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Schweine auf lebend Gewicht gekauft, das Pfund zu 39 Diese Schweine wurden dann auf der Gemeindewage gewogen und von dem Wagmeister Wilhelm Knauer daselbst ein Wagschein auf 462 ks ausgestellt. Diesen Wagschein händigte dann der Angeklagte dem Ströbel ein und bezahlte ihm den Betrag für die Schweine aus. Hiebei wollte er, so wie es in der Regel bei den Händlern üblich ist, an jedem Schwein 1 kss in Abzug bringen, worauf jedoch Ströbel nicht einging. Da aber dem Angeklagten bekannt war, daß ihm sein Ab­nehmer, der Schweinehändler Friedrich Frei in Urach, bei jedem Schwein 1 Lx abziehen werde und er somit in Schaden gekommen wäre, so wußte er durch eine Täuschung den Wagmeister Knauer zu bestimmen ihm für diese 4 Schweine noch 2 weitere Wagscheine mit dem falschen Gewicht von zusammen 468 kx auszustellen. Diese Wagscheine zeigte er sodann bei der Ablieferung der Schweine auf der Bahnstation Niederstetten dem dort an­wesenden Frei vor und erhielt sodann von diesem nach Abzug der üblichen 4 kA bei diesen 4 Schweinen noch für 2 Lx den Betrag von 1 56 A zuviel

bezahlt. Der Angeklagte ist nun beschuldigt, durch diese Handlungsweise sich eines Verbrechens der Urkundenfälschung in gewinnsüchtiger Absicht im Sinn der W 271 und 272 des St.-G.-B. sowie in einer und derselben Handlung sich eines Betrugs schuldig gemacht zu haben. Die Geschworenen ver­neinten jedoch die auf Urkundenfälschung gerichtete Schuldfrage und bejahten sie bezüglich des Betrugs unter Zubilligung von mildernden Umständen, worauf gegen den Angeklagten eine Gefängnisstrafe von 1 Woche ausgesprochen wurde.

Ulm, 26. März. Hier wurde gestern abend eine Ortsgruppe des Bundes der Landwirte gegründet. Abg. Stadtschulthciß Haug-Langenau hatte die Leitung der schwach besuchten Versamm­lung übernommen und kam in seiner Ansprache auf die Zukunft und die Aussichten des Bundes zu sprechen. Er ist der festen Ueberzeugung, daß die Stimmung bei der Regierung bald zu Gunsten des Bundes umschlagen wird. Den Führern des Bundes sei es selbst nicht angenehm, daß sie den Kampf mit so scharfen Waffen führen müssen, sie würden viel lieber versöhnlicher Vorgehen. Doch sei dies jetzt untunlich. Anzustreben sei, daß in den Städten alle jene, welche dem Bunde Sympathien entgegen­bringen und seine Bestrebungen billigen, in Hand- werkervereine zusammengefaßt werden. Hinderlich sei allerdings die Firma des Bundes für eine Agitation in der Stadt. Darum sei schon an eine Aenderung des Namens gedacht worden. Als Ver­trauensmann der Ortsgruppe wurde Pächter Giebler vom Gut Ziegelstadel aufgestellt.

Essen (Ruhr), 26. März. Unter den Berg­leuten des Hattinger Reviers herrscht große Erregung über die Massen-Kündigung auf den Zechen Hasenwinkel, Friedlicher Nachbar und Karolincnglück. Auf Hasenwinkel allein wurden 400 Mann gekündigt. Auf den anderen Zechen macht sich unter der Belegschaft Unzufriedenheit be­merkbar wegen der großen Anzahl Feierschichten und Lohnrcdukrion, so z. B. auf der Zeche Holland.

Essen (Ruhr), 26. März. Der mit An­bringung von Zifferblättern beschäftigte Dachdecker Schmitz stürzte vom Kirchturm der neuen Pfarr­kirche in Westerholt ab und war sofort tot.

Köln a. Rh., 26. März. Wie die Duis­burger Zeitung meldet, droht die Belegschaft des Schachtes 3 der Zeche Deutscher Kaiser mit Streik, falls nicht die entlassenen Arbeiter wieder eingestellt werden. Eine von 8000 Arbeitern besuchte Ver­sammlung in dieser Angelegenheit hat bereits statt­gefunden.

Berlin, 26. März. Der Handelsminister Möller wird, wie der Lokal-Anzeiger meldet, im Laufe dieses Sommers, voraussichtlich im August, eine Studienreise nach den Vereinigten Staaten antreten, wenn nicht unvorhergesehene Ereignisse den zur Zeit bestehenden Plan wieder umstoben. Die Reise, auf der der Minister auch die Welt-Ausstellung in St. Louis besuchen wird, dürfte voraussichtlich 8 Wochen dauern.

Geestemünde, 25. März. Ungeheure Fischfänge sind in der vergangenen Woche von Island an den hiesigen Markt gebracht worden.

So kehrten u. a. sieben Dampfer der Dampffischerei- Gesellschaft Nordsee mit einem Gesamtfange von 900 000 Pfund zurück. Die Kapitäne berichten, daß sich bei Island riesige Fischschwärme aufhalten, welche häufig schon nach einviertelstündiger Fangzeit das große Schleppnetz bis zum Bersten anfüllten, während die gewöhnliche Schleppzett gegen drei Stunden beträgt. Für die bevorstehende Karwoche, die den größten Fischkonsum des ganzen Jahres bringt, bieten diese Meldungen günstige Aussichten.

Hamburg, 25. März. Die zur Verstär­kung der Truppen in Südwestafrika bestimmten Offiziere und Mannschaften trafen heute früh von Berlin kommend hier ein und begaben sich direkt an Bord des DampfersFeldmarschall". Hauptmann Sauer begrüßte die Truppen im Namen des Senats und überreichte gefüllte Ztgarrentaschen und Ansichts­karten. Nachdem Oberstleutnant Ohnesorg das Schiff und die Truppen inspiziert hatte, hielt Ge­neral v. Bock und Polach eine Begrüßungsansprache, brachte ein Hoch auf den Kaiser aus und rief den den TruppenBehüt Euch Gott! Kameraden" zu. Die Kapelle spielte die Nationalhymne. Um '/»10 Uhr setzte sich der Dampfer in Bewegung.

Bordeaux, 27. März. Bei den gestern hier abgehaltenen Festlichkeiten explodierte beim Böllerschießen ein Mörser. Einem jungen Manne wurde der Kopf vom Rumpfe getrennt, 15 andere Personen wurden verletzt, darunter 4 schwer.

Paris, 26. März. Im hiesigen Belleville- Theater explodierte während der Probe eine für eine Schlachtenszene bestimmte Granate. Der Di­rektor und ein Inspizient wurden verletzt.

Paris, 26. März. Nach einer Meldung aus Petersburg hat der Zar seine Absicht, die sibirische Bahn in einem Hofzuge zu befahren, durchaus nicht aufgegeben, doch ist bis auf weiteres seine Anwesenheit in der Hauptstadt erforderlich. Der Zar begibt sich dem­nächst nach Moskau, um sich vom 17. Korps, welches bereits Marschbefehl erhielt, zu verabschieden.

Wien, 26. März. Seit mehreren Tagen beschäftigte eine E rp r ess u n g s a f f a i r e alle Kreise der hohen Gesellschaft. Anfangs verlautete, daß der türkische Botschafter das Opfer eines weib­lichen Erpressers geworden sei. Nunmehr erfährt man, daß der türkische Diplomat der Angelegenheit, die von den Behörden streng geheim gehalten wird, vollkommen ferne steht. Dagegen hatte der neu er­nannte Botschafter Italiens, Herzog von Avarna, bald nach seinem Eintriffen in Wien ein unan­genehmes Erlebnis. Er erhielt von einer Frau einen Brief, worin die Schreiben« unter Hinweis auf einst bestandene Beziehungen die Auszahlung einer größeren Geldsumme unter der gleichzeitigen Drohung forderte, daß sie dem Botschafter eine unangenehme Skavdalszene machen werde, wenn ihr Verlangen nicht erfüllt werden sollte. Der Botschafter übergab die Angelegenheit sofort der Polizei, die die Ver­haftung der Frau, die vor Jahren dem Hausstande der Diplomaten angehörte, vornahm. Bei dem ersten Verhör riß die Verhaftete plötzlich eine lauge Hut­nadel aus dem Hut und stieß sich diese in den Hals, doch ist die Verletzung nur leicht. Die Affäre wird, wie erwähnt, von den Behörden verheimlicht, und es ist fast unmöglich, näheres über den Verlauf der Untersuchung zu erfahren.

London, 24. März. In der Vorstadt Kensal Rise wurde heute ein furchtbares Verbrechen entdeckt. Ein Mann von 35 Jahren, der Georg Albert Großmann heißen soll, wollte eine Blech­kiste, die sehr schwer war, und aus der eine Flüssig­keit herausfloß, von einem Fuhrmann wegfahren lassen. Der Fuhrmann schöpfte Verdacht. Ein Mieter des Großmann hatte schon seit einigen Tagen Verdacht geschöpft. Sie holten die Polizei; Groß- mann ergriff eiligst die Flucht, wurde aber von der Polizei erfaßt. In dem Augenblick, da er erfaßt wurde, durchschnitt sich Großmann den Hals mit einem Rasiermesser und starb sofort. In der Blechkiste wurde in Zement eingegossen eine zerstückelte weibliche Leiche mit zerschlagenem Schädel gefunden. Die Polizei sucht nun unter Fußböden und im Garten des Hauses nach etwaigen weiteren Leichen. Croßmann hatte öfters Besuch von Frauen, die längere oder kürzere Zeit bei ihm blieben. Croß- mcnn hat wegen Bigamie fünf Jahre Zuchthaus verbüßt. Er soll sich am 24. Januar unter falschem

Namen mit einer Frau verheiratet haben, welche 56 Pfund Sterling in der Postsparkasse halte. Dieses Geld soll er unter Fälschung ihres Namens fast ganz abgehoben haben. Diese Frau mißhandelte Croßmann, sie lief weg zu ihren Eltern und eine andere Frau Großwann erschien dann im Hause. Der Mieter, welcher das Verbrechen entdecke, war am 8. Febr. eingezogen und hatte sofort den üblen Geruch bemerkt. Wiederholte nächtliche Ausgänge des Groß­mann erhöhten den Verdacht des Mieters. Montag abend bemerkte der Mieter, daß Großmann eine Stunde lang in einem dunklen Verschlage unter der Treppe bei Kerzenlicht hämmerte. Er fragte ihn direkt, ob er eine Leiche dort habe. Gestern abend sah der Mieter, wie Großmann eine schwere Kiste durch den Ausgang zog. An Großmanns Leiche wurde eine Anzahl Briefe von Damen gefunden, die auf Heirats-Annoncen geantwortet hatten, ferner Pfandscheine über versetzte Schmucksachen, der Toten­schein einer 1897 verstorbenen Frau Großmann, ein Aamenring. und ein Pfund Sterling, sowie einige Schillinge Bargeld. Außerdem fand man Quittun­gen über Möbel in den Taschen. Es scheint, daß Großmann öfters Möbel hat versteigern lassen.

London, 26. Marz. Die Ausschiffung japanischer Truppen in Tschinampho nimmt ihren lebhaften Fortgang. Die Truppen werden, sobald sie gelandet sind, nach Pingyang dirigiert, welches als Operations Basis gedacht ist und wo riesige Schanzwerke errichtet werden. Die Auf­stellung der Armee ist nunmehr fast vollendet. Die japanischen Vorposten haben nunmehr Unsan erreicht. Der Zusammenstoß wird voraussichtlich nicht eher erfolgen, als bis die japanische Armee den Jalu- fluß zu überschreiten beabsichtigt. Die Russen in Widschu sollen beide Fluß Ufer befestigt haben während eine starke Truppenmacht den Punkt be­setzt hält. Nach einer Meldung aus Paris berichtet die ZeitungAktion": Der geographische Chef des hiesigen Gcneralstabes arbeitet seit Wochen ausschließlich an dem Druck der Karte der Man­dschurei in Korea.

London, 26. März. DerTimes" wird aus Söul telegraphiert: Marquis Jto hielt am Dienstag im Auswärt. Amt bet einem Essen eine Rede, die auf die Koreaner großen Eindruck machte. Er schilderte, wie sich Japan schrittweise von orien­talischem Wesen losgemacht habe, und bot den Koreanern Japans mühsam gewonnene Erfahrungen als Unterstützung an. Er forderte sie auf, nicht mehr blos ihren eigenen Weg zu gehen, sie möchten vielmehr für den Vorteil des Landes wirken; handeln sie nach diesem Rat, so werden sie ihre nationale Unabhängigkeit behalten, die sonst unver­meidlich in einem der Reiche aufgehen würde, die jetzt auf koreanischem Gebiet im Kampf liegen. Am 23. März wurde dem Marquis Jio zu Ehren auf der englischen Gesandschaft ein Essen veran­staltet. Am 25. März reiste der Marquis nach Japan zurück.

Rom, 26. März. Tie liberalen Blätter feiern den Kaiser in enthusiastischen Artikeln. Die Zusammenkunft beider Herrscher werde der Welt von neuem die Festigkeit des Dreibundes zeigen.

Neapel, 25. März. Der Kaiser be­suchte die Kronprinzessin von Schweden und Nor­wegen in Anacapri und machte dann auf dem Tor­pedobootSleipner" eine Rundfahrt im Golfe von Neapel, vorüber an Sorrent, Castellamare u. s. w. Um 5 Uhr kehrte der Kaiser auf dieHohenzollern" zurück und uahm Vorträge entgegen. Zur Abend­tafel waren geladen der amerikanische Botschafter in Rom, Meyer, Fürst Eulenburg, der Abt von Montecassino, Krug, und der Kommandant des Sleipner", Kapitänleutnant Krüger.

Algier, 26. März. Der Kommandant des gestern hier eingetroffenen russischen Kreuzers Os- liabia berichtet, daß das russische Torpedoboot Nro. 221 am 21. dieses während der Durchfahrt von Port Said nach der Sudabai gesunken ist. Die Besatzung wurde gerettet. Die Offiziere er­klären, daß während zweier Tage das Geschwader heftigen Stürmen ausgesetzt war. Das Torpedo­boot wurde dabei schwer beschädigt, und mußte ins Schlepptau genommen werden. Das letztere rieß jedoch und das Torpedoboot ging unter.