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Telegramm-Adrrffe: mEnztäler, Neuenbürg"

129.

72. Jahrgang.

Der Krieg.

Berlin, 1L. Aug. Gestern vormittag 9 Uhr erschien der Kaiser und die Kaiserin und die Her­zogin Viktoria Luise von Braunsckwsig nus dem Babnbofe Tempelhof, um ein dort durchfahrendes JägerbaLmllon zu begrüßen. Als die Mannschaft den Kaiser erblickte, brach sie rn begeisterte Hurra­rufe aus. Der Kaiser richtete einige Brgrüßungs- worte an die Jäger, wobei er unter anderem sagte: Ihr wißt, daß ich auf die grüne Farbe viel balle. Schlagt euch gut!" Der Kommandant des Jäaer- bataillons brachte ein dreifaches Hurra auf den Kai>er aus.

Fürst Bülow veröffentlicht in denHamburger Nachr." einen Artikel, in dem es u. a. heißt:Es geht um alles, um die Schlachten von 1870, um das, was unsere Väter vor 100 Jahren erkämpft haben, es geht nicht nur um das junge Deutsche Reich, es geht auch um das alte Preußen, es geht um die ganze ruhmvolle Vergangenheit bis in die. fernsten Tage unserer Geschichte. Es kann und wird nicht sein, daß so viel Wille und Geist um­sonst aufgewandt worden sein sollte. Die Nation muß mit unbeugsamem Willen, unerschütterlich und geschloffen hinter unserer Armee stehen.".

Ein neuer Sieg ist unseren Truppen in Elsaß- Lothringen beschieden gewesen, der allerdings für den Krieg als entscheidender Kampf nicht in Frage kommt. Ans alle Fälle aber ist er von großer moralischer Bedeutung und, was die Hauptsache ist, der deutsche Boden wurde jetzt vollständig vom Feinde gesäubert. Die Telegramme, welche die Siegesnachricht brachten, haben wir bereits gestern veröffentlicht.

Berlin, 13. Aug. Die Kaiserin empfing heute nachmittag den Fürsten und die Fürstin von Bülow. Später begaben sich beide Majestäten nach Potsdam.

Berlin, 12. Aug. Zu der Erklärung der Nordd. Allg. Ztg." über die finanzielle Kriegs­rüstung Deutschlands schreibt die WienerNeue Freie Presse": Das Bild, von halbamtlicher deutscher Seite entworfen, ist glänzend. Wie die Armee- verfassung, so ist auch die wirtschaftliche Verfassung unseres Verbündeten Kraft der Voraussicht und Hellen Verstandes gekennzeichnet. Diese Wirtschafts­politik trägt auch dazu bei, anderen Ländern als leuchtendes Beispiel zu dienen.

Berlin, 12. August. DieNordd. Allg. Ztg." schreibt: Die finanzielle Rüstung Deutschlands bat die Probe der Mobilmachung glänzend rber- sianden. Die Reichs bank und die großen Bank­institute stehen unerschüttert und kraftvoll da. Die vom Bundesrat angeordneten Maßnahmen, die ein allgemeines Moratorium verhüten, aber gerade den kleinen und mittleren Gewerbetreibenden die Mög­lichkeit individueller gerichtlicher Moratorien schaffen ivllen, werden zur Stärkung der finanziellen Lage beitragen. Dagegen kann den Wünschen auf Erlaß Me? allgemeinen Moratoriums oder eines all­gemeinen Wechselmoratoriums nicht nachgegeben werden. Kein Land der Welt ist so auf Kredit aufgebaut wie Deutschland und so erfolgreich die Einrichtung von Persönlichem und Realkredit der Kreditinstitute. Banken. Sparkassen und Genossen­schaften-in gesicherten Friedenszeiten gewirkt hat. so groß ist die Schwierigkeit, diesem Kreditsystem in schwerer Zeit die Weiterarbeit zu ermöglichen, wenn nicht Zahlungsleistung und Zahlungsfrist ausrecht erhalten werden.

Berlin. 12. Aug. Dank der ausgezeichneten Leistungen der deutschen Eisenbahnen hat es sich ermöglichen lassen, heute schon erhebliche Erleich­terungen für den öffentlichen Verkehr anzuordnen. In welchem Umfang dies in den Direktionskezirken und auf den einzelnen Strecken geschieht, wird von den Bahnverwaltungen mitgeteilt werden. Wie

der wärt».Staatsanz." hört, wird auch bei der württembergischen Verwaltung schon in den aller­nächsten Tagen eine wesentliche Verbesserung des Lokalzugsverkehrs einireten.

Berlin, 11. Aug. Es wird erneut darauf hin- gemiesen, daß nur solchen Nachrichten über Kriegs- ereigniffe Glauben zu schenken ist. die vom General­stab veröffentlicht werden, gleichviel ob es sich um Erfolge oder Mißerfolge handelt. So sind falsch die Gerüchte von der Vernichtung ganzer Regimenter, ebenso wie jene von der Einnahme Bslforts u. a.

Berlin. 13. Aug. (W.T.B.) Englische Zeit­ungen bringen die Nachricht, daß der Hafen von Daresfialam (Deutsch - Ostairika) von den Eng­ländern angegriffen und daß der dortige Funken- trum von ihnen zerstört worden ist.

Berlin, 12. Aug. Major Nicolai, der Leiter der Presseabteilung im Großen Generalstab, betonte Vertretern der Presse gegenüber heute nochmals, daß dem Heißhunger des Volkes nach neuen, möglichst ausführlichen Mitteilungen über die Vorgänge auf Dem Kriegsschauplatz einstweilen aus zwingenden militärischen Gründen noch keine Rechnung getragen werden könne. Man werde hoffentlich schon in kurzer Zeit beweisen können, wie viel vom Ausland bisher gegen die Wahrheit gesündigt wurde. Man hat so­gar versucht, ein Armeekommando durch ein gefälschtes Telegramm über die angeblich« Landung eines eng­lischen Expeditionskorps irre zu führen.

Sämtliche ausländische Zeitungen und Zeit­schriften. die seit Beginn des Kriegszustandes, etwa vom 4. August an. erschienen und erreichbar sind, sind für die Militärbehörden von großem Wert. Umgebende Zusendung wird an den Großen General­stab Illb, Berlin NW. 40. dringend erbeten.

Berlin. 12. Aug. In den Schulen wurden heute vor Beginn des Unterrichts anläßlich des Sieges besondere Feiern abqebalten, bei denen Gebete für unser Heer und unsere Marine gesprochen wurden. In diese Gebete wurden besonders die Lehrer eingeschloffen, die zu den Fahnen geeilt sind. Durchweg ermahnten die Schulleiter die Kinder, überall helfend einzugreifen und insbesondere den Müttern zur Seite zu stehen, da die Väter für dos Vaterland kämpften. Die Schulen werden deshalb auch möglichst wenig Hausaufgaben aufgeben.

Berlin. 13. August. ImTag" schreibt das Mitglied des Reichstags. Zentrums-Abgeordneter Erzberger:Deutsche und österreichische Soldaten gelten beute nahezu allgemein als die Befreier des russischen Polens; wo alle gegen uns sind, sollen olle Mitarbeiten, um den Feind zu schwächen. Weite Kreise m Russisch-Polen hoffen auf uns! Wir wollen ihnen Freiheit und Recht bringen, um uns selbst zu schützen!"

Der Eroberer von Lüttich. General v. Tmmich, bat seine Familie telegraphisch aufgefordert, keine Photographien oder Bilder von ihm zur Veröffent­lichung herauszugeben. Er habe nichts getan, als mit seinen braven Truppen seine Pflicht gegen Kaiser und Reich erfüllt, und wolle nicht verherrlicht werden.

Berlin. 12. Aug. Wir erfahren aus zuver­lässiger Quelle: Nach den bis zum 10. August reichenden Veröffentlichungen haben die Sammlungen für die Krankenpflege im Kriege und für die Familien der Krieger ergeben: in Berlin einschließ­lich Vororte 4.9 Millionen Mark, in Hamburg 4.1 Mill. Mark, in Bremen 2.7 Mill. Mark, in Frankfurt 3 8 Mill. Mark, in München 3.6 Mill. Mark, in Breslau 2.5 Mill. Mark. Wenn diese bisher bekannt gewordenen Zahlen von 6 deutschen Großstädten einen Rückschluß auf das ganze Reich zulaffen, so ist mit freiwilligen Spenden von über 120 Mill. Mark zu rechnen. Begonnen haben die Sammlungen erst vor 8 Tagen.

Wie die amtlicheKarlsruher Zeitung" meldet, hat der Großherzog vom Kaiser am Mittwoch

früh folgendes Telegramm erhalten:Pankbar unserem Gott für den ersten Sieg, spreche ich Dir meinen Dank aus für die Tapferkeit Deiner Landes­kinder. Gott helfe weiter, gez. Wilhelm I. k."

Baden-Baden. 8. Aug. Das Sekretariat des Internationalen Klubs Baden-Baden teilt mit. daß die diesjährigen internationalen Jffezheimer Rennen ausfallen. (Das war nicht anders zu erwarten.)

Kopenhagen, 12. Aug. Aus Herbesihal ein­getroffenen Meldungen zufolge verteidigten die in den Lütticher Waffenfabriken beschäftigten Frauen die Häuser, indem sie kochendes Wasser auf die stürmenden deutschen Soldaten gossen.

Berlin. 12. Aug. Ein Leser schreibt derTgl. Rdsch.": Wie sich in Frankreich, selbst in Geschäfts­kreisen, die nach Deutschland exportieren, die Köpfe erhitzt haben, beweist ein heute bei mir eingegangrner Brief eines Pariser Fabrikanten, der eine kleine geschäftliche Differenz mit folgendem Schlußsatz zu regeln wünscht, der in der Üebersetzung folgender­maßen lautet:Da die französische Armee in zwei Monaten in Berlin sein wird und es mir trotz meines Alters (Schreiber hat 50 Jahre überschritten) ein Vergnügen sein soll, ein Engagement in meinem alten Regiment zu unterschreiben, verspreche ich Ihnen, während meines Aufenthalts da unten Ihnen einige Minuten zu opfern, um unsere Angelegenheiten zu ordnen. Erwarten Sie mich also, das ist sicher ein­facher, als uns gegenseitig unnütze Briefe zu schreiben." Ganz wie 1870.

Aachen, 13. Aug. Hier wurden durch das Feldgericht 5 Belgier wegen Schießens aus dem Hinterhalt auf deutsche Truppen zum Tode verur­teilt und erschossen.

Die Waldors-Astoria Zigarettenfabrik hier hat nicht nur der Liebesgaben-Abteilung des Roten Kreuzes als erste Spende 100000 Zigaretten für unsere Soldaten im Felde überwiesen, sondern auch in den ausrückenden Regimentern jedem Soldaten 10 Stück Zigaretten gespendet, so daß auf diese Weise auch noch 400000 Stück zur Verteilung gelangen.

Mannheim, 10. Aug. Dem Roten Kreuz wurden weiter zugswiesen: Von der Rheinischen Hypothekenbank in Mannheim 30 000 Mk. und der Süddeutschen Diskontogrsellschaft in Mannheim 30 000 Mk.

London, 13. Aug. Nach hiesigen Blättern sammeln sich französische Truppen in größerer Zahl in der Provinz Limburg.

München, 12. Aug. Fabrikbesitzer Hugo Maffei bat die Kartoffeln seines Gutes, etwa 10000 Ztr., den Familienangehörigen von Kriegsteilnehmern zur Verfügung gestellt. Zu dem gleichen Zweck stifteten die Münchener Rückverstcherungsgesellschaft 10000 Mark und die Kommerzienräte Hermann und Theo­bald Heinemann je 5000 Mk.

In Neu-Ulm erklärte ein Hausbesitzer zwei in seinem Hause wohnenden Arbeitern, die in den Krieg ziehen müssen:Während der Dauer des Krieges braucht ihr keinen Hauszins zu zahlen und für eure Familien werde ich besorgt sein!"

Berlin, 13. Aug. In der Charlottenburger Stadtverordnetensitzung wurde gestern 1 Million bewilligt für die Durchführung von Maßregeln zur Steuerung einer Lebrnsmittelteuerung.

Baden-Baden, 12. Aug. Der Ehrenbürger der Stadt, Großkaufmann Hermann Sielcken stellt der Stadtgemeinde zur Linderung der Not monatlich zehntausend Mark während der Dauer des Krieges zur Verfügung.

Der 72 jährige Trompeter Voigt, der in den Kriegen von 1864, 1866 und 1870/71 dreißig Schlachten mitmachte, ist auf seinen Wunsch zur Teilnahme an dem jetzigen Kriege zugelassen und bei der ersten Ersatzbatterie eines Feldartillerie-Regiments in Bahrenfeld eingestellt worden.