Die ersten 10 Wagen sind schon am 27. Aug. zum 13. Armeekorps abgegangen, die übrigen 20 sehen ihrer Fertigstellung in allernächster Zeit entgegen und werden dann ebenfalls den württembergischen Feld­truppen nachgeschickt werden. _

Stuttgart, 2. Sept. Aus Anfordern des Chefs des Feldeisenbahnwesens sind von der Württemberg. Staatseisenbahnverwaltung zur Ver­wendung auf belgischen und französischen Bahnen 40 Lokomotiven abgegeben worden. In einem Sonderzug haben bereits gestern abend 420 württem- bergische Eisenbahner, 360 Unterbeamte und etwa 40 Beamte, mit erforderlichen Baugeräten und Betriebswerkzeugen ausgestattet, die Reise nach Belgien angetreten: sie haben sich auf den ersten Ruf hin freiwillig gemeldet, aus Stuttgart allein ungefähr 200. D

Stuttgart, 2. Sept. Wie der Staatsanzeiger hört, ist der Reichspostverwaltung aus den Beständen der württembergischen Postverwaltung auf neuerdings ausgesprochenen Wunsch eine Anzahl Kraftwagen zur Verfügung gestellt worden, die im Feldpostdienst verwendet werden sollen. Die Uebermittelung der zahlreichen Feldpostsendungen zu den Truppenteilen wird durch die umfassendere Benützung von Kraft­wagen beschleunigt werden.

Der würt>. Minister des Innern machte den Abgeordneten der sozialdemokratischen Partei, die ihn betuchten, Mitteilung über eine Reihe von Maß­regeln. welche die württembergische Slaatsregierung zur Milderung der Arbeitslosigkeit vorgesehen hat. Die Arbeiten an der Neckarkorrektion und die Landeswasserversorgung sollen wieder ausgenommen werden, wenn möglich auch die Arbeiten am Haupt­bahnhof. An die Gemeinden ist ein Erlaß ergangen, der die Durchführung der von ihnen etatmäßig vor­gesehenen Arbeiten dringend empfiehlt. Auch wegen Arbeitslosenbeiträge sind Schritte der Gemeinden und Erleichterung durch den Staat vorgesehen. Ueber die Preise der Lebensmittel und den Stand der ! Ernte machte der Minister Mitteilungen. Eine Aufstellung von Grundsätzen für die Annahme der Bedürftigkeit auch bei Vorliegen von kleinen Bar­beständen oder kleinem Grundbesitz soll fürs ganze Land erfolgen.

Stuttgart, 21. Aug. Unter dem Vorsitz von Regierungsdirektor v. Sling hat der Verwaltungs­ausschuß der Zentralstelle für die Landwirt­schaft am Freitag letzter Woche eine Sitzung ab> gehalten zur Besprechung der Maßnahmen zur Aufrrchtrrhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs während des Kriegs. Es wurden eingehende Mit­teilungen darüber gemacht, was bisher von der Zentralstelle nach dieser Richtung hin geschehen ist, insbesondere durch Vermittelung von Arbeitskräften, Pferdegespannen, auf dem Gebiet der Milchversorgüng und des Molkereiwesens und in der Frage der Höchstpreise. In letzter Hinsicht stellte sich die Zentralstelle bezüglich der Festsetzung von Höchst­preisen für den Großhandel in Getreide und Mehl auf den Standpunkt, daß solche Höchstpreise weder von Württemberg selbständig für sich noch von Württemberg zuerst festgesetzt werden können, daß vielmehr hierin Preußen und Bayern vorangehen müßten, schon weil Württemberg in späterer Zeit auf den Bezug von Getreide aus Norddeutschland bezw. Bayern angewiesen sein werde. Zur Fest­setzung von Höchstpreisen beim Schlachtvieh liegt nach Ansicht der Zentralstelle für jetzt ein Anlaß nicht vor. Weiter wurden vertrauliche Mitteilungen gemacht über die zur Sicherstellung und Beschaffung der Heeresverpflegung eingeleiteten Maßnahmen. Bei der sich anschließenden lebhaften Besprechung wurden die von der Zentralstelle bisher eingeleiteten Maß­nahmen allseitig gutgeheißen. Es wurden von den Vertretern der einzelnen Landesteile auch noch weitere wertvolle Anregungen, namentlich auch wegen Ver­besserung der Arbeiterverhältniffe, der Verkehrsver- hältniss; usw. gegeben. Anerkannt wurde auch, daß die genossenschaftliche Organisation des landw. Kredit­wesens sich in dieser schweren Zeit durchaus bewährt hat und allen Anforderungen uneingeschränkt zu ge­nügen vermochte.

Tübingen, 31. August. Am Samstag hielt Professor Dr. Haller hier einen Vortrag über die Gründe des Hasses gegen Deutschland in Frankreich. Gegenüber der von 1879 1883 vorwiegenden imperialistischen Strömung so führte er aus übrrwog seit Englands Einmischung in Aegypten der Revanchegedanke, der Wunsch der Zurückgewinnung der Ostgrenze Frankreichs und des s früheren militärischen Ruhms in Europa. Mit ^ Zähigkeit war das Ziel, wieder die führende Macht in Europa zu werden, von den französischen Staats- i

männern verfolgt worden. Aber es hätte die volle physische und moralische Kräftigung des französischen Volkes durch Treue im Kleinen. Kampf gegen die Korruption usw. vorher erstrebt werden sollen. Das hat man versäumt. Während der Franzose des Mittelstandes an sich von Natur friedliebend ist. war eine chronische Vergiftung des Volkes mit Revanchegedanken durch eine gewissenlose Demagogie vorgenomme'n worden, an der sich zuletzt alle Parteien beteiligten. Moralkatechismen hatten den Haß gegen Deutschland bis in die untersten Schichten des Volkes getragen. Ec war künstlich gemacht. Man hätte sonst vielleicht 1870 allmählich vergessen. Aber auch die Folgen der künstlichen Mache zeigten sich in den matteren Kämpfen. Belogen, betrogen, vergiftet, falsch unterrichtet, wie sie waren, war ihre Niederlage von vornherein besiegelt. Das Schicksal wird das weitere zu vollziehen wissen.

Tübingen, 1. Sept. Die hier untergebrachten französischen Verwundeten gestehen alle zu, daß sie sehr gut verpflegt werden. Das ist deutsche Art. Ein Mädchen, das vor dem Kriege in Frankreich in Stellung war, erzählte uns gestern, daß es mit anderen Deutschen, Männern. Frauen und Kindern, 5 Tage bei niedrigster Behandlung gefangen gehalten wurde; 2 Tage bekamen sie nichts zu essen, selbst ein zweijähriges Kind erhielt nichts wie Wasser. Erst am dritten Tag wurde den Gefangenen eine Portion Zwieback in den Kerker geworfen, wobei sie sich dre gemeinsten Beleidigungen gefallen lassen mußten. Das ist französische Art.

Geislingen. 2. Sept. Innerhalb 24 Stunden wurden hier in 5 Ertrazügen etwa 1050 verwundete Deutsche' und Franzosen ducchgebrachl, ferner als unverwundete Gefangene ca. 1575 französische Sol­daten, 26 Offiziere und 150 Zivilpersonen, darunter auch Frauenzimmer. Mit diesem Zivilpublikum dürfte es seine besondere Bewandtnis kinsichtlich Meuchelei und Vergeltung haben. Interesse erregte ! bei dem Gefangenentransport ein Belgier, der sich in einem Separat-Coupee befand und von 4 Dra­gonern in liebevolle Fürsorge genommen wurde; er soll den Versuch gemacht haben, bei Germersheim eine Brücke zu sprengen, ferner soll er auf dem Transport mit einem Mann der Begleitmannschaft über das Besprecht eines Gewehres in Meinungs­verschiedenheiten geraten sein, worauf aus den Dra­gonern eine Art Schiedsgericht gebildet wurde.

Zuffenhausen, 1. Sept. Nach dem Genuß einer jedenfalls verdorbenen Wurst erkrankte vor einigen Tagen hier ein 17 jähriger Sattler. Der junge Mann ist nun gestern unter gräßlichen Schmerzen gestorben.

Rottenburg, 1. Sept. Der Kriegerverein Herzog Albrecht von Württemberg hat in einer Ausschußsitzung beschlossen, den größten Teil seines Vermögens zur Unterstützung seiner ins Feld gezogenen Mitglieder und deren Angehörigen zu verwenden. Das Vereinsvermögen beträgt rund 2200 Mk.

Eine Kriegsautostraße. Nach einer Mit­teilung des K. Stellv. Generalkommandos wird eine durch Württemberg führende Kraftwagen-Schnell­verkehrsstraße vom westlichen Kriegsschauplatz nach Oesterreich eingerichtet werden. Die Oberämter und die Ortspolizeibshörden sollen durch entsprechende Aufklärung der Bevölkerung dafür sorgen, daß diesem Autoverkehr kein Hindernis in den Weg gelegt wird.

Württembergische Verlustliste. Im Felde gestorben sind: Diplomhandelslehrer Leutnant d. R. Erich Gaub, 23 Jahre alt. Leutnant d. R. Eugen Bitzer. 25 Jahre alt, von Tübingen. Leutnant Kurt Meßner, Sohn des Oberstleutnant von Meßner von Ulm. Ravan Frhr. Göhler von Ravensburg, Haupt­mann und Kompaniechef. Ritter zweiter Klasse des Friedrichsordens. Leutnant Arthur o. Haldenwang. Refrendar Dr. jur. Julius Römer, Leutnant d. R. von Stuttgart. Rechtsanwalt Eugen Weiler, Leut­nant d. L. von Gaildorf. Eberhard Bischer, Haupt- mann und Kompaniechef vom Jnf.-Regt. 125 in Stuttgart, 43 Jahre alt. Rechtsanwalt Hermann Binz, Leutnant d. R., 33 Jahre alt. Götz, Frhr. v. Berlichingen-Jagsthausen, kgl. württ. Kammerherr, Rittmeister d. R. Diplomingenier und Leutnant d. R. Karl Stecker von Stuttgart. Oberamtsbau- ^ Meister Hämmerle, Leutnant d. R. von Hall. Leut­nant Otto Lanz von Ellwangen. Bergdirektor Erich Pfeilsticker, Leutnant d. L. Stabshauptmann Edwin Mayser von Ludwigsburg, 35 Jahre alt. Haupt­mann Eugen Harlmann von Stuttgart. Leutnant s und Adjutant Karl Gunsenhauser von Stuttgart. ^ Forstreserendar und Leutnant d. R. Rudolf Walz von Nehren OA. Tübingen. (Walz war eine Zeit ' lang Forftaffessor in Langenbrand.)

Bus StaSt» Bezirk unS Umgebung» !

Neuenbürg. Sitzung der bürgerlich,« Kollegien am 3. Sept. Schon in der letzte« Sitzung befaßte man sich damit, eine Arbeilszelege«. heit zu schaffen und nahm dabei die Verlängern«« des vor 3 Jahren hergestellten Schleifwegs Buchberg" in Aussicht. Inzwischen ist eine vo«

77 Personen unterzeichnet- Eingabe um Inangriff­nahme von Nolstandsarbeiten eingegangen, die Vera«, lassung gab, von dem ursprünglichen Projekt mit Rücksicht darauf wieder abzukommen, weil die Wez- verlängerungsarbeiten nur kurze Zeit anhalten würden und ein dringendes Bedürfnis zur Ausführung der­selben überhaupt nicht besteht. Dagegen wurde beschlossen, die Wasserversorgung für die eingemein, delen Parzellen in Angriff zu nehmen und den Stadtbaumeisler mit den nötigen Vorarbeiten z« beauftragen. Erledigt wurde noch eine größere An­zahl von Unterstützungsgesuchen.

Neuenbürg. 2. Seplbr. Ein Kreis patriotisch gesinnter Männer versammelte sich gestern abend in ihrem Lokal um unsere Veteranen zu einer schlichten, aber eindrucksvollen Gedenkfeier von Sredan. Nicht eine Siegesfeier sollte es sein, wie der Redner des Abends. Bezirksobmann Holzapfel, ausführtr. denn dazu sei die Zeit angesichts des furchtbaren Völker-' mocdens im täglichen Schlachlengewühl zu ernst, sondern es solle das kameradschaftliche Zusammensein * der stillen und bescheidenen Erinnerung an die Helden­taten von 1870/71 gewidmet sein, die für alle Zeilen einen Ruhmestitel in der Geschichte deutschen Helden­tums und deutscher Tatkraft einnehmen werden. Sedan, so führte der Redner weiter aus. bilde den Eckstein in dem stolzen, deutschen Bau, der von unseren Feinden wankend gemacht werden sollte. Da sei es für unsere Veteranen an ihrem Lebensabend besonders tröstlich, zu sehen und zu hören, wie die Söhne und Enkel diesen Bau gegen eine Welt von Feinden verteidigen, mit welch unvergleichlichem Mannesmur, mir welch lodernder Begeisterung und opferwilliger Hingabe ein jeder ohne Unterschied der Partei darin wetteifere, es unseren Veteranen von 1870/71 im Kampfe für unsere heiligsten Güter gleich zu tun, und für des Vaterlands Ruhm und Ehre bis zum letzten Blutstropfen einzuftehen. Be­sonders erfreulich sei dabei, daß nächst unserem j

Erbfeind, der die deutschen Hiebe nun in zweiter j

verbesserter Auflage zu fühlen bekomme,, auch der ^ falsche Vetter und Seeräuber, der für dis ganz: , Verwicklung zum Weltkrieg verantwortlich sei, einen Begriff davon erhalte, wie derb die deutschen Fäuste sind, und wie ferner auch der russische Bär nicht ungestraft seine Pranken über unsere geheiligten, deutschen Lande erheben dürfe. Bei den unseren Waffen bis heute schon beschredenen großen Erfolgen sei zu hoffen, daß das heiße Ringen um unsere ge­rechte Sache für uns einen glücklichen Ausgang nehmen werde, sodaß unsere Veteranen, wenn sie nach Gottes Ratschluß dereinst zur ewigen Ruhe eingehen, ihr Werk in schützenden Händen wissend, als letzten ^ Abschiedsgruß die herrlichen und vielsagenden Trostes­worte auf den sterbenden Lippen führen dürfen: Lieb Vaterland magst ruhig sein." Das in unaus­löschlicher Dankbarkeit auf unsere Veteranen nunmehr ausgebrachte Hoch fand begeisterte Aufnahme. Mit großer Freude wurden noch die eben telegraphisch an denEnztäler" gemeldeten neuen Siege unserer Westarmeen, sowie der Verbündeten im Nordosten vernommen, und erhebend waren die Gefühle, mit welchen alle Anwesenden bei dem Freudeugeläute der Glocken um die elfte Stunde die schlichte Feier verließen.

Mit dem Tage des 1. September haben wir an Stelle der alten, vielfach beschädigten Schulwandkarte am Hause unserer Geschäftsstelle eine neue große Wandkarte Zentraleuropas (von Professor Liebenow) gestiftet. Diese neue Karte bietet durch die aufgesteckten Fähnchen ein gutes Uebersichtsbild über die Verschiebungen auf den Kriegsschauplätzen in Ost und West. Es freut uns, daß dieses neue Anschauungsmittel so allseitiges, lebhaftes Interesse findet. Wir konnten bisher die Fähnchen recht weit gen Westen in das Franzosenland hinein setzen und hoffen damit nun auch Zug um Zug fortfahren zu dürfen. Eine ganz besondere Freude aber würde uns und gewiß auch all den vielen Beschauern der Karte bereitet werden, wenn wir recht bald an Stelle des blau-weiß-roten Fähnchens in Paris die deutschen Farben aufstecken dürften, wie man ebenso allgemein und lebhaft wünscht, diese schwarz-weiß-roten Fähnchen und die unsrer Verbündeten (schwarz-gelb) von unsres deutschen Reiches Ostgrenze in das weile Gebiet des ! Zarenreiches vorrücken zu dürfen.