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Ausgegeven: Neuenbürg, den 25.Muguft 1914, mittags 12 Uhr.
Der Krieg.
Stuttgart. (Priv.-Telegr. a. d. „Enztäler" am 24. Aug., uachm. 4'/- Uhr.) Der Kaiser hat an den König folgendes Telegramm gesandt: Mit Gottes gnädiger Hilfe hat Albrecht mit seiner herrlichen Armee einen glänzenden Sieg erfochten. Dn wirst mit mir dem Allmächtigen danken und auf die Siege stolz sein. Ich verlieh Albrecht soeben das eiserne Kreuz 1. und 2. Klasse. Gott segne weiter unsere Waffen «nd die gute Sache. gez. Wilhelm.
Telegramm des Wolff'schen Büros an den „Enztäler".
Ten 24. August, ff, 11 Uhr nachts.
Straßburg, 25. Aug. (W.T.B.) Vor dem Kaiserpalast in Straßburg stehen nunmehr 9 erbeutete Geschütze, nachdem die zunächst einge- brachten, dem Feinde bei Mülhausen abgenommenen vier Feldgeschütze seit gestern um fünf weitere aus den Kämpfen bei Weiler herrührenden französischen Kanonen vermehrt worden sind. Weiter wurde in der vergangenen Nacht ein französisches Feldzeichen eingebracht, das zunächst im Gouvernement untergebracht ist.
Berlin. 24. Aug. (W.T.B.) Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht heute die 8. Verlustliste mit 839 Namen, darunter 130 Tote und 181 Vermißte.
Berlin, 24. Aug. W.T.B. Der von Newyork nach Neapel abgegangene Dampfer „Ancona" ist in der Nähe von Gibraltar angehalten und die auf dem Dampfer befindlichen wehrpflichtigen Deutschen, etwa 70 an der Zahl, sind nach Gibraltar als Gefangene übergeführt worden. Unter den Gefangenen befindet sich der Sohn des Direktors der Deutschen Bank, Hermann.
Berlin. (W.T.B.) Der österreichisch. Ungarische Botschafter teilte heute dem Auswärtigen Amt mit: „Im Allerhöchste« Auftrag ergeht an das Kommando Seiner Majestät Schiff „Kaiserin Elisabeth- in Tsingta«, sowie an Oesterreich.Nugarns Botschafter in Tokio telegraphisch der Befehl, daß „Kaiserin Elisabeth- in Tsingtau mitzukämpfe« Habe -
Berlin, 24. Aug. (W.T.B.) Telegramm an die Kronprinzessin Cecilie, Berlin. Innigsten Dank, mein liebes Kind. Freue mich mit Dir über Wilhelms ersten Sieg. Wie herrlich hat Gott ihm zur Seite gestanden. Ihm sei Dank und Ehre. Ich habe ihm Eisernes Kreuz erster und zweiter Klasse verliehen. Oskar soll sich auch brillant mit seinen Grenadieren geschlagen haben. Er hat Eisernes Kreuz zweiter Klasse bekommen. Sage das Ina Marie. Gott schütze und helfe den Jungen auch weiter und sei auch mit Dir und den Frauen allen. Papa Wilhelm.
Berlin, 23. Aug. (G.K.G.) lieber den Sieg bei Metz berichtet der Kriegsberichterstatter des „Berliner Lokalanzeigers" aus dem Hauptquartier noch folgendes: Der Sieg bei Metz bildet den vorläufigen Abschluß mehrtägiger Kämpfe, die auf einer über 100 km breiten Linie in den Tagen vom 17. bis 21. August stattfanden. Bei Mülhausen zurückgeworfen versuchten die Franzosen zwischen Metz und den Vogesen, ja sogar noch durch die Vogesen hindurch einen mächtigen Vorstoß mit mindestens 8 Armeekorps. Brennpunkte des Kampfes waren Delme, sowie Manhoue (in der Gegend von Chateau-Salms). Bei der ungeheuren Ausdehnung des Schlachtfeldes können natürlich Einzelheiten erst im Laufe der nächsten Tage bekannt werden, aber das, was gemeldet ist, stellt das im ersten Augenblick sicher feftgeftellte Ergebnis dar. Es handelte sich wahrscheinlich um eine große Aktion der Franzosen, die als vollständig mißglückt angesehen werden kann, da das französische Heer von den mit gewaltiger Energie angreifenden Truppen an allen Punkten der weiten Front geworfen wurde und die Deutschen unaufhaltsam nachsprengten und den Rückzug der Franzosen schließlich in eine wilde Flucht gestalteten, die wohl gegen die Linie Toul-Epina! erfolgte. Das harte Nachdrängen wird die Zahl der Gefallenen natürlich noch erheblich vermehren, ebenso wird die Beute an Kriegsmaterial und Geschützen eine Steigerung erfahren. Der Berg Donon, bei dem wir zugestandenermaßen eine kleine^ Schlappe erlitten, wurde am 21. August wieder genommen. Wir wollen immer wiederholen, daß das Mitgeteilte das absolut sichere und stets die untere Grenze des Erfolgs darstelle.
Berlin, 24. Aug. W.T.B. Der gestrige Sonntag war wie ein hoher Feiertag. Der Kirchgang glich einer reinen Völkerwanderung und unzählige Scharen strömten von allen Seiten nach den Linden. Ueberall wurden die Siege des deutschen und des bayerischen Kronprinzen besprochen.
Bekanntmachungen des stellvertretenden Generalkommandos. Cs sind Beschwerden da- > rüber eingelaufen, daß ein Teil der Bevölkerung sich ! gegenwärtig häufiger und länger im Wirtshaus aufhalte als sonst. Volkswirtschaftliche und militärdienstliche Gründe gebieten, daß der Wirtschaftsbesuch eingeschränkt wird. Insbesondere soll den ein- berufenen, vielfach in Gasthöfen untergebrachten Mannschaften die für sie unbedingt erforderliche Nachtruhe zuteil werden. Ich bestimme daher: Für die Gemeinden des Landes, in denen die Polizeistunde aufgehoben ist. wird bis auf weiteres das Wiederinkrafttreten der Polizeistunde verfügt. Die Polizeistunde wird für Gemeinden erster Klasse auf 11 Uhr, für die übrigen Gemeinden auf 10 Uhr abends festgesetzt. Der stellvertretende kommandierende General: gez. Frhr. v. Hügel. General der Infanterie. Dem Generalkommando sind in letzter Zeit zahlreiche anonyme Briefe zugegangen. Es wird hiermit öffentlich bekannt gegeben, daß hier grundsätzlich nur solche Mitteilungen berücksichtigt werden, die eine Namensunterschrift tragen. Dagegen ist das Generalkommando jederzeit bereit, schriftliche Gesuche, Anregungen u. dergl., die mit voller wahrheiks- getreuer Namensunterschrift hierher gelangen, zu ! prüfen und gegebenenfalls das Erforderliche zu veranlassen. Von Seiten des st. Generalkommandos, s Der Chef des Stabes: gez. Ströbel, Oberst. s
Der „Staatsanzeiger" schreibt: In diesen Tagen ! erfolgen durch die Kameralämter die Zahlungen den Entschädigungen für die bei der Mobilmachung ausgehobenen Pferde, Wagen und Gelschirre. Die Empfänger werden wohl den größeren ! Teil des Geldes zur Beschaffung von Ersatz für die z abgegebenen Pferde usw. und zu anderen dringenden ^ Ausgaben für ihren Betrieb und Haushalt nötig ' haben. Soweit dies aber nicht der Fall ist, werden l sie gut daran tun, das Geld nicht nutzlos bei sich i zu Hause liegen zu lassen, wo es in Verlust geraten j kann, sondern mit Rücksicht auf die großen Bedürft t nisfe des Reiches, Staates und der Gemeinden in ^ der gegenwärtigen schweren Zeit möglichst bald ihre ! Steuern zu zahlen und das Uebrige bei Darlehens- l kaffen, Banken usw. zinstragend anzulegen, womit j sie nicht blos im wohlverstandenen eigenen, sondern auch im öffentlichen Interesse handeln. Auch die ? Staatsschuldenkasse nimmt jederzeit durch Vermittlung j der Kameralämter, welche zu näherer mündlicher j und schriftlicher Auskunft bereit sind, Einzahlungen ! zur Staatsbuchschuld entgegen. Zu hoffen ist, daß ! zahlreiche Empfänger in Betracht der erfolgten guten ! Bezahlung auch nicht versäumen werden, ihren Ver- ^ hältnisfen entsprechend freiwillige Wehrbeiträge wie auch Spenden für das Rote Kreuz oder eine ähnliche ^ vaterländische Einrichtung zu Gunsten unserer im j Felde stehenden Krieger oder der zurückgebliebenen > Familien derselben zu geben. !
Neuenbürg, 24. August. Ueber das in den ^ Verlustliste aufgesührte Wort „vermißt" bringt eine amtliche Mitteilung folgende Ausklärung: Die in die Verlustliste übergeherde Meldung eines Truppenteiles, eine Person werde „vermißt", besagt lediglich, daß diese Person zur Zeit der Meldung
sich nicht bei ihrem Truppenteil befand und diesem auch über ihren Verbleib nichts bekannt war. Dies berechtigt aber noch nicht ohne weiteres zu der Annahme, daß der Vermißte etwa in die Gefangenschaft des Feindes geraten wäre. Es kann vielmehr bei jedem Gefecht begegnen und begegnet bei größere» Gefechten häufig, daß Leute von ihrem Truppenteil aus irgend welchen Ursachen abgesprengt werden und ihn erst nach längerer Zeit, unter Umständen erst nach Tagen wiederfinden. Ferner muß damit gerechnet werden, daß Verwundete häufig in ein Lazarett verbracht werden, ohne daß ihr Truppenteil sofort hiervon Kenntnis erlangt; dann werden sie von ihrem Truppenteil als „vermißt" betrachtet und erst nach einiger Zeit ergibt sich aus den Lazarettmeldungen, daß sich der „Vermißte" in Wirklichkeit in irgend einem deutschen Lazarett befindet, wö jeder der besten Pflege versichert sein darf. In allen Fällen wird die Richtigstellung des Sachverhaltes selbstverständlich mit der größtmöglichen Beschleunigung herbeigesührt und bekannt gemacht.
Ein alter türkischer Großwesir über die Engländer. Folgende „zeitgemäße Erinnerung" wird im „Schwäb. Merkur" ausgegraben: Als die Engländer im Jahre 1791 sich erboten, im Krieg zwischen der Türkei und Rußland die Vermittlerrolle zu übernehmen, schrieb der Großwesir an den englischen Gesandten in Konstantinopel: „Der Großherr führt für sich Krieg und schließt für sich Frieden. Er kann seinen Sklaven, seinen Dienern und seinen Untertanen trauen, er kennt ihre Gesinnungen, hat ihre Tugenden erprobt und kann sicher aus ihre Treue rechnen, eine Tugend, die schon lange aus eurem Winkel von Europa verbannt ist. Wenn alle Christen die Wahrheit sagen, so kann man sich doch nicht auf die Engländer verlassen; sie verkaufen das ganze Menschengeschlecht. Wie kommt ihr nun zu dem Anerbieten, unsere Vermittler bei Rußland zu werden? Wir brauchen weder eure Freundschaft, noch eure Hilfe, noch eure Vermittlung. Geld ist eure Gottheit, und daher ist der Handel alles bei euren Ministern und bei eurer Nation. Kommt ihr denn, uns an Rußland zu verkaufen? Nein, lasset uns selbst mit unfern Händeln fertig werden I Weg mit eurer Vermittlung zwischen der Pforte und Rußland ! Es ist immer eure Sache gewesen, das ganze Menschengeschlecht in Streit zu verwickeln und hernach vermöge eurer Treulosigkeit Nutzen davon zu ziehen. Wir wollen von euch nichts mehr hören, und deshalb befehlen wir euch, auf diese Schrift nicht wieder zu antworten."
Letzt« Nachrichten u» TelegrEN
Den 25. August, vorm, ff-12 Uhr.
Stockholm. (W.T.B.) Nach zuverlässigen Meldungen ist der deutsche Konsul in Abo (Finnland) mit seiner Familie verhaftet und nach St. Petersburg gebracht worden. Die Meldung, daß der Konsul hingerichtet sein soll, ist falsch.
Stuttgart. Der König hat sich gestern abend 11'Uhr zum Oberkommando der Armee ins Feld begeben. Die Rückkehr wird morgen oder übermorgen erwartet. (Staatsanz.)
Stuttgart. Frhr. Wilhelm v. Gültlingen, Oberstleutnant und Regimentskommandeur, Erbkämmerer in Württemberg, starb am 23. August im Feld den Heldentod. (Staatsanz.)
Stuttgart. (Amt!) Die vom Reichsanzeiger unterm 22. August ausgegebene Verlustliste Nr. 7 enthält von Württemberg u. a. den Reservisten Wilhelm Barth I aus Höfen, leicht verwundet.
Den 25. August 1914, mittags 12.15 Uhr.
Berlin. (W.T.B) Von der Festung Namur sind S Forts «nd die Stadt in unserem Besitz. 4 Forts werde« «och beschossen. Der Fall scheint in Kurzem bevor- zusteheu. Generalquartiermeister v. Stein.
Druck und Verlag der C. Meeh'scherr Buchdruckerei des Enztälers. — Verantwortlicher Redakteur C. Meeh in Neuenbürg.