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euenbürg, Samstag den 13. Zuni 1914.
>72. Jahrgang.
RurrSschau.
Bremen, 13. Juni. Zahlreiche Teilnehmer an derHauplversammiung deSVereirisdeuischer Ingenieure, unter ihnen Gral Zeppelin, folgten am Mittwoch einer Einladung des Norddeur > cyrn Lloyd zu einer Fahrt nach Helgoland an Bord des Üteichspostdampfers Bremen. Drei Sonderzüge brachten die Gäste, etwa 1300 Damen und Herren, aus allen Teilen des Reichs nach Bremerhaven. Graf Zeppelin dankte für die verfchiedenen, ihm auch heute wieder erwiefenen Ehrungen und toaflele aus die Damen, die ihm eme herzliche Ehrung bereiteten.
Slraßburg, 11. Juni. Der Rektor der Universität erließ eine Bekanntmachung am iqwarzen Brett, nach welcher der akademijche «enal einilimmig aus Grund des 8 38 der Universilätsordnung beschlossen hat, de«, «iudenien der Umoerstlät ore Leirnahme am Pharmazeutiiqen Verein von Elsaß-Lothringen zu unterlagen. Den Studenten wurde bereits vor zehn Jahren d«e Teilnahme an diesem Verein unterlag«, voch wurde ipütrr das Verbot ausgehvben. Litte verraulel, ist das neue Verbot eriolgt, well es sich um e,n Vortommnls handeln sott, das dem Verein als Betätigung deuls ch-seindlichrr Gesinnung auszulegen iem soll.
München, 13. Juni. Wie die „Münchener Neuesten Nachrichten" erfahren haben wollen, yal die römilche Kurte dem deut,qen Zentrum verboten, sich als rein polll.liche Parier zu dezerchnen. Das Blatt sägt hinzu, vag alles, was gegen diese tlare Tailache oorgeorachi werden >ollte, nur ein Spiel nut Worten blerven werde.
Die Einführung einer Sommerzeit. Vom 8. bis 13. Junl findet ,n Paris em mier- nallvnater Kongreß ftali, aus dem oir Mögtichlell der Einsührung emer «onlmerzeli erörtert weroen wird. Dte Somtnerzett loll oavarq errrlcht weroen, daß in der Zeit vom 3u. April bis 30. «epiember die Uhr um eine Stunde früher gestern wlro. Dir Anhänger dreier Idee flehen au, orm Stanv- punkt, daß durch lyre Verwirtuchung eine bcssere Ausnutzung des Tageslichts erzielt würde. Vie Frage ,fl vor kurzem auch in emer Komnuiflon des Preußischen Herrenhau>rs erdrierl worden; dabei sprach flch der ÄtlNlfler der öffentlichen Arbeiten Nicht grundfützltch gegen die Einführung emer Sommerzeit aus. Herr v. Breltenbach halte allerdings erhebliche Bedeuten dagegen. Die Angelegenheit flehe und falle Mil der Frage, ob die ««aalen oes
Das Kreuz von Severr.
Erzählung aus der Zeit der Tiroler Freiheitskämpfe.
Von Franz Wichmann.
(Nachdruck verboten.)
Die Städter atmeten auf, als die Bauernhause» sich zurückzogeu, fröhlich und neugierig kamen Ne aus den Häusern hervor und blickten erwartungsvoll nach Süden. Eine Staubwolke, die sich auf der «traßc von Bozen erhob, kündete das Nahen der Armee,, und nickt lauge dauerte eS, da tauchten die breiten Köpfe der Pferde, die glänzenden Uniformen der berittenen Offiziere aus dem Staube auf und ihnen nach wälzte sich unter Trommel- und Hörnerklang die langhin gerollte Schlange des Fußvolks und schob ihre schillernden Ringe näher und näher an das Städtchen.
An der Spitze einer Deputation von Bürgern ging Dr. von Gasteiger den Anrnckenden entgegen. Der französische General zeigte sich geneigt, Gnade vor Recht ergehen und die Stadt den Bauernaufstand nickt entgelten zu lassen, wenn ihm kein weiterer Widerstand in den Weg gelegt und die Straße nach Brixen unverzüglich geöffnet würde. Die geängstigten Bürger versprachen alles, zumal sie selbst die Bauern abgezogen wähnten, und unter klingendem Spiel marschierte die Armee in die Vorstadt ein. Kein Landesverteidiger ließ sich in den engen Gassen sehen, alles schien ruhig und sicher zu sein, und als der schwere Schritt der Soldaten laut auf dem holprigen Pflaster erdröhnte, tauchte nur hie und da an den Fenstern ein dunkeläugiger, schwarzhaariger Mädckenkopf auf, um einen flüchtigen, nicht unfreundlichen Blick auf die Vorüberziehenden zu werfen. Schon war man nahe am Thinnerbach und der runde Platz der Frag wurde sichtbar, ohne daß sich etwas Verdächtiges zeigte.
Da plötzlich hielt General Severoli, der an der Spitze der Truppen ritt, seinen schnaubenden Renner
Kontinents und auch England geneigt wären, die Aenderung durchzuführen. Vom Standpunkt der Eifenbahnverwatlung bietet sie nach Ansicht des Ministers in bezug auf die Fahrpläne sehr große Schwierigkeiten, namentlich an den Tagen, wo ein Wechsel der Fahrpläne eintritt. Der Munster glaubt deshalb emstrverten nicht an die Ausführung des Vorschlages, er fprach sich jedoch auch nicht dagegen aus. Man hat errechnet, daß in Deutschland durch das Vorrücken der Zeit um 1 Stunde in den sechs Sommermonaten eure Ersparnis an Beleuchtungs- Material von über 90 Millionen Marl erreicht würde. Dte Frage hat übrigens auch bereits das englische Parlament beschäftigt.
London, 11. Juni. Heute nachmittag gegen 6 Uhr erfolgte in der Nähe des Hochaltars der LLeflminsterabiei eine Bombenexplosion. Der Krönungsfessel, auf dem der König gekrönt worden ist, ist beschädigt worden. Der sonst an- gerichtele Schaden läßt sich noch nicht übersehen. Die Explosion wurde im Parlament von einigen Abgeoroneten wahrgenommen, die die Sitzung verließen, um sich zu erkundigen. Las Pflaster in der Stütze der Abter wurde aufgerrssen. Eme Dame wurde ohnmächllg und erlitt einen Nervenchok. Die Explosion ersolgte in zwei lauten Detonationen, die bl» zur Weflmmstervrücke gehört wurden. Die Westmtnsterablel wurde von der Polizei sofort geschlossen. Es sind 10 Frauen verhaftet worden.
Die fortgesetzten Ausschreitungen der englischen Suffragetten scheinen enduch die englische Regierung zu bestimmen, energisch gegen Las gemeingefährliche Treiben der „Wahlrecyisweider" vorzugehen. Wie privatim aus London gemeldet wird, hat der Minister des Innern die Polizeibehörden zur Ausstellung sämtlicher un letzten Jahre von den Suffragetten verübten Verbrechen auf gefordert, mit der Begründung, Latz ein gesetzgeberisches Vorgehen gegen ore verbrecherischen Umtriebe der Frauenrechtlerinnen von dem Minlsterrai ,n Angriff genommen sei.
Die in der Arbeilerschast Italiens aus- gebrochene große «irertbewegung hat bereits an emer ganzen Reihe von Puntten zu biullgen Zusammenstößen der Pvuze, und oes Mllnärs mtt den Ausständigen geführt, wobei es msgesami vier Tote und zahlreiche Verwundete gab. Indessen machen sich m den Kreisen der Atde,lerscha,t starte Strömungen für eine baldige Wiederaus nähme der Arbeit bemerktich. Die Regierung traf me umfassendsten Vorsichtsmaßnahmen, um eure wettere Ausbreitung der Arbetterunruhen zu verhindern.
au und wie?» zu seinem Adjutanten gewandt, mit ausgestreckter Rechten nach vorn. „Was ist das?"
Der Adjutant beugte sich vor, um deutlicher zu sehen.
„Das sieht ans wie — wie —"
„Wie Schanzen und Wälle, zum Teufel auch!" brauste der General auf, „geben Sie mir Ihr Glas!"
Der Offizier gehorchte und der General gebot mit einer Handbewegnng den Nachrückenden Stillstand, bis er sich näher überzeugt.
„Seit wann bauen die Bauern Festungen —" erwiderte der Offizier lächelnd, „ich glaube nicht —" „Ungläubiger, blicken Sie dorthin", unterbrach ihn der General, „eben blitzt es da droben auf - bücken Sie sich — heiliges Blut Gottes, zu spät!—"
DaS Pferd des Adjutanten bäumte sich hock auf und er selbst stürzte mit klaffender, blutüberströmter Stirne in den L>tanb der Straße.
„Laci-e bleu, das war ein heißer Gruß!" rief der General, „sie verstehen ihr Ziel zu treffen." —
Er hatte kaum ausgesprochen, als eine neue Kugel daherpfiff und einen neben seiner Kolonne schreitenden Leutnant zu Boden warf. Zugleich erschien ans einer der Schanzen an den Mauern von Branzoll ein in die farbige Tiroler Bauerntracht gekleideter Mann, der mit wildem Jauchzen seine Büchse ums Haupt schwang.
Es war der Planklbauer von Velthnrns, der feine Racke für Weib und Kinder genommen.
„Jetzt, ist die Gnade verscherzt!" tobte der General, außer sich vor Zorn, „ich will diese Rebellen zu Boden schmettern, so wahr ich des Kaisers Soldat bin!"
Aber das Feuer von Branzoll wurde plötzlich so stark, daß die Franzosen zuerst ein beträchtliches Stück zurückweichen mußten, um aus der Schußlinie zu kommen. Dann aber ging es mit unwiderstehlicher Gewalt vorwärts und in jähem Ansturm wurde die Thinnerbrücke genommen. Während der Mannschaft eine kurze Erholung gegönnt ward, versammelte General Severoli im Hof der Loretto-Kapelle beim Kapnzinerkloster seine
Berlin, 13. Juni. Ein Droschkenauto- mobil, das einem anderen ihm entgegenkommenden Automobil ausweichen und einem Lastwagen Vorfahren wollte, geriet auf den Bürgersteig und überfuhr zwei Knaben, die sich in Begleitung eines älteren Mädchens befanden, das noch ein ganz kleines Kind aus dem Arme trug. Der eine Knabe war sofort toi, der andere erlitt so schwere Verletzungen, daß an seinem Auskommen gezweifelt wird.
Nürnberg, 11. Juni. Bei der heutigen Fronleichnamsprozession wurden 80 Personen, 60 weibliche und 30 männliche ohnmächtig bei iS Grad Celsius.
Worms, 13. Juni. Im benachbarten Kriegsheim wurden gestern früh zwei Landwirte beim Heuholen vom Blitz getroffen. Einer war soforl iol, der andere kam mtt einer schweren Lähmung davon.
Gelsenkirchen, 13. Juni. Bei einem außerordentlich schweren Gewitter richteten gestern Wolkenbrüche und Hagel großen Schaden an. An manchen Stellen lag der Hagel 40 Zenlimeler hoch. Die Feldfrüchie sind zum größten Teil vernichtet.
Graudenz, 13. Juni. Heute vormittag gegen 13 Uhr explodierte aus der hiesigen Ftiegerstailon beim Absullen in den Benzintanks ein Benzinsaß, wobei Unteroffizier Bertram aus Gereusleben, Se»geani Nahrfledi aus Spandau, der Gefreite Koyiein aus Erlangen und Gefreiter Müller aus Stettin getötet wurden. Die Leichen sind enisetzlich verstümmeii; der Materialschaden ist erheblich. Weitere Personen sind nach den bisherigen Meldungen mchi verletzt worden.
Lens, 11. Jum. In einem Minenschachi in Courdiöres rfl eine Brücke aus Eljenbewn infolge einer durch Regengüsse verursachten Bodensenkung zusammengevrocyen. Achl Arbeiter wurden mttgerlffen, von denen elnergeiötri, zwei schwer und suns leicht verletzt wurden.
Schweres Unwetter herrschte gestern, wie aus London telegraphier! wird, m den nördlichen Gras- schasien und in Rordengiand. An einigen Platzen wurden Hagelntederschiäge von sechs Zvit gemessen. In Dudler) wurden ein Arbeiter uno em Landmann vom Biitz getroffen. In Wellington schlug oer Btttz m em Haus em, wobei dre» Perivnen verietzl wurden. Fast alle Flüsse fuhren Hochwasser. Besonders stark Hai oie Dbsterme grillten.
Rew-Aort, 10. Jnm. Eine adnvrme Hitze, die »n den letzten Lagen hier eingesetzt Halle, ha» uacy gestern urigeyalien. Zn Rew-Avrl allein sind vier L. ödes satte msolge von Httzwellen zu verzeichnen, wahceno ln Eylcago uno ln Pttlsvurg orel Personen
Offiziere um sich, um alles zum entscheidende» Schlage vorzubereiten.
Als Nazi die verderbenschwaugere Wolke des Unheils herandunkeln sah, sank ihm einen Augenblick der Mut. Durste er das Blut seiner Brüder noch weiter unnütz vergießen? — Die Last der Verantwortung drückte ihn nieder; er fühlte sich zu schwach, das Ucber- nommene zu Ende zu führen. Da traf es wie eine fühlbare Mahnung des Himmels sein Ohr. Droben vom Kloster tönte es herab, dumpf, schwer und dock feierlich, groß und weltüberwindend. Die Glocken läuteten mit so vollem Klange, wie er sie noch nie gehört zu haben glaubte. Er wußte, was ihr ernster GrabeSgesang bedeutete. Sie riefen zur feierlichen Einkleidung einer Nonne. Und diese Schwester war Verena, die jetzt der Welt da draußen Lebewohl sagen sollte. Es flimmerte ihm vor den Augen. Der Teufel, den er gesucht, den er schon in Händen gehabt, war ihm entgangen. Ein anderer sollte dafür büßen. Blitzschnell riß er die Büchse an die Wange und im nächsten Augenblick stürzte einer der französischen Soldaten sterbend ans das Pflaster.
Als er sich zu den Seinen zurückwandte, kam atemlos der Zellenwirt von Villmßiiöß^ allen als einer der mutigsten Streiter und tüchtigsten Wchntzen bekannt, daher. Der kleine, kräftige Mann mit dem gebräunten, ehrlichen Gesicht lief ohne Kopfbedeckung springend die steile Halde von Kloster Scben herab und seine Hellen, braunen Augen blickten flickend unter den huschigen, schon ergrauten Brauen hervor.
Unterthinner trat ihm zuerst entgegen. „Wen sucht Ihr?"
„Grüß Gott, Zellenwirt!" riefen andere und streckten ihm zum Willkomm die Hände entgegen.
„Ich suche den Kommandanten."
„Hier", sagte Rautter und wies auf Pontiseser, der bescheiden bei Seite stand.
„Nein, nein, ich meine den Oberkomwandanten, ick muß ihn dringend sprechen." ' FO