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^ 206.

Neuenbürg, Montag Leu 28. Dezember M4.

72. Jahrgang.

Der Krieg.

Berlin, 24. Dez. Aus Amsterdam wird der Post" gemeldet: DasAllgemeine Handelsblaad" meldet aus Sluis: Gegenwärtig befinden sich in Heyst 17 000 Mann Deutsche. Gestern sind noch 6000 Mann angekommen, zum Teil junge Männer von 17 bis 18 Jahren. Aus dem Haag wird dechVoss. Ztg." gemeldet: DerTelegraas" berichtet aus Sluis, die englischen Gerüchte von einem großen Vordringen der Verbündeten find allesamt falsch. Die Gefechtslinie ist kaum verändert. Auf der Linie hinter der Front Ostende-Brügge-Roussclaere-Boe- singhe-Kortryk merkt man wenig vom Krieg. Die Städte Thorout, Boesinghe, 5 Kilometer von Rouffe- laere und 10 Kilometer hinter der Front und Kor- try haben überhaupt nicht gelitten, umsomehr Rousse- laere und Rumbeke.

Zürich, 24. Dez. (GKG.) Ueber die Kämpfe im Elsaß meldet der Korrespondent desTages­anzeigers": Die Franzosen sind in südlicher Rich­tung zurückgedrängt. Bei den letzten Kämpfen in der Gegend von Thann und Sennheim entwickelte sich ein heftiges Gefecht in den Schützengräben. Wie Verwundete berichten, befanden sich die Franzosen in stark befestigten Stellungen und konnten nur mit intensivem Maschinengewehrfeuer daraus verdrängt werden. Ihre Verluste waren sehr groß.

Berlin, 24. Dez. DieNordd. Allgem. Ztg" schreibt: Die bisherige segenSre'chr Tätigkeit der Sammelstelle für Liebesgaben in Deutschland hat trotz hochherziger Beihilfe aus dem ganzen Reiche nicht vermocht, alle im Felde stehenden Truppen ge­nügend mit Gaben zu versehen. Besonders unter den Reserve- und Landwehrformationen, sowie unter den Landfturmbataillonen befinden sich einige, die nur spärlich bedacht sind. Um hier einen erwünschten Ausgleich zu schaffen, haben die Kgl. Preußischen Staalsminister gemeinsam mit den kaiserlichen Staatssekretären eine Weihnachtsgabe von 30 000 Mk. zur Verfügung gestellt. Der Staatssekretär Dr. Sols hat bereitwillig die Beschaffung und Verteilung dieser Sachen übernommen. Es sind mit Hilfe der Armee­kommandos die Truppenteile festgestellt, die in Frage kommen, sodaß die Beiträge den einzelnen Truppen­teilen zugesandt werden können.

Berlin, 24. Dezbr. Aufruf. Die Militär- Vorbereitungsanstalt des Gardekorps zu Potsdam nimmt vom 2. Jan. 1915 an wieder Freiwillige im Alter von 16 bis 16 ^/i Jahre auf. Mindest­maß 1,65 Meter. Anmeldungen sind an das Geschäftszimmer I der Militärvorbereitungsanstalt des Gardekorps in Potsdam, Jägerallee 10 direkt bezw. an das zuständige Bezirkskommando zu richten. Die Bewerber müssen vollkommen gesund, kräftig gebaut und frei von körperlichen Gebrechen und wahrnehmbaren Anlagen zu chronischen Krankheiten sein. Eine Annahme erfolgt nur auf Grund der hier zu erfolgenden ärztlichen Untersuchung. Ein- stellung nach Bedarf. Persönliche Vorstellung und ärztliche Untersuchung kann Mittwoch und Samstag vormittags von 1012 Uhr unter Vorlage einer polizeilich beglaubigten Einwilligungserklärung des gesetzlichen Vertreters, eines polizeilichen Führungs­zeugnisses und des Geburtsscheins statt.

Konstantinopel, 24. Dez. (WTB.) Das Hauptquartier meldet: Auf der Kaukasusfront trugen unsere Truppen zwischen Olti und Id einen ent­scheidenden Sieg davon. Die Schlacht dauert mit neuen Erfolgen für uns noch fort. Bis jetzt erbeuteten wir 6 Geschütze und über 1000 Gefangene, darunter einen Oberst und eine Menge Munition und Kriegs­material. Ein englischer Kreuzer versuchte gestern in Akaba einzudringen, wurde aber gezwungen, sich unter dem Feuer unserer Geschütze sofort zurück­zuziehen. Das Feuer des Kreuzers hat keinen Schaden angerichtet.

Berlin, 27. Dez. Aus Rom wird dem Lokal-Anzeiger" gemeldet: DerCorriere delle Puglie" meldet aus Konstantinopel: Im Kaukasus hat der kurdische Beirak seinen Stamm dem Kom­mandanten des 10. Armeekorps zur Verfügung gesteckt. Im Sudan haben trotz des Belagerungs­zustandes die Stämme von Danre den heiligen Krieg proklamiert. Die indischen Truppen haben es ab­gelehnt, gegen ihre Glaubensgenossen zu kämpfen.

Aus Marokko wird die Räumung von Fez bestätigt. Die französischen Truppen konzentrieren sich gegen San Geri.

Moskau, 26. Dez. (WB.) Der Zar hat sich gestern abend zur Front begeben.

Paris, 27. Dez. (WTB.) DerTemps" schreibt: Ein von einem österreichischen Unterseeboot angeschossener französischer Panzer mußte sich zur Ausführung von Ausbesserungen nach Malta begeben.

Paris, 24. Dez. (WTB.) Dem Journal wird aus Lissabon gemeldet, daß die politische Lage in Portugal äußerst gespannt sei. Der Konflikt zwischen Radikalen und Gemäßigten nehme einen immer ernsteren Charakter an.

Tokio, 26. Dez. (WB.) Meldung des Reuter- schen Büros: Das Parlament lehnte die Regierungs­vorlage, die eine Vermehrung der Armee um zwei Divisionen verlangte, mit 213 gegen 148 Stimmen ab. Der Kaiser ordnete darauf die Auflösung des Parlaments an.

London, 27. Dez. (WTB.) Die Vrotpreise werden in den nächsten Tagen neuerdings steigen, sodaß ein Brot von 4 Pfund gegen 70 Pfg. kosten wird. Die Ursachen der Teuerung werden in erster Linie dem Mangel an Schiffen und den darauf zurückzuführenden höheren Frachtsätzen, der schlechten Ernte in Australien und der Schließung des Schwarzen Merres zugeschrieben. Auch die Preise für Salz sind bedeutend gestiegen.

Amsterdam, 24. Dez. (GKG.) Wie die holländischen Zeitungen melden, sind vom 1. Nov. bis 15. Dez. 135000 geflüchtete Belgier nach Belgien zurückgekehrt. Die belgischen Provinziallandtage haben auf ihrer letzten Tagung beschlossen, einen neuen Appell an die in Holland und England weilenden belgischen Flüchtlige zu richten, um sie im Interesse der Zukunft Belgiens zur sofortigen Rückkehr aufzufordern.

Berlin, 24. Dez. Wie diePost" aus Amster­dam erfährt, meldet derTelegraas": Die deutsche Militärbehörde läßt die Befestigungen von Ant­werpen verstärken. Belgische Arbeitslose finden hier­bei Beschäftigung.

Rom. 24. Dez. (WTB.) Infolge eines Erd­rutsches, den die Regengüsse der letzten Tage ver­ursacht hatten, sind in Valmontone 5 Häuser ein­gestürzt. Vier Tote und 12 Verwundete wurden geborgen. Man befürchtet, daß noch etwa 20 Per­sonen unter den Trümmern liegen. Von hier ist ein Hilfszug abgegangen.

Württemberg.

Stuttgart. 28. Dez. Ueber die Frage:Warum muß Deutschland siegen?" hat derBerliner Lokalanzeiger" bei Staatsmännern und Gelehrten eine Umfrage veranstaltet. Unser württembergischer Ministerpräsident Dr. o. Weizsäcker hat folgende Antwort darauf gegeben:Warum muß Deutschland siegen? Antwort: Weil ganz Deutschland den felsen­festen Glauben an die siegreiche Abwehr des An­schlags auf sein Dasein hat. Unter der Leitung des gegen uns verschworenen England haben sich unsere Feinde zusammengeschart. Gegen sie sind unsere streitbaren Männer hinausgezogen keinem der Tapferen ist auch nur der Gedanke gekommen, daß er nicht in den Sieg z'ebe. Sie tragen den Kneg

hinaus in die Länder, deren Regierungen mit dem Fluch des Friedensbruches beladen sind. Und zu Hause? Alles was nur die Hände rühren kann, hat nur das eine Ziel, die Mittel bereitzustellen, um den eisernen Wall zu stärken, an dem feindlicher Frevel sich brechen muß und wird. Ohne den un­erschütterlichen Glauben an den Sieg wären unsere Hilfsquellen zu Hause einer glänzend erbauten Ma­schine vergleichbar, der die Triebkraft fehlt. Und wie steht es auf der anderen Seite? Mit der Lüge, wie verächtlicher die kühnste Einbildungskraft sie bisher nickt geschaffen, haben unsere Gegner den Kampf eröffnet, mit der Lüge und mit der Peitsche treiben sie zur Fortsetzung des Kampfes an. Einmal werden auch diese Mittel versagen. Doch was bedarf es weiterer Wortei Heute, nach einem viermonatigen Dröhnen des Kampfes ohnegleichen, steht kein Deut­scher an der Front, fährt kein deutscher Seemann unter der Kciegsflagge, in dessen Herzen auch nur der Schatten eines Zweifels an dem endgültigen Sieg aufkommen könnte. Sie haben gesiegt und sie müssen es wissen sie werden siegen.

Stuttgart. 22. Dez. In einem Aufruf zur Einreichung von Feldpostbriefen wendet sich das K. Kriegsministerium an alle Kreise Württem­bergs. an jeden einzelnen, der im Besitz unmittelbarer Berichte aus dem Felde ist, mit der Bitte, diese wertvollen Beweisstücke aus großer Zeit dem Kriegs­archiv des Ministeriums in beglaubigter Abschrift oder in Urschrift zu übersenden. Von Interesse find nicht allein Schilderungen kriegerischer Ereignisse, sondern auch Wahrnehmungen und Bemcikuugrn aller Art, z. B. über Gesundheitszustand, Verpflegung, Unterbringung, Verhalten der feindlichen Bevölkerung usw. Sehr erwünscht sind Angaben des Namens, des Dienstgrades und der Dienststellung wie auch des Truppenteils des Verfassers, sowie des Datums und des Abgangsorts der Aufzeichnungen.

Der Krieg und die Presse.

Der Süddeutschen Reichskorresondenz wird aus Stuttgart geschrieben: Als die Vertreter der Zei­tungen von Groß-Stuttgart sich an einem der ersten Mobilmachungstage im Generalkommando des XIII. (K. Württ.) Armeekorps eilig zu einer Besprechung um den Chef des Generalftabs versammelten und aus beredtem Munde die fachmännischen Erläuter­ungen zu dem Merkblatt für die Presse empfingen, war allen klar, wie hohe Aufgaben und welche große Verantwortung dieser Krieg an die Presse stellt. Die vaterländische Begeisterung, mit der Zeitungen aller Parteien sich an die Erfüllung dieser Pflichten machten, hat bis auf den heutigen Tag keine Verminderung erfahren. Weder der Opfermut der Verleger noch die Hingebung der Redakteure lassen irgend welche Einbuße erkennen.

Und es ist wahrlich nicht leicht, was die Presse in diesem Kriege zu leisten hat. Einem ins Unend­liche gesteigerten Nachrichtenbedürfnis des Publikums steht eine erhebliche Einschränkung des Nachrichten­wesens gegenüber. Es erfordert ein hohes Maß von Kritik und Disziplin, wenn der Redakteur den grundlegenden Gedanken des Merkblattes für die Presse und den zahllosen Anweisungen bejahender und verneinender Art. die inzwischen auf dieser Grundlage ergangen sind, selbst im stärksten Drang der Arbeit gerecht werden will. In jeder Redaktions­stube brachte der Krieg eine völlige Umwälzung mit sich, durch die oft von Grund aus veränderten Be­zugsmöglichkeiten für das Nachrichtenmaterial. Die Verleger batten die größten Schwierigkeiten bei der Heranjchoffung der Rohstoffe und beim Versand der fertigen Zeitungen zu überwinden.

In allen Zeitungen ist das alte Proportional­verhältnis zwischen Text- und A"reiaeteil geschwunden; der eitlere ist immer noch im Wissen be 'iss > u-d