Erscheint

Montag, Mittwoch, Freitag und Samstag-

Preis vierieljährl.: dn Neuenbürg 1-35° Durch die Post bezogen; sN Grts- und Nachbar­ort;. Verkehr ^ 1.° fm sonstigen inländ- Verkehr -tt 1.40; hiezu ft 20 «s Bestellgeld.

Wsnnemenlr nehmen alle Psß-n-nlten m-d poftbolen jederzeit entgegen.

Der Lnztäler.

klnzÄgsr kür Sas Lnztal unS Umgebung. Amtsblatt kür Sen Oberamlsbezirk IlLULNbürg.

Anzeigeuxrels:

die 5 gespaltene Zeil« oder deren Raum 12 bei Auskunstserteilung durch die Exxed. 15 Reklamen die 3gesp. Zeile 25

Bei öfterer Insertion entsprech. Rabatt.

Fernsprecher Nr. 4.

Telegrammadresse: «Lnztäler, Neuenbürg",

-IS 98.

Neuenbürg, Samstag de» 2V. Juni 1914.

72. Jahrgang.

RunSichau.

Der Kaiser nahm am Dienstag mittag neben vielen anderen Fürstlichkeiten an der Trauerseier für den verewigten Großherzog Adolf Friedrich von Mecklenburg-Slrelitz in Neustrelitz teil. Am Mittwoch wohnte der hohe Herr der feierlichen Er­öffnung des Großschiffahrtsweges Berlin- Stettin, desHohenzollern-Kanals", bei. Er traf an letzterem Tage zu diesem Zwecke im Automobil vom Neuen Palais kommend in Niederfinow ein, begleitet vom Punzen August Wilhelm. Daselbst wurde der Kaiser vom Eisenbahnminifter v. Breiten­bach begrüßt, worauf letzterer eine Ansprache hielt, in ihr sich über die Geschichte und Bedeutung des neuen Wasferverkehrsweges verbreitend. Nachdem der Minister noch die anläßlich der Eröffnung des Kanals verliehenen Auszeichnungen bekanntgegeben hatte, erklärte der Kaiser denHohenzollern-Kanal" für eröffnet. Um 12 Uhr begab sich der Kaiser, gefolgt von der Festgesellschaft, nach Schleuse I. wo er die JachtAlexandria" bestieg und mit ihr bis Eberswalde fuhr. Daselbst verließ der Kaiser das Schiff. Beim Betreten des Landes wurde er vom Bürgermeister Hopf- Eberswalde mit einer Ansprache begrüßt, auf welche er huldvoll dankte. Von Ebers­walde aus kehrte der Kaiser nach dem Neuen Palais zurück, während imHarmonie"-Saal zu Eberswalde ein Festmahl als Abschluß der Kanalfeier stattfand. Der Kaiser fuhr am Mittwoch gegen Abend vom Neuen Palais nach Berlin, wo er dem Reichs­kanzler v. Bethmann-Hollweg einen längeren Be­such im Reichskanzlerpalais abstattete.

Die auswärtige Politik stand diesmal neben den Ereignissen auf dem Balkan auch noch unter dem Zeichen der Monarchenreisen. Die Sommervisiten wurden eröffnet durch einen Besuch unseres Kaisers beim österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand in dem böhmischen Schlosse Konopischt. Die besondere Bedeutung dieses politisch-privaten Besuches liegt in der Tatsache, daß der Kaiser vom Staats­sekretär des Reichsmarineamtes v. Tirpitz begleitet war. Angesichts der nicht verstummen wollenden Gerüchte über ein englisch-russisches Flottenabkommen weiß nun jeder, wie ungefähr die deutsche Antwort lauten dürfte. Dann kam der Zarenbesuch in Rumänien mit seinen vielbeachteten Trinksprüchen, in denen davon die Rede war, die ausgezeichneten Beziehungen zwischen Rumänien und Rußland noch fester zu gestalten. Bisher war Rumänien einiger­maßen mit dem Dreibund verknüpft. Nun scheint es zum Dreiverband vollends hinübergeschwenkt zu sein. Das ist, wenn es sich bewahrheiten sollte, eine neue Bestätigung der alten Tatsache, daß nicht nur die deutschen Prinzessinnen, wenn sie ins Ausland heiraten, sondern auch die deutschen Prinzen, wenn sie ausländische Throne besteigen, ihrer alten Heimat nicht mehr dieselbe politische Anhänglichkeit bewahren, wie etwa die Sprossen der russischen und englischen Herrscherhäuser.

Der Wert der Zusammenkunft von Kono­pischt, derJagdbesuch" Kaiser Wilhelms beim österreichischen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand unter Begleitung unseres Staatssekretärs des Reichsmarineamts, Großadmiral v. Tirpitz, einer­seits und des österreichischen Marinekommandanten andererseits, ist. obwohl die offiziösen Ankündigungen dieser Visite zuerst einen rein privaten Charakter zu­geschrieben hatten, um nicht allzuviel Aufhebens von ihr zu machen, nachträglich von der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung selber unterstrichen worden. Und zwar handelt es sich, um den Kernpunkt kurz festzu­stellen, um nichts Geringeres als um den von Oester­reich geplanten organisatorischen Ausbau der Flotte, wobei es ebenso bemerkenswert ist, daß hiezu, wie es in einer Begrüßung der offiziösen Wiener Reichs­post hieß, dergroße deutsche Flottenorganisator" als Berater hinzugezogen wurde, wie andererseits die

hohe Bedeutung dieser Reform für den Dreibund und damit mittelbar für Deutschland darin liegt, daß man für die Zukunft mit einer respektablen öster­reichischen Flottenmacht im Mittelmehr wird rechnen können, ein Gegengewicht gegen die dortigen englischen und hauptsächlich französischen Anstrengungen, ein Wertfaktor für die Offenhaltung der Zufuhr nach Deutschland im Falle einer Blockade seiner Nord­küste und eine Sperrkette gegen eine etwaige Herüber­ziehung afrikanischer Streitkräfte nach Frankreich. Das letztere hat denn auch gleich die Wichtigkeit der Zu­sammenkunft folgerichtig aufgefaßt und dementsprechend kommentiert.

Paris, 19. Juni. (Prio.-Tel.) Der Wiener Korrespondent desEcho de Paris" meldet, in Wien erhalte sich das Gerücht, daß bei der Zusammen­kunft des deutschen Kaisers mit dem Erzherzog- Thronfolger in Konopischt auch die Frage der Einführung der dreijährigen Dienstzeit in Deutschland in den Bereich der Erörterungen ge­zogen worden sei.

Aus dem Gebiete der innerdeutschen Politik ist die interessante Tatsache zu berichten, daß auf einer Tagung des Gesamtausschusses des Hansabundes, wo man sich im übrigen mit den bevorstehenden Zolltariskämpfen beschäftigte, Präsident Rieß er in überraschender Weise für die bürgerliche Sammlung gegen die Sozialdemokratie eintrat und erklärte, der Umsturzpartei müsse der Kampf des Hansabundes mit geistigen und wirtschaftlichen Waffen gelten. Vor den letzten Reichstagswahlen hieß es bekanntlich anders; wenigstens wurde damals gegen den Hansa­bund von seiten der Rechten der Vorwurf erhoben, daß *r gerade unter Rießers Führung eine starke Neigung zu Großblockideen entwickelt habe. Wenn nun den Worten auch die Taten folgen, so wird es bei den nächsten Reichstagswahlen keine rote Hundert­elf mehr geben. Fast sensationell hört sich auch die amtlich beglaubigte Nachricht an, daß der Heeres­ersatz in den Reichslanden künftig wieder nach dem alten, bewährten, aber leider unter der Versöhnungs­ära mit ihren Mißerfolgen wieder verlassenen Brauche vollzogen wird, die elsässischen Rekruten in Regimenter außerhalb der Reichslande zu stecken, also auch die 25 Prozent, die in letzter Zeit ihrer Dienstpflicht in der Heimat genügen durften. Demnach find, wie es scheint, die Lehren von Zabern noch nicht vergessen. Die nationalistischen Hetzer gegen das Reich sehen nun vielleicht allmählich ein, welchen Schaden sie ihren Landsleuten zugefügt haben.

Das bayerische Königspaar traf am Dienstag abend auf seiner Donaufahrt aus Regensburg in Pas sau ein. dort von der Bevölkerung jubelnd empfangen. Als am Mittwoch abend das Königs­paar das zu beiden Seiten der Donau abgebrannte Feuerwerk besichtigte, traf ein Holzsplitter von einer Rakete die Königin am rechten Kopf, wobei die hohe Frau eine kleine Verletzung erhielt.

Karlsruhe, 19. Juli. In der heutigen Sitzung wurde am Schluß folgender Antrag eingebracht:Hat die Regierung Erhebungen gemacht über die schweren Schäden, die am 16. Juni in den Ortschaften Tiefen­bronn, Mühlhausen und Würm durch Unwetter und Hochwasser angerichtet worden find? Welche Maßnahmen hat die Regierung ergriffen, um den Gemeinden Hilfe zu leisten? Ist die Tomänenver- waltung bereit, Pachtnachlaß zu bewilligen für die durch das Hochwasser überschwemmten Wiesen?

Die Lage in Albanien bleibt noch immer bedenklich. Sie schien sich soeben für die Regierung des Fürsten Wilhelm nach dem zurückgeschlagenen Angriff der mohammedanischen Rebellen auf Durazzo vom 15. Juni gebessert zu haben, zumal auch über Erfolge der albanischen Regierungstruppen über die Aufständischen an anderen Punkten Albaniens be­richtet wurde. Jetzt kommen aber mit einem Male aus italienischer Quelle Nachrichten, die von einer abermaligen kritischen Gestaltung der Lage in Albanien

zu melden wissen. Ihnen zufolge haben die Auf' ständischen plötzlich einen neuen heftigen Angriff aus Durazzo unternommen, das aus etwa 1000 Malifforen und Miriditen bestehende Expeditionskorps, welches die fürstliche Regierung gegen die Aufständischen ent­sandte, ist von ihnen angeblich umzingelt und stark dezimiert worden. Anderseits teilt dieAlbanische Korrespondenz" einen neuen Erfolg der albanischen Regierungstruppen mit; sie erstürmten nach hartem Kampfe die von den Rebellen besetzten Höhenzüge von Ardeniza und schlugen die Rebellen in die Flucht.

Rom, 19. Juni. Am gestrigen nachmittag herrschte in Durazzo vollkommene Ruhe. Die österreichischen und italienischen Verstärkungen kehrten auf die Schiffe zurück. Früh am gestrigen Morgen hatte der österreichische DampferHerzegowina", den die albanische Regierung geschartert hat, eine Kontroll- fahrt längs der Küste und gab einige Schüsse gegen die Höhen von Schiak und Kawaja ab. Das deutsche KanonenbotPanther" und der russische KreuzerTerez" sind vor Durazzo eingetroffen.

Durazzo, 19. Juni. (Ag. Stefan!). Bei den gestrigen Kämpfen sind 400 Mann der Besatzung von Durazzo gefallen. Auch die Aufständischen hatten viele Tote.

Die griechisch-türkische Spannung dauert noch unverändert fort. Indessen erklärte der türkische Gesandte in Athen bei einer Privatunterredung, es dürfte sich noch ein Modus zu einer Verständigung finden lassen, wenngleich vielleicht auch erst in lrtzter Stunde. Die Pforte stehe iw. übrigen auf dem Standpunkte, daß die Griechenverfolgungen in Thrazien und Kleinasien eine innere Angelegenheit der Türkei seien. Das wäre allerdings ein merkwürdiger Standpunkt! Schließlich verlautet noch, die Pforte werde die Note des Athener Kabinetts wegen der Griechenverfolgungsn in der Türkei in entgegen­kommendem Sinne beantworten.

Auf der Vermittlungskonferenz zu Nia­gara Falls gibt es neue Unstimmigkeiten. Die Rebellen haben in einer Unterredung, welche ihre Delegierten zu Buffalo mit den amerikanischen Konferenzdelegierten pflogen, die von den Delegierten Huertas als unannehmbar bezeichnte Forderung er­hoben, der künftige provisorische Präsident von Mexiko müsse aus ihrer Mitte gewählt werden. In poli­tischen Washingtoner Kreisen glaubt man daher, daß die Konferenz von Niagara Falls mit einem Fiasko enden dürfte.

Württemberg.

Und will sich nimmer erschöpfen und leeren" kann man Heuer von der Flut der Kongresse und Vereinstagungen sagen. Aus der Fülle der letzten Wochen verdient ein Verband, der in Württemberg seine Jahresversammlung abhielt, be­sondere Erwähnung seiner hohen patriotischen Be­deutung und wichtigen Beschlüsse wegen, der glänzende, auch vom König besuchte 22. Württ. Krieger­bundestag in Reutlingen, wo mit der Deutschen Volksversicherungs-Aktiengesellschaft eine gemeinschaft­liche Slerbekasse für den Württ. Kriegerbund, aber unter Erhaltung der bestehenden Bezirkssterbekaffen beschlossen wurde.

Reutlingen, 19. Juni. Als der König neulich zum Bundeskriegerfest hier war, soll er nach einer Blättermeldnng im Gespräch u. a. geäußert haben. Reutlingen sei der Stolz seines Finanzministers. Das wird leicht verständlich durch die jetzt bekannt gewordene Tatsache, daß der Wehrbeitrag von Stadt und Bezirk Reutlingen, dessen endgültige Feststellung demnächst bevorsteht, die Summe von einer Million Mark bereits überschritten habe.

Friedrichshafen, 18. Juni. Die Unter­suchung des zerstörten MarineluftschiffsL. 2" hat ergeben, daß das Luftschiff so stark beschädigt ist, daß ein vollständiger Neubau in der Zeppelinwerst notwendig ist.