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Reuenbürg, Freitag den 3. Zuli 1014.

j72. Jahrgang.

Württemberg.

Stuttgart. 1. Juli. Der nächste Sonntag wird der Ausstellung für Gesundheitspflege Nieder einen großen Besuch bringen, da einige Sonder­züge zu ihr veranstaltet werden, so von Wildbad nach Stuttgart Hbf. und zurück, von Nagold nach Calw und zurück und von Nagold nach Altensteig. Obwohl dieser Sonntag der erste im Monat ist, an dem die billigen Vereinskarten für 50 ^ ausge­schlossen sind, wird doch ausnahmsweise dieser Sonn­tag für diese Karlen freigegeben. Es ist das vor allen Dingen mit Freuden zu begrüßen, weil am Sonntag, vormittag 11 Uhr Professor Dr. Gastpar im großen Vortragsgebäude der Ausstellung bei freiem Eintritt nur für Ausstellungsbesucher eineu Vortrag mit Lichtbildern und kinematographischen Vorführungen überDie Säuglingsfürsorge und schulärztliche Tätigkeit" halten wird, der wegen seines aktuellen Themas hochinteressant zu werden verspricht. Neben den vielseitigen belehrenden Darbietungen wird natürlich auch für die Erholung und das Vergnügen der Ausstellungsbesucher aufs Trefflichste gesorgt sein, so daß wieder jeder Einzelne die Ausstellung mit der größten Befriedigung verlassen wird.

Stuttgart, 29. Juni. (Vorträge in der Stuttgarter Ausstellung für Gesundheits- pflege.) Der Stuttgarter Ausstellung für Gesundheits­pflege haben sich in dankenswerter Weise eine Reihe von Autoritäten zur Verfügung gestellt, die die in der Ausstellung in Bild und Modellen gegebenen Belehrungen durch allgemein verständliche, fach­männische Vorträge ergänzen werden. So wird am Sonntag den 5. Juli vormittags 11 Uhr Prof. Dr. GastparüberSäuglingsfürsorgeund schul­ärztliche Tätigkeit" im Vortragsgebäude der Ausstellung einen Vortrag mit Lichtbildern und kmematographische Vorführungen halten. Der Ein­tritt ist nur Ausstellungsbesuchern möglich und ist frei. Außerdem erhalten diejenigen Knaben, die bei der Aufnahme der Films mitgewirkt haben, Frei­karten, die bei Prof. Dr. Gastpar, Weimarstraße 30, zu entnehmen sind. Am Dienstag den 7. Juli abends 8 Uhr wird Prof. Dr. Wolf, der Direktor des hygienischen Instituts der Universität Tübingen, überKlimatische Einflüsse und ihre Wirkung auf den Menschen" ebenfalls im Vortragsgebäude bei freiem Eintritt und vor Ausstellungsbesuchern sprechen. Die Ausstellungsbesucher werden die Möglichkeit, ohne besondere Kosten diese Autoritäten über die so wichtigen Kapitel zu hören, mit Freuden begrüßen. Der Vortrag am Sonntag in der Ausstellung

für Gesundheitspflege von Prof. Dr. Gastpar muß i umständehalber verschoben werden. Dafür wird Dr. Camerer über das in diesen Tagen insbesondere für junge Mütter äußerst wichtige ThemaSommer­hitze und Säuglingssterblichkeit" sprechen. Der Vor- I trag wird durch Lichtbilder und kmematographischeI Darstellungen illustriert sein. Zur Teilnahme an diesem Vortrag sind nur die Ausstellungsbesucher ohne besonderes Eintrittsgeld berechtigt. Da an diesem Sonntag die billigen Vereinskarten aus­nahmsweise gelten am ersten Sonntag im Monat find sie sonst nicht gültig so ist zu erwarten, daß bei diesem hochaktuellen Thema der Vortrag aus allen Kreisen der Bevölkerung zahlreich besucht wird.

Stuttgart, 1. Juli. Im Monat Iuni wurde die Stuttgarter Ausstellung für Gesund­heitspflege von 398451 Personen besucht. Wenn man bedenkt, daß das Wetter im Juni teilweise recht ungünstig war. so bedeutet diese hohe Zahl einen entschiedenen Erfolg der Ausstellung.

Stuttgart, 1, Juli. (Frühzeitige Hitze.) Von fachmännischer Seite erhalten wir folgende Darstell­ung über die jetzige große Hitze: Nach den normalen Temperaturmitteln auf Gruud von hundertjährigen Beobachtungen (von 18111910) fällt die heiße Zeit für das Stuttgarter Tal erst in den Anfang der zweiten Hälfte des Juli (vom 15. Juli bis einschl.

24. Juli) und beträgt 19.2 Gr. C. Das Jahr 1914 jedoch, das sich hinsichtlich der Witterung von Anfang an durch einen ziemlich anormalen Verlauf charak- terisiert hat, bereitet uns auch in Bezug auf das unerwartet schnelle Eintreten der heißen Zeit eine Ueberaschung. Aehnlich dem diesjährig verfrühten Eintritt vom Frühling in den schönen, warmen und trockenen Tagen vom 11. bis einschl. 22. April, einer Zeit, in welcher die Temperaturmittel denen vom Mai und Anfang Juni in früheren Jahren gleichkamen, kam Heuer auch die Hitze in Stuttgart früher als sonst, indem die Höchsttemperaturen seit seit dem 25. Juni von Tag zu Tag Zunahmen: am

25. Juni Temperaturmaximum 21.4 Gr. C., am 26. 22.2 Gr. C., am 27. 26.2 Gr. C.. am 28. 27.8 Gr. C. und am 1. Juli sogar 29.8 Gr. C,, also seit Samstag, den 27. einschl. eine ununterbrochene Reihe von Sommertagen, d. h. Tagen, an denen die Höchst­temperaturen 25.0 Gr. C., im Schatten gemessen, beitragen. Der erste Tag des Juli war somit bereits um 4.5 Gr. C. wärmer als sein normales Tages­mittel von 18.5 Gr. C.Wie von Stuttgart, so werden auch von anderen Städten unseres deutschen Vaterlandes gewaltige Temperatursteigerungen gemel­det, z. B. hatte um 2 Uhr nachm, am 1. Juli Keitum

25 Gr., Hamburg 27 Gr., Kassel 29 Gr.. Dresden 27 Gr., Metz 28 Gr. und München 26 Gr. C. im Schatten gemessen. Woher nun das plötzliche Em­porschnellen der Temperaturen? Der Hochdruck, dessen Schwerpunkt lange Zeit über den Britischen Inseln lag, ist seit dem 30. Juni auf das Festland über­getreten, so daß sich hochsommerliche Temperaturen bei wolkenlosem Himmel jetzt schon bilden mußten. Nach den letzten Witterungsnachrichten ist das Hoch jedoch im Zerfallen begriffen. Wenn die herrschende Hitze die Entwicklung von Wärmegewittern schon an und für sich begünstigt hat, so wird die nun bald kommende Gewittertätigkeit noch weiter durch daS Auftreten von flachen Druckeinsenkungen, also durch kleinere Gewitterwirbel, in unserem Gebiet unterstützt werden. Damit hat aber auch die gegenwärtige Hitze ihr Ende erreicht, indem dem elektrischen Entladungen samt ihren Begleiterscheinungen (Gewitterregen, Hagel uff.) Abkühlung folgen wird.

Stuttgart, 2. Juli. (Die Hitze). Das lang­ersehnte heiße Wetter in diesem Sommer ist nun­mehr eingetreten. Stuttgart hatte gestern 30 Grad, Hohenheim 29, am Bodensee 27, Freudenftadt 36, und Münsingen 27 Grad Hitze zu verzeichnen. Die gegenwärtige Hitze übertrifft die im vorigen Jahr in Stuttgart vorhandene. Auch der heutige Tag steht hinter dem gestrigen an Hitze nicht zurück.

Tübingen, I.Juli. Der Besitzer deS Bläsiberger- Hofes bei Derendingen, Frhr. v. Zwierlein, teilte dem Generalmajor Frhrn. v. Hügel mit, daß er in seinem Anwesen 5 Räume für die Sommermonate unentgeltlich für die Stuttgarter Mädchengruppe des Jungdeutschland-Bundes, die erste und bisher einzige ihrer Art in Württemberg, zur Verfügung stellt.

Ulm, 30. Juni. Die Internationale Hunde­ausstellung in Ulm am 36. Juli ist die größte kynologische Veranstaltung deS Jahres und darf das Interesse aller Hundefreunde in Anspruch nehmen. 13 Spezialausstellungen sind angegliedert und die Dotierung ist bei allen Rassen und in allen Klassen außerordentlich günstig. Es kommen 1400 Mark für Zucht- und Kollektionspreise zur Vergebung, und schöne Stadlpreise, Hoheitspreise und eine große Anzahl wirklich schöner Ehrenpreise stehen zur Ver­fügung. Alles wird aufgeboten, um die Aussteller und Besucher vollauf zu befriedigen. Für die meisten Rassen sind fest garantierte Geldpreise bis zu 80 Mk. als 1. Preis feftgelegt. Erste Kenner find als Richter berufen, und die FirmaSpratt" stellt ganz neue Boxen zur Verfügung. Namentlich auch die Jagdhunde werden sich sehr zahlreich ein­

letzten Aktes an. Die beiden Damen standen auf. Dörnberg behielt jede ihrer Bewegungen im Auge. Die groteske Alte mußte ihrer Begleiterin etwas besonders Schlimmes gesagt haben, denn er bemerkte, wie sich eine purpurne Blutwelle über ihr Gesicht ergoß und die bisher geschlossenen Lippen sich zu einer schnellen Entgegnung öffneten. Sie schritten der Logentüre zu. Die Alte zuerst. Das junge Mädchen wandte den Kopf. Eine Sekunde lang ruhte ihr Blick in dem seinen. Und war es Täuschung gewesen? lag nicht in diesen traurigen Augen eine Frage?

Dörnberg stürmte in die Vorhalle. Von dem Gedanken erfüllt, der schönen Fremden zu folgen, in Erfahrung zu bringen wo sie wohne, wer sie sei; sich ihr dann zu nähern.

Er wand sich durch die ihm entgegendrängende, dem Theatersaal zuftrebende Menge. Plötzlich stieß er auf Halbach, Frau Lersen, den Ungarn und mehrere andere aus dem Hotel, auf eine ganze Bande. Man suchte ihn festzuhalten, fragte, was ihm passiert sei. wohin er so eilig laufe. Kaum, daß er eine zerstreute, ausweichende Antwort gab. Halbach hielt ihn am Arme fest.

Fehlt dir etwas, Felix? Soll ich dich begleiten? Gehst du nach Hause?"

Nein. Tu' mir den einzigen Gefallen und laß' , mich in Frieden", entgegnete Dörnberg hastig, riß , sich los und eilte mit großen Schritten nach den ^ Ausgangstüren des Kurhauses.

Als er sich unter dem Glasdache auf der Straße aufftellte, sah er die beiden Damen aus einer

Die schwarze Perle.

Novelle von A. von Eremit.

2) - (Nachdruck verboten).

Und er wies auf die Proszeniumsloge. Dörnberg sah erst jetzt auf die etwas abseits fitzende Begleiterin jener ihn bezaubernden Mädchrngestalt. Dieser Anblick forderte freilich zum Lachen heraus. Da saß, den Mantel hatte sie abgelegt, eine in die grellsten Farben gekleidete hagere, kleine Frau in mittleren Jahren. Auf dem Kopf schwankte ein Ungetüm von Hut mit einer Unmasse von Federn, m dem pergamentenen Gesicht funkelten zwei runde, stechende Augen, und über den wulstigen Lippen sproßte ein starker schwarzer Flaum, der sich am Kinn in etwas schwächerem Maße fortsetzte. Am auffallendsten und ungereimtesten erschien jedoch der Schmuck, mit dem sie, sozusagen, beladen war. In den Ohren, an den Armgelenken, um den Hals glitzerten Diamanten von fürstlicher Pracht als Ge­hänge, als Broschen, als Armbänder.

Ein lebendig gewordenes indisches Götzenbild", scherzte Halbach.Wenn das alles echt ist, was dir Alte da an sich trägt, muß sie wohl mit einer südafrikanischen Mine verwandt sein, oder sie hat einen Juwelierladen der Uuo äe la paix in Paris ausgeräubert."

Dörnberg wurde einer Antwort überhoben; der Vorhang fiel, das Orchester intonierte eine lärmende Zwischenaktmusik.

Dörnberg hatte sich erhoben, um den andern zu folgen, besann sich aber schnell eines anderen und beobachtete die Loge, deren Anziehungskraft sich so ungeheuer groß für ihn erwies.

Die Damen schienen sich nicht dem allgemeinen Strome anschließen zu wollen. Sie blieben. Die jüngere hatte ihren Sessel herumgezogen, so daß sich Dörnberg am Anblick des feingeschnittenen Profils weiden konnte. Vergeblich hoffte er, daß ihn wieder ein Blick aus jenen dunklen, märchenhaften Augen streifen würde, der sein Innerstes in Erregung versetzt hatte. Wer mochten die Beiden sein? Neu An­gekommene ohne Zweifel. Weder im Kurhaus, noch auf der Kaipromende hatte man sie bisher zu Gesicht bekommen. In welchem Verhältnis mochte diese abstoßende, in ihrem Ausputz lächerliche Frau zu dem entzückenden Geschöpf stehen? Die Mutter? Dörn­berg schüttelte sich bei dem Gedanken.

Jetzt sprach die Alte eifrig auf ihre Begleiterin ein, sie schien zu schelten. Ihr Reden unterstützte sie durch heftige Bewegungen der mageren Arme, wobei die glitzernden Steine der Armbänder Funken sprühten. Wie eine Bildsäule saß das junge Mädchen da, kein Wort kam aus ihrem Munde, keine Muskel regte sich in ihren sanften Zügen, auf denen sich ergebungsvolle Trauer malte. Am liebsten wäre Dörnberg hinüber­gerannt. Seine leicht entflammte Seele empörte sich. Wie konnte man an solch engelhaftes Wesen böse Worte richten I Ein brennendes Interesse für sie, die einer Dulderin glich, erwachte in ihm.

Das elektrische Läutewerk zeigte den Beginn des