lassen, haben erst nach Erschöpfung ihres Mehlvorrats Anspruch auf Mehl- und Brotkarien, frühestens aber nach einer An­zahl von Tagen, die sich ergibt, wenn das Gewicht der 5 Kilogramm übersteigenden Mehlvorräte in Gramm aus­gedrückt qctcilt wird durch 200 mal die Zahl der HauS- haltungsmitglicder.

Haushalkungsvorstände. die einen Mehlvorrat von mehr als 5 Kilogramm besitzen und die das Brot für die Haushaltung nicht selbst backen lassen, haben Anspruch auf Mehl- und Prntko''t"n. Jedoch sind 3 der Marken für Weizenmehl oder Weizenbrot von diesen Karten abzu- trcnncn, solange der Mehlvorrat nicht erschöpft ist. min­destens aber für eine Zahl von Tagen, die sich ergibt, wenn das GewickU der 5 Kilogramm übersteigenden Mehl­vorräte in Gramm ausgcdrückt geteilt wird durch 20 mal die Zahl der Haushaltungsmitglieder.

Vruchtage, die sich bei vorstehender Berechnung er­geben. bleiben außer Betracht.

26. Auf Grund der Anzeigen gemäß Ziff. 24 Abs. 2 wird unter Zugrundelennna der Bestimmungen in Ziff. 25 Absatz 1 und 2 rechtzeitig berechnet, bis zu welchem Tage die einzelnen Meblvorräte, soweit sie anzurechnen sind, reichen. Dieser Taa wird in der Nbaabekarte (Ziff. 23) vermerkt und dem Besitzer der Vorräte bei der nächsten Abgabe von Mebl- und Brotkarten mitgeteilt.

Ergibt sich bei dieser Berechnung ein späterer Tag, als der 15. August 1915. so wird die überschießende Vor- rntsmeuae. soweit ste ^5 übprNrjat, möglichst

bald enteignet, wenn sie nicht alsbald freihändig an den Kommunalverband abgetreten wird.