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^ 292.

Reue «bürg, Samstag de» 19. Dezember 1914.

72. Jahrgang.

Der Krieg.

Neuenbürg, 18. Dezember 1914.

Nach dem Untergang unseres ruhmreichen ost­asiatischen Kreuzergeschwaders bei den Falklands­inseln hat der Staatssekretär des Reichsmarineamts, Admiral v- Tüpitz, auf eine der vielen telegraphischen Kundgebungen aus dem Reiche geantwottet. Admiral Graf Spee und seine Offiziere und Mannschaften sollten den Heldentod nicht vergeblich gestorben sein. Er hat Wort gehalten wie immer. Eine neue glän­zende Waffentat unserer Marine hat den Engländern gezeigt, daß wir ihre Flotte nicht fürchten und daß sie noch lange nicht Herren der Nordsee sind. Wie am 4. November vor Uarmouth, so haben jetzt vor den befestigten englischen Küstenplätzrn Sccnborough und Hartlepool die deutschen Kanonen gedonnert. In unerhört kühnem Streifzug ist unsere Flotte zum zweitenmal am Hellen Tags vor der Ostküste des großmäuligen Albion erschienen, das durch seine übermächtige" Flotte nicht geschützt war. Furcht und Schrecken unter den Krämern hat es genug gegeben und ihre Presse führt allmählich eine Spracht, die den britischen Ministern übel in die Ohren klingen mag. Denn man ist auch mit dem Fortgang des Krieges auf dem Festlande keineswegs zufrieden. DieTimes" schreibt, man werde, wenn der Krieg erst aus sei, die verantwortlichen Männer henken müssen, die das Land so schlecht vorbereitet in den

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führung in den Kolonien und höchst unerfreulich die auf dem europäischen Kontinent. Ein rechter Deutscher gibt nicht viel auf das, was Engländer sagen, und auch wir legen auf diesen Wutausbruch des einst so bissigen, aber nachgerade recht zahnluckig gewordenen Wellblaites an der Themse wenig Wert. Immerhin, es mag schon stimmen. Sei! Wochen kündigen unsere Feinde im Westen einen großen Vorstoß an, der die Deutschen aus Frankreich und Belgienüber den Rhein zurück" werfen soll. Sie zerbrechen sich die Köpfe über die Stärke unserer gegen Rußland kämpfenden Armeen, behaupten aller­hand deutsche Truppenverschiebungen von Westen nach Osten und meinen, jetzt oder nie sei der Zeit­punkt gekommen für einen entscheidenden Schlag. Er ist aber noch nicht gekommen. Es ist ja wahr, daß die Gesamtzahl unserer feindlichen Völker mit 250 Millionen doppelt so stark ist als die Deutsch­lands und seiner Verbündeten, aber das sind papierene Zahlen, die ihren AuZdrück in der Zahl kriegsbrauch­barer Regimenter keineswegs finden. Von Frankreich kann man wohl sagen, daß es den letzten Mann schon in den Heeresdienst gepreßt hat, um sich für die Engländer zu opfern, die immer noch die all­gemeine Wehrpflicht ablehnen und bloß Söldner ins Feld schicken.

Auch im Osten geht keine der vielen Hoffnungen, die man in London und Paris auf dierussische Dampfwalze" gesetzt hat, in Erfüllung. Der Sol- datenreichtum des Zaren ist seit den ungeheuren Verlusten der Russen schon lange nicht mehr uner­schöpflich. Die überlegene Kriegskunst unseres Generalfeldmarschalls v. Hindenburg ließ die mosko- witischen Millionenheere rasch zusammenschmelzen. Wir kennen ja alle den Gang der Ereignisse und verfolgen mit atemloser Spannung die Weiterent­wicklung der riesigen Schlacht um Warschau, die vielleicht, bis diese Zeilen hinausgehen, eine Ent­scheidungsschlacht sein wird. In Petersburg denkt wohl kein Mensch mehr daran, anders nach Berlin zu kommen, denn als Gefangener, und man setzt die letzten Hoffnungen jetzt auf Japans Hilfe, das aber zu spät kommen dürfte, wenn es überhaupt zu kommen entschlossen ist. Oesterreich hat zwar in Serbien einen schweren Stand und sogar, weil es allzuviele Truppen gegen die Russen braucht, Belgrad wieder räumen müssen, aber dieser vorübergehende Mißerfolg

bedeutet nichts gegen die abermalige Säuberung der Karpathen vom Feinde und gegen die wachsenden Fortschritte der kaiserlichen Truppen in Galizien und Russisch Polen.

Selbst die Türkei, die doch erst vor wenigen Jahren einen verlustreichen Krieg führen mußte, er­füllt bis jetzt alle unsere Erwartungen. Am Kau­kasus macht sie beträchtliche Fortschritte und zwingt Rußland, dort eine große Armee zusammenzuziehen, die sonst in Polen erschienen wäre. Der Vormarsch gegen den Suezkanal vollzieht sich langsam aber sicher und nötigt die Engländer zu den höchsten Kraftentfaltungen. Die stärkste Waffe des Sultans aber ist der heilige Krieg, der sich unaufhaltsam unter allen mohammedanischen Völkern der Erde ausbreitet und allmählich bis nach Afrika und Indien hinein die Hilfsquellen unserer Feinde verstopft, in­dem er die islamitischen Völker russischem, eng­lischem und französischem Besitztum aufwiegelt. Eine solche Bewegung braucht natürlich viel Zeit, aber sie ist nicht zu unterdrücken. Die Franzosen in Marokko wissen schon ein besonderes Lied davon zu singen; bald werden sie es auch in Algier und Tunis an- stimmen, denn offenbar ist ihnen auch in ihren Ko­lonien das Los beschieden, die Hauptlasten dieses Krieges zu tragen.

Unter den neutralen Staaten gärt es weiter. Wer die Verhandlungen der Kammer und des Senats in Rom aufmerksam verfolgt hat, dem konnte nicht entgehen, daß der neue deutsche Botschafter Fürst Psil-W Lei 9' M-.ui-

keineswegs unüberwindliche L>chwrengkeüen antrifft. Die Amerikaner verraten eine immer schlechtere Laune gegen dis Behinderung ihres Handels durch die englischen Kreuzer. In Holland rechnet man schon mit der Möglichkeit der Abwehr eines englischen Neutralitätsbruchs. Die drei skandinavischen Könige von Dänemark. Schweden und Norwegen kamen am gestrigen Tage in Malmö zusammen, um über ihre Neutralität zu beraten, die aber, wie jedermann weiß, nicht von Deutschland, sondern von England und Rußland bedroht ist. So zieht sich, während nur die Schweiz bemüht bleibt, die Aufdeckung der Spionage des englischen Gesandten in Bern zu ver­tuschen. von allen Seiten des Horizonts über unseren Gegnern ein schwarzes Gewölk zusammen, das wenig gutes verheißt, dieweilrn uns die Sonne des guten Gewissens und der ehrlichen Kriegführung scheint. Die Rundschau im Ausland wird von Woche zu Woche erfreulicher.

Berlin. 19. Dez. (WTB.) Der Kaiser hat gestern in Begleitung der Kaiserin in Potsdam das Lazarett der Kaiserin im Orangeriegebäude besucht. Von Bett zu Bett gehend sprach der Monarch mit jedem Verwundeten. Er erkundigte sich über die Gefechte, an denen sie teilgenommen und über die Verwundungen, die sie erlitten haben. Die Königin von Schweden besuchte gestern mehrere Lazarette und besichtigte einen Lazarettzug in Moabit.

Berlin, 18. Dez. (WTB.) DieNordd. Allg. Ztg." schreibt unter der Ueberschrifl:Das Weih­nachtsschiff aus Amerika": In menschlich schöner Weise geben weite Kreise der Bevölkerung Nord­amerikas ihrer Teilnahme an den ernsten Zeiten Ausdruck, die Europa durchwehen. Auf Anregung des Herausgebers des Chicago Herold, dem sich andere amerikanische Blätter anschlossen, wurde unter den amerikanischen Kindern eine Sammlung veran­staltet, deren Leitung eine 18 Millionen Kinder umfassende Schulvereinigung übernahm. Die An­regung fiel auf fruchtbaren Boden und hatte in kurzer Zeit einen überraschenden Erfolg. In über­aus großer Zahl gingen Gaben ein, die als Weih- nachtsgestkenke für Kinder Verwendung finden sollen. Am 14. November trat Herr John Collan O'Laug- hin, der sich an die Spitze der großartigen Veran­staltung gestellt hatte, an Bord des Transport­

dampfers der Amerikalinie, Jason die Reise nach Europa an. Nachdem die für England und Frank­reich bestimmten Geschenke gelandet waren, begab sich der Jason nach Genua, von wo die Gaben für Deutschland und Oesterreich-Ungarn auf der Eisen­bahn weiterbefördert wurden. In Genua wurde Herr Collan O'Laughin von Vertretern Deutschlands und Oesterreich-Ungarns begrüßt, lieber Wien und München ist er heute in Berlin eingetroffen. Wir heißen die amerikanischen Herren als Freundschafls- boten in der Reichshauptstadt herzlich willkommen. Frei von jedem politischen Beigeschmack ist diese Kundgebung eine Aeußsrung reiner Menschenliebe, deren Wert das deutsche Volk auch in harten Kriegs­zeiten hoch zu schätzen weiß. Die unsere Nation erfüllende feste Entschlußkraft, den uns aufgezungenen Kampf bis zu einem, die Zukunft Deutschlands ver­bürgenden Frieden durchzuführen, hat den Zauber des Wsihnachtsfestes in der Volksseele nicht aus­löschen können, wenn auch die Freude naturgemäß gedämpft sein wird. Deshalb sind wir für die der amerikanischen Kundgebung zu Grunde liegenden Absicht, dem menschlichen Mitempfinden Ausdruck zu verleihen und deutschen Kindern eine Freude zu bereiten, in diesen Tagen besonders empfänglich und wir sprechen den unter uns weilenden Abgesandten Amerikas, allen Förderern des Werkes jenseits des Ozeans und nicht zuletzt den ungezählten ameri­kanischen Kindern, die sich an dem Zustandekommen der schönen Veranstaltung beteiligt babe» "»n

Berlin, 18. Dez. Aus Rom meldet das Berliner Tageblatt": Italienische Blätter erfahren aus Paris, die Franzosen hätten die ganze italienische Grenze von Artillerie entblößt. Sie schafften sämt­liche Geschütze nach Norden. Eine große Anzahl Fabriken, die früher Fahrräder und Automobile bauten, seien jetzt Tag und Nacht mit der Herstellung von Maschinengewehren beschäftigt.

Petersburg, 17. Dez. Das Finanzmini­sterium hat bedeutende Mittel bewilligt für die Organisation eines internationalen Wettbewerbs zur Auffindung neuer Gebiete der technischen Verwendung von Alkohol. Für Entdeckungen auf diesem Gebiet sollen Preise bis zu 100 000 Rubel bestimmt werden.

Aus Berlin wird vom 18. Dez. gemeldet: An der Berliner Börse ging gestern das im übrigen unverbürgte Gerücht, Hindenburg habe an den Kaiser telegraphiert, daß die Niederlage der Russen die größte der Weltgeschichte sei. Die deutschen Renten­werte gingen hierauf im Freiverkehr um 34 °/o in die Höhe.

Basel, 18. Dez. (WTB.) Nach einer Athener Meldung besteht das frcmzösische-englische Geschwader, das die Dardanellen blockiert, aus 6 Dreadnoughts und zwar aus 4 englischen und 2 französischen sowie aus 7 Kreuzern, nämlich 4 englischen und 3 fran­zösischen, ferner aus 2 französischen Minenlegern, 8 englischen Zerstörern, 4 französischen Torpedobooen, Unterseeboten und zahlreichen Transportschiffen. Den Oberbefehl hat ein französischer Admiral.

Berlin, 19. Dez. (WTB.) Aus Chemnitz wird demBerliner Tageblatt" berichtet: Die Stadt Chemnitz stiftete 25 000 Mk. für die Armee Hlndenburgs zum Zeichen des Dankes für ihre unvergleichlichen Taten.

Immer neue Beweise für die Schuld unserer Feinde.

Für die englisch - belgische Komplizität haben sich neue schwerwiegende Schuldbeweise gefunden.

Vor einiger Zeit wurde in Brüssel der englische Legationssekretär Grant-Watson festgenommen, der im englischen Gesandtschaftsgebäude verblieben war, nachdem die Gesandtschaft ihren Sitz nach Antwerpen und später nach Havre verlegt hatte. Der Genannte wurde nun kürzlich bei dem Versuch ertappt, Schrift­stücke, die er bei seiner Festnahme unbemerkt aus