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166.

Reuen bürg, Samstag den 17. Oktober 1914.

72. Jahrgang.

Der Krieg.

Die elfte Kriegswoche geht nun zu Ende. Es ist sonst wohl im bürgerlichen Leben eine kurze Spanne Zeit, die leicht vorübergleitel und nicht ein­mal ausreicht, eine Saat zur Reifs zu bringen. Aber wie schon im Leben des Soldaten die Kriegsjahre doppelt gerechnet werden, so empfinden auch wir, die täglich und stündlich unserer Brüder im Felde gedenken und mit verhaltenem Atem das ungeheure Drama auf dem Weltentheater stch abwickeln sehen, jede einzelne dieser elf Wochen, ja jeden Tag und jede Stunde als eine fast unendlich lange Frist. Gewiß, wir Patrioten wissen uns zu bescheiden und haben warten gelernt, und unsere blühende Mannes­kraft draußen im mörderischen Kampfgewicht dürfte sogar einen guten Teil ihrer Empfindungen für Raum und Zeit verloren haben. Sie handeln nach dem Dichterwort:Wir fragen nichts ngch Ruhm und Glanz, Die sind gar bald verdorben; Uns hat die Not des Vaterlands, Die harte Not geworben. Für Weib und Kind, Für Haus und Herd, Da zücken wir das scharfe Schwert Zum Siegen oder Sterben/'

Es geht immer noch vorwärts, unaufhalisam vorwärts, im Westen wie im Osten. Antwerpen, die als uneinnehmbar geltende Riesenfestung der Belgier mit ihren 25 Forts neuester Bauart hat deutscher Kriegskunst und Tatkraft nur elf Tage widerstehen können. Dann war auch diese: letzte große Waffenplatz des betörten belgischen Volkes in unseren Händen. Die versprochene englische Hilfe kam wieder einmal zu spät und erwies sich als wert­los. Sie war überhaupt nicht ernst gemeint, denn was fragt Albion danach, wenn die Völker des europäischen Festlandes bluten und ihre Handels­städte in Trümmer fallen? Das ist's ja gerade, was der englische Krämergeist erstrebt, in der Hoffnung, nachher um so bessere Geschäfte zu machen. Heute liegen doppelt und dreifach die urkundlichen Beweise vor für Englands Schuld am Kriege und für die Verlogenheit seiner Behauptung, daß es nur wegen der Verletzung der belgischen Neutralität den Ver­nichtungskampf gegen den deutschen Konkurrenten begonnen habe. Aus dem Archiv des belgischen Generalstabes haben wir die unbestreitbaren Doku­mente dafür entnommen, daß schon im Jahre 1906 England unter allen Umständen entschlossen war, in einen deutsch-französischen Krieg einzugreifen und daß für diesen Fall die Entsendung eines englischen Expeditionskorps nach Belgien durch genaue Vertrags­bestimmungen in der Weise genau geregelt war, daß Antwerpen die Operationsbasis für einen englischen Angriff in der Richtung auf den Niederrhein und Westfalen bilden sollte. Schon damals war also das Wort von der belgischen Neutralität ein purer Schwindel. Die Belgier müssen es heute büßen. Ihr Land ist jetzt in unserem Besitz, ihre Regierung ist nach Frankreich ausgewandert und ihr König, dieser traurige Agent des Dreiverbandes, hat seine Krone verspielt. Unaufhaltsam fluten unsere frei gewordenen Armeekorps hinter den Ueberblerbseln des größten Teils nach Holland entflohenen und dort enlwaffneten englisch-belgischen Heeres her süd­wärts auf französischen Boden, wo jetzt die immer noch wogende, von den Argonnen bis an die Nord­seeküste reichende Völkerschlacht der Entscheidung zu unseren Gunsten zuneigt.

In der Kapkolonie verweigern die Buren den Einmarsch nach Deutsch-Südwest. England riskiert, wenn es den Bogen dort allzu straff spannt, eine Revolution, in Indien gärt es von Woche zu Woche stärker. Zwischen Persien und Rußland sind bereits förmliche Gefechte im Gange. Die Türkei rüstet unablässig und steht vor der Stunde der Entscheidung. Weder in England noch in Rußland zweifelt man mehr daran, wie diese Entscheidung ausfallen wird.

Das nächste wird wohl ein Kampf um die Dar­danellen sein. Der aber würde für den Islam der ganzen Welt gleichbedeutend mit dem heiligen Kriege, mit der Entfaltung der grünen Fahne des Propheten werden, unter deren Zeichen die gesamte mohame- danische Menschheit sich gegen ihre englischen und russischen Bedrücker erheben wird. Das Rad ist im Rollen und nicht mehr aufzuhalten. Ein Weltgericht erhebt sich aus dem von der Tripleentente frevelhaft angefachten Weltbrand und fürchterlich dröhnt der klassische Kriegsruf durch alle Lande:Vue vie-täs, wehe den Besiegten!

Ein weltgeschichtliches Ereignis war der Tod des Königs Carol von Rumänien, der seinem Lande in schwerer Stunde entrissen wurde, während die Karte Europas zertrümmert wird und die führenden Mächte einen nie erlebten Kampf um Siea oder Untergang führen. Der edle Fürst in einer fast zwei Menschen­alter dauernden Regierung hat die ruhmreichen Traditionen seines hohenzollerischen Geschlechtes, dem er entstammte, nie vergessen, und aus Rumänien, einem kleinen und unterdrückten, zu den türkischen Vasallen zählenden Fürstentum, ein stolzes Königreich und die führende Balkanmachi geschaffen. Königs Carols überlegene Politik setzte trotz aller Lockungen Ruß­lands und Frankreichs die rumänische Neutralität in diesem Kriegs durch. Es ist zu hoffen, daß auch sein Neffe und Nachfolger, König Ferdinand I. das Land mit fester Hand durch den Ansturm feindlicher Einflüsse hindurchsühren und die Traditionen des großen ersten Rumäneukönigs Hochhalten wird.

Die in Sofia erscheinende ZeitungKambana" nennt die Erstürmung Antwerpens eines der größten Ereignisse des jetzigen Krieges. Die Bedeutung dieses hauptsächlich gegen England geführten Schlages sei vornehmlich in dessen Folgen für die weiteren Operationen zu suchen. Der Kanal, sowie die Hauptstadt Englands seien damit bedroht. Der Sieg der Deutschen auf dem französischen Kriegs­schauplatz sei sichergestellt. Der Fall Antwerpens werde aber auch auf das russische Kriegstheater den größten Einfluß ausüben und das Selbstbewußtsein der österreichisch-deutschen Armeen erhöhen. Die ohnehin gehörig gerupften Flügel des russischen Adlers würden dadurch nur noch mehr beschnitten. Dieser beginne, an mehreren Stellen verwundet, jene Gebiete zu räumen, die seit einem Jahrhundert für ihre Befreiung vom russischen Joch kämpfen. Der Fall Antwerpens werde zur Befreiung vieler unter dem Joche Rußlands und dessen Verbündeter schmachtenden Völker beitragen. Deshalb, schließt das Blatt, begrüßen wir aufs herzlichste den großen deutschen Erfolg.

Berlin, 16. Okt. DieVossische Zeitung" schreibt zu der Veröffentlichung einer Reihe von Aktenstücken: England hat sich fremdem Haß und Ehrgeiz dienstbar gemacht und die Fremden wiederum in den Dienst seiner Selbstsucht gestellt. Nach Do­kumenten wie den gestern veröffentlichten, wird man aufhören müsse», von einer deutschen Kriegspartei zu sprechen. Die Kreuzzeitung bemerkt: Die Er­mutigung. die England dem französischen Chauvi­nismus angedeihen ließ, ist, wie die jetzt veröffent­lichten Aktenstücke beweisen, die alleinige Ursache des gegenwärtigen Krieges gewesen. Englische und fran­zösische Soldaten müssen die Einkreisurgspolitik des Königs Eduard mit ihrem Blute bezahlen. Die Saat dieser Politik ist furchtbar aufgegangen.

Berlin. 16. Okt. (WTB). Der militärische Mitarbeiter der Mailänder ZeitungSera" erklärt, der Kölnischen Zeitung zufolge, die Verbündeten hätten keine Truppen mehr zur Verfügung. England könne keine Kontingente mehr in Frankreich landen und erwarte nur noch, daß die anderen sich aufreiben. Ein Brief des Corriere della Sera schildert laut Berliner Tageblatt den großartigen Enthusiasmus der deutschen Truppen und schließt mit dem Satz:

Wir gewannen den Eindruck, daß Deutschland noch über viele Reserven und Hilfsmittel verfüge.

Aus Basel wird gemeldet, daß zu gleicher Zeit wie in der Südgrsnze des Elsaß sich auch in der Schlucht" ein heftiges Gefecht zwischen deutscher und französischer Artillerie entsponnen Habs. Die französische Infanterie machte unter dem Schutze ihrer Kanonen einen Vorstoß gegen Münster, mußte aber bald wieder zurückweichen und wurde von deut­scher Infanterie und Kavallerie verfolgt. Die Fran­zosen sollen viel Kriegsmaterial zurückzelaffen haben. Die Zahl der im Gefecht bei Sept und Setters- Hausen Verwundeten soll ein großer sein. Sie wurden in die Lazarette nach St. Ludwig und Lörrach verbracht.

Kopenhagen, 16 Okt. (WTB)National Tidende" meldet aus London: Fortgesetzt kommen noch belgische Flüchtlinge in England an. Es sind insgesamt etwa 160000 Personen. Tausende von Heimen öffnen sich ihnen. 2500 verwundete belgische Soldaten sind gestern angekommen. König Albert will bei der Armee bleiben, dis Königin weigert sich, ibn zu verlassen. Während eines Be­suches im Joffceschen Hauptquartier warf ein deut­sches Flugzeug eine Bombe herab, dir in der Nähe von Poincaro und Joffre niederfiel. Das deutsche Flugzeug wurde von einem französischen verfolgt und niedergeschosse».

Amsterdam, 16. Okt. Heute morgen von Ostende angekommene Flüchtlinge erzählen, daß die Stadt Ostende in den Händen der Deutschen sei. Die englischen Truppen seien beim Herannahen der Deutschen teilweise in südlicher Richtung abgezogen, zum Teil per Schiff verladen worden. Englische Kriegsschiffe kreuzen in der Nordsee in der Höhe von Ostende. Die Zahl der englischen Truppen, die von Ostende aus nach Südwester: weiterziehen, wird auf 30000 Mann geschätzt.

Am sterdam, 16.Okt. (WTB.) Die Zeitung Nieuwe van den Dag" meldet aus Brügge von gestern: 20000 Deutsche befinden sich in Maldeghem. Die Einwohner ziehen stch andauernd zurück. Die belgischen Soldaten überschreiten fortgesetzt die Grenze.

Berlin. 16. Okt. (WTB.) Nach einer Mel­dung derTimes" stehen an der polnischen Grenze über 5 deutsche Armeekorps, über 8 Reserve-Armee­korps und 5 Landwehrkorps, l'/s Millionen Mann. Dazu kommen 270000 Oesterrsicher, die an der schlesischen Grenze aufgestellt sind.

Wien, 16. Okt. (WTB.) Amtlich wird ver- lautbar am 15. Okt. mittags: Gestern eroberten unsere Truppen die befestigten Höhen von Slarosol. Auch gegen Stary Sambor gewann unser Angriff Raum. Nördlich des Strwiaz haben wir eine Reihe von Höhen bis zur Südostfront von Przemysl im Besitz. Am Sanfluß, abwärts der Festung, wird gleichfalls gekämpft. Unsere Verfolgung des Feindes über die Karpathen hat Wyszkow und Skole erreicht.

Kaiser Wilhelm hat kürzlich in Frankreich bei einer Zusammenkunft mit dem kommandierenden General des 1. bayrischen Armeekorps, v. Xylander, und dessen Generalstabschef v. Nagel, die Tapfer­keit der bayrischen Truppen ganz besonders aner­kannt und dabei die Aeußerung getan, er wünsche nur den Engländern, daß sie einmal mit den Bayern zusammenkommen. Den Wunsch teilt sicher auch das ganze deutsche Volk, daß die englischen Truppen in Frankreich auch mal in größerem Stil ganz ge­hörige deutsche Hiebe bekommen müßten.

Es hat wenig wert, die Lügenberichte unserer Feinde besonders zu beachten, denn Lügen bleiben doch Lügen. Aber einer besonders grotesken Lüge einer französischen Zeitung muß doch gedacht werden. Diese nach Bromberg gesandte französische Zeitung enthält unter dem 20. August die Mitteilung, daß die Russen seit 6 Tagen Bromberg besetzt haben und