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Neuenbürg, Freitag den 20. November 1914.
72. Jahrgang.
Der Krieg.
Der Krieg gegen Deutschland ist für England ein schweres Problem geworden, denn wenn auch das englische Volk noch treu zu den englischen Kriegsmachern im Ministerium hält und auch das englische Parlament soeben wieder eine große Kriegsanleihe bewilligt hat, so kann man doch täglich in den englischen Zeitungen lesen, daß der Zudrang der Rekruten und Freiwilligen für das englische Heer viel zu schwach ist, um das Millionenheer zu bilden, von welchem der englische Kriegsminister Lord Kitchener gesprochen hat. In der verflossenen Woche erreichte die Zahl der in dem großen Londoner Bezirk neu eingeschriebenen Rekruten noch nicht einmal die Höhe von 2000 Mann. Nimmt man an, daß der sehr große Londoner Bezirk mit seinen zahlreichen Einwohnern ungefähr den 10. Teil des englischen Reiches ausmacht, so kämen auf die Woche in England 20000 neueingestellte Rekruten. Die englische Presse stellt aber mit Bedauern fest, daß die Rekrutenstellungen gegen früher bedeutend abgenommen haben. — Mit dem berühmten englischen Feldmarschall Lord Roberts ist der größte Verfechter der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in England gestorben.
Der Kaiser von Rußland weilte in den letzten Tagen in der Festung Grodno, nachdem er vorher mit seiner Gemahlin und den Großfürstinnentöchtern einen Besuch in Jwangorod gemacht hatte. Der Kaiser versprach überall, daß der der Bevölkerung durch den Krieg entstandene Schaden wieder gutgemacht werden solle, auch hob der Zar hervor, daß Rußland in dem Krieg nicht eher ruhen werde, als bis es die von den Vätern ererbte hohe Mission erfüllt habe. Diese Worte des russischen Kaisers beweisen deutlich, daß der Zweck des Krieges für Rußland die Vereinigung aller Slaven unter dem russischen Szepter und die Eroberung Konstantinopels ist. Darauf gingen auch die heimtückischen Versuche Rußlands, vor dem Bosporus Minen zu legen, hinaus. Der Zar hat also nur bestätigt, was die politische Welt von den großen russischen Eroberungsplänen schon lange wußte und es ist eine unerhörte Erscheinung in der Geschichte Europas, daß gerade England und Frankreich, die einst den großen Krimkrieg gegen die russische Uebermacht und die ehrgeizigen Pläne Rußlands im Orient gekämpft haben, jetzt auf der Seite Rußlands stehen.
Vor der deutschen Botschaft in Konstant!- nopel haben viele Tausende von Türken dem Deutschen Reiche eine Huldigung dargebracht. Der Vorsitzende des Ausschusses der Jungtürken, Nasim Bei, hielt im Namen der versammelten Türken an den deutschen Botschafter Freiherrn v. Wangenheim eine Ansprache, in welcher er ausführte, daß alle Vertreter des Islams glücklich darüber seien, gemeinsam mit Deutschland und Oesterreich gegen die Feinde den Krieg führen zu können. Der deutsche Kaiser habe sich als ein wahrer Freund der Türken gezeigt und das werde unvergeßlich bleiben. Der deutsche Botschafter dankte für diese Kundgebung der Freude der Türken anläßlich des gemeinsamen Krieges, und er werde nicht verfehlen, dem Kaiser sofort darüber Bericht zu erstatten. Als Zeichen der Freundschaft für die Türkei habe der Kaiser Wilhelm dem Sultan die von den Deutschen in den Kämpfen gegen Frankreich gefangen gemachten Mohammedaner gesandt. Die Türkei und der ganze Islam befänden sich an einem Wendepunkt ihrer Geschichte. Der Botschafter sei fest überzeugt, daß die Heere der drei verbündeten Mächte, Deutschland, Oesterreich-Ungarn und der Türkei, die zur Wahrung heiliger Güter zum Schwerte gegriffen hätten, siegreich bleiben würden. Der Botschafter schloß mit einem Hoch auf den Islam sowie auf das türkische Heer und die türkische Flotte. Nasim Bei stellte
darauf die von dem deutschen Kaiser freigelassenen und dem Sultan nach Konstantinopel gesandten Mohammedaner aus Algier vor. Von diesen ergriff einer das Wort und gab der Hoffnung Ausdruck, daß alle Mohammedaner mit Hilfe Deutschlands und Oesterreich Ungarns das Joch Frankreichs, Englands und Rußlands abschütteln möchten.
Konstantinopel, 16. Nov. Der Scheich ül Islam, der den Konstantinopeler Vertreter des B. T. in Audienz empfing, erklärte auf die Frage nach der geistigen Organisation des Islam und der Bedeutung, die der Dschihad (Heilige Krieg) für die mohammedanische Welt habe: Noch niemals hat das Kalifat in der Form, in der es heute geschieht, das Banner des Dschihad entfaltet, und selbst die heiligen Kriege, die der Islam zur Zeit der Kreuzzüge führte, sind nicht mit der Größe dieser heutigen Aufgabe zu vergleichen. Seither sind mehrere Jahrhunderte vergangen, aber das Wort der Lehre, die den Dschihad gebiete, hat weilergelebt in den Herzen der Mohammedaner und wenn heute der Fetwa-i-Scherif ergeht, weiß jeder gläubige Mohammedaner und nötigenfalls jedes mohammedanische Reich, was ihre Pflicht ist. Die Feinde des Islam, die das Kalifat bedrohen, haben uns zum heiligen Krieg gezwungen. Ihre Anstrengungen, uns die Mittel des modernen Verkehrs zu unterbinden, werden ihnen wenig helfen. Schon wissen Hunderttausende von Pilgern, die von Mekka nach Medina zu den heiligen Hügeln ziehen, von dem Erlaß des Fetwa. Wie Mikroben werden sie in dir Körper der feindliche« Reiche, vor allem England, und ihre Kolonien dringen, unaufhörlich an ihrem Marke zehren und überall in Iran wie in den afrikanischen Kolonien wird das Gebet des Dschihad den Lebensnerv unserer Feinde und aller, die sie unterstützen, zerrütten, auch eines jeden, der etwa künftig noch an ihre Seite treten sollte. Die Kinder Mohammeds, des Propheten, werden nicht untergehen. Und wir sind glücklich, diesen Krieg gemeinsam mit den Armeen Oesterreich-Ungarns und Kaiser Wilhelms zu führen, dessen Wort „Ich bin der Freund von 300 Millionen Mohammedanern!" alle Anhänger des Islam kennen.
Amsterdam, 19. Nov. (GKG.) Aus Sluis wird dem „Telegraph" gemeldet: Am Dienstag wurde bei Ipern hart gekämpft. Viele Züge mit Verwundeten fuhren nach Brüssel. Bedeutende Erfolge für eine der Parteien könne nicht gemeldet werden. Man hörte in Sluis einige Explosionen aus der Kampflinie, die durch Bombenwürfe englischer Flieger verursacht sein sollen. In vielen Orten werden Bäume gefällt für Brennmaterial. Die deutsche Behörde gibt sich große Mühe, die normalen Verhältnisse wieder herzustellen.
Rotterdam, 19. Nov. „Daily Mail" meldet: Heftige Kämpfe an der Mer haben aufs neue begonnen. Obwohl die Verluste der Verbündeten außerordentlich groß sind, vermögen sie doch die Stellungen gegen die verzweifelten Angriffe der Deutschen zu halten. Die Engländer haben einen Vorstoß gegen Messines gemacht, find jedoch auf großen Widerstand gestoßen.
Berlin, 19. Nov. Aus Roosendaal wird dem „Lokalanzeiger" gemeldet: In den Kämpfen zwischen Bixschoote und Dixmuiden haben die Franzosen 20000 Mann eingebüßt. In der Nacht vom 14. auf 15. wurde ein Nachtangriff auf Dixmuiden von drei Seiten her unternommen. Die Offiziere trieben ihre Truppen ins Feuer. Doch alle opferreichen Anstrengungen scheiterten. Ohne erhebliche Verluste schlugen die Deutschen den Vorstoß der Feinde ab. Im Kanal ertranken 2500 Franzosen und Engländer. Man sah unter den Ertrunkenen viele Gurkhas, die in der herrschenden Dunkelheit französische Soldaten mit ihren Messern durchbohrt hatten. Die Franzosen stachen mit den Seitengewehren los. Im Tode verkrampften sich die Streiter ineinander. Einige Hundert Franzosen fielen den wütenden Gurkhas zum Opfer.
Es soll eine Art Verständigung zwischen den Verbündeten geschaffen werden, um der Wiederholung solcher Vorfälle zu begegnen. — Unter den französischen Truppen greift eine merkbare Entmutigung um sich. Die Versorgung der Schützen in der Feuerlinie war sehr schwierig. Kälte und anhaltende Feuchtigkeit fordern umso größere Opfer, als die Ausrüstung der Mannschaften sehr mangelhaft ist. In allen hier vorliegenden Prioatberichten wird die vorzügliche deutsche Trupprnverpflegung gepriesen und als das Geheimnis des „germanischen Siegeszuges" bezeichnet.
BOlin, 19 Nov. Aus Rotterdam meldet das „Berliner Tageblatt": Der „Times" wird aus Westflandern von gestern telegraphiert: Zwischen den Truppen der Verbündeten und den Deutschen liegt die Straße Nieuport—D'xmuiden entlang wie ein schützender Gürtel das Wasser. Die weitere Ueberschwemmung wurde gestern beendet. Dadurch ist jetzt das ganze Dreieck Dixmuiden, Ostkerken und Kaeskerken unter Wasser gesetzt.
Kopenhagen, 19. Nov. Dem „Lokalanz." wird von hier gedrahtet: Englische Korrespondenzen melden aus Flandern, daß die Deutschen ihre Offensive mutig fortsetzen, dabei aber schwere Verluste erleiden. Nieuport ist durch das Bombardement sehr heimgesucht; ein großer Teil der Stadt ist in einen Trümmerhaufen verwandelt. Der Turm der historisch wertvollen Kirche ist jedoch verschont worden. Von Ipern her hört man fortgesetzt Kanonendonner.
Berlin, 19. Nov. Die „Deutsche Tagesztg." gibt folgende Auslassungen der „National-Tidende" über die Lage in Paris wieder: Die Deutschen haben südlich auf der Front Ipern—Armentieres neue Vorstöße unternommen. In Nordflandern sowie an der Küste setzen sie die Arbeiten an den Befestigungen fort. Die ganze Küstenstrecke von Ostende bis Knocke ist mit Artillerieverschanzungen versehen. Frische Truppen wurden bei Brügge und östlich von Touron zusammengezogen.
Berlin. 18. Nov.A(WTB). Die „Deutsche Tageszeitung" erfährt aus Rom, daß der neue deutsche Sieg im Osten um so stärkeren Eindruck dort gemacht habe, als russische Nachrichten den Glauben hatten erwecken wollen, als könnten Deutschland und Oesterreich-Ungarn dem allvernichtenden russischen Einsall kaum noch stand halten.
Frankfurt, 19. Nov. (GKG.) Die „Frank- furter Zeitung" meldet aus London: Der „Times" wird aus Kopenhagen gemeldet, daß die russischen Verluste auf 40 bis 500000 Mann geschätzt werden, das sind die russischen Verluste in der Schlacht an der Weichsel.
Berlin, 19. Nov. (WTB.) Petersburger Meldungen über ein Vorrücken russischer Truppen gegen Gumbinnen und Angerburg, wie über die Besetzung von Laugszargen bei Tauroggen sind durch die Ereignisse überholt. Die Russen waren vorgegangen, sind aber zurückgeschlagen worden.
Petersburg. 19. Nov. (WTB.) Ein Bericht des Admiralstabs besagt: Gestern morgen erschien rin deutsches Geschwader, bestehend aus 2 Kreuzern, mehreren Dampfern und Torpedobooten vor Libau. Die Deutschen beschossen die Stadt und den Hafen von neuem, wodurch mehrere Brände hervorgerufen wurden. — Am gleichen Tage näherte sich früh morgens die russische Schwarzmeer-Flotte dem türkischen Fort von Trapezunt und beschoß Fort und Kaserne, was an der Küste eine heftige Feuersbrunst verursachte. Oltomanische Schiffe wurden auf der Reede nicht entdeckt.
Petersburg, 18. Nov. Ein Telegramm des „Rußkoje Slowo" aus Tokio berichtet von einer Panik und der Abfahrt des zweiten Geschwaders in die Straße von Tsuschima, weil deutsche Kreuzer
gesehen worden sein sollten.
(Frkf. Ztg.)