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Nr. 56

Amis- unä Anzeigeblall für äen 0beram1sbezirL 0alw.

Mittwoch, den 7.März 1928

3n der Slaai4t)öoldp>ennlge wöchentlich mit k'lägerlohn PoN-Bezugspreis öold- piennige ohne Bestellgeld

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101. Jahrgang.

Wirtschaftspolitik im Reichstag

Dr. Curtius überdie deutsche Handelspolitik

TU. B-rlin. 7. März. Bei der gestrigen Weiterberatung des Etats des Relchswirtschastsministeriums im Reichstag nahm ReichswirlschastSminister Dr. Curtius zu einer Reihe von Einzelsragen Stellung, die in der Debatte aus- geworsen worden waren und besprach zunächst die Handels- polittt. Verschiedene Maßnahmen der englischen Regierung dedcu.en eine Verschiebung der Basis, die wir gemeinschast- lich i.iit England beim Vertragsabschluß gesunden haben. Wir werden bei der ersten möglichen Gelegenheit de« dentsch-enattschen Handelsvertrag kündigen und versuchen, bei den neue« Verhandlungen die jetzt zutage getretenen Mißftände abzustcllen. Zum Wortsührer der Be­schwerden, dte sich gegen die Methoden beim deutsch- italienischen Vertrag richten, find nur diejenigen bernsen, die auch von sich aus solche Methoden als verwerflich betrachten. Ich kann mich darum nicht für die entichliehcn, die, wie der Abg. Hugenberg, das Heil in einer Grenzsperre für landwirtschaftliche Artikel und den Etnsuhverboten sehen. Diese Forderung steht im Widerspruch zu den in der Genfer Weltwirtschastskonferenz auch von der landwirtschaftlichen Gruppe unter Zustimmung der deutschen Landwlrtschasts- vertreter seftgelegten Grundsätzen.

Meine Jnduftriepolttik, meine Bemühungen «m Zoll- srnkungen haben nach meiner Ueberzeugung zugunsten der Landwirtschaft gewirkt. Die Deutschnationalen haben meine Politik mitgemacht. Die Ironie des Schicksals will es, daß gerade für den deutsch-englischen und den deutslh-ttalicntschcn Handelsvertrag die deutschnationalen Abgg. Lejeune-Jung und Dr. Reichert die Referenten waren. An dem Zustande­kommen des deutsch - französischen Handelsvertrages hat Reichsernährniigsmittister Schiele den stärksten Anteil. Wenn wir mit Polen zum Vertrag kommen, so basiert das auf der Grnndlage, die die Minister Schiele und Strescrnan» zusammen geschaffen haben.

Ich bin überzeugt, daß die Dcutschnationalcn bald aus die­

sen Boden wieder znrückfinden werden, denn mit den Plänen LeS Abg. Dr. Hugenberg werden wir niemals deutsche Han­delspolitik treiben können. Man darf andererseits den lang­samen Fortgang der deutsch-polnischen Verhandlungen nicht allein aus solche Hemmungen zurücksühren. Die größten Schwierigkeiten gehe« in der Riederlassungs- und Balorl- sternngssrage von Polen auS. ES ist bedauerlich, wie die Tschechoslowakei die deutschen Gläubiger aus den Vorkriegs­anleihe« benachteiligt. Ich sehe keine Möglichkeit znr Fort­setzung der deutsch » tschechischen Verhandlungen, wenn sich das nicht ändert.

Mit dem Abg. Hcinig halte auch ich eine größere Publi­zität der Wirtschaft für notwendig. Was die Klagen des Mittelstandes betrifft, so hat der RelchsernährnngL- minister die Beteiligung von Vertretern des HandwerkS- und Mittelstandes an den Beiräten für dte Durchführung des landwtrtschasUtchen NotprogrammL »»gesagt. Die Ent­schließung, in der eine Kontrolle der staatlichen Auftrags- vergcbung verlangt wird, geht nicht wett genug, weil fl« sich nur auf die Retchsbetrieb« erstreckt, dlx nur zehn Prozent aller Aufträge vergeben. Richtig wäre eS, wenn alle von Reich, Ländern « Gemeinden vergebenen Aufträge dem Reichswirtschastsminifterinm mitgeteilt werden, daS dann dte gewünschte Kontrolle üben könnte. Abg. Dr. Dessaner hat die Kooperation in derWirtschast gefordert. Das ist auch das Ziel d«S Retchswirtschastsministeriums. Wir fordern die Zusammenarbeit der Erzeuger mit Handel nnd Verbraucher nnd würden eS begrüßen, wenn wenigstens etwas mehr dem amerikanischen Grundsatz Rechnung getra­gen würde: Der Kurrde hat immer recht! Im Sinne des kooperativen Gedankens habe ich mich auch bemüht, Kohle nnd Elsen zusammcnzusühren. Ich bedauere, daß die Zen­tralarbeitsgemeinschaft nicht mehr besteht. Ich hosse, daß ihre Aufgabe vom RelchSwlrtschastsrat übernommen wer­den kann, denn wir brauchen ->e Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern nnd Arbeitnehmern zum Segen der ganzen Wirtschaft.

Fünfmächte-Konferenz in Genf

Keine offizielle Investigation gegen Ungarn

Die Entspannung der Lage.

TU Gens, 7. März. Gestern nachmittag hat tm Hotel des Bergues die Besprechung der fünf Großmächte begonnen. An der Unterredung nehmen Ehamberlain, Briand, Strese- mann, Sctaloja und Adatschi teil. Ueber das Ergebnis der Beratungen ist keine Veröffentlichung erfolgt, dagegen wird folgendes mttgetetlt:

Die fünf Großmächte sind übereingckommeu, gegen Un­gar« kein offizielles JnvestigationSoerfahren einznleiten» da­gegen soll in der henitgen geheimen Ratssitzung ei» beson­deres Ratskomitec unter dem Bvrsttz des holländische« Außenministers Blockland eingesetzt werde«, das ans »«par­teiische« Ratsmitgliederu besteht und das dem Völkerbunds» rat noch in einer der nächste« Sitznngen eine« Vorschlag skr die Untersuchung «nd Behandlung der Jnoestigationsassäre -egen Ungar« vvrlegen soll.

In der heutigen Sitzung wird bei der Behandlung der Demarche der Kleinen Entente zunächst der rumänische «nßenminifter Titnlcscu als Ankläger gehört werden «nb sodann der ungarische Delegierte General Tanczos als Ver­teidiger. In der gestrigen Fttnsmächte-Besprechung ist auch der ungarisch-rumänische Optantenstreit erör­tert worden. Hierüber konnte jedoch ein abschließendes Er­gebnis noch nicht erzielt werden. Dritter Behandlnngsge- genstand war dte polnisch-litauische Frage. Hierbei ist sestgestellt worden, daß dte litauische Regierung bisher ans den Beschluß des Rates, einen Bericht des holländischen Außenministers noch während dieser Tagung entgegenznneh- men, nicht geantwortet hat.

In der heutigen geheimen Sitzung des Rats werden fol­gende drei Verhandlungsgegenstände erörtert werden: 1. Die Demarche der Kleinen Entene gegen Ungarn, 2. die Danzi- ger Eisenbahnerasfäre nnd 8. die Herabsetzung der Zahl der Ratstagungen. In der heutigen nachmittags stattsindenden öffentlichen Sitzung des Rats soll der ungarisch-rumänische Optantenstreit znr Verhandlung gelangen.

Frankreich will eine« Prä^denzsall schasse«.

TU. G««f, 7. März. Außenminister Briand erklärte gestern abend französischen Pressevertretern zur Jnvestlga- »ionsfrage. unter Len gegenwärtigen Umständen müsse ein

entscheidender Wert daraus gelegt werden, daß ein auch für die Zukunft annehnrbares Untersuchungsversahrcn gesunden werde. Die Untersuchung des vorliegenden Einzelfalles sei demgegenüber von weit geringerer Bedeutung, da die Tat­sachen allseitig genügend bekannt setkn» >

Es scheint somit aus sranzöstschcr Seite dir Absicht z« be­stehen, Len Einzelsall, die Schaffung einer besonderen 'Uttter- snchungSkommisston, als einen Präzedenzfall hinznftetlen, «m auch in Zukunft die Möglichkeit zu haben, bei Klagen von Verstößen gegen dte militärischen Bestiimnungen -er FriodenSvertäge gegebenenfalls in gleicher Weise eine be­sonder« Untersnchungskomurission entsenden zu können.

Ehamberlain drängt ans Abschluß der RatStag««g am Gamstag.

TU. Genf, 7. März. Aus Kreisen der englischen Delega­tion wird mitgeteilt, daß Ehamberlain größten Werk ans einen Abschluß der Ratsverhandlungen am SamStag lege, und zwar werde Ehamberlain unter allen Umständen Gens am Samstagabend oder Sonntag früh verlaßen. Von einer Begegnung zwischen LUwinow «nd Ehamberlain in Gens könne keine Rede sein. Die englische Regierung weift hier­bei darauf hin. - für dte Verhandlungen mit der Mos­kauer Regierung der übliche diplomatische Weg osfenstehe.

Mit Ende dieser Woche sind Besprechungen -wischen Eng­land, Frankreich, Deutschland und Italien vorgesehen, in denen die die beteiligten Mächte unmittelbar interessierenden Fragen zur Verhandlung gelangen sollen. Diese Verhand­lungen sollen stattsinden, nachdem die ans der Tagesordnung deS Bölkerbundsrates stehenden Fragen erledigt sind.

Die Baukosten für baS neue BölkerbunbspalaiS.

In der gestrigen Ratssitzung, an -er auch der frühere schweizerische BunLcsprästdent Motta teilnahw. wnrde -er Bericht -er Ratskommisston über den Bau deS neuen Böller, bnndspalais einstimmig genehmigt. Di« Baukosten find bisher aus 19,ö Millionen Schweizer Franken festgesetzt wor­den. Das Honorar für die Architekten wird ans v Prozent der Baukosten feftgelegt. Der Generalsekretär des Völker­bundes soll den Auftrag sür die Ausführung des Baues erst dann gegenzeichne», wenn über die drei Punkte des Ber- sammlungSsaals, de» Fassade und di« Leitung der Ban- arbetten völlige Klarheit geschaffen M

Tages-Spiegel

Dr. Curtins sprach gestern i« Reichstag über die deutsche Handelspolitik, wobei er sich sür die Resorm des dentsch- englische« Handelsvertrages einsetzte.

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Rcichsinnenminifter »> Keudell gab im Hanshaltansschntz des Reichstages den Rechenschaftsbericht über die Arbeite« sei» »es Ministeriums.

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In Gens wnrde beschloss««, »o« einer offizielle« Jnvcstiga- tionShandlnng gegenüber Ungarn »bzusehen.

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Briand hat sich sür die Einsetzung eine, Zivikkommissio« zur Untersuchung deS Gzent Gotthard-KalleS ausge­sprochen.

Als Folge der durch die polnischen Wahlergebnisse entstände» «e« Kräfteoertetl««» i« Pole« wir» eine VersafsnngsLu- dcr»ng erwartet.

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In Washington wnrde gestern der amerikanisch-französisch« LchtedLgerichtsoertrag ratifiziert.

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Der König ,o« Afghanistan «erläßt heute mittag Berit«, um fich über Este« »ach Paris und oon dort «ach London z« begebe*.

Der deutsche Wahlerfolg in Polen

Das endgültige Wahlergebnis.

TU. Warschau, 7. März. DaS offizielle endgültige Ge­samtwahlergebnis deckt fich bis auf ganz geringfügige Ren- dernngen mit den gestern bekanntgegebcnc« Wahlresnltaten. Danach habe« die Sozialisten 63 (nicht 62), die Natlonal- -emokratcn 88 (nicht 36), die Bauernpartei Domski St (nicht LZ) und die Minderheiten 56 (nicht V7) Mandate erhalten. Die Deutschen habe« 19 Mandate «nd zwei sozialistische Maudate aas der polnischen Sozialistenkiste erhalten.

Die oberschlestsche «Bolksstimme" in Gleiwih betont, daß das Wahlergebnis über die rein zahlenmäßige Stärkung des Deutschtums hinaus vor allem den Schluß zulasse, daß eine innerliche Stärkung des Deutschtums seit 1922 eingetreten sei, so daß zu hoffen sei, daß die deutschen Wähler auch bei den Senatswahlen am kommenden Sonntag ihren Erfolg flcherstcllen würden. _

Die Entschädigung der Ausländsdeutschen

TU Berlin, 7. März. Der RetchstagsauSschuh für Ent- schädigungsfrageu erledigte den Paragr. 19 des Kriegsschä- denschlußgesetzes, der einen HärtesondS von SO Millionen Reichsmark vorfieht. Die Richtlinien über die Verwendung dieser Beträge erläßt das Reichsfinanzministertnm mft Zu­stimmung deS Reichsrates und eines ReichstagsauSschuffes. Dieser Ausschuß wird das Problem der Kostenbestrcitung noch einmal zu prüfen haben. Als Meldefrist sür diesen An­trag wird der 81. Juli, für im Auslande wohnende Geschä­digte der 89. September feftgelegt.

Der Reichsinnenminister

über die Reichsreform

TU. Berlin, 7. März. Im Hanshaltsansschuß deS Reichs­tages leitete Reichsinnenminister v. Keudell die Ans. spräche über den Etat des Innenministeriums mit einem Rechenschaftsbericht über die Arbeiten seines Ministeriums «in. Er wieS darauf hin, daß die Dienststrafordnung und das Beamtenvertretungsgesetz zweckmäßig mit der Bearbei­tung des gesamten Beamtenrcchtes verbunden würden, wenn -er Reichstag sie nicht mehr verabschiede. Der Minister legte die Gründe dar, die die Regierung von der Vorlegung einer Novelle zum Wahlrecht zurückgehalten habe, insbesondere auch von den Vorschlägen zur Beseitigung der Splitterpar­teien. Die Reichsregierung sei überzeugt, daß sowohl auf dem Gebiet -es Schund- und Schmutzgesetzes wie d«S Film- gesetzeS «nd auch in der Radiosrage noch Mißstände zu be­seitige« seien. Sie habe die Absicht, die Ailmnovelle im Reichsrat baldmöglichst zur Verabschiedung zu bringen. Mit dem Reichskanzler sei er -er Meinung, daß es nicht Absicht der Reichsregierung sein dürfe, durch finanzielle Maßnahmen den Machtbereich der Länder von innen zu unterhvhien. Der Minister ging znm Schluß auf die Frage Unitarismus und Föderalismus ein «nd die Mittel, durch die die Reichscinheit gefördert werden könne, ohne den Ländern zu nehmen, was der Länder sei. Der psychologische Schlüssel für die Lösung diejer Frage ktegc in Süddeutsch^»''