RunSschau.

In Wien starb am Sonnlag Frau Berta v. Suttner, die bekannte Vorkämpferin in der Bewegung zur Abrüstung der Völker, im Alter von 71 Jahren.

Straßburg, 23. Juni. Gegen mehrere natio­nalistische Bürgermeister der Reichslande ist wegen ihres Verhaltens bei den letzten Wahlen das Ver­fahren auf Amtsenthebung eingeleitet worden.

Der sensationelle Elberfelder Mordprozeß endete in der Nacht vom Samstag zum Sonntag mit der Freisprechung der beiden Angeklagten Frln. Brunhilde Wilden und Dr. Nolien; Frln. Wilden war bekanntlich des Totschlages, begangen an ihrem Verlobten Dr. Nettelbeck, und Dr. Nöllen der Beihilfe hierzu angeklagt. Der Wahrspruch der Geschworenen lautete jedoch süc beide Angeklagten auf nichtschuldig, sie mußten daher vom Gerichtshof freigesprochen werden. Die Prozeßkoften wurden der Staatskasse auferlegt.

Mannheim, 22. Juni. Ueber der Rh ein - pfalz entluden sich gestern furchtbare Unwetter, wie man sie seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hat. Ungeheure Wassermassen gingen nieder. Die Staats­straße Bad Dürkheim-Ludwigshafen war bei Bad Dürkheim in der Nähe des Eßwein'schen Guts und weiter nach Osten völlig überflutet. Jeder Verkehr war eingestellt. Die elektrischen Bahnen waren von 13 bis 2 Uhr außer Betrieb. Bei Friedelsheim machte sich an der Strecke ein Dammbruch bemerkbar, während an der Erpolzheim« Brücke die Gleise durch Schlamm und Schutlmassen überdeckt waren. Gegen 3 Uhr wurde der Betrieb notdürftig wieder ausgenommen. In den Weinbergen hat das Un­wetter teilweise furchtbar gehaust, da alles verfloßt und von den Weinbergen große Stücke losgerissen wurden. Auch wurden zahlreiche Traubenstöcke ab­gerissen und Spargelkulturen durch Ueberfluten ver­nichtet. Das Gewitter war auch mit heftigem Hagel­schlag verbunden. Die Jsenach trat aus ihrem Bett und überschwemmte weite Flächen, alles im Schlamm erstickend. Heftige elektrische Entladungen, wie man sie selten erlebt, setzten die Bevölkerung in Schrecken. Der Blitz schlug wiederholt ein u. a. in die Pfälzische Kinderheilanftalt. an der ein Kamin beschädigt wurde. Die Fluren bei Friedelsheim und am Feuerberg, eine ausgezeichnete Weinlage, standen gänzlich unter Wasser.

Brüggen, 31. Juni. An dem Stauwehr der Kraftwerke Rheinfelden waren mehrere Arbeiter mit Reparaturarbriten beschäftigt. Dabei riß gegen 7 */s Uhr ein sogenannter Schützen, eine Stauvor­richtung los, und der Aufseher Otto Mutter und dessen Stellvertreter Karl Hoffmann stürzten in die zurzeit hochgehende Strömung des Rheins. Eine Rettung war ausgeschlossen, sowohl wegen des wilden Wassers, als auch wegen der vielen Felsen im Flußbett. Man mußte die Verunglückten ihrem Schicksal überlassen. Beide Ertrunkenen sind Fami­lienväter; sie waren solide, fleißige Arbeiter im schönsten Lebensalter. Die Leichen konnten noch nicht geborgen werden.

Hechingen, 22. Juni. Wir die schönen Platanen am Neckarufer in Tübingen, so weisen auch die Platanen im hiesigen, aus der Hechinger fürstlichen Glanzzeit stammenden Fürstengarten eine recht betrübende Blattkrankheit auf. deren Ursache nach Auffassung hervorragender Botaniker in den zur Zeit herrschenden Luftverhältnissen zu suchen ist.

Hechingen. 22. Juni. Aus Württemberg wurde nach Hohenzollern der Amerikanische Stachelbeermehltau eingeschleppt. In der Hech­inger Unterstadt wurde er in mehreren Gärten von der Pflanzensammelstelle für Hohenzollern festgestellt. Das Verbrennen der von dem Schimmel befallenen Sträucher ist das beste Mittel, dieser äußerst schäd­lichen Krankheit Herr zu werden. In Württemberg wurde der Amerikanische Stachelbeermehltau erstmals im Jahre 1903 in den Bezirken Urach, Reutlingen und Tettnang festgestellt.

In München stieß ein Postautomobil mit einem Automobil zusammen, in dem sich der Kriegsminister Kreß zu Kressenstein und Major Schuster befanden. Der Kriegsminister wurde an der Hand verletzt, das Automobil stark beschädigt.

New - Uork, 22. Juni. Der Mississippidampfer Majesty" mit 300 Ausflüglern, meist Frauen und Mädchen, sank infolge Ausfahrens an eine Felsenklippe in der Nähe von St. Louis. Ob­wohl Hilfe rasch zur Stelle war, befürchtet man große Verluste an Menschenleben. Die Zahl der Ertrunkenen wird aus 200 geschätzt.

Württemberg.

Göppingen, 22. Juni. In Anwesenheit von mehr als 200 Vertretern von 96 Krankenkassen fand unter dem Vorsitz von Buchdruckereibesitzer Otto Bechtle-Eßlingen die Tagung des ritemb. Krankenkassenoerbandes hier statt, der als Vertreter des Ministeriums des Innern Ministerial­rat Schäffer anwohnte. Dem Geschäftsbericht ist zu entnehmen, daß dem Verband im letzten Jahre 277 Kassen angehörten. Diese Zahl wurde durch die Aufhebung verschiedener Kassen auf 223 herab­gemindert. Bei den Wahlen wurde zum 1. Vor­sitzenden Geschäftsbücherfablikant Lauser-Stuttgart, zum 2. Vorsitzenden Fabrikant Adolf Anner-Reut­lingen gewählt. Der langjährige verdiente Vorsitzende, Buchdruckereibesitzer Bechtle, der nach nahezu 30jähriger Tätigkeit im Verbände sein Amt niever- legte, wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Ueber den Landesapolhekervertrag berichtete Verwaltungs­direktor Garn er-Stuttgart, über die Heranziehung der Krankenkassen zu den Kosten des Heilverfahrens der in Trinkerheilslätten eingewiesenen Versicherten Verwaltungs-Direktor Schwanz-Göppingen. Es wurde beschlossen, daß die Kassen ihre Beteiligung an einem solchen Heilverfahren von einer vorher­gehenden Untersuchung des Einzuweisenden abhängig machen und sich nur für die Zeit zum Krankengeld­ersatz verpflichten, in der der Einzuwcisende lalsäch lich arbeitsunfähig ist. Ueber die Herabsetzung der Krankenversicherungsbeiträze für die Dienstboten wurde nach einem Referat von Hader-Ravensburg beschlossen, das Ministerium um Zurückstellung dieser Frage für die nächsten 2 Jahre zu ersuchen. (Anm. der Red. Die Allgemeine Ortskrankenkasse Neuenbürg war bei der Tagung durch den Vor­sitzenden des Vorstands und den Hauptkassier vertreten.)

Freudenstadt, 21. Juni. Gestern fand die 30. Hauptversammlung des Württemberg! schen Schwarzwaldvereins hier statt. Für die Berat­ungen hatte dir Stadtverwaltung den Festsaal der Realschule zur Verfügung gestellt. Der Hauptvereins' Vorsitzende Schulrat Dr. Salz mann «öffnete die Hauptversammlung, zu der von 56 Bezirksvereinen 38 Vertreter entsandt worden waren, worauf Rechts­anwalt Dürr die Erschienenen namens des Schwarz­waldbezirksoereins Freudensladt begrüßte und um eine freundliche Aufnahme der Ehrengabe bat. Nach einem poetischen Willkommgruß von Stadtschultheiß Hart­ranft übernnttelte Bauinspsktor Mönch (Rotten­burg) die Grüße des Schwäbischen Aibvereins. Die Tagesordnung wurde rasch erledigt. Der Jahres­und der Kassenbericht wurden genehmigt, ebenso die durch den neugebildeten Hauptausschuß notwendig gewordenen Statutenänderungen. Nach dem Jahres­bericht beträgt die Mitgliederzahl 11063, die Zahl der Bezirksvereine 50 (jetzt 56). Mit Befriedigung wird auf den Abschluß des mit einem Aufwand von 40000 ^ nach 13jähriger Arbeit geschaffenen Vereins- kartenwerks hingewiesen. und der sehr befriedigende Absatz der Verlagsartikel, insbesondere des Wais'fchen Schwarzwaldführers, hervorgehoben. Mit Genug­tuung wurde der Kassenbericht des verdienten Kassiers, Buchhändlers Win ckl er-Stuttgart, dem der König das Ritterkreuz des Friedrichsordens verliehen hat, entgegengenommen und sodann der Voranschlag ge­nehmigt. Dem Entwurf des Voranschlags für 1914 entsprechend wurden verwilligt 3400 für die VereinsgabeKartenlesen", erste Rate, dann 1750 Mark für die Wegbezeichnung. Der Anteil des Hauptvereins für den Rinkenbergturmbau, dessen Gesamtkosten sich auf 6500 belaufen, beträgt 2600 ^ Nachträglich wurden jedoch dem Unter­nehmer des Turmbaues an seinem Abgebot von 900 ^ mit Rücksicht auf die unvorhergesehenen Schwierigkeiten beim Herausschaffen der Sjeine 500 Mar! verwilligt. Dem Bezirksverein Neuenbürg wurden zur Anlage eines staubfreien Fußwegs rechts der Enz nach Pforzheim 1000 ^ü, dem Verein Pfalz­grafenweiler zur Wiederherstellung der Nördlinger- Hütte 400 dem Verein Schwenningen zur Er­haltung und Zugänglichmachung des Schwenninger Moors 500 dem Verein Sulz zur Erhaltung der Ruine Sterneck im Heimbachtal 80 verwilligt. Ferner erhielt der Bezirksverein Liebenzell zur Be­seitigung der jüngsten Unwetterverheerungen im Monbachtal einen Beitrag von 200 der Schnee­schuhverein des Schwarzwaldvereins 100 ^ Die Wahlen erfolgten durch Zuruf. Der bisherige Vor­sitzende, der Schriftführer und der Vorsitzende des Wegausschusses wurden wiedergewählt. In den Hauptausschuß wurden gewählt die HH. Bozen- hardt, Huber, Junghans, Rupp, Schober, Schöpfer, Frhr. v. Süßkind und Volz. Die Hauptversammlung im Jahre 1915 wird auf Vorschlag von Kommerzienrat

Junghans in Schramberg abgehalten. Der zweite Teil der Tagung galt Ser Einweihung des König-Wilhelm Turms auf dem Rinkenberg bei Baiersbronn. Nach einem Frühschoppenkonzert im dortigen HotelSchönblick" wurde in verschiedenen Gasthöfen das Mittagessen eingenommen. Nur drei­viertel Stunden dauerte der Aufstieg zu dem zwei­hundert Meter über der Talsohle stolz aufragendev, 16 Meter hohen Turm auf dem schönen Rinkenberg^ Dort entbot Rechtsanwalt Dürr den Feftteilnehmern ein herzliches Giüßgott. Bauwerkmeister Kläger- Baiersbronn übergab den Schlüssel an Schulrat Dr. Salzmann, der den Turm in die Obhut des Würlt. Schwarzwaldvereins nahm. Ec bezeichnet in seiner mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Fest­rede den Turm als ein Denkmal der Opferwilligkeit und der brüderlichen Zusammengehörigkeit im Schwarz­waldverein. zugleich als Denkmal der Liebe zur Heimat, die so stark in den Schwabenhrrzen glüht. Mit der Erlaubnis des Landesherrn gab Redner dem Turm den Namen König Wilhelm Turm und schloß mit einem dreifachen Hoch auf den Landesvater. Dann nahm Schultheiß Gaiser-Baiersbronn den Turm in die Obhut der Gemeinde Baiersbronn und sprach allen, die zum Gelingen beigetragen, herzlichen Dank aus. Oberförster Kaißer, früher in Baiers­bronn. der eigentliche Schöpfer des Erbauungs- gedankens, dessen Tatkraft die vielen der Ausführung entgegenstehenden Schwierigkeiten überwand, wünschte dem Schwarzwaldverein ferneres Blühen, Wachsen und Gedeihen. Nach einer weiteren Ansprache von Oberreallrhrer Mögling-Baiersbronn wurde der Turm von vielen Festteilnehmern gleich bestiegen. An den Festakt schloß sich ein Waldfest und abends eins Turmbeleuchlung.

Eßlingen. 22. Juni. Der 21 Jahre alte Hilfs­arbeiter Karl Donner von Urach, der in Wälden­bronn und in Berkheim unter erschwerten Umständen und unter Mitführung eines geladenen Revolvers Einbrüche verübt hatte, wurde heute vormittag gegen 7^/r Uhr, nachdem er auf einige ihn verfolgende Zivilpersonen oberhalb des Schießhauses mehrere scharfe Schüsse abzefeuert hatte und auch bereits auf den Fabnder angelegt hatte, von dem Beamten durch einen Reoolverschuß verwundet. Wie die Nach­forschungen ergaben, hat der Fahnder in äußerster Notwehr gehandelt. Der Einbrecher ist heute mittag im neuen Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen.

Strümpfelbach im Remstal, 22. Juni. Das mit einem Volkstrachtrnfest und der Aufführung des schwäb. Volksschauspiels's Grelle von Strümpfel­bach" von August Reiff verbundene Strümpfelbach« Kirschen-Erntefeft hatte gestern nachmittag zahl­reiche Besucher von nah und fern hierhergelockt. Die zwei ersten Akte gingen bei schönem Wetter vor sich, der dritte Akt litt aber unter strömendem Regen, doch erzielte das Schauspiel einen vollen Erfolg. Am nächsten Sonntag soll die Aufführung wieder­holt werden.

Einfuhr badischer Zwetschgen. Im Hin­blick auf die bevorstehende, reiche Ernte von Zwetschgen in Baden wurde deren Einfuhr in Württemberg durch Einrichtung eines vom 20. ds. Mts. an gültigen, ermäßigten Ausnahmetarifs für Früh- zwetschgen in Wagenladungen von Achern und Otters- weier nach Stuttgart Hauptbahnhof erleichtert.

Aus dem Lande, 21. Juni. Die starken Regenfälle haben an manchen Orten, insbesondere im Gebiete der kalkfteinreichen Alb, alte Quellen hervorsiegen lassen, die man teilweise vergessen hatte. So hat man im Buchtal bei Mehrstetten OA. Münsingen eine seit 38 Jahren nicht mehr bemerkte Quelle, den sogen. Hungerbrunnen, der während des Eisenbahnbaus vergeblich gesucht wurde, wieder laufend gefunden.

Friedrichshafen, 22. Juni. Die Felchen- sänge auf dem Bodensee sind jeden Tag gut. Täglich sind über 500 Fischerboote auf dem Fang. Die großen Fänge haben den Preis der Felchen be­deutend herabgedrückt.

Stuttgart, 23. Juni. (Vom Obstmarkt.) Auf dem heutigen Großmarkt kosteten Kirschen 1626 Prest- linge 2035 2 s, Himbeeren 3235 2 s per Pfund. Zu Markt gebracht wurden die ersten Johannisbeeren.

(LandeSproduktenbörse Stuttgart). Bericht vom 22. Juni. Die Stimmung auf dem Getreidemarkte war auch in der abgelaufenen Woche ruhig, da die amerikanischen Angebote für neue Weizen wiederum etwas niedriger waren und die Witterung sich auch besserte. Bei den billigeren Preisen zeigte sich mehr Kauflust. Große Posten ameri­kanische Weizen wurden auf spätere Lieferung angekauft. Infolge schlechten Mehlabsatzes nehmen unsere Mühlen eine abwartende Haltung ein; die Umsätze der heutigen Börse erstrecken sich nur auf Deckung des nächsten Bedarfs. Mehlpreise per 100 Kilogramm inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 33. bis 33.50 ^l, Nr. 1: 32. -gl bis 32.50 Nr. 2: 31. bis 31.50 Nr. 3: 29.50 bis 30.

Nr. 4: 26. ^ bis 26 50 Kleie 10 bis 10.50

(ohne Sack netto Kasse.)