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Fernsprecher Nr. 4.
Telegramm-Adreffe: ^Enztäler, Neuenbürg"
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72. Jahrgang.
RunSrchau.
Neuenbürg, 27. Juli 1914,
Die am Samstag nachmittag und am gestrigen Sonntag vormittag eingetroffenen Nachrichten zum Oesterreichilch'ter-ttche« Kriege haben wir gestern vormittag durch ein Extrablatt bekannt gegeben, das hier allerseits mit gespanntem Interesse ausgenommen wurde. Wegen des beschränkten Sonntagsdienstes der Post kamen jedoch die der Post aufgelieferten Extrablätter für die Leser in den Bezirksorten leider erst im Laufe des Abends zur Beförderung und erst am heutigen Montag vormittag zu Händen der Leser unseres Blattes. Wir geben heute zur Uebersicht der politischen Ereignisse einen Teil der Nachrichten aus dem Extrablatt wieder und lassen weiter aus dem heule bei uns eingegangenen Depeschenmaterial die uns als wichtigste erscheinenden Nachrichten folgen.
Wien, 25. Juli. (Telegramm an den Enztäler, abends 6.15 Uhr.) Die Abendblätter melden: Die österreichische Regierung hat die russische Intervention abgelehnt.
Belgrad, 25. Juli. (Telegramm an den Enztäler. abends 6.15 Uhr.) Nach dem Regierungsorgan wird Serbien allen jenen Forderungen Oesterreichs entgegenkommen, durch die den verbrecherischen Taten und Erscheinungey rntgegengetreten wird.
Wien. 25. Juli. (Telegramm an den Enztäler, 11.40 nachts.) Ministerpräsident Pasitsch erschien wenige Minuten vor 6 Uhr in der Kaiserlichen und Königlichen Gesandtschaft in Belgrad und erteilte eine ungenügende Antwort auf unsere Note. Baron v. Giesl notifizierte darauf den Abbruch der diplomatischen Beziehungen und verließ mit dem Gesandtschaftspersonal um 6,30 Uhr Belgrad. Die serbische Regierung hatte schon früher, um 3 Uhr nachmittags, die Mobilmachung der gesamten Armee angeordnet. Der Hof und die Regierung, sowie die Truppen räumen Belgrad. Die Regierung soll nach Kragujevac verlegt werden.
Berlin, 25. Juli. (Priv.-Tel. 7.30 Uhr.) Soeben trifft die Nachricht ein, daß der österreichische Gesandte Frhr. v. Giesl mit dem Gesandtschaftspersonal um 6 Uhr abends Belgrad verlassen hat. da die serbische Note der österreichischen Regierung als ungenügend erschienen ist.
Berlin. 25. Juli. Gegen 11 Uhr abends kam es abermals zu begeisterten Kundgebungen. Eine vieltausendköpfige Menge zog unter begeisterten Hochrufen auf Oesterreich-Ungarn und Kaiser Franz Joseph und unter Absingen patriotischer Lieder und der öfter- rfichischen Nationalhymne vor die österreichischungarische Botschaft. Vor der Botschaft machte °>e Menge Halt und brachte begeisterte Hochrufe auf den Dreibund und Kaiser Franz Joseph aus.
Hamburg. 25. Juli. Als die Zeitungen Dausende von Extrablättern über die Ablehnung der öste„ejchjsch, „nigrischen Note durch Serbien >n den Straßen und Restaurants verteilten, wurden allenthalben Befriedigung über das Vorgehen Oeftex- reich-Ungarns zum Ausdruck gebracht. Musikkapellen Welten die deutsche und die österreichische Nationalhymne. die von den Anwesenden begeistert mitgesungen wurde.
Wien, 26. Juli. (Telegramm an den Enztäler, 26. ^uli, 7.15 Uhr.) Wie verlautet, wurde teilweise Mobilisierung, sowie zahlreiche Ausnahmebestimmungen, besonders für Bosnien, Herzegowina, Dalmatien angrordnet.
Berlin, 26. Juli. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt in ihrer Wochenrundschau: Die auf Grund der Untersuchung des Thronfolgermordes von der österre ick-ungarischen Regierung an Serbien gestellten Forderungen müssen gerechtfertigt erscheinen, wenn man die Begründung dieser Forderungen mit dem bei der Sacke gebührenden Ernst würdigt. Die Beteiligung serbischer Persönlichkeiten, auch Militärs, an der von langer Hand vorbereiteten Verschwörung gegen das Leben des Erzherzogs Franz Ferdinand und die Anzettelungen gegen die Reichseinheit der habsburgischen Monarchie ist aufgedeckt. Die österreich-ungarische Regierung hat sich bereit erklärt, den Mächten Einsicht in ihr Untersuchungsmaterial zu gewähren, ein Beweis, daß sie von der Unanfechtbarkeit ihrer Ermittlungen und der Gerechtigkeit ihrer Forderungen überzeugt ist. Sollte wider Erwarten Serbien viese Forderungen ablehnen (die Wochenrundschau war vor Bekanntgabe der Ablehnung geschrieben d. Red ), so hoffen wir. daß im Gefühl des Ernstes der Lage die Regierungen der Großmächte es sich sämtlich angelegen sein lassen werden, zu verhüten, daß aus den unvermeidlichen österreichischserbischen Auseinandersetzungen weiter um sich greifende Verwicklungen hervorgehen.
Bad Ischl, 26. Juli. Das Befinden des Kaisers Franz Josef ist trotz der Aufregung der letzten Tage gut. Der Kaiser blieb auch gestern hier und es sind noch keinerlei Dispositionen kür seine Abreffe . troffen. ArMstliA d«S. -
Familiendiners fand eine besonders herzliche Begrüßung zwischen dem Kaiser und der Herzogin Luise von Braunschweig statt. — Die Zugänge zu der kaiserlichen Villa waren gestern bis in die fpäten Abendstunden von Hunderten umlagert. Sämtliche öffentlichen Lokale waren überfüllt. Die Nachricht von der ernsten Wendung der Dinge rief in dem Kurort die nachhaltigste Bewegung hervor. Der Telephonverkehr mußte wegen allzugroßen Andrangs wiederholt auf längere Zeit gesperrt werden.
Wien, 26. Juli. Wie das Wiener Korr.-Bur. meldet, ist heute mittag den serbischen Gesandten der Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Serbien notifiziert und sind dem Gesandten seine Pässe zugestellt worden.
Wien, 26. Juli. Der Gesandte in Serbien, Frhr. v. Giesl, ist nachmittags 1.40 Uhr von Belgrad hier eingetroffen.
Petersburg, 26. Juli. Die Zahl der Ausständigen betrug gestern vormittag 130 500, von denen 8000 im Laufe des Tages zur Arbeit zuröck- kehrten.
Wien, 26. Juli, 1 Uhr nachmittags. Die österreichischen Truppen haben die Donaubrücke von Semlin nach Belgrad besetzt.
Wien, 26. Juli. Oesterreich hat achtArmee- korps, darunter das Prager und Leitmeritzer Korps, mobilisiert. Die Sicherung der Eisenbahnen durch Truppen wurde heute angeordnet. Die Mitteilung von der Ablehnung der Note löste in Wien ungeheure Begeisterung aus. Es kam dort wie in der Provinz zu imposanten patriotischen Kundgebungen, wobei Hochrufe auf den Kaiser und Kaiser Wilhelm ausgebracht wurden.
Wien, 26. Juli. Wie die Blätter melden, hat Finanzminister Engel durch Vermittlung der Postsparkasse Fühlung mit den Wiener Banken genommen, für den Fall, daß die Gestaltung der politischen Lage ein außerordentliches Erfordernis nötig machen sollte.
Wienj 26. Juli. Die Börsenkammer begründete die Schließung der Börse am 27., 28. und 29. Juli mit Rücksichten auf die öffentlichen Interessen, um jeder ungerechtfertigten wirtschaftlichen und finanziellen Schädigung der Bevölkerung entgegenzuwirken und um beunruhigenden Machenschaften zu begegnen.
Belgrad, 26. Juli. Der Thronfolger hat im Namen des Königs das Dekret für die Mobilisierung der ganzen Armee unterzeichnet. Es soll eine Proklamation an das Volk erlassen werden, worin die Bürger aufgefordert werden, ruhig in ihren Häusern zu bleiben, weil, wenn das Land angegriffen werde, die Armee es so gut wie möglich verteidigen werde.
München. 26. Juli. Von der hiesigen Oest erreich! schenGesandtschaft wird dem Süddeutschen Korrespondenz-Bureau authentisch mitgeteilt, daß die teilweise Mobilisierung derK. und K. Wehrmacht in Oesterreich auf Allerhöchsten Befehl angeordnet worden ist.
München, 26. Juli. Zu der heutigen Parade- musik vor der Feldherrnhalle hatte sich ein vieltausendköpfiges Publikum eingefunden. Die Musikkapelle kam nicht dazu, ihr Programm durchzuführen, weil sie. den stürmischen Wünschen des Publikums entsprechend, eine Anzahl nationaler Märsche und Hymnen spielen mußte. Nach dem Abmarsch der Wache, der Hunderte von Personen folgten, drangen diese in den Vorgarten des Wittelsbacher Palais und bereiteten dem auf dem Balkon erscheinenden König, der Königin und den Prinzessinnen eine stürmische Ovation. Die Wache mit der Kapelle mußte Halt machen. Die Musik spielte die Königshymne. die von der Menge entblößten Hauptes mit- /sangen wurde. Der König und dir Königin dankten wtrserhvü. "" "
Budapest, 26. Juli. Auf der Kelenfoelder Station. 15 Minuten von Budapest, wurde heute der Chef des serbischen Generalstabs, der Woywode Putnik, der auf der Rückreise von dem steyrischen Kurort Gleichenberg nach Belgrad begriffen war, auf Weisung der ungarischen Militärbehörde verhaftet.
München, 26. Juli. Der König hat auf Anraten des Minifterrats wegen der ungeklärten politischen Lage die für die kommende Woche in Aussicht genommene Reise nach Franken aufgegeben.
Wien. 26. Juli. (Wiener Corr.-Bureau.) Die italienischeRegierung ließ der österr.-ungarischen Regierung die Erklärung zukommen, daß sie in einem eventuellen bewaffneten Konflikt zwischen Oesterreich Ungarn und Serbien eine freundschaftliche und dem Bundesoerhältnis entsprechende Haltung einnehmen wird. Diese spontane Erklärung reiht sich würdig der von der ganzen Monarchie begeistert begrüßten glänzenden Bekundung der Bundestreur des Deutschen Reiches an und ist hier als Erwiderung der bewährten Gesinnungen Oesterreich-Ungarns mit dem Ausdruck der Befriedigung und des Dankes entgegengenommen worden. Sie kann nicht verfehlen, in unserer gesamten Bevölkerung lebhaften Widerhall zu wecken und die warmen Gefühle für das verbündete Königreich zu stärken und zu vertiefen.
Petersburg. 26. Juli. Der Vertreter von Wolff's Tel. Bureau erfuhr von zuständiger Seite, daß der allgemeine Eindruck nach der Unterredung deS Ministers des Aeußern Sasonow mit dem österreichisch-ungarischen Botschafter Graf Szapary ein günstiger ist, wenn auch die Lage kritisch bleibt.
London, 26. Juli. Der Unterftaatssekretär im Ministerium des Aeußern. Acland, sagte gestern bei einer Rede in Steyning in der Grafschaft Susfex. daß die Lage in Europa weit ernster sei. als die Ulsterfrage. Man könne sich nicht das Elend vorstellen, das ein Krieg mit sich bringen würde, an dem eine Großmacht beteiligt wäre. Er hoffe, daß man eine Lösung der gegenwärtigen Lage finden werde, ähnlich derjenigen bei den Unruhen des vergangene» Jahres. England werde im Interesse des Friedens sein Möglichstes tun.
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